OLG Brandenburg: Sicherungseintragung Grundbuch für späteren Zugewinnausgleich

OLG Brandenburg: Sicherungseintragung Grundbuch für späteren Zugewinnausgleich

Tenor

Unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Neuruppin – Familiengericht – vom 25. Juli 2008 wird der dingliche Arrest in das unbewegliche Vermögen und den im Grundbuch des Amtsgerichts Neuruppin von R. Blatt 2867 verzeichneten Grundbesitz des Antragsgegners zur Sicherung des Anspruchs der Antragstellerin auf künftigen Ausgleich des Zugewinns in Höhe eines Betrages von 103.000 € angeordnet.

Der Antragsgegner kann die Vollziehung des Arrestes durch Hinterlegung einer Lösungssumme von 110.000 € (einschließlich Kostenpauschale) abwenden. Statt durch Hinterlegung kann Sicherheit auch durch schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen oder europäischen Großbank geleistet werden.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin zu 40 % und der Antragsgegner zu 60 %.

Gründe

Die gemäß §§ 567 Abs. 1 Nr. 2, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung des beantragten Arrestes ist begründet. In Abänderung der angefochtenen Entscheidung war zur Sicherung des Anspruchs der Antragstellerin auf künftigen Ausgleich des Zugewinns in Höhe des geltend gemachten Betrages von 103.000 € der dingliche Arrest in das Vermögen des Antragsgegners anzuordnen (§§ 916, 917 Abs. 2, 923 ZPO; § 1378 BGB).

Zwar ist das Familiengericht zu Recht davon ausgegangen, dass ein (künftiger) Zugewinnausgleichanspruch mittels eines Arrestes nach § 916 ZPO gesichert werden kann. Nach mittlerweile überwiegender Meinung kann ein künftiger Zugewinnausgleichsanspruch ab seiner Klagbarkeit, die ab Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens (§ 623 Abs. 1 i. V. m. § 621 Abs. 1 Nr. 8 ZPO) bzw. ab Geltendmachung eines vorzeitigen Zugewinnausgleichs (§ 1385, 1386 BGB) gegeben ist, durch einen Arrest gesichert werden (HansOLG FamRZ 2003, 238; OLG Karlsruhe, FamRZ 1997, 622; OLG Karlsruhe FamRZ 2007, 410).

Es ist in der zivilprozessualen Literatur mittlerweile anerkannt (Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 916, Rn. 8; Stein/Jonas/Grunzky, ZPO, 22. Aufl., § 916, Rn. 11), dass auch künftige Ansprüche durch einen Arrest gesichert werden können, sofern sie – diese Einschränkung ist wegen § 926 ZPO erforderlich – klagbar sind. Auch bei den in § 916 Abs. 2 ZPO ausdrücklich erwähnten bedingten Ansprüchen handelt es sich insofern um künftige Ansprüche, da ihre Entstehung vom Eintritt einer Bedingung abhängig ist. Der Gesetzgeber misst damit dem Entstehungszeitpunkt einer Forderung – für die Zulässigkeit des Arrestes – keine entscheidende Bedeutung zu. Dass der erst mit Rechtskraft der Ehescheidung entstehende Zugewinnausgleichsanspruch (§ 1378 Abs. 3 Satz 1 BGB) somit außerhalb eines Scheidungsverbundes nicht isoliert einklagbar ist, ist zum einen im Hinblick auf den unter bestimmten Voraussetzungen möglichen vorzeitigen Zugewinnausgleich (§§ 1385 ff. BGB) – den die Antragstellerin hier im Hauptsacheverfahren geltend macht – und die Möglichkeit, die entsprechende Klage mit einer solchen auf Zahlung des Zugewinns zu verbinden (Palandt/Brudermüller, BGB, 67. Aufl., § 1386, Rn. 9), nicht uneingeschränkt zutreffend. Zum anderen kann die Frage der isolierten Klagbarkeit deshalb keine entscheidende Rolle spielen, weil das Sicherungsbedürfnis des Zugewinnausgleichsberechtigten sich bei einer isolierten Klage von demjenigen bei einer im Verbund geltend gemachten Klage nicht unterscheidet und es auch für den Schuldner im Hinblick auf § 926 Abs. 1 ZPO keinen Unterschied macht, ob die Hauptsacheentscheidung im Verbund oder in einem isolierten Verfahren getroffen wird.

Auch soweit die Gegenansicht (zuletzt OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17.7.2006 – 18 WF 140/06 – zitiert nach juris) den Anspruch auf künftigen Zugewinnausgleich vor Rechtskraft des Scheidungsurteils nicht durch Arrest, sondern nur durch eine Klage auf Sicherheitsleistung nach § 1389 BGB für sicherbar hält, weil diese Vorschrift gegenüber § 916 ZPO lex specialis sei, verkennt diese Rechtsauffassung, dass § 1389 BGB bereits vor dem 1.7.1977 galt, somit zu einer Zeit, als der Zugewinnausgleich erst ab Rechtskraft der Ehescheidung geltend gemacht werden konnte. Sinn und Zweck der Vorschrift war es deshalb, dem Ausgleichsberechtigten eine Sicherungsmöglichkeit für die besonders manipulationsanfällige Zeit zwischen der Trennung der Eheleute und der Rechtskraft der Scheidung zu bieten, nicht jedoch, ihm eine bereits nach allgemeinen Regeln bestehende vorzuenthalten. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber dem Gläubiger ab dem 1.7.1977 zwar die Möglichkeit, den Zugewinnausgleich vor seiner Entstehung im Verbund geltend zu machen, einräumt, ihm jedoch die damit nach allgemeinen Grundsätzen entstehenden Sicherungsmöglichkeiten versagen wollte. Den Gläubiger kann beim Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen eines Arrests auch nicht ein schutzwürdiges Interesse, seinen Anspruch schon jetzt zu sichern, abgesprochen werden, zumal dieses in dem Eilverfahren, wo die Glaubhaftmachung der Voraussetzungen ausreicht (§ 920 Abs. 2 ZPO), effektiver möglich ist, als in dem Hauptsacheverfahren nach § 1389 BGB. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass § 1389 BGB den materiell-rechtlichen Anspruch als solchen, der Arrest aber dessen Vollstreckbarkeit sichert. Somit sind die Regelungsziele der Vorschriften unterschiedlich (Haußleiter/Schulz, Vermögensauseinandersetzung, 4. Aufl., Kap. 1, Rn. 537).

Die die Zulässigkeit des Arrests bejahende Rechtsauffassung beeinträchtigt auch nicht die Rechtsstellung des Schuldners dadurch unangemessen, als ihm das nach § 1389 BGB eingeräumte Recht, das Sicherungsmittel nach § 232 BGB frei zu wählen, genommen wird. Da in jedem Arrest nach § 923 ZPO eine Lösungssumme festzustellen ist, kann dem Schuldner statt Hinterlegung dieses Betrages auch eine andere Art der Sicherheitsleistung nach § 108 ZPO ermöglicht werden (Gießler/Soyka, Vorläufiger Rechtsschutz, 4. Aufl., Rn. 937; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 923, Rn. 1).

Soweit das Familiengericht den Arrestantrag zurückgewiesen hat, weil die Antragstellerin ihren Arrestanspruch, nämlich das Bestehen eines Zugewinnausgleichsanspruchs in bestimmter Höhe nicht genügend glaubhaft gemacht hat, hat es die Anforderungen zu hoch angesiedelt.

Die nach § 920 Abs. 2 ZPO erforderliche Glaubhaftmachung bedeutet die Herbeiführung der richterlichen Überzeugung davon, dass für die Wahrheit der behaupteten Tatsache eine überwiegende Wahrscheinlichkeit spricht (BGH VersR 1986, 59). Dabei kann von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit bereits dann gesprochen werden, wenn mehr für als gegen die behauptete Tatsache spricht (Schuschke-Walker, a.a.O., § 920, Rn. 15). Insoweit gilt bezüglich der zugelassenen Beweismittel § 294 ZPO gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO der Grundsatz der freien Beweiswürdigung.

Diese Überzeugung konnte der Senat gewinnen, da an die Darlegung und Glaubhaftmachung des voraussichtlichen Zugewinnausgleichsanspruchs keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen, weil der Gläubiger im Regelfall keinen genauen Einblick in die Vermögenswerte des Antragsgegners hat (vgl. Gießler/Soyka, a.a.O., Rn. 941), anhand der von der Antragstellerin vorgelegten eidesstattlichen Versicherung und dem mit der sofortigen Beschwerde sowie dem Schriftsatz vom 12. September 2008 im Einzelnen errechneten künftigen Zugewinnausgleichanspruch.

Insbesondere steht dem Erlass des Arrestes nicht entgegen, dass die Parteien über den Wert des in der …straße 7 in R. gelegenen im Alleineigentum des Antragsgegners befindlichen Grundbesitzes unterschiedliche Wertansätze haben. Unstreitig ist der Wert der Immobilie insoweit, als auch der Antragsgegner diesen mit 267.136 € angibt. Dagegen ist aber die von der Antragstellerin durch die Marktbewertung eines ortsansässigen Immobilienmaklers dargelegte Bewertung des Grundstücks nachvollziehbar, zumal es sich bei dem Grundbesitz um ein vermietetes Mehrfamilienhaus handelt und im Rahmen der Bewertung, insbesondere auch die aus dem Miethaus entfallenden Erträge, die die Antragstellerin ebenfalls im Einzelnen dargelegt hat, zu berücksichtigen sind. Jedenfalls im Rahmen des summarischen Verfahrens ist der von ihr behauptete Wert des Grundstücks mit 320.000 € als nachvollziehbar dargelegt anzusehen.

Die Antragstellerin hat darüber hinaus auch einen Arrestgrund hinreichend glaubhaft gemacht (§§ 917, 920 Abs. 2, 294 ZPO). Bei objektiver Würdigung der gesamten Umstände, insbesondere auch der von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren weiter vorgebrachten Mittel zur Glaubhaftmachung besteht die Besorgnis, dass die Vollstreckung eines Urteils über einen Zugewinnausgleichsanspruch ohne Arrestverhängung zumindest wesentlich erschwert würde. Zwar dürfte nach dem bisherigen Vorbringen der Antragstellerin ein vorzeitiger Anspruch auf Zugewinnausgleich im Sinne des § 1386 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu verneinen sein, da es sich bei der Veräußerung bzw. Übertragung des Grundbesitzes des Antragsgegners auf seinen Sohn nicht um ein zustimmungspflichtiges Rechtsgeschäft im Sinne des § 1365 Abs. 1 BGB gehandelt haben dürfte. Bei größerem Vermögen liegt eine Zustimmungsbedürftigkeit nach § 1365 Abs. 1 BGB in der Regel nur vor, wenn dem Veräußerer weniger als 10 % verbleiben (OLG München, FamRZ 2005, 272).

Diese Grenze dürfte hier schon deshalb überschritten sein, weil dem Antragsgegner nach dem eigenen Vorbringen der Antragstellerin neben dem Grundbesitz erhebliches Kapitalvermögen zur Verfügung steht. Letztlich kann dahingestellt bleiben, ob die Voraussetzungen des § 1386 Abs. 2 Nr. 1 BGB vorliegen, denn die Antragstellerin kann den Arrestanspruch erfolgreich auf eine vermögensvermindernde Handlung des Antragsgegners im Sinne des § 1375 BGB und damit eines vorzeitigen Zugewinnanspruchs im Sinne des § 1386 Abs. 2 Nr. 2 BGB stützen.

Zwar ist eine Besorgnis in der Richtung, dass im Falle eines späteren Zugewinnausgleichs eine Ausgleichsforderung der Antragstellerin rein rechnerisch nicht bestehen oder sich verringern könnte, nicht gegeben. Die von der Antragstellerin behauptete vermögensmindernde Handlung des Antragsgegners (unentgeltliche Zuwendung des Grundbesitzes an den Sohn) hat den künftigen Ausgleichsanspruch der Antragstellerin seiner Höhe nach nicht berührt. Denn wenn es sich um eine vermögensmindernde Handlung im Sinne des § 1375 Abs. 2 BGB handelt, wie die Antragstellerin behauptet, ist die Vermögensminderung dem Endvermögen des Antragsgegners zuzurechnen mit der Folge, dass die Vermögensminderung für den Zugewinnausgleich als nicht geschehen zu behandeln ist. Das ist auch bei der Prüfung der Forderungsgefährdung im Sinne von § 1386 Abs. 2 BGB zu berücksichtigen (Staudinger-Thiele, BGB, 12. Aufl., § 1386, Rn. 19).

Aber eine Gefährdung durch die Eigentumsübertragung ist mit Rücksicht darauf anzunehmen, weil der Wert des rechtlichen Vermögens des Antragsgegners die Höhe der zu erwartenden Ausgleichsforderung nicht erreicht und alsdann gemäß § 1378 Abs. 2 BGB die Ausgleichsforderung auf den Wert des vorhandenen Vermögens des Antragsgegners begrenzt wäre. Unter diesem Gesichtspunkt ist eine Gefährdung anzunehmen.

Die Antragstellerin hat jedenfalls mit Schriftsatz vom 12. September 2008 einen künftigen Zugewinnausgleichsanspruch in Höhe von 103.659,34 € schlüssig dargelegt. Dieser Anspruch wird nicht durch den Wert des restlichen Vermögens gedeckt, denn allein das von dem Antragsgegner gehaltene Kapitalvermögen würde zum Ausgleich des zumindest in Höhe von 103.659,34 € bestehenden Zugewinnausgleichsanspruchs nicht ausreichen.

Die Antragstellerin hat einen Arrestanspruch in dieser Höhe hinreichend glaubhaft gemacht (§§ 916, 920, 294 ZPO). Sie hat bereits erstinstanzlich und insbesondere im Beschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 12. September 2008 Tatsachen vorgebracht, die einen Arrestanspruch in Höhe von zumindest 103.659,34 € schlüssig erscheinen lassen. So hat sie ihren eigenen Zugewinn mit 145.290,90 € nachvollziehbar errechnet. Dies gilt auch für das Anfangs- und Endvermögen des Antragsgegners.

Hierbei ist zu beachten, dass eine Schlüssigkeitsprüfung angesichts der besonderen Eilbedürftigkeit nicht immer mit derselben Sorgfalt wie im normalen Erkenntnisverfahren erfolgen kann (Stein/Jonas/Grunzky, a.a.O., Rn. 4). Dies bedeutet, dass im vorliegenden summarischen Verfahren keine Detailprüfung vorgenommen werden kann, zumal es sich hier um eine Zugewinnausgleichsforderung als komplexen, von vielfachen Faktoren abhängigen Anspruch handelt. Jedenfalls spricht vieles dafür, dass es sich bei dem Sparvermögen der Eheleute um gemeinsames Vermögen handelt, da die Konten auf den Namen beider Eheleute lauten. Letztlich kann der Wert des Grundstücks nicht ohne Einschaltung von Sachverständigen ermittelt werden.

Es war von Amts wegen die Lösungssumme festzusetzen sowie die Art und Höhe der Sicherheitsleistung zu bestimmen (§ 108 ZPO).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

OLG Brandenburg, Beschluss vom 29.09.2008
13 UF 68/08

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