a) Der – mutmaßliche – leibliche Vater hat nach Adoption des Kindes grundsätzlich keinen Anspruch auf gerichtliche Feststellung der (rechtlichen) Vaterschaft nach § 1600 d BGB.
b) Eine isolierte Feststellung der leiblichen Vaterschaft ist nach bestehender Gesetzeslage – außerhalb der Abstammungsklärung gemäß § 1598 a BGB – nicht eröffnet.
c) In einem dennoch geführten gerichtlichen Abstammungsverfahren ist das Kind mangels gesetzlicher Eingriffsgrundlage nicht zur Mitwirkung an einer Abstammungsuntersuchung verpflichtet. Eine von den (Adoptiv-)Eltern für das minderjährige Kind insoweit erklärte Weigerung ist rechtmäßig.
d) Der leibliche Vater kann nach der Adoption (nur) seine Rechte aus § 1686 a BGB geltend machen und in diesem Verfahren eine Feststellung der leiblichen Vaterschaft nach § 167 a FamFG erwirken (Fortführung der Senatsbeschlüsse BGHZ 230, 174 = FamRZ 2021, 1375 und vom 6. Dezember 2023 – XII ZB 485/21 – FamRZ 2024, 365).
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Mai 2024 durch den Vorsitzenden Richter Guhling, die Richter Prof. Dr. Klinkhammer und Dr. Botur und die Richterinnen Dr. Krüger und Dr. Recknagel beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 4 wird der Beschluss des 21. Zivilsenats – Senat für Familiensachen – des Oberlandesgerichts Celle vom 25. Juli 2022 aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass die von den weiteren Beteiligten zu 4 für das betroffene Kind erklärte Weigerung, an der Einholung eines Abstammungsgutachtens mitzuwirken, rechtmäßig ist.
Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten der weiteren Beteiligten zu 4 werden der Staatskasse auferlegt.
Wert: 2.000 €
Gründe:
A.
Der Antragsteller (Beteiligter zu 1) begehrt die Feststellung seiner „biologischen“ Vaterschaft zu dem im April 2015 geborenen betroffenen Kind.
Die Beteiligte zu 2 ist die leibliche Mutter des Kindes. Nach der Geburt des Kindes willigte sie im Juni 2015 in die Adoption durch die Beteiligten zu 4 (Eltern) ein. Mit Beschluss aus dem Juni 2016 wurde die Adoption ausgesprochen. Die Einwilligung des leiblichen Vaters wurde dabei für entbehrlich gehalten, weil er und sein Aufenthalt dauernd unbekannt seien (§ 1747 Abs. 4 Satz 1 BGB).
Der Antragsteller hat zunächst beantragt, die „notarielle Adoptionsurkunde vom […] Juni 2015 […] für unwirksam zu erklären“ und festzustellen, dass er der biologische Vater des betroffenen Kindes sei. Von dessen Geburt habe er erst Ende 2018 erfahren.
Das Amtsgericht hat den Antrag als unzulässig zurückgewiesen. Hiergegen hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt, mit welcher er den Antrag auf Feststellung seiner leiblichen Vaterschaft weiterverfolgt. Das Beschwerdegericht hat die Einholung eines Abstammungsgutachtens beschlossen. Die im Beschwerdeverfahren erstmals beteiligten Eltern haben ihre Zustimmung zur Mitwirkung des Kindes an der Untersuchung verweigert. Das Beschwerdegericht hat durch Zwischenbeschluss festgestellt, dass die für das Kind erklärte Weigerung der Eltern nicht rechtmäßig sei.
Dagegen richtet sich deren zugelassene Rechtsbeschwerde, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses beantragen.
B.
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg.
I.
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 178 Abs. 2 Satz 1 FamFG iVm §§ 387 Abs. 3, 574 ZPO aufgrund Zulassung statthaft (vgl. Senatsbeschluss vom 31. Mai 2023 – XII ZB 124/22 – FamRZ 2023, 1380 Rn. 4 mwN) und auch im Übrigen zulässig. Die Beschwerdebefugnis der Eltern ist gegeben, weil sie durch die vom Beschwerdegericht getroffene Feststellung in der Ausübung ihres Elternrechts nach Art. 6 Abs. 2 GG betroffen sind (vgl. BVerfG FamRZ 2013, 1195 Rn. 18, 35).
II.
Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
1. Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2022, 1792 veröffentlicht ist, hält die Duldungspflicht des Kindes aufgrund § 178 Abs. 1 FamFG für gegeben. Die Beweisaufnahme sei erforderlich, um über den Antrag auf Feststellung der Vaterschaft zu entscheiden. Dem Kind sei die Mitwirkung an der Untersuchung zumutbar. Der Feststellung der Vaterschaft stehe nicht entgegen, dass für das Kind nach der erfolgten Adoption eine rechtliche Elternschaft bestehe. Den unterschiedlichen Bezugspunkten der rechtlichen Elternschaft durch Abstammung oder Adoption entspreche der Wortlaut von § 1600 d Abs. 1 BGB, denn der Vaterschaftsfeststellung stehe – im Gegensatz zur Vaterschaft durch Ehe oder Anerkennung – eine zuvor erfolgte Adoption nicht entgegen.
Mit der Argumentation, eine rechtsfolgenlose Abstammungsfeststellung sei im isolierten Verfahren nicht vorgesehen, würde indes nicht nur dem potentiellen leiblichen Vater, sondern auch dem Kind selbst die Einleitung eines Vaterschaftsfeststellungsverfahrens verwehrt. Über eine Abstammungsklärung nach § 1598 a BGB könne Abhilfe ebenso wenig geschaffen werden, da nur die rechtlichen Eltern und das Kind antragsberechtigt seien. Darüber hinaus könnten sich Rechtswirkungen im Verhältnis zum leiblichen, nicht rechtlichen Elternteil auch für die Zeit nach der Adoption ergeben. Schließlich sei im Rahmen eines Umgangs- und Auskunftsrechts des leiblichen Vaters die statusunabhängige Ermittlung bzw. Klärung der Abstammung dem geltenden Recht nicht fremd.
Das rechtlich beachtenswerte Interesse des Antragstellers an der Feststellung der Vaterschaft bestehe auch dann, wenn keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich seien, dass das Adoptionsverhältnis aufgehoben werden könnte. Die Feststellung der Vaterschaft nach erfolgter rechtlicher Adoption sei jedenfalls auch unter dem Aspekt der Gewährleistung des Rechts auf Kenntnis der Abstammung (aus Sicht des betroffenen Kindes) sowie des Rechts auf Kenntnis über die Abstammungsverhältnisse (aus Sicht des potentiellen leiblichen Vaters) geboten und gerechtfertigt. Die individuelle Bedeutung für die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes, aber auch für die betroffenen Elternteile, Kenntnis über die Abstammungsverhältnisse in der Generationenfolge erlangen zu können, sei allgemein anerkannt und werde nicht in Zweifel gezogen.
Wenn ein Antrag auf Feststellung der Vaterschaft durch eine zuvor erfolgte Adoption nicht ausgeschlossen sei, müsse die begehrte Feststellung – auch im Rahmen des Abstammungsverfahrens – auf ein Rechtsverhältnis gerichtet sein, wobei die Grundsätze zu § 256 ZPO herangezogen werden könnten. Selbst wenn für die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Eltern-Kind-Verhältnisses kein besonderes Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO erforderlich sei, weil ein dahingehender Antrag dieses in sich trage, könne auch im Verfahren nach § 169 Nr. 1 FamFG nicht allein ein einzelnes Element oder eine Vorfrage eines Rechtsverhältnisses wie etwa eine biologische Tatsache geklärt und gerichtlich festgestellt werden, sondern müsse das Begehren des Antragstellers auf die durch Abstammung begründete Eltern-Kind-Beziehung gerichtet sein. Auch wenn der Antrag des Antragstellers formal auf die Feststellung der Vaterschaft bezogen sei, könne im Hinblick auf die wirksame Adoption des Kindes sowie die dadurch begründete rechtliche Elternschaft keine weitere rechtliche Elternschaft zwischen dem Antragsteller und dem betroffenen Kind begründet werden. Neben den Eltern sei für eine weitere Person mit rechtlicher Elternstellung kein Raum. Gleichwohl sei der Antrag nicht auf die Feststellung der genetischen Abstammung als biologische Tatsache beschränkt und gerichtet. Vielmehr bilde diese die Grundlage für das zwischen dem Antragsteller und dem betroffenen Kind nach erfolgter Adoption verbleibende Rechtsverhältnis. Dieses könne grundsätzlich Bedeutung haben für Rechte oder Ansprüche, die vor der gerichtlichen Entscheidung über die Annahme des Kindes begründet wurden oder aber für den leiblichen, nicht rechtlichen Vater auch nach erfolgter Adoption bestehen können. Dies gelte etwa für das Umgangsrecht nach § 1686 a BGB.
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die vom Antragsteller erstrebte Vaterschaftsfeststellung kommt unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht, sodass auch keine Pflicht des Kindes zur Duldung der Abstammungsuntersuchung nach § 178 FamFG besteht.
Die vom Beschwerdegericht durch Zwischenbeschluss gemäß § 178 FamFG iVm § 387 ZPO ausgesprochene Feststellung ist im Fall der vom Beteiligten erklärten Verweigerung der Untersuchung Voraussetzung der Vollstreckung einer Pflicht zur Mitwirkung bei der Abstammungsuntersuchung (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Januar 2007 – XII ZB 154/06 – FamRZ 2007, 549). Nach § 178 Abs. 1 FamFG setzt die Duldungspflicht für eine Untersuchung voraus, dass diese zur Feststellung der Abstammung erforderlich ist. An der Erforderlichkeit der Untersuchung fehlt es indessen, wenn der Feststellungsantrag unzulässig oder unschlüssig ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 166, 283 = FamRZ 2006, 686, 688). Das ist vorliegend der Fall, weil die vom Antragsteller beantragte isolierte Feststellung der leiblichen Vaterschaft im Rahmen des Abstammungsverfahrens nicht zulässig ist. Denn das Abstammungsverfahren und die damit verbundene Grundlage für die erzwingbare Mitwirkung an einer Abstammungsuntersuchung nach § 178 FamFG iVm §§ 386 bis 390 ZPO ist gemäß § 169 FamFG nur für in der Vorschrift aufgeführten Angelegenheiten eröffnet und die Regelung ist abschließend. Die vom Beschwerdegericht erwogene abweichende Auslegung des Antrags ist einerseits nicht zutreffend und andererseits würde für einen solchen Antrag das notwendige Feststellungsinteresse fehlen.
a) Was die Feststellung der Vaterschaft anbelangt, stuft § 169 Nr. 1 FamFG das Verfahren nach § 1600 d Abs. 1 BGB als Abstammungssache ein.
Dieses ist auf die Feststellung der rechtlichen Vaterschaft gerichtet (Staudinger/Rauscher BGB [2011] § 1600 d Rn. 8). Die gerichtliche Feststellung wirkt nach § 184 Abs. 2 FamFG für und gegen alle. Daneben bestimmt § 169 Nr. 2 und 3 FamFG, dass auch Verfahren, welche die Klärung der leiblichen Abstammung nach § 1598 a BGB betreffen (Ersetzung der Einwilligung in eine genetische Abstammungsuntersuchung und Anordnung der Duldung einer Probeentnahme sowie Einsicht in ein Abstammungsgutachten oder Aushändigung einer Abschrift), Abstammungssachen sind.
b) Ob das Verfahren auf Feststellung der Vaterschaft als Abstammungssache trotz wirksam erfolgter Adoption offensteht, ist umstritten. Mit dem Beschwerdegericht wird die Frage in Rechtsprechung und Literatur verbreitet bejaht (OLG Celle DAVorm 1980, 940, 941; OLG Celle FamRZ 2021, 285, 287 ff.; Coester-Waltjen FamRZ 2013, 1693, 1697; Frank FamRZ 2017, 497, 501; MünchKommBGB/Maurer 9. Aufl. § 1754 Rn. 15; BeckOGK/Löhnig [Stand: 1. Februar 2024] BGB § 1755 Rn. 32; BeckOK BGB/Pöcker [Stand: 1. Februar 2024] § 1755 Rn. 7; grundsätzlich auch Staudinger/Helms BGB [2023] § 1755 Rn. 18 ff.; Staudinger/Rauscher BGB [2011] § 1600 d Rn. 14; vgl. auch BT-Drucks. 7/5087 S. 16 zur Fortführung oder Betreibung der Vaterschaftsfeststellung durch die Adoptiveltern). Dabei bestehen unterschiedliche Vorstellungen über den Inhalt der Feststellung. Während das Oberlandesgericht Celle in einer früheren Entscheidung (OLG Celle DAVorm 1980, 940) die Vaterschaftsfeststellung inhaltlich ohne Einschränkung angenommen hat, soll die Feststellung nach dem Beschwerdegericht, das die konkrete Titulierung offengelassen hat, auf die Vaterschaft als Grundlage für die mit dieser verbundenen Rechtswirkungen vor und nach der Adoption gerichtet sein, welche die Adoption und die darauf beruhende Eltern-Kind-Beziehung aber nicht in Frage stellen dürften.
Von anderen wird die Möglichkeit der Vaterschaftsfeststellung nach einer Adoption als vom Gesetz nicht vorgesehen verneint (DIJuF-Rechtsgutachten vom 28. Juli 2014 JAmt 2014, 511, 512) oder für den leiblichen Vater nur bei Vorliegen eines besonderen Feststellungsinteresses für zulässig gehalten (Staudinger/Helms BGB [2023] § 1755 Rn. 21; Keuter FamRZ 2023, 91, 92; Keuter FF 2021, 258 f.; Barth ZJR 1984, 68, 69).
c) Die letztgenannte Auffassung trifft jedenfalls für den vorliegenden Fall des Antrags eines mutmaßlichen leiblichen Vaters zu.
Wenn die rechtliche Vaterschaft bereits gesetzlich eindeutig und dauerhaft zugewiesen ist, enthält das Gesetz eine abschließende Regelung. Die wirksame Minderjährigenadoption schließt als eine in diesem Sinne verbindliche und dauerhafte Zuweisung der rechtlichen Elternstellung eine ihr widersprechende gerichtliche Feststellung der rechtlichen Vaterschaft aus. Zwar ist dies anders als in § 1600 d Abs. 1 BGB zur Vaterschaft kraft Ehe oder Anerkennung nicht ausdrücklich gesetzlich bestimmt. Es ergibt sich aber zwingend aus der Rechtsnatur der Minderjährigenadoption, die nach § 1755 Abs. 1 Satz 1 BGB zum Erlöschen des Verwandtschaftsverhältnisses des Kindes zu seinen bisherigen Verwandten führt. Die Adoption entfaltet allerdings im Unterschied zur Vaterschaft aufgrund Anerkennung oder gerichtlicher Feststellung in zeitlicher Hinsicht nur Wirkung ex nunc und beseitigt eine zuvor bestehende rechtliche Vaterschaft nicht rückwirkend. Dementsprechend kann insbesondere für das Kind wegen eines bis zur Adoption aufgelaufenen Unterhaltsrückstands (vgl. Senatsurteil vom 8. Juli 1981 – IVb ZR 597/80 – FamRZ 1981, 949 f.) oder etwa auch wegen eines vor der Adoption durch Tod des leiblichen Vaters eingetretenen Erbfalls ein berechtigtes Feststellungsinteresse bestehen, welches durch die Adoption und die ihr zugrunde liegenden gesetzlichen Wertungen nicht ausgeschlossen wird (vgl. auch Senatsbeschluss BGHZ 232, 236 = FamRZ 2022, 633 Rn. 29 ff. für einen vor der Adoption entstandenen Auskunftsanspruch). Daraus ließe sich aber bei Darlegung eines entsprechenden Feststellungsinteresses nur eine zeitlich bis zur Adoption begrenzte Feststellung der rechtlichen Vaterschaft rechtfertigen.
Eine solche wird im vorliegenden Verfahren vom Antragsteller indes nicht geltend gemacht. Der Antragsteller beantragt lediglich die Feststellung seiner biologischen, also leiblichen Vaterschaft. Eine davon abweichende Auslegung des Beschwerdegerichts, dass das Begehren des Antragstellers offenbar („formal“) auch auf die Feststellung der rechtlichen Vaterschaft gerichtet sei, findet in den vom Antragsteller gestellten Anträgen keine Stütze. Im Übrigen läge aber – auch im Fall einer entsprechenden Antragstellung – ein darauf bezogenes Feststellungsinteresse des Antragstellers nicht vor. In der Zeit zwischen Geburt und Wirksamkeit der Adoption entstandene Rechte des Antragstellers, die aus der rechtlichen Vaterschaft folgen könnten, sind nicht ersichtlich. Die Feststellung zu dem Zweck, dass im Fall einer eventuellen künftigen Aufhebung der Adoption die rechtliche Elternschaft gegebenenfalls kraft Gesetzes dem Antragsteller zufällt (§ 1764 Abs. 3 BGB), begründet als eine vom Gesetz nicht vorgesehene Feststellung der Vaterschaft „auf Vorrat“ für sich genommen noch kein berechtigtes Feststellungsinteresse. Der leibliche Vater, der bei der Adoption übergangen wurde, dürfte zudem die Möglichkeit haben, die Aufhebung der Adoption nach §§ 1760 Abs. 1, 1762 Abs. 1 BGB zu beantragen (vgl. Frank FamRZ 2017, 497, 499 ff. auch zu einer etwaigen Verfassungsbeschwerde; Senatsbeschluss vom 18. Februar 2015 – XII ZB 473/13 – FamRZ 2015, 828 Rn. 21 ff.), was vorliegend nicht geschehen ist. Das Beschwerdegericht hat überdies die Voraussetzungen einer Aufhebung der Adoption auf Betreiben des Antragstellers aufgrund der aktuellen Sachlage und der jedenfalls abgelaufenen Antragsfrist nach § 1762 Abs. 2 BGB zutreffend verneint. Im unwahrscheinlichen Fall der späteren Aufhebung der Adoption aus anderen Gründen stünde dem Antragsteller die Vaterschaftsfeststellung alsdann offen.
d) Die im vorliegenden Verfahren allein beantragte Feststellung der leiblichen Vaterschaft ist keine Abstammungssache im Sinne von § 169 FamFG, sodass § 178 FamFG entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts auch insoweit keine Grundlage für die Duldung einer Abstammungsuntersuchung bietet. Soweit die leibliche Abstammung nach § 169 Nr. 2 und 3 FamFG Gegenstand eines Abstammungsverfahrens sein kann, bezieht sich dies auf die Klärung der leiblichen Abstammung nach § 1598 a BGB. Die Klärung der leiblichen Abstammung steht indessen – was das Beschwerdegericht nicht in Frage stellt – nur den Beteiligten des rechtlichen Eltern-Kind-Verhältnisses zu (vgl. BVerfG FamRZ 2016, 877 Rn. 7 mwN). Sie beinhaltet zudem lediglich einen Mitwirkungsanspruch bezüglich der außergerichtlich durchzuführenden Abstammungsbegutachtung, nicht aber die gerichtliche Feststellung der leiblichen Vaterschaft, wie sie im vorliegenden Verfahren vom Antragsteller begehrt wird.
aa) Soweit das Gesetz, wie in § 1686 a BGB (iVm § 167 a FamFG) oder § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB (iVm § 178 FamFG), bestimmte Rechte an die leibliche Vaterschaft knüpft, enthält es jeweils spezielle Eingriffsgrundlagen für die Klärung der leiblichen Vaterschaft, die von weiteren Voraussetzungen abhängig sind. Zudem hat etwa bei der Anfechtung der Vaterschaft nach § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB eine Klärung zu unterbleiben, wenn es an einer sonstigen Voraussetzung der Anfechtung, etwa nach § 1600 b BGB, fehlt (vgl. BVerfG FamRZ 2015, 119 Rn. 13 zu § 1686 a BGB; OLG Celle FamRZ 2012, 564, 565), der leibliche Vater also trotz seiner genetischen Verbindung mit dem Kind die rechtliche Vaterschaft aus anderen Gründen nicht erlangen kann. Dessen allgemeines Interesse an der isolierten Klärung der leiblichen Abstammung vermag eine – zwangsweise durchführbare – Abstammungsuntersuchung mithin noch nicht zu rechtfertigen.
Bei der Abstammungsklärung nach § 1598 a BGB handelt es sich – abgesehen vom andersartigen Gegenstand des Klärungsanspruchs – um eine vom Gesetzgeber als abschließend konzipierte Regelung, die mangels planwidriger Regelungslücke keinen Raum für eine entsprechende Anwendung bietet.
§ 1598 a BGB gewährt weder dem Kind einen Anspruch gegen den mutmaßlichen genetischen Vater noch umgekehrt einem Mann, der sich für den Erzeuger eines ihm rechtlich nicht zugeordneten Kindes hält, einen Anspruch auf Klärung der genetischen Abstammung (vgl. Arbeitskreis Abstammungsrecht Abschlussbericht Empfehlungen für eine Reform des Abstammungsrechts 2017 S. 82, veröffentlicht auf www.bmj.de). Der mutmaßliche biologische Vater (§ 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB) ist vom Gesetzgeber bewusst nicht in den Kreis der Klärungsberechtigten einbezogen worden. Auch wenn diesem ein Interesse an der Gewissheit über die Vaterschaft nicht abzusprechen sei, müsse insbesondere verhindert werden, dass er allein mit seinem Klärungsinteresse Zweifel in eine funktionierende soziale Familie hineintrage. Er solle daher – neben der Vaterschaftsfeststellung bei nicht besetzter Stelle des rechtlichen Vaters – auf die Anfechtung beschränkt bleiben und die rechtliche Vaterschaft nur dann in Frage stellen können, wenn er selbst bereit sei, auch rechtlich die Stellung des Vaters zu übernehmen (vgl. BT-Drucks. 16/6561 S. 12).
Der Hinweis des Berufungsgerichts auf § 256 ZPO führt hier ebenfalls nicht weiter. Unabhängig davon, dass es sich vorliegend nicht um ein zivilprozessuales Erkenntnisverfahren handelt, wäre § 178 FamFG in einem solchen Verfahren von vornherein nicht anwendbar. Der frühere Streit um die Feststellungsfähigkeit der leiblichen Vaterschaft für nichteheliche Kinder und die dafür einschlägige Verfahrensart (dazu umfassend Botur FS Dose S. 35, 43 ff. mwN) hat bereits mit der gesetzlichen Verankerung der rechtlichen Vaterschaft (auch) bei nichtehelichen Kindern seine Erledigung gefunden. Jedenfalls mit der begrenzten Einführung der Regeln zur Klärung der leiblichen Vaterschaft ist vom Gesetzgeber eine bewusst abschließende Regelung geschaffen worden, die auch die gesetzlichen Grenzen einer Feststellung der leiblichen Vaterschaft festgelegt hat (vgl. BT-Drucks. 16/6561 S. 12).
Einer Mitwirkungs- oder Duldungspflicht bezüglich einer Abstammungsuntersuchung fehlt mithin die für einen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht nach Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG wie auch – bei minderjährigen Beteiligten – in das Elternrecht nach Art. 6 Abs. 2 GG erforderliche gesetzliche Eingriffsgrundlage. Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht für die Abstammungsuntersuchung zur Durchsetzung des Umgangsrechts eines leiblichen Vaters eine eindeutige gesetzliche Ermächtigung gefordert (vgl. BVerfG FamRZ 2013, 1195 Rn. 25 ff.), die der Gesetzgeber dann mit dem Gesetz zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters vom 4. Juli 2013 (BGBl. I S. 2176) in Form von § 167 a Abs. 2 FamFG geschaffen hat (vgl. auch BVerfG FamRZ 2015, 729 zum Auskunftsanspruch des Scheinvaters gegen die Mutter).
bb) Soweit de lege ferenda ein Verfahren auf Klärung der leiblichen Abstammung geplant ist (Eckpunkte des Bundesministeriums der Justiz für eine Reform des Abstammungsrechts in der Fassung vom 16. Januar 2024, veröffentlicht auf www.bmj.de), soll ein Antragsrecht hierfür offenbar nur dem Kind und den übrigen nach § 1598 a BGB Klärungsberechtigten eingeräumt werden (S. 3, 6, 15 Eckpunktepapier), zu denen der leibliche Vater nicht gehört (weitergehend Coester-Waltjen StAZ 2024, 65, 68 Fn. 16 mwN). Ungeachtet der Ungewissheit einer Realisierung dieses rechtspolitischen Vorhabens kann dieses jedenfalls für die derzeit bestehende Rechtslage noch keine Bedeutung erlangen.
cc) Etwas anderes folgt auch nicht aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9. April 2024 (1 BvR 2017/21 – juris). Das Bundesverfassungsgericht hat zwar – insoweit übereinstimmend mit den Vorstellungen des Beschwerdegerichts – den Grundrechtsschutz für den leiblichen Vater erweitert.
Diesem steht nach dem Bundesverfassungsgericht über die in seiner bisherigen Rechtsprechung angenommene Grundrechtsposition hinausgehend das Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG zu. Gegenstand des Verfahrens war indessen die Möglichkeit des leiblichen Vaters, die rechtliche Elternstellung als Grundlage für die Wahrnehmung von Elternverantwortung zu erlangen. In der vorliegenden Fallkonstellation steht solches jedoch nicht in Rede. Die Erlangung der rechtlichen Elternstellung statt der Adoptiveltern strebt der Antragsteller nicht an. Zudem hat das Beschwerdegericht die Voraussetzungen einer Aufhebung der Adoption zutreffend verneint. Das Bundesverfassungsgericht hat im Übrigen die Grenzen einer hier allenfalls in Betracht kommenden verfassungskonformen Auslegung aufgezeigt, die gegen den Willen des Gesetzgebers nicht zulässig ist.
Ob von Verfassungs wegen ein in diesem Zusammenhang geltend gemachtes etwaiges Recht des Antragstellers auf Kenntnis der wahren Abstammungsverhältnisse in Betracht kommt, kann für die Auslegung der bestehenden Gesetzeslage mithin keine Rolle spielen.
dd) In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hält der Senat die gesetzliche Regelung für verfassungsgemäß.
Den grundrechtlich geschützten Interessen des leiblichen Vaters ist dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass er auch nach der Adoption – neben einem etwaigen Antrag auf Aufhebung der Adoption – seine Rechte aus § 1686 a BGB geltend machen kann (vgl. Senatsbeschlüsse BGHZ 230, 174 = FamRZ 2021, 1375 und vom 6. Dezember 2023 – XII ZB 485/21 – FamRZ 2024, 365 Rn. 22) und in diesem Verfahren mit § 167 a FamFG eine Grundlage für die Feststellung der leiblichen Vaterschaft besteht.
3. Der angefochtene Beschluss ist somit aufzuheben. Da die Sache im Zwischenverfahren hinsichtlich der Duldungspflicht entscheidungsreif ist, ist festzustellen, dass die für das Kind erklärte Weigerung der Eltern rechtmäßig ist. Die Feststellung hat zur Folge, dass das Kind im vorliegenden Verfahren nicht an der Abstammungsfeststellung mitwirken muss. Über die Beschwerde betreffend die Hauptsache, welche unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats allerdings keinen Erfolg haben dürfte, hat das Beschwerdegericht in eigener Zuständigkeit zu entscheiden.
BGH, Beschluss vom 15.05.2024
XII ZB 358/22
AG Stadthagen, Entscheidung vom 18.02.2021
60 F 213/20
OLG Celle, Entscheidung vom 25.07.2022
21 UF 37/21