a) Ein im Ehevertrag kompensationslos vereinbarter Ausschluss des Versorgungsausgleichs ist nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn die Ehegatten bei Abschluss des Vertrags bewusst in Kauf nehmen, dass die Ehefrau wegen Kindesbetreuung alsbald aus dem Berufsleben ausscheiden und bis auf weiteres keine eigenen Versorgungsanrechte (abgesehen von Kindererziehungszeiten) erwerben wird.
b) Der Ausschluss des Versorgungsausgleichs kann in solchen Fällen zur Gesamtnichtigkeit des Ehevertrags führen, wenn die Ehefrau bei seinem Abschluss im neunten Monat schwanger ist und ihr der Vertragsentwurf erstmals in der notariellen Verhandlung bekannt gegeben wird.
Die Revision gegen das Teilurteil des 2. Familiensenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 20. Dezember 2006 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die am 19. Oktober 1984 geschossene Ehe der Parteien, aus der die Töchter I.A.C. (geb. 3. November 1984), M.I. (geb. am 28. Februar 1986) und C.O. (geb. am 30. Juli 1993) hervorgegangen sind, wurde durch Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – vom 15. Februar 2006 geschieden (insoweit rechtskräftig seit 11. Juli 2006). Die noch minderjährige Tochter C.O. wird seit der Trennung der Parteien (nach den Feststellungen des Amtsgerichts: am 1. September 2002) von der Antragstellerin betreut. Die Parteien streiten über schuldrechtlichen Versorgungsausgleich sowie über Zugewinnausgleich.
Die Parteien haben am 5. Oktober 1984 einen Ehevertrag geschlossen. Der Antragsgegner (im Folgenden: Ehemann; geboren am 1. Juli 1940) war im Zeitpunkt des Vertragsschlusses 44 Jahre alt und als Jurist – nach erfolgreicher Tätigkeit in mehreren anderen Untenehmen – in der Personalabteilung der M.-AG tätig; gegen Ende seines Berufslebens war er leitender Angestellter einer Bank in Frankfurt. Die Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau; geboren am 12. Dezember 1959) war bei Vertragsschluss 24 Jahre alt und als Erzieherin in einem Kindergarten tätig. Diese Arbeitsstelle hat sie in der Folgezeit aufgegeben; heute ist sie als Fachlehrerin teilzeitbeschäftigt. In dem Ehevertrag, dessen Text der Ehefrau vor der notariellen Verhandlung nicht bekannt gegeben worden war, ist u.a. folgendes geregelt:
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Bis zur Geburt von Kindern sind beide Ehegatten zur Berufstätigkeit berechtigt und verpflichtet. …
Wenn ein Kind geboren wird, gibt ein Ehegatte, unter normalen Umständen die Ehefrau, seine Berufstätigkeit vorübergehend auf. Diesem Ehegatten obliegt dann die Haushaltsführung und die Kindesbetreuung. Sobald die Kindesbetreuung es zulässt, ist er berechtigt, seinen Beruf oder eine auf dem Arbeitsmarkt verfügbare sonstige Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Vorrangig ist jedoch das Wohl der Kinder. Steht dieses einer Halb- oder Ganztagsbeschäftigung nicht entgegen, so ist der Ehegatte zur Aufnahme einer zumutbaren Berufstätigkeit berechtigt und verpflichtet.
§ 3
Die Ehegatten wollen in Gütertrennung leben und schließen den gesetzlichen Güterstand aus. …
§ 4
Die Ehegatten schließen gegenseitig den Versorgungsausgleich völlig aus.
§ 5
Für den Fall, dass unsere Ehe vor Ablauf von 5 Jahren geschieden wird, verzichten wir gegenseitig und völlig auf jeden nachehelichen Unterhalt.
Ist bei der Scheidung jedoch ein gemeinsames Kind vorhanden, so steht dem Ehegatten, der das Kind betreut, unter den Voraussetzungen des § 1570 BGB Unterhalt zu.
Im übrigen soll es grundsätzlich bei der gesetzlichen Regelung verbleiben. Jedoch soll sich das Maß des Unterhalts nicht nach den ehelichen Lebensverhältnissen, sondern nach dem erlernten bzw. dem mit höherem Einkommen verbundenen ausgeübten Beruf des unterhaltsberechtigten Ehegatten bestimmen. Der Aufstockungsanspruch des § 1573 Abs. 2 BGB und der Kapitalisierungsanspruch des § 1585 Abs. 2 BGB werden ausgeschlossen.
§ 6
Sollte eine der Vereinbarungen unwirksam sein oder werden, so sollen die übrigen Vereinbarungen dennoch wirksam bleiben.”
Im Scheidungsverbundverfahren hat die Ehefrau – neben der Zahlung von nachehelichem Unterhalt und der Durchführung des Versorgungsausgleichs – im Wege der Stufenklage begehrt, den Ehemann zu verurteilen, Auskunft über sein Endvermögen zum 29. Oktober 2003 zu erteilen. Das Amtsgericht hat die Ehe geschieden, dem Unterhaltsverlangen teilweise entsprochen, den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich durchgeführt, den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten und die Zugewinnausgleichsstufenklage abgewiesen. Auf die Berufung beider Parteien hat das Oberlandesgericht den Unterhaltsausspruch herabgesetzt und den Ehemann verurteilt, der Ehefrau Auskunft über sein Endvermögen zum 29. Oktober 2003 zu erteilen; den Antrag des Ehemannes festzustellen, dass ein schuldrechtlicher Versorgungsausgleich nicht stattfindet, hat es abgewiesen. Gegen die Entscheidung zum Zugewinnausgleich und zum schuldrechtlichen Versorgungsausgleich richtet sich die – insoweit zugelassene – Revision des Ehemannes.
Entscheidungsgründe:
Das zulässige Rechtmittel hat keinen Erfolg.
I.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist der von den Parteien geschlossene Ehevertrag nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und damit unwirksam.
Eine Gesamtschau der getroffenen Vereinbarungen ergebe eine einseitige Benachteiligung der Ehefrau, die nicht durch Regelungen zu ihren Gunsten ausgeglichen würden. Zwar bleibe der als Kernbereich der Scheidungsfolgen anzusehende Betreuungsunterhalt im Grundsatz unberührt, dies allerdings mit der Einschränkung, dass das Maß des Unterhalts sich nicht nach den ehelichen Lebensverhältnissen, sondern nach dem Einkommen bemesse, das aus dem erlernten oder, falls höher dotiert, aus dem ausgeübten Beruf erzielbar wäre. Die Ehefrau sei so an ihrem Beruf als Erzieherin festgehalten worden; an der wirtschaftlichen Stellung des Ehemannes habe sie – im Gegensatz zu den gemeinsamen Kindern der Parteien – nicht teilhaben sollen, und zwar unabhängig davon, ob sie durch ihre Erwerbstätigkeit im erlernten Beruf ihren Mindestunterhalt würde bestreiten können. Dieser Nachteil werde durch den vereinbarten Ausschluss des Aufstockungsunterhalts verschärft. Der generelle Ausschluss des Versorgungsausgleichs bewirke, dass die Ehefrau, die nach dem Ehevertrag für die Zeit der Kinderbetreuung zur Aufgabe ihrer Berufstätigkeit verpflichtet gewesen sei, in dieser Zeit – abgesehen von den Kindererziehungszeiten – keine nennenswerte Versorgung habe aufbauen können. Eine Vereinbarung über den Ausschluss des Zugewinnausgleichs sei zwar grundsätzlich wirksam.
Dies könne jedoch dann nicht gelten, wenn diese Vereinbarung – wie hier – Bestandteil eines einen Ehegatten insgesamt beeinträchtigenden Vertrages sei.
Im Übrigen sei der Ehevertrag nur deshalb zustande gekommen, weil zwischen den Parteien ein wirtschaftliches und soziales Missverhältnis bestanden habe; denn die Parteien hätten sich – abgesehen von dem zwischen ihnen bestehenden Altersunterschied – in einer nach Bildung und sozialer Stellung völlig unterschiedlichen Situation befunden. Außerdem lasse der Umstand, dass der Ehefrau vor der notariellen Verhandlung kein Vertragsentwurf zugeleitet worden sei und die Ehefrau sich – nach dem Vortrag des Ehemannes – um die Formulierung im Vertrag nicht sonderlich gekümmert habe, den sicheren Schluss zu, dass der Vertragsinhalt bereits vor dem Beurkundungstermin zwischen dem Ehemann und dem Notar ausgehandelt worden sei. Vor allem sei zu berücksichtigen, dass die Ehefrau bei Vertragsschluss im neunten Monat schwanger gewesen sei und aus der Sicht beider Parteien die Eheschließung alsbald habe erfolgen sollen. Dem Ehemann sei es dabei – nach seinem eigenen Vortrag – darauf angekommen, dass das Kind in der Ehe geboren werde, damit auch er sorgeberechtigt würde; die Ehefrau habe unterhaltsrechtlich abgesichert sein wollen. Eine Gesamtwürdigung der Situation ergebe, dass der Ehemann auf die Ehefrau – ausdrücklich oder nicht, jedenfalls aber tatsächlich – einen so erheblichen Druck ausgeübt habe, dass dem Ehevertrag die rechtliche Anerkennung insgesamt versagt bleiben müsse.
II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Wie der Senat wiederholt dargelegt hat (grundlegend Senatsurteil BGHZ 158, 81 = FamRZ 2004, 601), darf die grundsätzliche Disponibilität der Scheidungsfolgen nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden kann. Das wäre der Fall, wenn dadurch eine evident einseitige und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstünde, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten – bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede – bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint. Die Belastungen des einen Ehegatten werden dabei um so schwerer wiegen und die Belange des anderen Ehegatten um so genauerer Prüfung bedürfen, je unmittelbarer die vertragliche Abbedingung gesetzlicher Regelungen in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift.
Dabei hat der Tatrichter zunächst – im Rahmen einer Wirksamkeitskontrolle – zu prüfen, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, dass ihr – und zwar losgelöst von der zukünftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse – wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen ist, dass an ihre Stelle die gesetzlichen Regelungen treten (§ 138 Abs. 1 BGB). Erforderlich ist dabei eine Gesamtwürdigung, die auf die individuellen Verhältnisse bei Vertragsschluss abstellt, insbesondere also auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, den geplanten oder bereits verwirklichten Zuschnitt der Ehe sowie auf die Auswirkungen auf die Ehegatten und auf die Kinder. Subjektiv sind die von den Ehegatten mit der Abrede verfolgten Zwecke sowie die sonstigen Beweggründe zu berücksichtigen, die den begünstigten Ehegatten zu seinem Verlangen nach der ehevertraglichen Gestaltung veranlasst und den benachteiligten Ehegatten bewogen haben, diesem Verlangen zu entsprechen (Senatsurteil BGHZ 158, 81, 100 f. = FamRZ 2004, 601, 606).
Soweit ein Vertrag der Wirksamkeitskontrolle standhält, hat sodann eine Ausübungskontrolle nach § 242 BGB zu erfolgen. Dafür sind nicht nur die Verhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgebend. Entscheidend ist vielmehr, ob sich nunmehr – im Zeitpunkt des Scheiterns der Lebensgemeinschaft – aus dem vereinbarten Ausschluss der Scheidungsfolge eine evident einseitige Lastenverteilung ergibt, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten unzumutbar ist (Senatsurteil BGHZ 158, 81, 100 f. = FamRZ 2004, 601, 606).
2. Die ehevertraglichen Abreden der Parteien halten bereits der Wirksamkeitskontrolle (§ 138 Abs. 1 BGB) nicht stand.
a) Schon bei einer isolierten Betrachtung der Einzelregelungen ergibt sich, dass der Ehevertrag teilweise eine – bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses offenkundige – einseitige Lastenverteilung für den Scheidungsfall bewirkt, die durch den geplanten Zuschnitt der Ehe nicht gerechtfertigt und durch keinerlei Vorteile für die Ehefrau ausgeglichen wird.
aa) Die zum nachehelichen Unterhalt getroffenen Abreden der Parteien rechtfertigen allerdings – für sich genommen – das Verdikt der Sittenwidrigkeit nicht. Mit dem grundsätzlichen Ausschluss nachehelichen Unterhalts für den Fall, dass die Ehe vor Ablauf von fünf Jahren geschieden wird, nehmen die Ehegatten einen Rechtsgedanken auf, der sich auch in § 1579 Abs. 1 Nr. 1 BGB sowie – ansatzweise (Begrenzung des Unterhalts nach Höhe und Dauer) – auch in § 1578 b BGB findet. Der Umstand, dass die vertraglich vorgesehene Fünfjahresfrist über den Zeitrahmen hinausgeht, für den der Senat eine kurze Ehedauer bejaht hat (vgl. etwa Senatsurteil vom 9. Juli 1986 – IVb ZR 39/85 – FamRZ 1886, 886, 887: bis drei Jahre), steht nicht entgegen. Denn der vom Senat gezogene Zeitrahmen beansprucht nur für den Regelfall Geltung (vgl. Senatsurteil vom 25. Januar 1995 – XII ZR 195/93 – FamRZ 1995, 1405, 1407) und ist schon deshalb einer – angemessenen – abweichenden Konkretisierung durch Ehevertrag zugänglich. Die von § 1579 Nr. 1 2. Halbs. BGB besonders geschützten Kindesbelange sind gewahrt, da der vereinbarte generelle Unterhaltsausschluss für den Betreuungsunterhalt nicht gilt.
Die Unterhaltsabrede erweist sich – allein betrachtet – auch nicht schon deshalb als sittenwidrig, weil die Parteien die Höhe des Unterhaltsanspruchs abweichend von den gesetzlichen Vorgaben geregelt und dabei nicht an die ehelichen Lebensverhältnisse, sondern an das Einkommen angeknüpft haben, das der Unterhaltsberechtigte aus seinem erlernten oder, falls höher dotiert, ausgeübten Beruf erzielen könnte. Eine solche abweichende Regelung der Unterhaltshöhe ist, wie der Senat entschieden hat, nicht schon deshalb zu beanstanden, weil die vertraglich vorgesehene Unterhaltshöhe – nach den bei Vertragsschluss bestehenden oder vorhersehbaren Einkommensverhältnissen – hinter den ehelichen Lebensverhältnissen zurückbleibt. Vielmehr ist die Schwelle der Sittenwidrigkeit allenfalls dann erreicht, wenn die vertraglich vorgesehene Unterhaltshöhe nicht annähernd geeignet ist, ehebedingte Nachteile des Unterhaltsberechtigten auszugleichen (Senatsurteil vom 25. Mai 2005 – XII ZR 296/01 – FamRZ 2005, 1444, 1447). Das ist hier nicht der Fall: Die getroffene Abrede will, wenn sie für die Höhe des geschuldeten Unterhalts an das – hier von der Ehefrau – in ihrem erlernten oder später ausgeübten und besser bezahlten Beruf anknüpft, gerade die Nachteile ausgleichen, die für die Ehefrau mit dem durch die Kinderbetreuung bedingten Verzicht auf eine fortdauernde eigene Berufstätigkeit verbunden sind. Auf die vom Oberlandesgericht angesprochene Frage, ob die danach geschuldete Unterhaltshöhe den Mindestbedarf der Ehefrau deckt, kommt es nicht an; denn es ist schon nicht ersichtlich, dass nach den – maßgebenden – Verhältnissen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses das tatsächliche oder zu erwartende Einkommen der Ehefrau als Erzieherin zur Deckung ihres Mindestbedarfs nicht ausreichen könnte.
bb) Der Ausschluss des Versorgungsausgleichs hält dagegen – schon für sich genommen – einer Überprüfung am Maßstab des § 138 Abs. 1 BGB nicht stand.
Der Versorgungsausgleich ist – als gleichberechtigte Teilhabe beider Ehegatten am beiderseits erworbenen Versorgungsvermögen – einerseits dem Zugewinnausgleich verwandt und wie dieser ehevertraglicher Disposition grundsätzlich zugänglich (§ 1408 Abs. 2, § 1587 o BGB). Er ist jedoch andererseits als vorweggenommener Altersunterhalt zu verstehen; von daher steht er einer vertraglichen Abbedingung nicht schrankenlos offen. Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich müssen deshalb nach denselben Kriterien geprüft werden wie ein vollständiger oder teilweiser Unterhaltsverzicht (Senatsurteil BGHZ 158, 81, 98 = FamRZ 2004, 601, 605; vgl. ferner Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2004 – XII ZB 57/03 – FamRZ 2005, 185, 187; Senatsurteil vom 28. November 2007 – XII ZR 132/05 – FamRZ 2008, 582, 585). Der Unterhalt wegen Alters gehört, wie der Senat dargelegt hat, zum Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts; das Gesetz misst ihm als Ausdruck ehelicher Solidarität besondere Bedeutung zu – was freilich einen Verzicht nicht generell ausschließt, etwa wenn die Ehe erst im Alter geschlossen wird. Nichts anderes gilt für den Versorgungsausgleich. Ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs ist deshalb nach § 138 Abs. 1 BGB unwirksam, wenn er dazu führt, dass ein Ehegatte aufgrund des schon beim Vertragsschluss geplanten Zuschnitts der Ehe über keine hinreichende Alterssicherung verfügt und dieses Ergebnis mit dem Gebot ehelicher Solidarität schlechthin unvereinbar erscheint. Das kann namentlich dann der Fall sein, wenn sich ein Ehegatte, wie schon beim Vertragsschluss geplant, der Betreuung der gemeinsamen Kinder gewidmet und deshalb auf eine versorgungsbegründende Erwerbstätigkeit in der Ehe verzichtet hat. Das in diesem Verzicht liegende Risiko verdichtet sich zu einem Nachteil, den der Versorgungsausgleich gerade auf beide Ehegatten gleichmäßig verteilen will und der ohne Kompensation nicht einem Ehegatten allein angelastet werden kann, wenn die Ehe scheitert (vgl. Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2004 – XII ZB 57/03 – FamRZ 2005, 185, 187).
So liegen die Dinge hier. Nach dem Ehevertrag sollte bei Geburt eines Kindes ein Ehegatte – nach der im Ehevertrag gewählten Formulierung: “unter normalen Umständen die Ehefrau” – seine Berufstätigkeit aufgeben und sich der Haushaltsführung und Kinderbetreuung widmen. Erst wenn die Kinderbetreuung und das “vorrangige Wohl der Kinder” es zuließe, sollte die Ehefrau berechtigt sein, ihren Beruf oder eine auf dem Arbeitsmarkt verfügbare sonstige Berufstätigkeit aufzunehmen. Die Ehegatten haben damit bei Vertragsschluss bewusst in Kauf genommen, dass die bei Vertragsschluss im neunten Monat schwangere Ehefrau alsbald aus dem Berufsleben ausscheiden und damit bis auf weiteres keine eigenen Versorgungsanrechte (außer Kindererziehungszeiten) erwerben würde. Der mit der Geburt von drei Kindern und deren – der Ehefrau aufgegebenen – Betreuung einhergehende Verzicht auf den Ausbau der eigenen Versorgungsbiographie stellt sich nunmehr – mit der Scheidung – für die Ehefrau als ein bei Vertragsschluss vorhersehbarer ehebedingter Nachteil dar. Mit dem ehevertraglichen Ausschluss des Versorgungsausgleichs wird dieser Nachteil auf die Ehefrau verlagert. Da diese einseitige Lastenverteilung durch keinerlei Vorteil für die Ehefrau kompensiert wird, ist er nach § 138 Abs. 1 BGB unwirksam.
cc) Anders verhält es sich – bei isolierter Betrachtung – mit dem vereinbarten Ausschluss des Zugewinnausgleichs. Der Zugewinnausgleich wird vom Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts nicht umfasst; er erweist sich ehevertraglicher Gestaltung am weitesten zugänglich (Senatsurteil BGHZ 158, 81, 95, 98 f. = FamRZ 2004, 601, 605, 608). Schon im Hinblick auf diese nachrangige Bedeutung des Zugewinnausgleichs im System des Scheidungsfolgenrechts wird ein Ausschluss dieses Güterstandes, worauf der Senat wiederholt hingewiesen hat (Senatsurteile vom 12. Januar 2005 – XII ZR 238/03 – FamRZ 2005, 691, 692 a.E., vom 25. Mai 2005 – XII ZR 296/01 – FamRZ 2005, 1444, 1448, vom 28. März 2007 – XII ZR 130/04 – FamRZ 2007, 1310, 1311 und vom 17. Oktober 2007 – XII ZR 96/05 – FamRZ 2008, 386, 388), für sich genommen regelmäßig nicht sittenwidrig sein. Das gilt auch hier.
b) Auch wenn die Regelungen des Ehevertrags über den teilweisen Ausschluss und die höhenmäßige Begrenzung des nachehelichen Unterhalts sowie über den Ausschluss des Zugewinnausgleichs – bei jeweils gesonderter Betrachtung – den Vorwurf der Sittenwidrigkeit nicht zu rechtfertigen vermögen, erweist sich der Ehevertrag bei einer Gesamtwürdigung der getroffenen Abreden dennoch als insgesamt sittenwidrig und damit als im ganzen nichtig.
aa) Der objektive Gehalt der Gesamtregelung zielt erkennbar auf eine einseitige Benachteiligung der Ehefrau: Der Ehefrau wird “unter normalen Umständen” die Betreuung der gemeinsamen Kinder übertragen. Der damit – nach der im Ehevertrag zum Ausdruck kommenden Vorstellung der Parteien: notwendig – einhergehende Verzicht auf eine eigene Erwerbstätigkeit wird der Ehefrau jedoch nicht honoriert. Im Falle einer Auflösung der Ehe vor Ablauf der Fünfjahresfrist wird die Ehefrau auf den Betreuungsunterhalt verwiesen; ein Anschlussunterhalt wegen Alters, Krankheit oder Arbeitslosigkeit bleibt ihr versagt. Auch bei einer – wie hier – längeren Ehedauer muss sie unmittelbar nach der Scheidung ihres bisherigen “ehelichen” Lebenszuschnitts entsagen und sich mit einem ihrem ursprünglichen Beruf gemäßen, deutlich bescheideneren Lebensunterhalt begnügen. Die mit dem Verzicht auf Erwerbstätigkeit verbundene Lücke in der Versorgungsbiographie wird nicht geschlossen; der Ausschluss des Versorgungsausgleichs sichert die in der Ehe gemeinsam erwirtschaftete Altersversorgung allein dem Ehemann. Diese Einseitigkeit findet im Ausschluss des Zugewinnausgleichs ihre konsequente Fortsetzung: Die Erträge aus der Erwerbstätigkeit des Ehemannes verbleiben ungeschmälert ihm.
bb) Die Frage, ob das objektive Zusammenspiel dieser die Ehefrau einseitig benachteiligenden Regelungen bereits ausreicht, um den Ehevertrag für insgesamt sittenwidrig zu erachten, kann hier dahinstehen. Denn die bei einer Gesamtwürdigung durchweg einseitige Lastenzuweisung im Ehevertrag erweist sich jedenfalls deshalb als zur Gänze sittenwidrig, weil die Parteien sich beim Vertragsschluss nicht als “gleich starke Verhandlungspartner” gegenübergestanden, der Ehevertrag vielmehr erkennbar auf einer gravierenden wirtschaftlichen wie sozialen Imparität der (späteren) Ehegatten beruht.
Zwar vermag eine Schwangerschaft der Frau bei Abschluss des Ehevertrages, wie der Senat wiederholt dargelegt hat, für sich allein noch keine Sittenwidrigkeit des Ehevertrages zu begründen. Sie indiziert aber eine ungleiche Verhandlungsposition und damit eine Disparität bei Vertragsabschluß, die es rechtfertigt, den Vertrag einer verstärkten richterlichen Inhaltskontrolle zu unterziehen, wobei in einer Gesamtschau alle maßgeblichen Faktoren zu berücksichtigen sind (Senatsurteile vom 25. Mai 2005 – XII ZR 296/01 – FamRZ 2005, 1444, 1446, vom 5. Juli 2006 – XII ZR 25/04 – FamRZ 2006, 1359, 1361, vom 28. März 2007 – XII ZR 130/04 – FamRZ 2007, 1310, 1311 und vom 17. Oktober 2007 – XII ZR 96/05 – FamRZ 2008, 386, 387). Bei einer solchen Gesamtschau kann der von den Parteien geschlossene Ehevertrag keinen Bestand haben.
Objektiv ist dabei dem Umstand Rechnung zu tragen, dass mit der Begrenzung des nachehelichen Unterhalts, vor allem aber mit dem Ausschluss des Versorgungsausgleichs Regelungen aus dem Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts teilweise (Unterhalt) bzw. ganz (Versorgungsausgleich) abbedungen worden sind, ohne dass dieser Nachteil für die Ehefrau durch anderweitige Vorteile gemildert oder durch die besonderen Verhältnisse der Ehegatten, den von ihnen angestrebten oder gelebten Ehetyp oder durch sonstige gewichtige Belange des begünstigten Ehegatten gerechtfertigt würde (Senatsurteil vom 28. März 2007 – XII ZR 130/04 – FamRZ 2007, 1310, 1311). Subjektiv ist bei dieser Gesamtschau – worauf das Oberlandesgericht mit Recht hinweist – zu berücksichtigen, dass die (spätere) Ehefrau bei Abschluss des Ehevertrags unmittelbar vor der Geburt ihres Kindes stand, auf eine unterhaltsrechtliche Sicherung – auch im Interesse ihres Kindes – angewiesen war und gegenüber dem juristisch versierten, deutlich älteren und beruflich erfolgreichen (späteren) Ehemann keine reale Chance hatte, sich mit dem ihr erstmals in der notariellen Verhandlung bekanntgegebenen Vertragstext kritisch auseinanderzusetzen und diesen Vertrag auf der Ebene der Gleichordnung mit ihrem (späteren) Ehemann zu diskutieren. Es kann dahinstehen, ob ein Notar mit der Beurkundung eines solchen die (künftige) Ehefrau einseitig belastenden Ehevertrags, der weder mit beiden künftigen Ehegatten vorbesprochen noch der rechtsunkundigen und im neunten Monat schwangeren Ehefrau rechtzeitig vor der notariellen Verhandlung zur Kenntnis gebracht worden ist, zumindest nach heutigen Maßstäben seinen Standespflichten genügt. Jedenfalls rechtfertigt eine Würdigung aller Umstände den – auch vom Oberlandesgericht gezogenen – Schluss, dass ein solchermaßen zustande gekommener Ehevertrag, mag er auch in Einzelfragen – isoliert betrachtet – vertretbar erscheinen, insgesamt keine Anerkennung der Rechtsordnung verdient.
cc) Danach ist der Ehevertrag nicht nur hinsichtlich des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs, sondern auch in Ansehung des Ausschlusses des Zugewinnausgleichs und der Vereinbarung der Gütertrennung nichtig. Die von den Parteien vereinbarte salvatorische Klausel (§ 6 des Ehevertrags) ändert daran nichts. Ergibt sich, wie hier, die Sittenwidrigkeit der getroffenen Abreden bereits aus der Gesamtwürdigung eines Vertrags, dessen Inhalt für eine Partei – wie hier für die Ehefrau – ausnahmslos nachteilig ist und dessen Einzelregelungen durch keine berechtigten Belange der anderen Partei gerechtfertigt werden, so erfasst die Nichtigkeitsfolge notwendig den gesamten Vertrag, hier also auch den für die Ehefrau nachteiligen Ausschluss des Zugewinnausgleichs. Für eine auf den Ausschluss des Versorgungsausgleichs beschränkte Teilnichtigkeit bleibt in solchem Fall kein Raum (Senatsbeschluss vom 17. Mai 2006 – XII ZB 250/03 – FamRZ 2006, 1097, 108; vgl. auch Brambring FPR 2005, 130, 133; vgl. ferner BGH Urteil vom 13. März 1979 – KZR 23/77 – NJW 1979, 1605, 1606).
BGH, Urteil vom 09.07.2008
XII ZR 6/07
OLG Frankfurt in Kassel, Entscheidung vom 20.12.2006
2 UF 110/06
AG Kirchhain, Entscheidung vom 15.02.2006
32 F 803/03-S