BGH: Befristung Elementar- und Altersvorsorgeunterhalt

BGH: Befristung Elementar- und Altersvorsorgeunterhalt

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 16. Zivilsenats – Familiensenat – des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 21. Oktober 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Parteien sind rechtskräftig geschiedene Eheleute und streiten in einem Abänderungsverfahren um nachehelichen Unterhalt.

Am 7. April 2005 schlossen sie einen gerichtlichen Unterhaltsvergleich, worin der Ehemann sich verpflichtete, an die Ehefrau monatlichen Elementar- und Altersvorsorgeunterhalt von monatlich 569,26 € ab Mai 2005 zu zahlen. Unter Ziffer 3 des Vergleichs ist geregelt: 1

“Die Parteien sind sich einig, dass derzeit die rechtlichen Voraussetzungen für eine zeitliche Begrenzung des Unterhalts nicht vorliegen, jedoch ist der Ehemann für den Fall einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen dieses Vergleichs mit diesem Einwand nicht ausgeschlossen.”

Auf eine erste Abänderungsklage des Ehemanns änderte das Familiengericht die Unterhaltspflicht durch Urteil vom 15. Mai 2007 dahin ab, dass dieser nur noch einen nachehelichen Unterhalt von monatlich 466 € zu zahlen habe. Eine Befristung des Unterhalts wurde in dem Verfahren weder vom Ehemann geltend gemacht noch vom Familiengericht geprüft.

Mit seiner weiteren, im März 2009 erhobenen Abänderungsklage begehrt der Ehemann nunmehr eine zeitliche Begrenzung des Unterhalts und beruft sich hierzu auf die seit Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes vom 21. Dezember 2007 bestehenden erweiterten Befristungsmöglichkeiten. Das Familiengericht hat die Unterhaltsverpflichtung ab dem 1. September 2009 entfallen lassen. Die von der Ehefrau eingelegte Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich ihre zugelassene Revision, mit der sie den Standpunkt vertritt, der Ehemann sei mit dem Befristungseinwand präkludiert, da er diesen bereits im ersten Abänderungsverfahren auf Grundlage der seit 12. April 2006 geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hätte geltend machen müssen.

Gründe

Die zulässige Revision ist in der Sache begründet und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist der Ehemann mit dem Befristungseinwand nicht präkludiert. Zwar sei eine Befristung des Aufstockungsunterhalts mangels Vorliegens ehebedingter Nachteile bereits zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des vorangegangenen Verfahrens am 22. April 2007 möglich gewesen. Auch stünde der Vorbehalt des Befristungseinwands nach Ziff. 3 des Vergleichs in so engem Zusammenhang mit der unterhaltsrechtlichen Regelung nach Ziff. 1 des Vergleichs, dass mit der ersten Abänderungsklage des Ehemanns auch der Befristungseinwand hätte geltend gemacht werden müssen. Durch die erste Abänderung der Unterhaltsvereinbarung sei daher die Grundlage für den Vorbehalt des Befristungseinwands entfallen.

Dennoch seien die Voraussetzungen für eine Präklusion des Befristungseinwands nicht gegeben. Die auf dem Senatsurteil vom 12. April 2006 (XII ZR 240/03FamRZ 2006, 1006) beruhende Rechtsänderung habe zunächst zu einer äußerst zurückhaltenden Anwendung der Befristungsregelungen bei Ehen geführt, aus denen gemeinsame Kinder hervorgegangen seien. Bis zu dem im Mai 2007 veröffentlichten Senatsurteil vom 28. Februar 2007 (XII ZR 161/04 – FamRZ 2007, 707) finde sich keine veröffentlichte obergerichtliche Entscheidung, in der eine Befristung bei einer Ehe mit Kindern ausgesprochen worden sei. Die Rechtsprechungsänderung zur Befristung des Aufstockungsunterhalts sei schrittweise erfolgt und erst mit der vorzitierten Senatsentscheidung vom 28. Februar 2007 hinreichend klar gewesen. Daher seien die Voraussetzungen einer Präklusion erst ab dem Kennenmüssen dieser Entscheidung – im Mai 2007 – gegeben.

II.

Diese Ausführungen halten der revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht stand.

1. Zu Recht ist das Berufungsgericht von der Zulässigkeit der Abänderungsklage ausgegangen.

Auf das im März 2009 eingeleitete Abänderungsverfahren ist wie auf das Verfahren im Allgemeinen nach Art. 111 Abs. 1 Satz 1, 2 FGG-RG das vor dem 1. September 2009 geltende Recht anzuwenden. Die Zulässigkeit der Abänderungsklage ergibt sich bereits aus § 323 ZPO aF, ohne dass es eines Rückgriffs auf die insoweit nur klarstellende Regelung in § 36 Nr. 1 EGZPO bedarf (vgl. Senatsurteil BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111 Rn. 16).

Der Ehemann hat sich für die Abänderung vor allem auf die gesetzliche Neuregelung des § 1578 b BGB berufen. Hierbei handelt es sich um Gründe, die gemäß § 323 Abs. 2 ZPO aF nach der mündlichen Verhandlung im Vorprozess entstanden sind. Ob die vorgebrachten Umstände auch zutreffend gewürdigt worden sind und eine Abänderung des Ausgangstitels im Ergebnis rechtfertigen, ist dagegen eine Frage der Begründetheit (vgl. Senatsurteile vom 29. September 2010 – XII ZR 205/08FamRZ 2010, 1884 und vom 5. September 2001 – XII ZR 108/00FamRZ 2001, 1687, 1689).

2. Die Abänderungsklage führt jedoch nicht zu einer Herabsetzung des geschuldeten Unterhalts, weil nach den bislang getroffenen Feststellungen seit der letzten mündlichen Verhandlung im vorangegangenen Abänderungsverfahren weder eine tatsächliche noch eine rechtliche Änderung eingetreten ist, aufgrund derer eine erneute Prüfung der Voraussetzungen einer Unterhaltsbegrenzung möglich wäre.

a) Zwar ist die Präklusionsvorschrift des § 323 Abs. 2 ZPO aF nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf Vergleiche nicht anzuwenden (Senatsurteil vom 26. Mai 2010 – XII ZR 143/08FamRZ 2010, 1238 Rn. 12 mwN). Die vorgenannte Vorschrift ist allerdings anwendbar, wenn ein Prozessvergleich bereits in einem früheren Abänderungsverfahren durch Urteil abgeändert worden ist (Senatsurteil vom 27. Januar 1988 – IVb ZR 14/87 – FamRZ 1988, 493), wie hier der Vergleich vom 7. April 2005 durch das Urteil vom 15. Mai 2007 abgeändert worden ist.

b) Nach § 323 Abs. 2 ZPO aF ist die Abänderungsklage nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf die sie gestützt wird, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der eine Erweiterung des Klageantrags oder die Geltendmachung von Einwendungen spätestens hätte erfolgen müssen, entstanden sind. Insbesondere zur Absicherung der Rechtskraft unanfechtbar gewordener Entscheidungen ist danach eine Zeitschranke für die Berücksichtigung von Abänderungsgründen errichtet, denn der Möglichkeit einer Abänderung bedarf es nicht, wenn die veränderten Verhältnisse schon im Ausgangsprozess zur Geltung gebracht werden konnten. Maßgebender Zeitpunkt ist der Schluss der mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz. Das gilt 12 gleichermaßen für das Erstklage – wie für das Abänderungsverfahren. Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf die Parteistellung oder Zielrichtung des Vorprozesses an, was daraus folgt, dass der Wortlaut des Gesetzes nicht nur auf die Erweiterung des Klageantrags, sondern auch auf die Geltendmachung der rechtserheblichen Einwendungen abstellt und damit beide Parteien dazu anhält, ihren Standpunkt bereits im Ausgangsprozess zur Geltung zu bringen (Senatsurteil vom 17. Mai 2000 – XII ZR 88/98 – FamRZ 2000, 1499, 1501 mwN; vgl. auch Senatsurteil vom 29. September 2010 – XII ZR 205/08FamRZ 2010, 1884 Rn. 15 mwN).

c) Die Tatsachen, auf die der Ehemann seine vorliegende Abänderungsklage vorrangig stützt, sind jedenfalls bereits vor dem Schluss der letzten mündlichen Verhandlung des Vorprozesses entstanden. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass hinsichtlich der für die Unterhaltsbefristung maßgeblichen Kriterien – Ehedauer, erlittene ehebedingte Nachteile, Alter, Gesundheitszustand – keine Veränderung eingetreten ist.

Die Abänderung des Unterhaltstitels hängt deshalb insoweit davon ab, ob eine – vom Ehemann geltend gemachte – wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse eingetreten ist. Dass sowohl eine Gesetzesänderung als auch eine Änderung der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung ebenso wie Veränderungen der entscheidungsrelevanten Tatsachen zur Abänderung einer rechtskräftigen Unterhaltsentscheidung berechtigen, ist in der Rechtsprechung anerkannt (vgl. Senatsurteile vom 12. Juli 1990 – XII ZR 85/89 – FamRZ 1990, 1091, 1094 und vom 5. September 2001 – XII ZR 108/00FamRZ 2001, 1687, 1689 [Gesetzesänderung] und vom 5. Februar 2003 – XII ZR 29/00FamRZ 2003, 848 [Rechtsprechungsänderung]) und nunmehr in § 238 Abs. 1 Satz 2 FamFG, § 323 Abs. 1 Satz 2 ZPO nF auch gesetzlich klargestellt worden (vgl. BR-Drucks. 309/07 S. 575). Im vorliegenden Fall ist jedoch eine Rechtsänderung, die den Ehemann berechtigen könnte, eine Abänderung des Ausgangsurteils zu verlangen, nicht eingetreten. Die vom Ehemann angeführten Umstände, namentlich die Einführung des § 1578 b BGB durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3189) und die seit der mündlichen Verhandlung im Ausgangsverfahren veröffentlichte Rechtsprechung des erkennenden Senats haben hinsichtlich des in Rede stehenden Aufstockungsunterhalts nach § 1573 Abs. 2 BGB die Rechtslage seit dem Vorprozess nicht entscheidend geändert.

aa) Die maßgebliche Änderung seiner Rechtsprechung hat der Senat hinsichtlich der Gewichtung von Ehedauer und ehebedingten Nachteilen im Rahmen der Befristung (§ 1573 Abs. 5 BGB aF) bereits durch sein Urteil vom 12. April 2006 (XII ZR 240/03FamRZ 2006, 1006) vollzogen (Senatsurteile BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn. 62; BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111 Rn. 60 und vom 27. Januar 2010 – XII ZR 100/08FamRZ 2010, 538 Rn. 22). Eine Differenzierung danach, ob die geschiedene Ehe kinderlos war oder ob aus ihr Kinder hervorgegangen sind, ist nicht angezeigt (vgl. im einzelnen Senatsurteil vom 29. September 2010 – XII ZR 205/08FamRZ 2010, 1884 Rn. 18 ff.).

Es erscheint schon zweifelhaft, ob die Ehedauer von neuneinhalb Jahren eine Befristung des Unterhalts nach den Grundsätzen vor der Senatsentscheidung vom 12. April 2006 ausgeschlossen hätte. Jedenfalls nach der Änderung der Rechtsprechung durch den Senat hätte der Ehemann die Befristung und Herabsetzung des Unterhalts bereits im Vorprozess geltend machen können und müssen. Nach dem Stand der Rechtsprechung zum Zeitpunkt der abschließenden mündlichen Verhandlung vor dem Familiengericht am 22. April 2007 kam es vorwiegend auf die Frage an, ob der Ehefrau nach der Scheidung 17 ehebedingte Nachteile verblieben sind. Diese Frage war wegen der unveränderten Tatsachenlage bereits im Vorprozess zu beantworten und nicht erst im vorliegenden Verfahren.

Da die Befristung und Herabsetzung des Unterhalts nach §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB aF nicht lediglich auf eine Einrede des Unterhaltspflichtigen, sondern bei entsprechendem Sachvortrag von Amts wegen zu überprüfen waren, schließt die Rechtskraft des ersten Abänderungsurteils jedenfalls bei unveränderter Tatsachenlage eine künftige Befristung und Herabsetzung des Unterhalts aus. Im Unterschied zu dem von den Ehegatten ursprünglich geschlossenen Unterhaltsvergleich ist hier auch nicht auf die Vorstellungen der Parteien abzustellen, die im Zweifel noch keinen späteren Ausschluss einer Unterhaltsbegrenzung vereinbaren wollen. Da das Gericht die Frage der Befristung von Amts wegen zu prüfen hat und jedenfalls bei einer abgeschlossenen Entflechtung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten auch nicht offen lassen darf (vgl. Senatsurteil vom 14. April 2010 – XII ZR 89/08FamRZ 2010, 869 Rn. 51, 52), erfasst die Rechtskraft des Urteils im Zweifel auch die Möglichkeit einer Befristung, die damit bei unveränderter Tatsachenlage ausgeschlossen ist (Senatsurteil vom 26. Mai 2010 – XII ZR 143/08FamRZ 2010, 1238 Rn. 25).

Etwas anderes gilt dann, wenn das Gericht in den Entscheidungsgründen die künftige Befristung etwa wegen einer noch nicht zuverlässig absehbaren Entwicklung der Verhältnisse ausdrücklich offenlässt. In diesem Fall ist die Rechtskraft der Entscheidung entsprechend eingeschränkt. Sie steht einer späteren Berücksichtigung des Befristungseinwands selbst dann nicht entgegen, wenn über eine Befristung richtigerweise bereits im Ausgangsverfahren hätte entschieden werden müssen (vgl. Senatsurteil vom 26. Mai 2010 – XII ZR 143/08FamRZ 2010, 1238 Rn. 13, 23 mwN). Eine derartige Einschränkung ist in dem ersten Abänderungsurteil aber nicht enthalten, so dass das Urteil eine umfassende Rechtskraft entfaltet.

bb) Auch durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 hat sich die Rechtslage für die vorliegende Fallkonstellation nicht geändert. Denn eine wesentliche Änderung der Verhältnisse nach § 323 Abs. 1 ZPO aF (§ 238 Abs. 1 Satz 2 FamFG; § 323 Abs. 1 Satz 2 ZPO nF) liegt nur vor, wenn die Gesetzesänderung für den konkreten Einzelfall erheblich ist. Das ist hier nicht der Fall.

Für den Fall, dass der Unterhaltsanspruch allein auf § 1573 Abs. 2 BGB (Aufstockungsunterhalt) beruht und zuletzt im Jahr 2007 durch Urteil festgelegt wurde, hat der Senat bereits entschieden, dass sich aus dem Inkrafttreten des § 1578 b BGB am 1. Januar 2008 für sich genommen noch keine Änderung der wesentlichen Verhältnisse ergibt (Senatsurteile BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111 Rn. 60, 62 f. und vom 27. Januar 2010 – XII ZR 100/08FamRZ 2010, 538 Rn. 34). Daran ist auch in der vorliegenden Fallkonstellation einer Ehe mit Kindern festzuhalten (Senatsurteil vom 29. September 2010 – XII ZR 205/08FamRZ 2010, 1884 Rn. 30 ff.).

Zwar ist für den Fall, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte gemeinsame Kinder betreut hat, der Gesetzeswortlaut geändert worden, indem die in §§ 1573 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2, 1578 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB aF noch enthaltene Regelung, dass eine fortlaufende und ungeminderte Unterhaltszahlung in der Regel nicht unbillig ist, wenn der Unterhaltsberechtigte nicht nur vorübergehend ein gemeinschaftliches Kind allein oder überwiegend betreut hat oder betreut, nicht in § 1578 b BGB übernommen worden ist. Damit war aber keine materielle Rechtsänderung verbunden. Denn die Kinderbetreuung stand schon nach der bis 2007 geltenden Rechtslage einer Befristung oder Herabsetzung des Unterhalts nicht generell entgegen, sondern entsprechend §§ 1573 Abs. 5 Satz 2, 1578 Abs. 1 Satz 3 BGB aF nur in Abhängigkeit von ihrer Dauer.

Der Gesetzgeber ist mit dem Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 auch insoweit von der bestehenden Rechtsprechung des Senats ausgegangen, die gerade im Jahr 2007 mehrfach auch in Fällen mit Kinderbetreuung ergangen war. Er hat durch die Streichung der einschränkenden Formulierung demnach keine sachliche Änderung vorgenommen, sondern das Gesetz lediglich entsprechend klargestellt (vgl. Senatsurteile BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111 Rn. 60 und vom 27. Januar 2010 – XII ZR 100/08FamRZ 2010, 538 Rn. 34; BT-Drucks. 16/1830 S. 18 ff.).

cc) Auch auf § 36 Nr. 1 EGZPO lässt sich eine Abänderung des Ausgangsurteils nicht stützen (Senatsurteil vom 29. September 2010 – XII ZR 205/08FamRZ 2010, 1884 Rn. 33 ff.).

Wie der Senat bereits entschieden hat (BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111 Rn. 62, 63), eröffnet § 36 Nr. 1 EGZPO keine eigenständige Abänderungsmöglichkeit, sondern stellt lediglich klar, dass die Gesetzesänderung ein Anwendungsfall des § 323 Abs. 1 ZPO aF ist. Denn nach der Gesetzesbegründung handelt es sich hierbei nicht um einen eigenen, neu geschaffenen Abänderungsrechtsbehelf. In der Sache ist eine Anpassung von bestehenden Titeln und Unterhaltsvereinbarungen danach nur möglich, wenn eine wesentliche Änderung der Unterhaltsverpflichtung eintritt (vgl. BT-Drucks. 16/1830 S. 32 f.). Die Wesentlichkeitsschwelle ist im Sinne von § 323 Abs. 1 ZPO zu verstehen. In einer Gesamtschau aller Umstände ist zu prüfen, in welchem Umfang sich die für Unterhaltsverpflichtung und -bemessung maßgeblichen Verhältnisse geändert haben (vgl. BT-Drucks. 16/1830 S. 33).

Dadurch wird zugleich bestätigt, dass das neue Unterhaltsrecht nur dann zur Abänderung bestehender Titel berechtigt, wenn bestimmte Umstände erst durch die Gesetzesänderung erheblich geworden sind und dieses gegenüber der bisherigen Rechtslage zu einer wesentlichen Änderung führt. Auch durch § 36 Nr. 2 EGZPO soll – nur – sichergestellt werden, dass Umstände, die erst durch das neue Recht erheblich geworden sind, in das Verfahren eingeführt werden können (BT-Drucks. 16/1830 S. 33).

Im vorliegenden Fall sind die für die Befristung angeführten Umstände nicht erst durch das neue Unterhaltsrecht erheblich geworden. Sie hätten bereits aufgrund der zum Schluss der mündlichen Verhandlung im Vorprozess geltenden Gesetzeslage und Rechtsprechung für eine Befristung des Unterhalts vorgebracht werden können. 28 3. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden. Das Berufungsgericht wird die bislang offen gelassene Frage zu prüfen haben, ob der Unterhalt zu beschränken oder zu versagen ist, weil die Berechtigte inzwischen in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt (§ 1579 Nr. 2 BGB).

BGH, Urteil vom 14.10.2010
XII ZR 147/10

OLG Stuttgart, Entscheidung vom 21.10.2010
16 UF 277/09

AG Nürtingen, Entscheidung vom 24.11.2009
14 F 221/09

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