BGH: Keine Unterhaltsabänderung ohne vorherige fiktive Einkommenszurechnung

BGH: Keine Unterhaltsabänderung ohne vorherige fiktive Einkommenszurechnung

Hat das Gericht dem unterhaltsberechtigten Ehegatten im Vorprozess keine zusätzlichen Erwerbseinkünfte fiktiv zugerechnet und damit nach § 1577 Abs. 1 BGB zugleich entschieden, dass er seiner Erwerbsobliegenheit genügt hat, ist diese Feststellung auch im Abänderungsverfahren maßgebend. Der Unterhaltsverpflichtete kann deshalb nicht einwenden, der Unterhaltsberechtigte erleide bei Aufnahme der ihm obliegenden Erwerbstätigkeit keinen ehebedingten Nachteil, weshalb eine Befristung des Unterhalts aus diesem Gesichtspunkt aus-scheidet. Etwas anders gilt nur, wenn der Unterhaltsverpflichtete eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse dargetan hat, die eine solche Obliegenheit im Nachhinein begründen könnte.
Der Kläger begehrt die Abänderung eines Unterhaltsurteils, mit dem er zur Zahlung von Aufstockungsunterhalt an die Beklagte, seine geschiedene Ehefrau, verurteilt worden ist.

Aus der 1980 geschlossenen Ehe der Parteien stammen zwei Kinder, die 1983 und 1987 geboren sind. Die Beklagte ist gelernte Erzieherin und arbeitete in diesem Beruf bis zur Geburt ihres ersten Kindes. Die Beklagte nahm nach der Scheidung im Jahr 1997 eine Beschäftigung als Bäckereiverkäuferin auf, die sie auch heute noch ausübt. Sie machte gegenüber dem Kläger zunächst keinen nachehelichen Unterhalt geltend, da sie sich nach der seinerzeit angewandten Anrechnungsmethode keinen Unterhalt versprach.

Nachdem der Senat seine Rechtsprechung geändert hatte und die Einkünfte der Beklagten nunmehr im Wege der Differenzmethode zu berücksichtigen waren, erhob die Beklagte im Mai 2003 Klage auf nachehelichen Unterhalt. Mit Urteil vom 25. Mai 2005 wurde der Kläger zur Zahlung eines laufenden monatlichen Unterhaltes von 421 € für die Zeit ab Juni 2003 verurteilt.

Mit seiner im März 2006 anhängig gemachten Abänderungsklage hat sich der Kläger, der zwischenzeitlich eine neue Ehe eingegangen war, seit 2007 aber wieder geschieden ist, auf die mittlerweile eingetretene wirtschaftliche Selbständigkeit seiner beiden Kinder berufen. Zudem hat er geltend gemacht, er habe monatliche Darlehensraten von 1.421 € für eine von ihm genutzte Immobilie zu bezahlen; ferner müsse der Unterhaltsanspruch der Beklagten befristet werden.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht “im Hinblick auf die Frage der Befristung” zugelassene Revision des Klägers, mit der er seine Abänderungsklage weiter verfolgt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg.

Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (Senatsurteil vom 16. Dezember 2009 – XII ZR 50/08 – zur Veröffentlichung bestimmt).

I.

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

Entgegen der Ansicht der Beklagten stehe § 323 Abs. 2 ZPO der Geltendmachung einer zeitlichen Begrenzung ihres nachehelichen Unterhaltsanspruches nicht entgegen. Zwar sei die Tochter im Mai 2005 bereits volljährig und in der Berufsausbildung gewesen und der Sohn im Dezember 2005 volljährig geworden. Zudem seien die Parteien bereits seit acht Jahren geschieden und die Beklagte seit der Scheidung vollschichtig als Bäckereiverkäuferin tätig gewesen. Ob aufgrund dieser Umstände bereits im Mai 2005 absehbar gewesen sei, wie sich der berufliche Werdegang der Beklagten entwickeln werde und ob die ehebedingten Nachteile verbleiben würden, könne jedoch dahinstehen, da das Amtsgericht in seinem Urteil vom 25. Mai 2005 folgendes ausgeführt habe: “Eine zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs ist derzeit nicht vorzunehmen, da die bei der Klägerin lebenden gemeinschaftlichen Kinder zum einen noch minderjährig und zum anderen noch nicht wirtschaftlich selbständig sind. Erst nach einer völligen wirtschaftlichen Verselbständigung der Kinder wäre eine zeitliche Begrenzung und Herabsetzung des eheangemessenen Unterhalts nach § 1578 Abs. 2 Satz 2 BGB in Betracht zu ziehen.” Die hiergegen gerichtete Berufung des hiesigen Klägers und dortigen Beklagten sei durch Beschluss des Oberlandesgerichts vom 7. Oktober 2005 nach § 522 ZPO zurückgewiesen worden, so dass seinerzeit eine zeitliche Begrenzung nicht durchsetzbar gewesen sei. Die im Urteil des Amtsgerichts genannten Voraussetzungen lägen jetzt vor, da der Sohn am 18. Dezember 2005 volljährig geworden sei und seit dem 1. September 2005 eine Ausbildung mit einer ausreichenden Ausbildungsvergütung absolviere.

Im Ergebnis zutreffend habe das Amtsgericht festgestellt, dass der der Höhe nach unstreitige Aufstockungsunterhaltsanspruch der Beklagten nicht nach § 1578 b BGB zeitlich zu befristen sei.

Allein die Ehedauer vermöge nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Gesetzeswortlaut des neu gefassten § 1578 b BGB entspreche, die Begrenzung und Befristung eines nachehelichen Unterhaltsanspruchs nicht mehr auszuschließen. Vielmehr sei zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten seien, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile könnten sich vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.

Im vorliegenden Fall habe die Beklagte so erhebliche ehebedingte berufliche Nachteile erlitten, dass ein dauerhafter unterhaltsrechtlicher Ausgleich zugunsten der Beklagten gerechtfertigt sei.

Nach dem unbestrittenen Vorbringen der Beklagten habe diese im Jahr 1972 die Realschule beendet. Nach einem zweijährigen Vorpraktikum habe sie sodann für zweieinhalb Jahre die Fachschule für Sozialpädagogik besucht sowie ein halbjähriges Anerkennungspraktikum abgeleistet. Nach Abschluss ihrer Ausbildung im Jahre 1977 sei die Beklagte sodann für sechs Jahre in ihrem erlernten Beruf als Erzieherin bis zur Geburt der Tochter 1983 tätig gewesen. Dabei habe sie zuletzt in einem Kindergarten mit einem Gehalt in Anlehnung an die BAT-Besoldung gearbeitet. Dass die Beklagte sodann während der Ehe nicht mehr erwerbstätig gewesen sei, sei ihr unterhaltsrechtlich nicht vorzuwerfen, sondern sei jedenfalls mit Billigung des Klägers geschehen.

Nach der Ehescheidung habe die Beklagte ab August 1997 durchgängig als Bäckereiverkäuferin gearbeitet. Sie werde wie eine gelernte Verkäuferin mit einem Stundenlohn von 9,78 € brutto bezahlt.

Dass die zum Zeitpunkt der Ehescheidung 41 Jahre alte Beklagte nicht wieder in ihren erlernten Beruf zurückgekehrt sei, sei ihr unterhaltsrechtlich nicht vorwerfbar. Es sei senatsbekannt, dass gerade in den Jahren nach der Grenzöffnung ein erheblicher Überschuss an gelernten Erzieherinnen bestanden habe, so dass die Beklagte nach vierzehnjähriger Unterbrechung und angesichts ihres Alters nur geringe Chancen gehabt hätte, als Erzieherin wieder eingestellt zu werden. Hinzu komme, dass der Beklagten seinerzeit kein Unterhaltsanspruch zugestanden habe und der Kläger daher von ihrer Entscheidung, als Verkäuferin tätig zu sein, unterhaltsrechtlich nicht betroffen gewesen sei.

Der der Höhe nach unstreitige Aufstockungsunterhalt von monatlich 421 € entspreche ziemlich genau der Differenz zwischen dem von der Beklagten nunmehr erzielten Einkommen (dessen Durchschnitt in etwa dem Tariflohn von monatlich 1.104,44 € netto gleichkomme) und dem Einkommen, das sie ohne die von den Parteien praktizierte “Hausfrauenehe” und die Kinderbetreuung hätte erzielen können (1.575,73 € netto). Der Kläger verfüge demgegenüber nach seinem Vorbringen über wesentlich höhere Einkünfte von ca. 2.500 € netto. Unterhalt für die beiden Kinder müsse er nicht mehr zahlen, ebenso wenig für seine zweite Ehefrau. Der Kläger habe hierzu in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, er sei inzwischen erneut geschieden, seine zweite Ehefrau mache aber keinen Unterhalt geltend. Soweit der Kläger behaupte, er trage Darlehensverbindlichkeiten von insgesamt 1.421 € ab, habe er dies trotz Bestreitens seitens der Beklagten nicht belegt, gegebenenfalls wäre auch ein Wohnwert zu berücksichtigen.

Da bei der Erwerbsbiografie der Beklagten aufgrund der von den Parteien während der Ehe praktizierten Aufgabenverteilung und der Kinderbetreuung ehebedingte Nachteile auf Dauer bestünden, sei auch in Anbetracht der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse ein unbegrenzter Unterhaltsanspruch nicht unbillig.

II.

Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision im Ergebnis stand.

1. Soweit das Berufungsgericht ausweislich der Entscheidungsgründe die Revision “im Hinblick auf die Frage der Befristung” zugelassen hat, fehlt es an einer zulässigen und damit wirksamen Einschränkung der Revision. Bei der Herabsetzung und Befristung des Unterhaltes nach § 1578 b Abs. 1, 2 BGB handelt es sich um Einwendungen, die Grund und Höhe des Unterhalts betreffen und sich im vorliegenden Fall nicht auf einen abgrenzbaren Teil des Streitgegenstandes beziehen. Anders als in einem im Urteil enthaltenen Ausspruch der Befristung ist bei deren Ablehnung eine Eingrenzung des Streitgegenstands schon in zeitlicher Hinsicht nicht möglich (Senatsurteil vom 27. Mai 2009 – XII ZR 78/08FamRZ 2009, 1300 – Tz. 16).

2. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich der Kläger gemäß § 323 Abs. 2 ZPO in zulässiger Weise im Abänderungsverfahren auf eine zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs berufen kann.

Ob das Berufungsgericht dabei allerdings entsprechend dem amtsgerichtlichen Urteil aus dem Vorprozess auf die – mittlerweile eingetretene – Selbständigkeit der gemeinsamen Kinder abstellen durfte, obgleich sich seit dem vorausgegangenen Verfahren die für eine Befristung des Unterhaltsanspruchs gemäß § 1573 Abs. 5 BGB a.F. bzw. § 1578 b BGB maßgeblichen Verhältnisse ersichtlich nicht wesentlich verändert haben, ist zweifelhaft. Die Frage bedarf jedoch keiner Beantwortung, weil die Zulässigkeit der Abänderungsklage bereits aus einer Änderung der Senatsrechtsprechung folgt.

Eine wesentliche Veränderung der maßgeblichen Verhältnisse i.S. von § 323 Abs. 2 ZPO kann sich auch auf einer Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch den Bundesgerichtshof ergeben (Senatsurteil BGHZ 171, 206 = FamRZ 2007, 793 – Tz. 36). Eine solche Änderung liegt hier vor. Die Rechtsprechung des Senats hat sich mit Urteil vom 12. April 2006 (XII ZR 240/03FamRZ 2006, 1006), also nach Abschluss des Vorprozesses, dahin geändert, dass es schon bei der nach § 1573 Abs. 5 BGB a.F. anzustellenden Billigkeitsabwägung nicht mehr vorrangig auf die Dauer der Ehe ankam, sondern auf dem Unterhaltsberechtigten entstandene ehebedingte Nachteile (Senatsurteil vom 18. November 2009 – XII ZR 65/09FamRZ 2010, 111 – Tz. 60). Auf das Fehlen solcher Nachteile hat der Kläger seine Abänderungsklage letztlich vorwiegend gestützt.

3. Das Berufungsgericht hat der Abänderungsklage im Ergebnis zu Recht den Erfolg versagt.

a) Soweit das Oberlandesgericht allerdings meint, der streitgegenständliche Aufstockungsunterhaltsanspruch sei der Höhe nach unstreitig, sind seine Ausführungen nicht frei von Bedenken. Denn der Kläger hat sich in dem Abänderungsverfahren auf von ihm abzutragende Darlehensverbindlichkeiten berufen. Zu Recht weist die Revision darauf hin, dass die Beklagte die Tilgung des Darlehens nicht insgesamt bestritten hat, sondern lediglich den Umstand, dass der Kläger das Darlehen allein abzahlt. Schließlich bestehen Bedenken gegen die Feststellung, dass der Kläger die Darlehensverbindlichkeiten nicht belegt habe, da er immerhin entsprechende Kontoauszüge zur Akte gereicht hat. Sofern das Berufungsgericht hier davon ausgegangen sein sollte, dass die Kontoauszüge allein unzureichend seien, hätte ein entsprechender Hinweis nahe gelegen.

Die Tatsache, dass der Kläger Darlehensverbindlichkeiten zu bedienen hat, ist – jedenfalls dem Grunde nach – geeignet, das Einkommen des Klägers zu mindern und damit zugleich den Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 BGB herabzusetzen. Jedoch beruht die angefochtene Entscheidung nicht auf den vorgenannten Feststellungen. Denn das Berufungsgericht hat die Darlehensverbindlichkeiten im Ergebnis zu Recht unberücksichtigt gelassen.

aa) Soweit der Kläger seine Abänderungsklage mit den Darlehensverbindlichkeiten begründen will, ist sie bereits gemäß § 323 Abs. 2 ZPO unzulässig.

Gemäß § 323 Abs. 2 ZPO ist die Klage nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf die sie gestützt wird, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der eine Erweiterung des Klageantrags oder die Geltendmachung von Einwendungen spätestens hätte erfolgen müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können. Hierbei handelt es sich um eine besondere Prozessvoraussetzung, die im Rahmen der Zulässigkeit von Amts wegen (auch) in der Revisionsinstanz zu überprüfen ist (vgl. Thomas/Putzo/Reichold ZPO 30. Aufl. § 557 Rdn. 3 und Rdn. 6).

Obgleich die Beklagte schon in erster Instanz vorgetragen hatte, dass die vom Kläger eingewandten Darlehensverbindlichkeiten bereits vor Abschluss des vorangegangenen Unterhaltsprozesses vorhanden gewesen seien, hat der Kläger nicht dargetan, seit wann die – nunmehr im Abänderungsverfahren geltend gemachten – Darlehensverbindlichkeiten bestehen.

bb) Im Übrigen hat der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger nicht näher zu den Umständen der Darlehensaufnahme vorgetragen. Deshalb kann nicht festgestellt werden, ob die monatlichen Zahlungen bei der Bedarfsermittlung nach § 1578 BGB im Rahmen der wandelbaren ehelichen Lebensverhältnisse überhaupt berücksichtigungsfähig wären, etwa weil die Eingehung der Darlehensverbindlichkeiten unumgänglich gewesen bzw. nicht leichtfertig erfolgt ist (vgl. Senatsurteile BGHZ 179, 196 = FamRZ 2009, 411 – Tz. 26; BGHZ 175, 182 = FamRZ 2008, 968 – Tz. 43 und vom 23. November 2005 – XII ZR 51/03FamRZ 2006, 387, 388; Wendl/Staudigl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis* 7. Aufl. § 1 Rdn. 616). Außerdem dürfte – worauf das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat – mit dem Immobiliendarlehen zu Gunsten des Klägers ein Wohnvorteil einhergehen, zu dessen Höhe der Kläger aber ebenso wenig vorgetragen hat.

b) Das Berufungsurteil ist auch nicht zu beanstanden, soweit es dem Umstand, dass der Kläger erneut geheiratet hat, unterhaltsrechtlich keine Bedeutung beigemessen hat.

Zwar kann sich nach der geänderten und seit der Entscheidung vom 30. Juli 2008 (BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911) ständigen Rechtsprechung des Senats (BGHZ 179, 196 = FamRZ 2009, 411 und Urteil vom 1. Oktober 2008 – XII ZR 62/07FamRZ 2009, 23) der Unterhaltsbedarf des Unterhaltsberechtigten im Wege der Dreiteilung verringern, wenn der Unterhaltspflichtige erneut geheiratet hat und damit einer weiteren Unterhaltspflicht unterliegt. Das Berufungsgericht hat indes festgestellt, dass die zweite Ehefrau, von der der Kläger mittlerweile ebenfalls geschieden ist, keinen Unterhalt geltend macht. Die Scheidung erfolgte nach dem vom Berufungsurteil in Bezug genommenen Vortrag des Klägers bereits im Jahr 2007. Da die Dreiteilung entsprechend der geänderten Rechtsprechung frühestens für die Zeit ab Januar 2008 in Betracht kommt (vgl. Senatsurteil vom 18. November 2009 – XII ZR 65/09FamRZ 2010, 111 – Tz. 18), können etwaige der Scheidung vorausgegangene Unterhaltsansprüche seiner zweiten Ehefrau im hier streitgegenständlichen Zeitraum von April 2006 an mithin keine Auswirkungen auf den für die Beklagte maßgeblichen Bedarf nach § 1578 BGB gehabt haben.

c) Schließlich hält die angefochtene Entscheidung den Angriffen der Revision stand, soweit das Berufungsgericht eine Befristung des Aufstockungsunterhaltsanspruchs abgelehnt hat.
32
aa) Zwar hätte das Berufungsgericht hinsichtlich der Befristung bezogen auf die jeweiligen Zeiträume vor und nach Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3189) zum 1. Januar 2008 zwischen der Anwendung des § 1573 Abs. 5 BGB a.F. und § 1578 b BGB an sich differenzieren müssen. Dass es dies unterlassen hat, wirkt sich jedoch nicht zum Nachteil des Klägers aus, da beide Normen von gleichen Voraussetzungen ausgehen.

Der Kläger hat einen Wegfall seiner Unterhaltspflicht ab Rechtshängigkeit seiner Abänderungsklage begehrt. Rechtshängigkeit ist bereits im April 2006 eingetreten. Eine etwaige schon vor Januar 2008 eintretende Befristung des Unterhaltsanspruchs kann sich gemäß § 36 Nr. 7 EGZPO insoweit nur nach altem Recht und damit nach § 1573 Abs. 5 BGB a.F. richten. Soweit eine Befristung ab Januar 2008 zu erwägen ist, ist demgegenüber § 1578 b BGB maßgeblich. § 1578 b BGB hat die vom Senat für § 1573 Abs. 5 BGB a.F. angewandten Kriterien für eine Befristung des Unterhalts im Rahmen des Aufstockungsunterhalts jedoch lediglich gesetzlich klargestellt (Senatsurteil vom 18. November 2009 – XII ZR 65/09FamRZ 2010, 111 – Tz. 60; siehe auch Senatsurteile vom 25. Juni 2008 – XII ZR 109/07FamRZ 2008, 1508 – Tz. 12 f. und vom 16. April 2008 – XII ZR 107/06FamRZ 2008, 1325 – Tz. 35 f.). Deshalb entspricht § 1578 b BGB – wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat – der Rechtsprechung des Senats zu § 1573 Abs. 5 BGB a.F.

bb) Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht schließlich auch entschieden, dass die Beklagte hinsichtlich ihres Erwerbseinkommens einen ehebedingten Nachteil erlitten hat, der einer Befristung entgegensteht.

(1) Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus den nach § 1578 b Abs. 2 Satz 2 BGB entsprechend anzuwendenden Gesichtspunkten für die Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs auf den angemessenen Lebensbedarf nach § 1578 b Abs. 1 Satz 2, 3 BGB. Danach ist bei der Billigkeitsabwägung für eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Wie schon nach der Rechtsprechung des Senats zu § 1573 Abs. 5 BGB a.F. (siehe etwa Senatsurteile vom 12. April 2006 – XII ZR 240/03FamRZ 2006, 1006, 1007 und vom 14. November 2007 – XII ZR 16/07FamRZ 2008, 134 – Tz. 20) schränken solche ehebedingten Nachteile regelmäßig auch nach der Neufassung des § 1578 b BGB die Möglichkeit einer Befristung und Begrenzung des nachehelichen Unterhalts ein (Senatsurteil vom 16. April 2008 – XII ZR 107/06FamRZ 2008, 1325 – Tz. 36). Derartige Nachteile können sich nach § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben (Senatsurteile vom 14. Oktober 2009 – XII ZR 146/08FamRZ 2009, 1990 – Tz. 13 und vom 27. Mai 2009 – XII ZR 111/08FamRZ 2009, 1207 – Tz. 35). Sowohl nach der Rechtsprechung des Senats zu § 1573 Abs. 5 BGB a.F. als auch nach der daran orientierten Neufassung des § 1578 b Abs. 2 BGB liegen ehebedingte Nachteile vor, wenn die Gestaltung der Ehe, insbesondere die Arbeitsteilung der Ehegatten, die Fähigkeit eines Ehegatten, für seinen Unterhalt zu sorgen, beeinträchtigt hat (Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 – Tz. 32). Erzielt der Unterhaltsberechtigte nach einer ehebedingten Einschränkung seiner Erwerbstätigkeit – wie hier – lediglich Einkünfte, die den eigenen angemessenen Unterhaltsbedarf nach § 1578 b BGB nicht erreichen, scheidet eine Befristung des Unterhaltsanspruchs daher regelmäßig aus (Senatsurteil vom 14. Oktober 2009 – XII ZR 146/08FamRZ 2009, 1990 – Tz. 16).

Die Abwägung aller für die Billigkeitsentscheidung in Betracht kommenden Gesichtspunkte ist Aufgabe des Tatrichters. Sie kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob dieser die im Rahmen der Billigkeitsprüfung maßgebenden Rechtsbegriffe verkannt oder für die Einordnung unter diese Begriffe wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat (Senatsurteile vom 14. Oktober 2009 – XII ZR 146/08FamRZ 2009, 1990 – Tz. 19 und vom 14. November 2007 – XII ZR 16/07FamRZ 2008, 134 – Tz. 23).

(2) Das ist hier nicht der Fall. Das Berufungsgericht hat zu Recht auf die Fortdauer ehebedingter Nachteile abgestellt und deshalb eine Befristung ausgeschlossen.

Das Berufungsgericht ist maßgeblich davon ausgegangen, dass aufgrund der von den Parteien während der Ehe praktizierten Aufgabenverteilung und der Kinderbetreuung zu Lasten der Beklagten ehebedingte Nachteile auf Dauer bestehen, die auch in Anbetracht der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse einen unbegrenzten Unterhaltsanspruch als nicht unbillig erscheinen lassen.

(a) Dabei hat das Berufungsgericht zunächst in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise und von der Revision unangefochten darauf abgestellt, dass die Beklagte, hätte sie durchgehend in ihrem erlernten Beruf als Erzieherin gearbeitet, nunmehr nach dem TVöD bezahlt worden wäre, da sie bis zur Geburt der Tochter im Jahre 1983 in einem kirchlichen Kindergarten gearbeitet und ein Gehalt in Anlehnung an die BAT-Besoldung erhalten habe. Ihr derzeitiges Gehalt würde sich auf 1.575,73 € netto belaufen, wobei es sich hierbei um die normale Gehaltsentwicklung einer Erzieherin unbeschadet einer etwaigen Weiterentwicklung zur Kindergartenleiterin handeln würde. Tatsächlich erzielt die Beklagte Erwerbseinkommen aus ihrer vollzeitigen Tätigkeit als Bäckereiverkäuferin. Der Tariflohn hierfür beläuft sich für sie auf 1.104,44 € netto und entspricht in etwa ihrem Durchschnittsgehalt. Der Aufstockungsunterhalt von monatlich 421 € kommt damit der Differenz zwischen dem von der Beklagten nunmehr erzielten Einkommen und dem Einkommen, das die Beklagte ohne die von den Parteien praktizierte “Hausfrauenehe” und die Kinderbetreuung hätte erzielen können, gleich.

(b) Allerdings greift die Revision die Feststellungen des Berufungsgerichts an, wonach es der Beklagten unterhaltsrechtlich nicht vorgeworfen werden könne, dass sie nicht wieder in ihren erlernten Beruf als Erzieherin zurückgekehrt sei. Ob die entsprechenden Feststellungen des Berufungsgerichts vor dem Hintergrund des Vortrags der Beklagten, nach dem sie sich nicht auf eine entsprechende Stelle beworben hat, Bestand haben können, kann allerdings dahinstehen. Denn durch das abzuändernde Urteil aus dem Jahre 2005 ist bereits rechtskräftig festgestellt, dass die Beklagte unterhaltsrechtlich nicht verpflichtet ist, eine besser qualifizierte und bezahlte Tätigkeit in ihrem ursprünglich erlernten Beruf als Erzieherin aufzunehmen. Der Kläger hat auch keine Veränderung der Verhältnisse dargetan, die eine solche Obliegenheit im Nachhinein begründen könnte.

Das Urteil des Amtsgerichts vom 25. Mai 2005, dessen Abänderung der Kläger begehrt, hat der Beklagten auf Grundlage der Einkünfte aus ihrer vollschichtigen Tätigkeit als Bäckereiverkäuferin Aufstockungsunterhalt zugesprochen. Damit hat das Amtsgericht zugleich – wenn auch nicht ausdrücklich – festgestellt, dass die Beklagte unterhaltsrechtlich nicht dazu verpflichtet war, in ihrem ursprünglich erlernten Beruf als Erzieherin zu arbeiten. Denn andernfalls hätte es ihr im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung nach § 1577 Abs. 1 BGB höhere fiktive Einkünfte zurechnen müssen. Gelangt das Gericht indes bereits im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zu der Überzeugung, dass der Unterhaltsgläubiger kein seiner Ausbildung entsprechendes adäquates Einkommen erzielen kann, erübrigt sich eine erneute Prüfung im Rahmen des § 1578 b BGB (vgl. Senatsurteil vom 27. Mai 2009 – XII ZR 78/08FamRZ 2009, 1300 – Tz. 62).

Da der Kläger nicht dargelegt hat, dass sich seit Abschluss des vorangegangenen Unterhaltsprozesses die Verhältnisse so geändert haben, dass die Beklagte nunmehr verpflichtet wäre, in ihrem erlernten Beruf eine Tätigkeit aufzunehmen, ist nach wie vor davon auszugehen, dass die Beklagte ihren unterhaltsrechtlichen Obliegenheiten hinreichend Rechnung trägt.

BGH, Urteil vom 27.01.2010
XII ZR 100/08

OLG Braunschweig, Entscheidung vom 20.05.2008
2 UF 215/06

AG Helmstedt, Entscheidung vom 15.11.2006
12 F 92/06

Schreibe einen Kommentar