OLG Köln: Nachehelicher Unterhalt nach der Unterhaltsrechtsreform

OLG Köln: Nachehelicher Unterhalt nach der Unterhaltsrechtsreform

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 28.06.2007 verkündete Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Brühl – 35 F 453/06 – unter Zurückweisung des Rechtsmittels und Klageabweisung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin monatlichen nachehelichen Unterhalt wie folgt zu zahlen:

für September 2006 und Oktober 2006 jeweils 822,00 €,
für November 2006 bis Februar 2007 jeweils 800,00 €,
für März 2007 bis Mai 2007 jeweils 738,00 €,
für Juni 2007 780,00 €,
für Juli 2007 696,00 €,
für August 2007 bis Dezember 2007 jeweils 667,00 € und
für Januar 2008 bis Dezember 2008 jeweils 520,00 €.

Von den Kosten des Rechtsstreites erster Instanz tragen der Beklagte 2/3 und die Klägerin 1/3. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Beklagte 4/5 und die Klägerin 1/5.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Die Berufung des Beklagten ist nur teilweise begründet, nämlich soweit er eine Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils für die Monate September und Oktober 2006 sowie März 2007 bis Mai 2007 sowie für Juli 2007 und für die Zeit ab Januar 2008 begehrt. Denn für die Monate September 2006 und Oktober 2006 kann die Klägerin lediglich monatlichen nachehelichen Unterhalt von jeweils 822,00 € statt ausgeurteilter 829,00 € sowie für März bis Mai 2007 von jeweils 738,00 € statt ausgeurteilter 780,00 €, für Juli 2007 von 696,00 € statt ausgeurteilter 783,00 € und für Januar bis Dezember 2008 lediglich solchen von jeweils 520,00 € statt ausgeurteilter 667,00 € verlangen. Ab Januar 2009 steht der Klägerin nach der derzeitigen Sach- und Rechtslage kein Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten mehr zu. Die Berufung des Beklagten ist unbegründet, soweit er sich gegen die amtsgerichtliche Verurteilung zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt für November 2006 bis Februar 2007 von jeweils 800,00 €, für Juni 2007 von 780,00 € und für August 2007 bis Dezember 2007 von jeweils 667,00 € wehrt.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten Betreuungsunterhalt gemäß § 1570 BGB in der oben genannten Höhe zu.

Streit herrscht zwischen den Parteien in erster Linie über die Höhe des Einkommens des Beklagten sowie den Bedarf und eine Erwerbsobliegenheit der Klägerin jedenfalls ab Januar 2008. Darüber hinaus wird seitens des Beklagten der Verwirkungswand erhoben. Schließlich meint er, dass der Unterhaltsanspruch der Klägerin jedenfalls zu befristen sei.

Vorab kann festgestellt werden, dass der Verwirkungseinwand des Beklagten nicht durchgreift. Der Beklagte macht geltend, dass die Klägerin im Verfahren über den Trennungsunterhalt zunächst verschwiegen habe, dass sie über eigenes (geringfügiges) Einkommen teilweise verfügt habe. Zutreffend hat das Familiengericht darauf hingewiesen, dass dieses Einkommen insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt der überobligationsmäßigen Arbeit jedenfalls nicht bedarfsdeckend war und den Unterhalt des Beklagten, den er freiwillig zahlte, der Höhe nach nicht beeinflusste. Unter diesem Gesichtspunkt kann in dem Verhalten der Klägerin keine so grobe Pflichtverletzung gesehen werden, die es auch unter Wahrung der Belange der von der Klägerin betreuten gemeinsamen minderjährigen Kinder der Parteien unbillig erscheinen ließe, den Beklagten an seiner Verpflichtung zur Zahlung von Nachehelichenunterhalt festzuhalten.

Auch der Einwand der verfestigten eheähnlichen Beziehung bzw. einer sozio-ökonomischen Lebensgemeinschaft mit Herrn Q ist nicht ausreichend konkret dargelegt. Der Vortrag des Beklagten hierzu bleibt im unverbindlich Pauschalen, ohne dass die ganz allgemein gehaltenen Behauptungen auch nur ansatzweise belegt würden. Aus dem Dargelegten kann nicht der Schluss auf eine verfestigte Lebensgemeinschaft zwischen Herrn Q und der Klägerin geschlossen werden.

Allerdings war der Unterhaltsanspruch der Klägerin – wie noch weiter unten zu begründen sein wird – gemäß § 1578 b Abs. 2 BGB bis einschließlich Dezember 2008 zu befristen, da erwartet werden kann, dass die Klägerin ab Januar 2009 auch unter Wahrung der Kindeswohlbelange in der Lage ist, durch eigene Erwerbstätigkeit ihren Unterhaltsbedarf selbst zu decken.

Aufgrund der Einkommensjahreswerte des Beklagten, die sich aus den von ihm vorgelegten Entgeltabrechnungen für Dezember 2006 ( Blatt 59 GA ) und für Dezember 2007 ( Blatt 405 GA ) ergeben, ist für das Jahr 2006 von einem zwischen den Parteien unstreitig gestellten und vom Familiengericht zugrunde gelegten monatlichen Nettodurchschnittseinkommen aus abhängiger Tätigkeit von 2.547,77 € und für die Jahre 2007/2008 von einem solchen von 2.643,12 € auszugehen.

Der für das Jahr 2007 ermittelte Wert ergibt sich wie folgt:

Art der Bezüge/Abzüge 2007 ( Blatt 405 GA )
Gesamtbruttoeinkommen 60.001,37 €
abzüglich Lohnsteuer -15.996,97 €
abzüglich Solidaritätsz. -879,76 €
abzüglich Rentenvers. -6.128,32 €
abzüglich Arbeitsl.Vers. -1.293,43 €
abzüglich Krankenvers. (KV) -5.514,72 €
abzüglich Pflegevers. (PV) -726,72 €
abzüglich KV-Beitragszuschlag -384,72 e
Arbeitg.-Zuschuss KV 2.757,36 €
Arbeitg.-Zuschuss PV 363,36 €
abzügl. Vermw.L Arbeitg. 12 * 40,00 € -480,00 €
Nettoeinkommen/Jahr 31.717,45 €
Nettoeinkommen/Monat 2.643,12 €

Zu berücksichtigen ist ab März 2007 bzw. Januar 2008, dass der Beklagte ab März 2007 weitere Unterhaltspflichten zu tragen hat (nichteheliches Kind der Lebensgefährtin), wobei ab Januar 2008 der Kindesunterhalt vorrangig vor dem Unterhalt der betreuenden Mütter geschuldet wird. Bis einschließlich Dezember 2007 bleibt es dagegen dabei, dass die Klägerin mit ihren beiden Kindern und dem nichtehelichen Kind des Beklagten gleichrangig unterhaltsberechtigt ist.

Hinzuzurechnen ist dem Einkommen des Beklagten entsprechend den Ausführungen des Amtsgerichts die im Jahre 2006 erhaltene Steuererstattung in Höhe von monatsdurchschnittlich 141,00 €. Nach dem sogenannten “In-Prinzip” sind alle im Jahr 2006 bezogenen Einkünfte zu berücksichtigen. Dies gilt auch für Steuererstattungen. Nicht durchgreifend ist der Einwand des Beklagten, dass dann auch die tatsächlich gegebenen Belastungen zu berücksichtigen seien. Denn es kann nicht festgestellt werden, welche tatsächlichen Belastungen im Jahre 2006 entstanden sind, die nicht berücksichtigt würden. Solche wären allenfalls bei einer Steuerrückerstattung im Jahre 2007 für 2006 zu berücksichtigen. Im Jahre 2007 ist aber bisher überhaupt noch kein Steuerbescheid ergangen. Daher kann auch nicht festgestellt werden, welche Belastungen den Beklagten im Jahre 2006 tatsächlich getroffen hätten, die nicht berücksichtigt worden sind. Andererseits kann für das Jahr 2007 davon aus gegangen werden, dass der Beklagte bei rechtzeitiger Abgabe seiner Steuererklärung für 2006 zumindest auch wieder eine ähnliche Steuererstattung wie im Jahre 2006 erhalten hätte. Dass sich seine wirtschaftlichen Verhältnisse hier unter steuerlichen Gesichtspunkten entscheidend geändert hätten, wird nicht dargetan. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf die steuerlich absetzbaren Unterhaltszahlungen an die Klägerin. Aus unterhaltsrechtlicher Sicht war der Beklagte gehalten, seine Steuererklärung für 2006 zeitnah im Jahre 2007 abzugeben und alle Steuervorteile wahrzunehmen. Daher erscheint es gerechtfertigt, ihn steuerlich 2007 wie 2006 zu behandeln.

Fahrtkosten sind erst ab Juni 2007 mit 10 km einfache Fahrtstrecke zum Arbeitsplatz * 2 * 0,30 € pro gefahrenem Kilometer * 220 Jahresarbeitstagen /.12 Monate = 110,00 €/Monat vom Erwerbseinkommen abzuziehen.

Mit beachtlichen Gründen hat das Amtsgericht jedenfalls für die Zeit davor nur einen Betrag von 71,00 €/Monat als berücksichtigungsfähig angesehen. Zu beachten war nämlich, dass jedenfalls für 2006 dem Beklagten von seinem Arbeitgeber kostenlos ein Job-Ticket zur Verfügung gestellt wurde. Weiter hat der Beklagte auch bis etwa Mai 2007 den Pkw für die Fahrten zur Arbeit genutzt. Jedenfalls erst ab etwa Mai 2007 verfügt der Beklagte über einen eigenen PKW. Ein Job-Ticket steht ihm nicht mehr zur Verfügung, so dass der Senat es für angemessen hält dem Beklagten ab Juni 2007 den vollen Fahrtkostenersatz zuzubilligen.

Damit ergibt sich ein Nettoeinkommen des Beklagten wie folgt:

Art der Bezüge/Abzüge 2006 01/2007 bis 05/2007
Nettoeinkommen/Monat 2.547,77 € 2.643,12 €
zuzüglich Steuererstattung 141,00 € 141,00 €
abzüglich Fahrtkosten -71,00 € -71,00 €
Unterhaltsrechtlich verfügbares Einkommen des Beklagten 2.617,77 € 2.713,12 €
ab 06/2007
Nettoeinkommen/Monat 2.643,12 €
zuzüglich Steuererstattung 141,00 €
abzüglich Fahrtkosten 10 * 2 * 0,3 *220 /12 -110,00 €
Unterhaltsrechtlich verfügbares Einkommen des Beklagten 2.674,12 €

Dieses Nettoeinkommen ist nicht um Hauslasten für die Monate September 2006 bis November 2006 von 624,85 € : 3 = 208,28 € zu reduzieren. In seiner Berufungsbegründung (Bl. 181 GA) beruft sich der Beklagte auf seinen diesbezüglichen Vortrag im Schriftsatz vom 14.06.2007 (Bl. 129 ff.; 136 GA). Dieser Vortrag kann aber nicht konkret belegen, dass tatsächlich in dem genannten Zeitraum notwendigerweise noch anrechenbare Hauslasten in der geltend gemachten Höhe gezahlt worden sind. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des insoweit nicht nachgelassenen Schriftsatzes des Beklagten vom 18.03.2008 ( Blatt 401 ff GA ). Denn es ist insbesondere zu berücksichtigen, dass das Haus im Herbst 2006 verkauft worden ist, so dass Hauslasten ab Oktober 2006 gar nicht mehr angefallen sein dürften. Auch über die konkrete Erstattungsfähigkeit und Notwendigkeit noch erfolgter eventueller Zahlungen kann kein abschließendes Urteil gefällt werden. Der nunmehrige, bestrittene weitere Vortrag ist im Übrigen auch unter Berücksichtigung der Voraussetzungen des § 621 d ZPO verspätet.

Deswegen kann der Beklagte auch nicht die Belastungen in Höhe von 287,95 € (Tilgungsleistungen für das Haus, wie sie per 30.09.2006 belegt sind, Blatt 29 GA) als zusätzliche Altersvorsorge einkommensmindernd geltend machen, da diese weggefallen sind. Anderweitige Leistungen für eine zusätzliche unterhaltsrechtlich beachtliche fortbestehende Altersvorsorge sind nicht belegt.

Kosten, die der Beklagte zur Wahrnehmung seines Umgangsrechts aufwenden muss, sind nicht abzugsfähig. Nach Auffassung des Senats fallen keine so hohen Kosten an, die vom Beklagten nicht aus dem ihm zu belassenden Selbstbehalt bzw. dem ihm verbleibenden Kindergeldanteil zu tragen sind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte, wie er selbst vorträgt, freiwillig bis einschließlich Mai Kindesunterhalt in Höhe von 274,00 € je gemeinsamen Kind gezahlt hat. Dies ergibt unter Berücksichtigung des anteiligen Kindergeldes einen Tabellenbetrag von 351,00 € je Kind. Von daher konnten die Kosten allein schon aus dem ihm anzurechnenden Kindergeldanteil getragen werden.

Ab Juni 2007 hat dann der Beklagte lediglich noch 114 % des Regelbetrages gezahlt. Auch hierin ist noch ein Kindergeldanteil, jedoch nicht mehr der volle hälftige Betrag von 77,00 € enthalten. Die Umgangsrechtskosten sind aber nach Auffassung des Senats nicht so extrem hoch, dass eine Einkommensreduzierung zu erfolgen hätte.

Nach der bis Dezember 2007 geltenden Rechtslage war die zwei minderjährige Kinder betreuende Klägerin bis Ende 2007 nicht verpflichtet, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Die von der Klägerin betreuten ehelichen Kinder B und S sind am 12.12.1997 bzw. 26.11.2000 geboren. B ist damit im Dezember 2007 zehn Jahre alt und S im November 2007 sieben Jahre alt geworden. Fiktives Einkommen war der Klägerin bis Ende 2007 nicht zuzurechnen.

Es ist nicht davon auszugehen, dass die Klägerin über nennenswerte sonstige Vermögenserträgnisse verfügt. Solche sieht der Senat als nicht ausreichend belegt an, zumal diese nur ganz geringfügig sein könnten.

Von der Klägerin ab Januar 2007 in Höhe von 135,00 € bezogenes Wohngeld war dieser nicht als Einkommen anzurechnen. Grundsätzlich gilt zwar bezogenes Wohngeld als Einkommen; jedoch nur dann, wenn dieses Wohngeld nicht zur zusätzlichen Wohnbedarfsdeckung heranzuziehen ist. Vorliegend zahlt die Klägerin eine Warmmiete von 740,00 €. Daher kann nach Auffassung des Senats nicht davon ausgegangen werden, dass der Wohnbedarf der Klägerin mit ihrem jetzigen (geringfügigen) Erwerbseinkommen und den Unterhaltszahlungen des Beklagten in der Vergangenheit gedeckt war bzw. in der Zukunft abgedeckt wird. Von daher meint der Senat, dass das Wohngeld nicht einkommenserhöhend bei der Klägerin zu berücksichtigen ist.

Bis zur Geburt des dritten Kindes des Beklagten aus der Beziehung mit seiner jetzigen Lebensgefährtin am 27.02.2007 ergeben sich daher unter Berücksichtigung des gezahlten Kindesunterhalts zuzüglich des anrechenbaren anteiligen Kindergeldes bis einschließlich Februar 2007 Unterhaltsansprüche der Klägerin wie folgt:

Art der Bezüge/Abzüge 09/2006 bis 12/2006 01/2007 bis 05/2007
Unterhaltsrechtlich verfügbares Einkommen des Beklagten 2.617,77 € 2.713,12 €
abzüglich Kindesunterhalt, wie geleistet + hälftigem Kindergeld ( bis Februar 2007 ) -702,00 € -702,00 €
Bereinigtes Resteinkommen 1.915,77 € 2.011,12 €
Unterhaltsanspruch der Klägerin für September 2006 bis Dezember 2006: 3 / 7 * 1.915,77 € (gerundet) 822,00 €
Unterhaltsanspruch der Klägerin für Jan/Febr.07: 3 / 7 * 2.011,12 € (gerundet) 862,00 €

Damit liegen die ermittelten Unterhaltsansprüche für den Zeitraum September und Oktober 2006 um 7,00 € unter dem amtsgerichtlich ausgeurteilten Betrag von 829,00 € und für die Zeit von November 2006 bis Februar 2007 über dem amtsgerichtlich ausgeurteilten Anspruch von monatlich 800,00 €, bei dem es zu verbleiben hat, da die Klägerin das Urteil nicht angegriffen hat. Die Berufung des Beklagten hat nur für September/Oktober 2006 geringfügig Erfolg.

Ab März 2007 und nicht schon ab Februar 2007 hat das Amtsgericht zutreffend bei der Berechnung des um den Kindesunterhalt bereinigten Nettoeinkommens des Beklagten dessen drittes, am 27.02.2007 geborenes Kind I mit berücksichtigt. Ein Unterhaltsbedarf des Kindes ist im Februar 2007 praktisch nicht angefallen. I ist ab März 2007 mit dem Tabellenbetrag der Düsseldorfer Tabelle nach Einkommensgruppe 8 – 1 entsprechend der 1. Altersstufe zu berücksichtigen. Die Herabstufung erfolgt, da der Beklagte nunmehr 4 Personen gleichrangig unterhaltspflichtig ist, nämlich seinen drei Kindern sowie der Klägerin als geschiedener die gemeinsamen Kinder betreuenden Ehefrau. Nicht gleichrangig dagegen nach bis zum 31.12.2007 geltendem Unterhaltsrecht war dies bis Ende 2007 die jetzige Lebensgefährtin des Beklagten als unterhaltsberechtigte nichteheliche Mutter, mit der der Beklagte zusammenlebt.

Nach der Geburt des dritten nichtehelichen Kindes des Beklagten ergeben sich unter Berücksichtigung des gezahlten Kindesunterhalts zuzüglich des anrechenbaren anteiligen Kindergeldes bis einschließlich Mai 2007 folgende Unterhaltsansprüche der Klägerin:

Unterhaltsrechtlich verfügbares Einkommen des Beklagten bis einschließlich 05/2007 2.713,12 €
Kindesunterhalt, wie geleistet + hälftigem Kindergeld für die gemeinsamen Kinder der Parteien -702,00 €
Kindesunterhalt I ( Einkommensgruppe 8 –1, 1. Altersstufe nach der DT Stand 01.07.2005 ) -290,00 €
Bereinigtes Resteinkommen 1.721,12 €
Unterhaltsanspruch der Klägerin März 07 bis Mai 07: 3 / 7 * 1.721,12 € (gerundet) 738,00 €

Damit liegen die ermittelten Unterhaltsansprüche für diesen Zeitraum etwas unter den amtsgerichtlich ausgeurteilten Ansprüchen von monatlich 780,00 €. Die Berufung des Beklagten hat insoweit teilweise Erfolg.

Im Juni 2007 hat der Beklagte seine Unterhaltszahlungen für die gemeinsamen Kinder der Parteien wie oben dargestellt reduziert, jedoch erhöhen sich seine berufsbedingten Fahrtkosten auf 110,00, so dass sich für Juni 2007 folgender Unterhaltsanspruch der Klägerin ergibt:

Unterhaltsrechtlich verfügbares Einkommen des Beklagten ab Juni 2007 2.674,12 €
Kindesunterhalt eheliche Kinder , wie reduziert geleistet + anteiligem Kindergeld (ab Juni 2007 ) -564,00 €
Kindesunterhalt I (Einkommensgruppe 8 –1, 1. Altersstufe nach der DT Stand 01.07.2005) -290,00 €
Bereinigtes Resteinkommen 1.820,12 €
Unterhaltsanspruch der Klägerin für Juni 07: 3 / 7 * 1.820,12 € (gerundet) 780,00 €

Der Unterhaltsanspruch für Juni 2007 entspricht damit dem amtsgerichtlich ausgeurteilten Betrag von 780,00 €, bei dem es somit zu verbleiben hat. Die Berufung des Beklagten hat insoweit keinen Erfolg.

Ab Juli 2007 war zu berücksichtigen, dass die Klägerin ab Juni 2007 Einkünfte aus einer Geringverdienertätigkeit hat. Im Juni 2007 hat sie jedoch noch so wenig verdient (178,00 € netto), dass hiervon der Klägerin nichts anzurechnen ist. Soweit die Klägerin bis Mai 2007 unstreitig keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen war, kann ihr ein Erwerbseinkommen auch nicht fiktiv – wie oben bereits erwähnt – zugerechnet werden. Ab Juli 2007 beträgt das Einkommen der Klägerin 400,00 € netto. Da die Tätigkeit nach dem bis Ende 2007 geltenden Unterhaltsrecht nach ganz überwiegender Auffassung in vollem Umfang überobligationsmäßig war, sind der Klägerin hiervon unter Billigkeitsgesichtspunkten lediglich 200,00 € monatlich bis einschließlich Dezember 2007 anzurechnen, so dass sich von Juli 2007 bis Dezember 2007 folgender Unterhaltsanspruch der Klägerin ergibt:

Unterhaltsrechtlich verfügbares Einkommen des Beklagten ab Juni 2007 2.674,12 €
Kindesunterhalt, wie geleistet + hälftigem Kindergeld für die gemeinsamen Kinder der Parteien (ab Juni 2007 ) -564,00 €
Kindesunterhalt I (Einkommensgruppe 7 –1, 1. Altersstufe nach der DT Stand 01.07.2007) -287,00 €
Bereinigtes Resteinkommen
Anrechenbares Einkommen der Klägerin -200,00 €
Differenzeinkommen der Parteien 1.623,12 €
Unterhaltsanspruch der Klägerin für Juli 07 bis Dezember 07: 3 / 7 * 1.623,12 € (gerundet) 696,00 €

Damit liegen der für den Monat Juli 2007 ermittelte Unterhaltsanspruch unter dem amtsgerichtlichen Betrag von 783,00 € und die Ansprüche für den Zeitraum von August bis Dezember 2007 über den amtsgerichtlich ausgeurteilten Beträgen von monatlich 667,00 €. Bei letzteren hat es somit zu verbleiben. Die Berufung des Beklagten hat insoweit keinen Erfolg. Lediglich für den Monat Juli 2007 hat die Berufung des Beklagten teilweise Erfolg.

Ab Januar 2008 gilt neues Unterhaltsrecht. Nach dem Unterhaltsrechtsänderungsgesetz ist die Klägerin verpflichtet, ab Januar 2008 einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, so dass ihr jedenfalls die erzielten 400,00 € insgesamt als eigenes Einkommen anzurechnen sind. Entsprechend ist eine Kürzung ihres Bedarfs, der vom Beklagten zu decken ist, vorzunehmen.

Fiktives Einkommen ist der Klägerin allerdings bis Ende 2008 nicht zuzurechnen. Zwar geht der Senat nach der Neuregelung des § 1570 BGB davon aus, dass es der Klägerin grundsätzlich zuzumuten ist, trotz der Betreuung ihrer beiden jetzt beinahe 10 ½ bzw. 7 ½ Jahre alten Kinder einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, wenn nicht im konkreten Einzelfall beachtenswerte Gründe vorliegen, die es ausnahmsweise gerechtfertigt erscheinen lassen, noch von einer eingeschränkten Erwerbsobliegenheit der Klägerin auszugehen. Letzteres ist vorliegend aber der Fall, da die Klägerin sich derzeit noch in der Berufsfortbildung zur Betriebswirtin befindet. Im Vertrauen auf die alte Rechtslage konnte die Klägerin auch unter dem Gesichtspunkt, dass sie in nicht allzu ferner Zukunft verpflichtet sein würde, vollständig ihren Bedarf selbst zu decken, die Fortbildung beginnen und darf nunmehr nicht daran gehindert werden, diese zu Ende zu führen. Dies wird im Sommer dieses Jahres der Fall sein. Die hierdurch zu erwartenden erweiterten Berufschancen mit möglicherweise erhöhten Verdienstmöglichkeiten dienen schließlich auch der Entlastung des Beklagten. So kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch bei Fortfall des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt sonstige weitergehende (Aufstockungs)Unterhaltsansprüche entstehen. Je besser die Verdienstmöglichkeiten der Klägerin sind, desto kleiner stellt sich das Risiko des Beklagten dar, solchen weitergehenden Unterhaltsansprüchen ausgesetzt zu sein. So siedelt sich die Klägerin selbst gemäß ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 21.04.2008 in Einkommensbereichen von rund 31.000,00 € bis 43.000,00 € brutto entsprechend ihrer vorehelich erworbenen beruflichen Qualifikation an. Diese Verdienstmöglichkeiten dürften durch die berufliche Weiterbildung kaum schlechter geworden sein. Der Klägerin ist es nach Auffassung des Senats nicht zumutbar, neben der Kinderbetreuung und der Berufsfortbildung einer weiteren beruflichen Tätigkeit in größerem Umfang nachzugehen. Die ausgeübte Geringverdienertätigkeit ist insoweit ausreichend.

Nach Beendigung der beruflichen Fortbildung ist der Klägerin noch eine angemessene Zeit zu gewähren, um sodann eine ihrer Berufsausbildung angemessene Beschäftigung zu finden. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass es der Klägerin gelingen wird, nahtlos nach Beendigung der Fortbildung eine entsprechende Tätigkeit zu finden. Es erscheint daher angemessen, der Klägerin bis Ende des Jahres 2008 eine entsprechende Orientierungsphase zuzubilligen.

Der Senat vertritt die Auffassung, dass es der Klägerin bis Ende 2008 möglich sein wird, ihre persönlichen wie beruflichen Verhältnisse so zu ordnen, dass sie ihren Lebensunterhalt spätestens ab Januar 2009 selbst verdienen kann. Dabei ist die Klägerin darauf hinzuweisen, dass sie schon jetzt Möglichkeiten zu suchen hat, um eine Betreuung ihrer dann 11 und 8 Jahre alten Kinder dergestalt zu gewährleisten, dass sie vollschichtig tätig sein kann. Die bisher vorgebrachten Argumente, wonach es ihr als betreuender Mutter nicht zuzumuten bzw. nicht möglich ist, vollschichtig tätig zu sein, überzeugen den Senat nicht. Sie treffen auf eine Vielzahl von Müttern zu. Gleichwohl hat es der Gesetzgeber für gerechtfertigt angesehen, grundsätzlich den Betreuungsunterhalt auf die ersten 3 Jahre der Kindererziehung zu beschränken. Nach Ablauf der ersten drei Lebensjahre des zu betreuenden Kindes ist es dann Aufgabe der Kindesmutter darzulegen, dass ausnahmsweise die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht möglich bzw. zumutbar ist. Dabei braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob bereits mit Vollendung des dritten Lebensjahres eine vollschichtige Tätigkeit zu fordern ist und wie sich die Frage zum Umfang der Erwerbstätigkeit bei mehreren zu betreuenden Kleinkindern stellt. Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass nach dem Willen des Gesetzgebers jedenfalls bei einer Alterskonstellation wie vorliegend eine vollschichtige Tätigkeit grundsätzlich gefordert werden kann.

Da keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Klägerin bis Ende 2008 bei gehöriger Anstrengung unter Berücksichtigung ihrer beruflichen Vor- und Weiterbildung keine adäquate vollschichtige Tätigkeit finden kann, die es ihr ermöglicht, ihren eheangemessenen Bedarf selbst zu decken, war der Unterhaltsanspruch bis Ende 2008 zu befristen. Sollte die Klägerin unverschuldet über das Jahr 2008 hinaus bedürftig bleiben, ist es ihre Sache, einen weiteren Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten darzulegen, zu beweisen und gegebenenfalls neu einzuklagen.

Für das Jahr 2008 sind bei der Klägerin bedarfsmindernd die vollen erzielten 400,00 € netto aus Geringverdienertätigkeit zu berücksichtigen, da abzugsfähige berufsbedingte Kosten nicht vorgetragen sind.

Auf Seiten des Beklagten ist bei der Prüfung seiner Leistungsfähigkeit ab Januar 2008 zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach dem neuen Unterhaltsrecht nunmehr mit der jetzigen Lebensgefährtin des Beklagten gleichrangig unterhaltsberechtigt ist. Beide Kindesmütter sind allerdings nachrangig berechtigt gegenüber den drei Kindern des Beklagten. Da dieser gegenüber seinen drei Kindern jedenfalls seinen Verpflichtungen nachkommen kann, liegt kein absoluter Mangelfall vor, da der Beklagte in der Lage ist, den Bedarf seiner vorrangig unterhaltsberechtigten minderjährigen Kinder zu decken. Das dem Beklagten nach Abzug des Kinderunterhaltes verbleibende Nettoeinkommen, ist daher grundsätzlich entsprechend ihren “Bedarfslücken” auf die Klägerin und die Lebensgefährtin des Beklagten zu verteilen

Die Einkommensverhältnisse der Lebensgefährtin des Beklagten stellen sich so dar, dass diese im Januar/Februar 2008 noch Elterngeld in Höhe von 1.468,93 € bezogen hat. Anrechnungsfrei müssen ihr hiervon 300,00 € verbleiben, so dass bedarfsdeckend ein Betrag von 1.168,93 € anzurechnen ist. Verdient hatte sie bis zur Geburt 2.409,00 € netto, so dass sich eine “Bedarfslücke” von 1.240,07 € ergibt.

Ab März 2008 ist die jetzige Lebensgefährtin des Beklagten wieder berufstätig und verdient netto 1.752,22. Abzugsfähig sind 200,00 € tatsächlich gezahlte Betreuungskosten, so dass bedarfsdeckend ein Betrag von 1.572,22 € anzurechnen ist. Verdient hatte sie bis zur Geburt 2.409,00 € netto, so dass sich eine “Bedarfslücke” von 836,78 € ergibt.

Weiter war zu berücksichtigen, dass sich der Vorrang des Kindesunterhalts nicht auf der Bedarfsebene sondern erst bei der Frage der Leistungsfähigkeit auswirkt. Ergeben vorliegend die Einkommensverhältnisse des Unterhaltsverpflichteten, dass er zwar den Bedarf seiner vorrangig berechtigten Kinder voll, nicht aber den Bedarf der nachrangig berechtigten betreuenden Elternteile decken kann, so war der Unterhaltsanspruch der Kinder auf den Mindestunterhalt herabzustufen, um so zu einer möglichst ausgewogenen Bedarfsdeckung zu kommen.

Die rechnerische Gesamtbedarfslücke beider unterhaltsberechtigter Mütter, die für die Klägerin im Jahre 2008 weiterhin 678,05 € monatlich beträgt, kann mit dem um den Kindesunterhalt reduzierten Resteinkommen des Beklagten nicht mehr gedeckt werden. ohne dass sein mittlerer Selbstbehalt von 1.000,00 € unterschritten würde. Es ist eine Mangelfallberechnung anzustellen, wobei für die unterhaltsrechtlich gleichrangig berechtigten Mütter zunächst die Einsatzbeträge der Unterhaltsleitlinien des OLG Köln und zwar für die Klägerin 900,00 € gemäß Ziffer 23.2 ( 2 Spiegelstrich ) und für die Lebensgefährtin des Beklagten gemäß Ziffer 23.2 ( 3. Spiegelstrich ) 800,00 € bei der Bedarfsermittlung einzusetzen sind.

Ausgehend von diesen Überlegungen ergibt sich zugunsten der Klägerin folgende ab Januar 2008 folgende Unterhaltsberechnung:

Ab Januar 2009 entfällt ein Unterhaltsanspruch der Klägerin aus § 1570 Abs. 1 BGB. Insoweit ist die Berufung des Beklagten ab diesem Zeitpunkt insgesamt erfolgreich.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist begründet aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 12.096,00 €

OLG Köln, Urteil vom 27.05.2008
4 UF 159/07

AG Brühl, Urteil vom 28.06.2007
35 F 453/06

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