OLG Brandenburg: Gemeinsame Sorge – Mindestmaß an Verständigungsmöglichkeiten

OLG Brandenburg: Gemeinsame Sorge – Mindestmaß an Verständigungsmöglichkeiten

Auf die Beschwerde des Kindesvaters wird der Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 23. Dezember 2008 – Az. 35 F 267/08 – teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Unter Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge im Übrigen wird das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder L. und N. L. auf die Kindesmutter allein übertragen.

Die weitergehende Beschwerde des Kindesvaters wird zurückgewiesen.

Der Antrag des Kindesvaters auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für N. und L. L. wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Kindesvater auferlegt.

Der Beschwerdewert wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 1. und 2. sind die – seit 1. September 2001 verheirateten, seit Ende September 2008 allerdings getrennt lebenden – Eltern des am … 2002 geborenen L. L. und der am … 2004 geborenen N. L..

Mit einem am 10. November 2008 beim Amtsgericht eingegangenen Antrag hat die Kindesmutter die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für beide Kinder beantragt und zugleich um Erlass einer entsprechenden einstweiligen Anordnung nachgesucht.

Die Kindeseltern sind in Vollzeit berufstätig. Die Kindesmutter ist Beamtin beim Finanzamt B. mit einer regelmäßigen (Gleit-)Arbeitszeit zwischen 8.00 und 16.30 Uhr; der Kindesvater Mitarbeiter des Ordnungsamtes P., der allerdings seit dem 24. September 2008 arbeitsunfähig erkrankt war und seit Februar 2009 im sog. Hamburger Modell die stufenweise Wiedereingliederung in seine Erwerbstätigkeit verfolgt. Die Kindesmutter hat jeweils nach der Geburt der Kinder ein Jahr lang Erziehungsurlaub in Anspruch genommen. Der Kindesvater hat nach der Geburt des Sohnes und im Anschluss an das Erziehungsjahr der Kindesmutter zwei Monate lang Erziehungsurlaub genommen. L. besucht inzwischen die …schule in O. von 7.15 bis maximal 17.00 Uhr, N. die Kindertagesstätte von 7.00 bis 17.00 Uhr. Bei der Betreuung der Kinder ist in der Vergangenheit auch auf die in unmittelbarer Nähe wohnenden Großeltern väterlicherseits zurückgegriffen worden.

Seit dem 8. September 2008 hat es zwischen den Kindeseltern verstärkt Streit und Auseinandersetzungen gegeben, die schließlich in eine Trennung mündeten. In deren Folge wurde der Kindesvater – wohl am 24. September 2008 – in der psychiatrischen Abteilung im Krankenhaus H. stationär aufgenommen. Nach den Behauptungen der Kindesmutter sei ihr von den Ärzten mitgeteilt worden, „dass ihr Mann (an) einer gespaltenen Persönlichkeit leidet, Suizidgedanken hegt und therapiert werden müsste“. Die zunächst vollstationäre Behandlung wurde in der Folgezeit teilstationär fortgesetzt. In dieser Zeit hielt sich der Kindesvater nach dem Besuch der Tagesklinik zunächst in der Regel auf dem ehelichen Hausgrundstück auf, wobei es vielfach zu Auseinandersetzungen kam; zum Zwecke der Übernachtung hat der Kindesvater jeweils den – in unmittelbarer Nähe gelegenen – Haushalt seiner Eltern aufgesucht, bis er morgens in Absprache mit der Kindesmutter die Kinder zur Kita/Schule gebracht hat.

Die Kindesmutter beabsichtigt, mit den beiden Kindern nach Berlin (Hohenschönhausen/Weißensee/Niederschönhausen) umzuziehen. Dort leben Angehörige ihrer Familie, zudem verkürzt sich ihr Arbeitsweg mit der Folge, dass mehr Betreuungszeit für die Kinder zur Verfügung steht.

Die Kindesmutter nimmt für sich in Anspruch, stets die Hauptbezugsperson für die Kinder gewesen zu sein, während der Kindesvater sich eher aus dem Familienleben zurückgezogen habe und mit der Betreuung und Erziehung der Kinder und der Führung eines eigenständigen Haushalts überfordert wäre und deshalb zu seinen Eltern ziehen würde. Der Rückgriff auf die Eltern des Kindesvaters rechtfertige sich angesichts der besseren „Qualifikation“ der uneingeschränkt zur Verfügung stehenden Kindesmutter nicht.

Die Verfahrenspflegerin hat in ihrer Stellungnahme vom 2. Dezember 2008 ausgeführt, dass L. bei seinem Vater, aber in allererster Linie wegen des ihm lieb gewordenen sozialen Umfeldes (Schule, Freunde, Großeltern) bleiben wolle. Tatsächlich könne aus seinen Äußerungen eine größere Bindung an die Mutter und seine Schwester, die sich im Übrigen eindeutig zur Mutter positioniere, abgelesen werden.

Ähnlich, wenn auch L. in der Bindung an O. weniger ausgeprägt, äußerten sich die Kinder in der richterlichen Anhörung am 3. Dezember 2008.

In dem Anhörungstermin am 10. Dezember 2008 hat der Kindesvater die weiterhin ambulante und medikamentöse Behandlung wegen Depressionen infolge der Trennung von seiner Frau bestätigt. Der Kindesvater hat sich ausgehend von einem Verbleib der Kindesmutter in O. eine mehr oder minder gemeinsame Betreuung bzw. ein Wechselmodell vorgestellt. Er hat gemeint, die Kindesmutter könne mit den Kindern weiterhin das Familiengrundstück bewohnen, während er zu seinen Eltern ziehen werde.

Die Verfahrenspflegerin hat einen Umzug von L. mit der Kindesmutter und seiner Schwester für zumutbar gehalten, wenn die Bindung zu den Großeltern väterlicherseits und natürlich zum Vater weiterhin konsequent gepflegt werde; eine Geschwistertrennung hielt sie für nicht zuträglich.

Mit Beschluss vom 23. Dezember 2008 hat das Amtsgericht – nach telefonischer Befragung der den Kindesvater behandelnden Ärztin – sodann die gemeinsame elterliche Sorge hinsichtlich der Bereiche Aufenthaltsbestimmungsrecht, Kita-, Hort- und Schulangelegenheiten, Gesundheitsfürsorge und Angelegenheiten der Entwicklungsförderung/Hilfen zur Erziehung aufgelöst und auf die Kindesmutter übertragen. In der Verhandlung habe sich gezeigt, dass die Eltern nicht über hinreichende Ressourcen verfügen, in den für die Kinder wichtigen Fragen zu gemeinsamen Entscheidungen zu kommen. Die Ursachen hierfür lägen vor allem in dem vom Kindesvater nicht bewältigten Trennungskonflikt, der – verbunden mit Schuldzuweisungen an seine Frau auch hinsichtlich seiner Erkrankung – die Wahrung der Kindesinteressen überlagere. Die danach gebotene Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge führe zur Übertragung der hier im Einzelnen aufgeführten Aufgabenkreise auf die Kindesmutter, die gesundheitlich und emotional besser geeignet sei, die elterliche Sorge auszuüben. Der Kindesvater sei vorläufig und auf unabsehbare Zeit mit der Bewältigung der Trennung, seiner Erkrankung und der Wiedereingliederung in den Arbeitsalltag beschäftigt und könne daneben nicht noch die elterliche Verantwortung für die beiden Kinder wahrnehmen. N. wolle ohnehin im Haushalt der Kindesmutter bleiben. Die mit dem dann erforderlichen Schul- und Ortswechsel tatsächlich zu erwartenden Schwierigkeiten bei L. seien durch eine anderweitige Entscheidung, die eine nur unzulängliche Betreuung und Versorgung erwarten ließe, nicht aufzuwiegen.

Gegen diese ihm am 8. Januar 2009 zugestellte Entscheidung wendet sich der Kindesvater mit seiner am 9. Januar 2009 eingegangenen und zugleich begründeten Beschwerde, mit der er die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und demzufolge die Wiederherstellung der gemeinsamen elterlichen Sorge bzw. – so zuletzt im Anhörungstermin am 9. April 2009 – die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes für beide Kinder auf sich selbst zu erreichen sucht. Er bestätigt, dass sich die Kindeseltern nicht einigen können, wo die Kinder zukünftig ihren Lebensmittelpunkt haben, meint aber, es sei der Kindesmutter aus Gründen des Kindeswohls zuzumuten, das ihr unterbreitete Angebot eines Verbleibs auf dem Hausgrundstück der Familie mit den in O. sozial fest verwurzelten Kindern anzunehmen. Der Vorteil kürzerer Arbeitswege der Mutter werde durch die deutlich ungünstigeren Wohnverhältnisse in einer Wohnung in der Anonymität der Großstadt statt in einem Einfamilienhaus mit Garten und unter Verlust des Freundes- und Bekanntenkreises aus Schule und Kita deutlich nicht aufgewogen. Ferner sei die telefonische Auskunft der den Kindesvater behandelnden Ärztin keineswegs eine geeignete Grundlage zur Einschätzung dessen Erziehungseignung. Tatsächlich sei er uneingeschränkt in der Lage, die Kinder zu betreuen und zu versorgen; er könne seine Dienstzeiten anpassen und auf die Unterstützung seiner Eltern bauen und dadurch den Verbleib der Kinder in der ihnen gewohnten Umgebung sicherstellen.

Die Kindesmutter verteidigt die angefochtene Entscheidung mit näherer Darlegung. Der von ihr weiterhin beabsichtigte zügige Umzug diene mit der aus ihrer Sicht dringend gebotenen größeren räumlichen Trennung der Eltern der Beruhigung der Situation und sei auch für L. trotz der nicht zu verkennenden Bindung an die bisherige Umgebung zumutbar. Der sog. Oma-Opa-Tag sei durch den Umzug nicht berührt, habe vielmehr auch schon vor dem Umzug der Familie von B. nach O. stattgefunden und könne – auch mit Übernachtungen und Urlaubsaufenthalten – problemlos aufrechterhalten werden. Wichtiger als Haus und Garten seien geregelte Familienverhältnisse und ein liebevolles ruhiges Zuhause. Ein Verbleib im ehelichen Hausgrundstück sei mit Blick auf die wiederholten Drohungen des Kindesvaters mit Rauswurf nicht sichergestellt und werde von ihr nachhaltig abgelehnt. Die Kindesmutter sieht keinen Anlass, an der Richtigkeit der Darstellung des Amtsrichters zu dem Inhalt seines Gesprächs mit der behandelnden Ärztin zu zweifeln. Tatsächlich habe der Antragsteller noch am 5. Februar 2009 erklärt, er fühle sich nicht stark genug, seine Arbeit im Hamburger Modell (3 Stunden täglich) wieder aufzunehmen. Sie wiederholt ihre Auffassung, dass der Kindesvater ohnehin mit der Erziehung der Kinder überfordert wäre, weil er auch in der Vergangenheit Konfliktsituationen immer auf die Mutter verlagert oder sehr schnell auf seine Eltern zurückgegriffen habe.

Die Verfahrenspflegerin wiederholt nach erneuter Befragung der Kinder ihre Einschätzung aus erster Instanz.

Das Jugendamt hat in seiner Stellungnahme vom 23. Januar 2009 die unüberbrückbar gegensätzlichen Auffassungen der Kindeseltern zum künftigen Lebensmittelpunkt der Kinder bei ansonsten aber noch vorhandener Kommunikationsbasis bestätigt. Das Jugendamt betont die herausragende Bedeutung der Bindungskontinuität und –intensität, die mit Blick auf die unstreitig deutlich höheren Betreuungsanteile in größerem Umfang in der Person der Kindesmutter zu finden sei.

II.

Die befristete Beschwerde des Kindesvaters ist gemäß § 621 e ZPO in Verbindung mit §§ 621 Abs. 1 Nr. 1, 517, 520 ZPO zulässig. Das Rechtsmittel bleibt in der Sache jedoch weitgehend ohne Erfolg. Das Amtsgericht hat zu Recht der Kindesmutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die beiden Kinder übertragen. Dem gegenläufigen Antrag des Kindesvaters in zweiter Instanz konnte deshalb kein Erfolg beschieden sein.

Nach § 1671 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB kann einem Elternteil die elterliche Sorge bzw. Teile davon allein übertragen werden, wenn die Kindeseltern nicht nur vorübergehend getrennt voneinander leben und zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf einen Elternteil dem Wohl des Kindes am besten entsprechen.

1. Für die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge, für die kein Regel-Ausnahme-Verhältnis gesetzlich geregelt ist (vgl. BGH NJW 2000, 203; FamRZ 2008, 592), ist im Wege einer Prognoseentscheidung zu prüfen, inwieweit beide Elternteile uneingeschränkt zur Pflege und Erziehung des Kindes geeignet sind, ob ein Wille zur Kooperation besteht und ob keine sonstigen Gründe vorliegen, die es im Interesse des Kindeswohls gebieten, das Sorgerecht nur einem Elternteil zu übertragen. Ein Mindestmaß an Verständigungsmöglichkeiten zwischen den Eltern ist Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge (vgl. BGH FamRZ 1982, 1179; 2008, 592).

a) Im Streitfall ist im Ergebnis des wechselseitigen schriftsätzlichen Vorbringens und insbesondere im Rahmen der persönlichen Anhörung der Kindeseltern im Senatstermin am 9. April 2009 sehr deutlich geworden, dass die Kindeseltern nicht mehr willens und/oder in der Lage sind, zum Wohl ihrer beiden Kinder hinsichtlich der Bestimmung ihres dauerhaften Aufenthalts zusammenzuwirken oder auch nur eine gemeinsam getragene Entscheidung zu finden. Ebenso zielstrebig und beharrlich, wie die Kindesmutter ihre Umzugspläne von O. nach Berlin unter Mitnahme der beiden Kinder voranzutreiben sucht, erstrebt der Kindesvater den Verbleib der Kinder in O., und zwar im vormals gemeinsam genutzten Hausgrundstück, sei es nun im Haushalt der aus seiner Sicht am besten dort verbleibenden Kindesmutter oder für den Fall des – ersichtlich unausweichlichen – Auszuges der Kindesmutter in dem dann dort von ihm selbst und ggf. mit Unterstützung seiner Eltern geführten Haushalt. Beide Elternteile waren nicht (mehr) ernstlich bereit, ihre unvereinbaren Standpunkte zum künftigen Aufenthalt der Kinder zu überdenken und nach einer einvernehmlichen Lösung zu suchen. Der Senat konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Kindeseltern – mutmaßlich im Ergebnis nachwirkender trennungsbedingter Verletzungen – ohne jede Rücksicht nicht nur auf den anderen Elternteil, sondern insbesondere auch ohne das erforderliche Einfühlungsvermögen in die Interessen und das Wohl ihrer Kinder, die nicht allein aufgrund der Trennung, sondern – dies gilt gerade auch für L. – insbesondere auch mit Blick auf die Ungewissheiten in Bezug auf den künftigen Aufenthalt nicht unerheblich belastet waren, ihre eigenen Vorstellungen umzusetzen suchen und dabei die Wünsche und Bedürfnisse ihrer Kinder jedenfalls hintanstellen. Dies gilt umso mehr als sich im Laufe des Verfahrens unübersehbare Anzeichen dafür ergeben haben, dass die beiden Kinder aus unterschiedlichen Motiven heraus keine zwanglos übereinstimmenden Vorstellungen über den künftigen Aufenthalt entwickelt haben. Bedauerlicherweise ist nicht erkennbar geworden, dass die Eltern dies auch nur wahrgenommen oder gar in ihre Überlegungen einbezogen haben; sie haben sich vielmehr geradezu verbissen auf ihre jeweilige Position versteift und sich trotz einer eindringlichen Bitte auch des Senates faktisch schon einem ernstlichen Gespräch über eine Kompromisslösung verschlossen.

Es ist leider nicht ersichtlich, dass in absehbarer Zeit eine Verbesserung der Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern in Bezug auf den künftigen dauerhaften Aufenthalt der Kinder zu erwarten ist. Bei dieser Sachlage konnte eine Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge für den Bereich Aufenthaltsbestimmungsrecht nicht in Betracht kommen.

b) Allerdings gilt auch der Grundsatz, dass eine Entscheidung zum Sorgerecht nur insoweit erforderlich und geboten ist, als die Eltern tatsächlich darüber streiten. Anders als das Amtsgericht sieht der Senat keine Notwendigkeit, über die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts hinaus eine Entscheidung zur elterlichen Sorge, namentlich zu Kita-, Hort- und Schulangelegenheiten, der Gesundheitsfürsorge und Angelegenheiten der Entwicklungsförderung/ Hilfen zur Erziehung, zu treffen. Der Streit der Eltern konzentriert sich auf die Frage des künftigen Wohnsitzes ihrer Kinder, der angesichts des Umstandes, dass dieser unstreitig entweder beim Kindesvater in O. beibehalten oder mit der Kindesmutter nach Berlin verlegt werden wird, zwangsläufig auch räumliche Auswirkungen auf den Besuch von Kita, Schule und Hort entweder weiterhin in O. oder im Einzugsbereich der neuen Wohnung in Berlin haben wird. Das Amtsgericht selbst führt keine tragfähige Begründung für die von ihm getroffenen weitergehenden Entscheidungen zum elterlichen Sorgerecht an. Der Senat hat im Ergebnis des Beschwerdeverfahrens keine ernstlichen Zweifel daran, dass die Kindeseltern mit der Entscheidung über den künftigen Wohnsitz die sich daraus weiter ableitenden Fragen für den Schulbesuch etc. der Kinder verantwortlich und unter Wahrung der die gemeinsame elterliche Sorge prägenden Aspekte einer kooperativen Entscheidungsfindung regeln können und werden. So hat etwa die – zunächst in diesem Punkt uneinsichtig auftretende – Kindesmutter im dringenden Interesse ihres Sohnes ausdrücklich erklärt, einen Schulwechsel im laufenden Schuljahr tatsächlich nicht (mehr) vorzunehmen. Auf der anderen Seite verschließt sich der Kindesvater selbstverständlich nicht der Erkenntnis, dass bei einem Wegzug der Kinder nach Berlin notwendig eine neue Schule, ein neuer Hort bzw. eine neue Kita für die Kinder gefunden werden muss. Für einen über den künftigen Lebensmittelpunkt der Kinder hinausgehenden Streit der Kindeseltern, der weitergehende Entscheidungen zum Sorgerecht gebieten würde, besteht derzeit jedenfalls kein Anlass. Mit Ausnahme des Aufenthaltsbestimmungsrechts soll es deshalb ansonsten bei der Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge bleiben.

2. Bei der Frage, welchem Elternteil das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen ist, ist derjenigen Regelung der Vorzug zu geben, von der zu erwarten ist, dass sie im Sinne des Kindeswohls die bessere Lösung darstellt. Bei der prognostischen Beurteilung sind die Gesichtspunkte der Erziehungseignung und Bindungstoleranz der Eltern, der Bindungen der Kinder, des Kontinuitätsgrundsatzes, des Förderungsgrundsatzes und schließlich auch des Kindeswillens von entscheidender Bedeutung, wobei die Gewichtung im konkreten Einzelfall dem Gericht überlassen ist (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht FamRZ 2003, 1953).

Der Senat geht davon aus, dass grundsätzlich sowohl die Kindesmutter wie auch der Kindesvater erziehungsgeeignet und in der Lage sind, die Kinder angemessen zu fördern. Es gibt jedenfalls derzeit keine hinreichend verifizierten greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass in der Vergangenheit bis zur Trennung der Kindeseltern hier auf Seiten eines Elternteils nennenswerte Defizite zutage getreten wären. Allerdings kann der als solcher unstreitige Umstand, dass die Trennung der Eltern den Kindesvater in eine tiefe psychische Krise gestürzt hat, im Rahmen der hier zu treffenden Entscheidung nicht außer Acht gelassen werden.

Der Kindesvater ist im Zusammenhang mit dem Trennungskonflikt Ende September 2008 aufgrund einer suizidalen Krise mit depressiver Verstimmung über einen Zeitraum von knapp vier Monaten zunächst stationär und vom 30. Oktober 2008 bis einschließlich 19. Januar 2009 in der Tagesklinik in O. engmaschig psychotherapeutisch und medikamentös behandelt worden. Behandelnde Ärztin war in dem zuletzt genannten Zeitraum die von dem Senat als sachverständige Zeugin gehörte Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Bl., die im Zuge der mehrmonatigen Behandlung eine deutlich spürbare Verbesserung des eingangs der Behandlung sehr affektlabilen, depressiv gestimmten, äußerst leicht kränkbaren Kindesvaters attestiert hat, die tatsächlich zwischenzeitlich – bei Fortsetzung der medikamentösen Behandlung und Inanspruchnahme weiterer ambulanter psychotherapeutischer Behandlung – den Wiedereinstieg in das Arbeitsleben im Hamburger Modell ermöglicht hat. Im Rahmen ihrer Behandlung, so die Zeugin weiter, sei unabhängig von der akuten trennungsbedingten suizidalen depressiven Krise eine gleichermaßen behandlungsbedürftige grundlegende Persönlichkeitsstörung in Form einer Affektlabilität zutage getreten, die dadurch gekennzeichnet sei, dass der Kindesvater generell mit Stress- oder Belastungssituationen nicht souverän umgehen könne. Wenn es nicht in seinem Sinne liefe, so reagiere der Kindesvater sehr schnell impulsiv und übe Druck aus; er sei in der Möglichkeit, auf unwillkommene Situationen adäquat zu reagieren, also in seiner Affektsteuerung nicht unerheblich gestört. Diese Störung sei einerseits medikamentös zu beeinflussen, bedürfe aber anderseits einer – aus Sicht der Zeugin auf etwa 2 – 3 Jahre anzulegenden – nachhaltigen psychotherapeutischen Behandlung. Mit dem Medikamenteneinsatz solle schließlich die Affektmodulation nicht verhindert werden; Ziel der Behandlung sei vielmehr in erster Linie, ein – langjährig eingeübtes – persönlichkeitsbedingtes Reaktionsmuster aus eigenem Antrieb/innerer Überzeugung des Patienten aufzubrechen und zu einem insgesamt mehr gelassenen Umgang mit Belastungssituationen zu gelangen. Diese Angaben der – sachverständigen – Zeugin zum gesundheitlichen Status des Kindesvaters sind plausibel, insgesamt schlüssig und halten einer kritischen Würdigung durch den Senat stand. Der Senat geht im Ergebnis dessen davon aus, dass der Kindesvater nicht in gleicher Weise wie die Kindesmutter über die erforderliche psychische Stabilität verfügt, den unbestreitbaren Belastungen einer alltäglichen umfassenden Betreuung, Versorgung und Förderung der beiden – vom Trennungskonflikt der Eltern nicht unbelasteten – Kinder neben der Ausübung einer Vollzeittätigkeit begegnen zu können und dabei den Bedürfnissen der Kinder gerecht zu werden.

Der Senat sieht auch und gerade mit Blick auf den Schriftsatz des Kindesvaters vom 7. Mai 2009 keinen Anlass zur Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den gesundheitlichen Problemen des Kindesvaters. Die Ausführungen in dem Schriftsatz sind nicht geeignet, die überzeugende Einschätzung der sachverständigen Zeugin in Zweifel zu ziehen. Allein die pauschale Negation deren ohne Weiteres plausibler Einschätzung rechtfertigt die Einholung eines Gutachtens nicht. Der Kindesvater hat in seiner persönlichen Anhörung selbst angegeben und letztlich in dem zitierten Schriftsatz wiederholt, dass aus ärztlicher Sicht eine – seiner Einschätzung nach jedenfalls rund einjährige – psychotherapeutische Behandlung angezeigt und zwischenzeitlich auch aufgenommen ist. Dies bestätigt die Überzeugung des Senates, dass es dem Kindesvater derzeit an der psychischen Stabilität für die Übernahme einer bislang so nicht gewohnten Rolle als quasi alleinerziehender, vielleicht noch durch seine Eltern unterstützter Vater fehlt.

Die Kindesmutter hat unbestritten keine vergleichbaren Schwierigkeiten und im Übrigen – dies bestätigt auch das Jugendamt in seinem Bericht vom 23. Januar 2009 – auch in der Vergangenheit nicht nur nach der Geburt der beiden Kinder, sondern insbesondere auch „in den letzten Monaten seit der Erkrankung des Kindesvaters die höheren Betreuungsanteile für die Kinder“ übernommen. Der Senat will damit nicht die grundsätzliche Erziehungsfähigkeit des Kindesvaters in Zweifel ziehen oder – darauf sei vorsorglich ausdrücklich hingewiesen – auch nur durchgreifende Bedenken gegen seine Eignung zur Wahrnehmung von Umgangskontakten einschließlich Übernachtungen der Kinder in seinem Haushalt geltend machen; das Gericht sieht vielmehr aufgrund der höheren psychischen Belastbarkeit der Kindesmutter hier nicht unerhebliche Vorteile im Rahmen der Abwägung der für die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes maßgeblichen Gesichtspunkte.

Zur Bindungstoleranz der Kindeseltern können derzeit keine tragfähigen Feststellungen getroffen werden, weil diese bisher nicht ernstlich auf die Probe gestellt worden ist. Bereits in engem zeitlichem Zusammenhang zur Trennung ist der Konflikt über den künftigen Wohnsitz der Kinder ausgebrochen. Vorläufig haben sich die Kindeseltern – nicht zuletzt wohl aufgrund des Senatsbeschlusses vom 2. Februar 2009 über die einstweilige Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Beschlusses – trotz des Streits über das Aufenthaltsbestimmungsrecht in der Versorgung und Betreuung der Kinder im Übrigen arrangiert, was angesichts der Nachbarschaft des vormaligen Familiengrundstücks und des großelterlichen Grundstücks väterlicherseits in O. nicht mit allzu großen Schwierigkeiten verbunden war. Soweit der Kindesvater die Einschätzung einer in seiner Person in höherem Maße vorhandenen Bindungstoleranz daraus abzuleiten sucht, dass er mit einem Verbleib der Kinder im mütterlichen Haushalt unter der Voraussetzung eines Verbleibs der Kindesmutter in O. einverstanden ist, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Der Senat sieht darin eher den – letztlich wohl fruchtlosen – Versuch, die noch nicht überwundene Trennung der Kindeseltern durch Aufrechterhaltung einer räumlichen Nähe und entsprechend intensiver persönlicher Kontaktmöglichkeiten abzumildern oder gar die Chancen für eine Wiederherstellung der Familie zu erhalten. Im Übrigen unterstützt die Tatsache, dass der Kindesvater den Verbleib der Kinder in einem allerdings weiterhin in O. angesiedelten mütterlichen Haushalt trotz seines nunmehr eigenen Antrages auf Übertragung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts weiterhin als die eigentlich beste aller aus seiner Sicht denkbaren Lösungen ansieht, eher den Eindruck des Senates, dass er „im tiefsten Inneren“ tatsächlich selbst der Ansicht ist, dass für die Kinder ein dauerhafter Aufenthalt im mütterlichen Haushalt im Grundsatz vorzuziehen ist – eine Einschätzung, die dem Kindesvater, der seine Kinder zweifelsohne in gleicher Weise liebt wie die Kindesmutter, nicht leicht gefallen sein wird und die ihn deshalb besonders ehrt.

Auch unter dem Aspekt des Kontinuitätsgrundsatzes kann ein ganz entscheidendes Übergewicht eines Elternteils nicht festgestellt werden. Dem unstreitig ganz überwiegenden Anteil der Kindesmutter an der Betreuung und Erziehung im ersten Lebensjahr der beiden Kinder kann heute kein entscheidendes Gewicht mehr beigemessen werden. Zwar hat die Kindesmutter mit Blick auf die (teil-)stationäre Behandlung des Kindesvaters auch in der jüngeren Vergangenheit zeitweise wieder die Hauptanteile in der Versorgung erbracht; zuletzt aber haben sich unstreitig beide Eltern wieder im Rahmen ihrer gerade auch zeitlichen Möglichkeiten bei der Betreuung und Versorgung der Kinder abgewechselt, so dass sich ein nennenswerter Vorsprung eines Elternteils schon unter dem Gesichtspunkt der Kontinuität nicht konstatieren lässt.

Die Bindung der Kinder an ihre Eltern ist nahezu gleichermaßen gut ausgeprägt; Anzeichen für eine negative Beeinflussung der Kinder gegen den jeweils anderen Elternteil gibt es erfreulicherweise nicht. Auch unter dem Aspekt des Bindungsverhaltens sieht der Senat allerdings eine – wenn auch nur marginale – Präferenz für die Kindesmutter, bedingt möglicherweise durch die insgesamt und gerade auch seit der Trennung objektiv vorhandenen größeren Betreuungsanteile. N. hat im laufenden Verfahren durchgehend eine größere emotionale Nähe zur Kindesmutter zum Ausdruck gebracht und dies mit dem Wunsch nach einem Verbleib in deren Haushalt, wo immer das auch sein mag, verbunden. Sie verbindet mit einem Umzug nach Berlin ausdrücklich positive Erwartungen. L. zeichnet insoweit ein etwas schwieriger aufzulösendes Bild. Er hat ganz unzweifelhaft eine ganz besonders innige Beziehung zu seinem derzeitigen Wohnort O. entwickelt und kann und will sich – auch das zieht sich durch das gesamte Verfahren – einen für den Fall des Verbleibs im mütterlichen Haushalt unausweichlichen Wegzug nicht wirklich vorstellen. Bei dieser Bindung handelt es sich aber um eine weniger aus der Anhänglichkeit an den Kindesvater geborene, sondern ausschließlich sozialräumig orientierte, also aus der Sicherheit des gewohnten sozialen Umfeldes, und hier ausdrücklich der in der Schule gewonnenen Freunde, erwachsene Nähe. Auch für L. aber ist die Kindesmutter – dies ergibt sich etwa aus der richterlichen Anhörung beim Amtsgericht am 3. Dezember 2008 – der erste Ansprechpartner bei Sorgen und Nöten.

Beide Kinder verfügen darüber hinaus über gut ausgeprägte Bindungen zu den Großeltern väterlicherseits, wobei ein Kontaktabbruch allein durch den Wegzug der Kinder aus O. nicht zu besorgen ist. Weder ist ersichtlich, dass die Kindesmutter den Kontakt der Kinder zu ihren Großeltern nicht fördern möchte noch stellt sich die Entfernung zwischen O. und dem demnächst neuen Wohnort in Berlin ein unüberwindbares Hindernis dar. Im Übrigen wird im Rahmen der Umgangsausübung des Kindesvaters eine Kontaktpflege auch mit den Großeltern zwanglos aufrechterhalten werden können.

Dem Kindeswillen konnte für sich betrachtet vorliegend keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden, dies schon deshalb nicht, weil beide Kinder aufgrund ihres geringen Alters noch nicht in der Lage sind, einen autonomen Willen zu bilden. Vor Vollendung des 12. Lebensjahres verfügen Kinder in aller Regel nicht über die verstandesmäßige und seelische Reife, eine tragfähige, selbstbestimmte und vernunftgeleitete Entscheidung über den künftigen Aufenthaltsort treffen zu können (vgl. Johannsen/Henrich/Jäger, Eherecht, 3. Aufl., § 1671 Rdnr. 82; Brandenburgisches Oberlandesgericht FamRZ 2003, 1953; OLG Stuttgart FamRZ 2006, 1857). Gleichwohl war natürlich die besondere räumlich-soziale Verbundenheit von L. an seinen derzeitigen Wohnort bei der Abwägung zu berücksichtigen.

Angesichts der vorstehend im Einzelnen erörterten Umstände des Streitfalles fällt die Entscheidung des Senates nicht so eindeutig zugunsten der Kindesmutter aus, wie dies noch das Amtsgericht für angezeigt erachtet hat. Der Senat verkennt insbesondere nicht, dass beide Kinder ganz offensichtlich eine gleichermaßen innige wie tragfähige Beziehung zu beiden Elternteilen haben und der – mit der Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes auf die Kindesmutter – unausweichliche Ortswechsel, verbunden mit dem Verlust jedenfalls des alltäglich verfügbaren in O. bestehenden Freundeskreises nach der schon nicht leicht zu tragenden Trennung der Eltern einen schwerwiegenden Einschnitt im Leben beider Kinder bedeutet. Umso wichtiger ist allerdings die Wahrung der geschwisterlichen Bindung, die zwar keines der Kinder konkret hervorhebt oder ausdrücklich bewegt, die jedoch für die Stabilität der weiteren Entwicklung von wesentlicher Bedeutung sein wird. Eine Trennung der in ihren ausdrücklichen Wünschen zur örtlichen Präferenz divergierenden Kinder hat allerdings erfreulicherweise keines der Elternteile auch nur in Betracht gezogen. Der Senat hält allerdings dafür, dass auch L. mit dem Wechsel zum Ende des Schuljahres letztlich klarkommen und auch an seinem zukünftigen neuen Wohnsitz in Berlin ein soziales Umfeld finden wird, an dem er sich uneingeschränkt wohlfühlt. Ein Umzug ist für sich betrachtet kein ungewöhnliches und Kindern nicht zumutbares Ereignis in der heute insgesamt von größerer Mobilität gekennzeichneten Lebenswirklichkeit. Beide Kinder haben bereits einmal einen Umzug von Berlin nach O. gut überstanden; es gibt keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass L. in seiner Entwicklung Schaden nehmen könnte, wenn er nunmehr erneut umziehen muss, mag er sich das derzeit auch nicht wirklich vorstellen können. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die Kindesmutter L. die emotionale Unterstützung und Sicherheit wird geben können, dass er auch die räumliche Trennung von seinem gewohnten Umfeld nach der Trennung seiner Eltern verkraften wird. Der Wegzug der Kindesmutter aus O. ist immerhin von der rationalen und insoweit ohne Weiteres nachvollziehbaren und auch glaubhaften Erwägung eines ganz erheblich kürzeren Arbeitsweges mit der daraus erwachsenden Möglichkeit einer zeitintensiveren persönlichen Betreuung der Kinder motiviert und keine „bloße Laune“ oder aus selbstsüchtigen Motiven heraus oder mit dem Ziel einer Entfremdung der Kinder vom Vater und dessen Familienangehörigen erfolgt. Die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für beide Kinder auf den Vater allein oder auch nur ganz entscheidend unter dem Aspekt der Aufrechterhaltung eines gewohnten Lebensumfeldes, insbesondere für L., kam nicht in Betracht, nachdem für die Kindesmutter eine größere psychische Stabilität für die Kindererziehung und eine – wohl auch aus der Übernahme geringfügig höherer Betreuungsanteile – doch etwas tiefer gehende emotionale Verbundenheit der Kinder sprach – Aspekte, denen aus Sicht der Senates bei der Abwägung aller einzubeziehenden Umstände letztlich das höhere Gewicht beizumessen ist.

Soweit schließlich in dem bereits zitierten Schriftsatz des Kindesvaters vom 7. Mai 2009 eine Überforderung der Kinder bei Verbleib im mütterlichen Haushalt mit Blick auf einen neuen Lebensgefährten der Kindesmutter in den Raum gestellt wird, sieht der Senat dafür keinen Anlass. Allein aus dem Umstand, dass L. „einen fremden Mann in der Wohnung der Mutter vorgefunden hat“, darauf schließen zu wollen, dass die Kindesmutter „offensichtlich“ beabsichtigt, „sofort die Kinder nicht nur mit einer neuen Umgebung, sondern mit einer neuen Familiensituation zu konfrontieren“, sprich mit einem neuen Lebensgefährten, erscheint abwegig, jedenfalls nicht hinreichend fundiert. Die Behauptungen bzw. Schlussfolgerungen hierzu sind derart substanzlos und erkennbar ins Blaue hinein getätigt, dass sich eine weitergehende Ausforschung – von Sachaufklärung kann schon keine Rede sein – von vornherein verbietet. Vielmehr erscheint es gerade mit Blick auf das Kindeswohl, aber auch für den weiteren Umgang der Kindeseltern miteinander angezeigt, die erforderlich gewordene Entscheidung über den künftigen Aufenthaltsort der Kinder alsbald zu treffen mit der Folge, dass für alle Beteiligten insoweit Sicherheit besteht, sie sich darauf einrichten und die Lösung der weiter anstehenden Fragen ohne die Last eines schwebenden Aufenthaltstatus der Kinder angehen können.

Beide Kindeseltern, insbesondere aber die Kindesmutter als Inhaberin des Aufenthaltsbestimmungsrechtes werden zukünftig beweisen müssen, dass sie den augenscheinlich nicht überwundenen Paarkonflikt zurückstellen und im Interesse ihrer beiden Kinder zu einer Gesprächskultur zurückfinden können, die die weiterhin erforderlichen gemeinsamen Entscheidungen der elterlichen Sorge ermöglicht, die ständige Bereitschaft zur Kommunikation und Kooperation erfordert. Angesprochen ist hier nach der – mangels Vereinbarung der Eltern leider gerichtlich zu treffenden – Entscheidung zum ständigen Aufenthalt der Kinder zuvorderst eine Regelung zum Umgangsrecht des Vaters. Einzuschließen ist dabei auch die Möglichkeit einer auch zukünftigen Kontaktpflege mit den Großeltern väterlicherseits, die die Kinder bisher offensichtlich als wichtige Ansprechpartner erlebt haben. Die Kindeseltern werden sich vor Augen halten müssen, dass ihnen – abgesehen vom Wohnsitz der Kinder – weiterhin gemeinsam die elterliche Verantwortung obliegt, die jede negative Einflussnahme oder Druckausübung auf die Kinder, sei dies auch nur unterschwellig, in Bezug auf den anderen Elternteil verbietet und ein erhebliches Maß an Großzügigkeit erfordert, die schon bei einem regelmäßigen Informationsaustausch beginnt und bei einer sachgerechten Umgangsregelung nicht endet und die – so der Eindruck des Senates im Anhörungstermin – derzeit leider etwas in den Hintergrund geraten zu sein scheint. Die Kindeseltern sollten sich für den Fall künftig auftretender Schwierigkeiten im Interesse ihrer beiden Kinder auch nicht scheuen, die Unterstützung von Fachkräften des Jugendamtes oder von diesem vermittelter Träger in Anspruch zu nehmen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 FGG. Der Umstand, dass die vom Amtsgericht vorgenommene Auflösung der gemeinsamen elterlichen Sorge über das – den Kernpunkt des Streits bildende – Aufenthaltsbestimmungsrecht hinaus keinen Bestand hatte, bleibt ohne kostenrechtliche Auswirkung. Zum einen begründet die über die Anträge der Parteien hinaus gehende Entscheidung des Amtsgerichts keine Streitwerterhöhung; zum anderen war zu berücksichtigen, dass der Kindesvater im Beschwerdeverfahren erstmals einen eigenen Antrag auf Übertragung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts gestellt hat und insoweit unterlegen ist.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 30 Abs. 2 KostO.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach §§ 621 e Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist nicht veranlasst, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO.

OLG Brandenburg, Beschluss vom 20.05.2009
9 UF 2/09

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