a) Ein Vollstreckungsverfahren nach § 89 FamFG bildet ein selbständiges Verfahren im Sinne von Art. 111 Abs. 1 und 2 FGG-RG, auf das neues Recht anzuwenden ist, wenn es nach dem 31. August 2009 eingeleitet wurde.
b) Auch wenn in einem auf der Grundlage des früheren Rechts ergangenen Umgangsrechtsbeschluss bereits ein Zwangsgeld angedroht worden war, setzt die Vollstreckung nach neuem Recht durch Anordnung von Ordnungsmitteln eine Belehrung nach § 89 Abs. 2 FamFG voraus.
1. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 26. Zivilsenats – Familiensenat – des Oberlandesgerichts München vom 15. November 2010 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.
2. Bei schuldhafter Zuwiderhandlung gegen die sich aus dem Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 8. April 2009 ergebenden Verpflichtungen kann das Gericht gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsgeld bis zur Höhe von 25.000 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten anordnen. Verspricht die Anordnung eines Ordnungsgeldes keinen Erfolg, kann das Gericht Ordnungshaft bis zu sechs Monaten anordnen. Die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleibt, wenn der Verpflichtete Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat.
3. Beschwerdewert: 1.050 €
Gründe:
I.
Der Antragsteller (im Folgenden: Vater) und die Antragsgegnerin (im Folgenden: Mutter) streiten um die Vollstreckung einer Umgangsregelung.
Die elterliche Sorge für ihr am 20. Oktober 2002 nichtehelich geborenes Kind steht der Mutter zu. Mit Beschluss vom 8. April 2009 hat das Oberlandesgericht den Umgang zwischen dem Vater und dem gemeinsamen Kind detailliert geregelt und für den Fall des schuldhaften Verstoßes gegen die Verpflichtungen Zwangsgeld angedroht.
Nachdem der festgelegte Umgang in der Folgezeit mehrfach gescheitert war, beantragte der Vater mit Schriftsatz vom 28. September 2009 die Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen die Mutter. Später stellte er seinen Antrag auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen die Mutter um. Mit Beschluss vom 27. August 2010 setzte das Amtsgericht gegen die Mutter ein Ordnungsgeld in Höhe von insgesamt 1.050 € fest. Auf die Beschwerde der Mutter hob das Oberlandesgericht die Entscheidung auf und wies den Antrag auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes zurück. Dagegen richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Vaters.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft, weil das Oberlandesgericht sie in der angefochtenen Entscheidung zugelassen hat. Daran ist der Senat gebunden (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Die Voraussetzungen für die Statthaftigkeit und die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde richten sich nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung und nicht nach den §§ 70 ff. FamFG. Denn für die Beschwerde im Vollstreckungsverfahren ordnet § 87 Abs. 4 FamFG ausdrücklich die entsprechende Anwendung der §§ 567 bis 572 ZPO an. Diese Verweisung auf die Zivilprozessordnung setzt sich im Rechtsbeschwerdeverfahren fort (BGHZ 184, 323 = FGPrax 2010, 154 Rn. 5).
Die auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde, mit der der Vater weiterhin Festsetzung eines Ordnungsgeldes begehrt, ist aber unbegründet.
1. Zu Recht hat das Oberlandesgericht das Vollstreckungsverfahren nach dem am 1. September 2009 in Kraft getretenen neuen Recht beurteilt. Denn das Vollstreckungsverfahren ist ein selbständiges Verfahren im Sinne von Art. 111 Abs. 1 und 2 FGG-RG, weil es sich nach besonderen Verfahrensvorschriften richtet (§§ 86 ff. FamFG) und mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird (vgl. OLG Karlsruhe [5. Senat für Familiensachen] FamRZ 2010, 1103 Rn. 29; OLG Stuttgart FamRZ 2010, 1594 Rn. 13; OLG Karlsruhe [2. Senat für Familiensachen] FamRZ 2010, 1366 Rn. 10; OLG Hamm FamRZ 2010, 1838 Rn. 1). Weil das Verfahren nach dem 1. September 2009 eingeleitet worden ist, gilt mithin das neue Verfahrensrecht (vgl. auch Senatsbeschluss vom 3. November 2010 – XII ZB 197/10 – FamRZ 2011, 100).
2. Ebenfalls zu Recht hat das Oberlandesgericht die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen die Mutter des gemeinsamen Kindes abgelehnt.
a) Nach § 89 Abs. 2 FamFG ist in einem Beschluss, der die Herausgabe einer Person oder die Regelung des Umgangs anordnet, auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen den Vollstreckungstitel hinzuweisen. Diese Belehrungspflicht ersetzt die nach früherem Recht gemäß § 33 Abs. 3 Satz 6 FGG erst im Vollstreckungsverfahren erforderliche Androhung des Zwangsmittels. Mit der schon in den Tenor der vollstreckbaren Entscheidung aufzunehmenden Belehrung soll dem Verpflichteten deutlich gemacht werden, dass ein Verstoß gegen den erlassenen Titel die Festsetzung von Vollstreckungsmaßnahmen nach sich ziehen kann. Der bisherige eigenständige Verfahrensschritt der Androhung im Vollstreckungsverfahren, der denselben Zweck verfolgte, ist damit entfallen. Mit dieser Änderung wollte der Gesetzgeber das Vollstreckungsverfahren beschleunigen und eine Verlagerung des Streits über die Hauptsache in das Vollstreckungsverfahren verhindern (BT-Drucks. 16/6308 S. 218). Die Belehrung über die Vollstreckung durch Anordnung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft ist mithin an die Stelle der früher notwendigen Androhung von Zwangsgeld und Zwangshaft getreten.
b) Zutreffend hat das Oberlandesgericht eine Vollstreckung des Umgangstitels durch Ordnungsmittel abgelehnt, weil die Antragsgegnerin entgegen § 89 Abs. 2 FamFG nicht zuvor über die Folgen einer Zuwiderhandlung belehrt worden ist. Allerdings ist in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte umstritten, ob die Androhung eines Zwangsgeldes aus der Zeit vor dem 1. September 2009 eine Belehrung nach § 89 Abs. 2 FamFG ersetzt.
aa) Teilweise wird vertreten, dass der rechtliche Hinweis nach § 89 Abs. 2 FamFG auch durch die Androhung eines Zwangsmittels nach früherem Recht ersetzt wird. Die juristischen Unterschiede zwischen Zwangs- und Ordnungsmitteln rechtfertigten es nicht, vor einer Vollstreckung einen rechtlichen Hinweis auf die Folgen der Zuwiderhandlung zu fordern, wenn zuvor bereits die Verhängung von Zwangsgeld angedroht worden sei. Die Höhe des Ordnungsgeldes nach § 89 FamFG entspreche der des Zwangsgeldes nach dem früheren § 33 Abs. 3 FGG. Sowohl die Zwangsgeldfestsetzung nach altem Recht als auch die Anordnung eines Ordnungsmittels erfordere eine schuldhafte Zuwiderhandlung des Pflichtigen. Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs solle die Belehrung nach § 89 Abs. 2 FamFG die nach bisherigem Recht erforderliche Androhung ersetzen. Bei einer anderen Auslegung müsse zunächst die bislang fehlende Belehrung nachgeholt werden. Eine Sanktion könne erst bei einer künftigen Zuwiderhandlung erfolgen. Durch ein derartiges Vorgehen sei ein effektiver Rechtsschutz nicht gewährleistet, bestehende Vollstreckungstitel würden entwertet. Das Ziel der Reform, das Vollstreckungsverfahren zu be-schleunigen und die umständliche und unpraktikable Vollstreckung nach § 33 FGG zu ersetzen, wäre ins Gegenteil verkehrt (OLG Karlsruhe [2. Senat für Familiensachen] FamRZ 2010, 1366 Rn. 15 ff.; OLG Köln FamRZ 2011, 663 Rn. 4).
bb) Die weit überwiegende Auffassung hält hingegen auch nach vorangegangener Androhung eines Zwangsgeldes auf der Grundlage des früheren Rechts eine Belehrung nach § 89 Abs. 2 FamFG für zwingend erforderlich. Zwischen den Zwangsmitteln nach altem und neuem Recht bestünden erhebliche Unterschiede. Bei den nach § 33 FGG festzusetzenden Zwangsmitteln handele es sich um Beugemittel, die ausschließlich dazu dienten, die künftige Befolgung gerichtlicher Anordnungen zu erzwingen. Sie stellten keine Sühne für bereits begangene Pflichtverletzungen dar. Die an deren Stelle getretenen Ordnungsmittel unterschieden sich von diesen Zwangsmitteln dadurch, dass sie nicht nur Beuge-, sondern auch Sanktionscharakter haben. Deshalb könnten sie auch noch festgesetzt und vollstreckt werden, wenn die zu vollstreckende Handlung, Duldung oder Unterlassung wegen Zeitablaufs nicht mehr vorgenommen werden könne. Auf die Warnfunktion vor Anordnung des Ordnungsmittels könne deswegen nicht verzichtet werden. Soweit ein Hinweis nach § 89 Abs. 2 FamFG fehle, wie dies etwa in Übergangsfällen der Fall sei, könne dieser jederzeit nachgeholt werden (OLG Karlsruhe [5. Senat für Familiensachen] FamRZ 2010, 1103 Rn. 33 ff.; OLG Stuttgart FamRZ 2010, 1594 Rn. 18; OLG Hamm FamRZ 2010, 1838 Rn. 10 f.; OLG Koblenz FamRZ 2010, 1930 Rn. 13; OLG Köln FamRZ 2010, 574 Rn. 2; KG Berlin FuR 2011, 412 Rn. 6; Keidel/Giers FamFG 16. Aufl. § 89 Rn. 12 und Musielak/Borth FamFG 2. Aufl. § 89 Rn. 1).
cc) Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an.
Zutreffend ist allerdings, dass die Hinweispflicht in § 89 Abs. 2 FamFG, die grundsätzlich bereits in den vollstreckbaren Titel aufzunehmen ist, die nach früherem Recht notwendige Androhung eines Zwangsmittels ersetzt hat. Der Gesetzgeber wollte damit die Warnfunktion für den Pflichtigen vom Vollstreckungsverfahren in das Ausgangsverfahren verlagern, um zu einer Beschleunigung des Vollstreckungsverfahrens zu gelangen (BT-Drucks. 16/6308 S. 218). Wie die frühere Regelung will auch § 89 Abs. 2 FamFG dem Pflichtigen die Folgen eines schuldhaften Verstoßes gegen seine Pflicht vor Augen führen und enthält damit ebenfalls eine Warnfunktion.
Zu Recht weist die überwiegende Auffassung allerdings darauf hin, dass die seit dem 1. September 2009 gemäß § 89 FamFG zulässigen Ordnungsmittel nicht unerheblich über den Inhalt der zuvor zulässigen Zwangsmittel hinausgehen. Mit der Verhängung von Ordnungsmitteln soll die Effektivität der Vollstreckung von Umgangs- und Herausgabeentscheidungen ausdrücklich erhöht werden. Anders als Zwangsmittel nach früherem Recht dienen Ordnungsmittel nach § 89 FamFG nicht ausschließlich der Einwirkung auf den Willen der pflichtigen Person, sondern haben daneben Sanktionscharakter. Sie können deshalb auch festgesetzt und vollstreckt werden, wenn die zu vollstreckende Handlung, Duldung oder Unterlassung wegen Zeitablaufs nicht mehr vorgenommen werden kann (BT-Drucks. 16/6308 S. 218). Dieser weitergehenden Sanktionsmöglichkeit trägt die von der Gegenmeinung vertretene Gleichstellung der Androhung eines Zwangsmittels und des Hinweises nach § 89 Abs. 2 FamFG nicht hinreichend Rechnung.
Durch den Hinweis nach § 89 Abs. 2 FamFG soll dem Pflichtigen auch vor Augen geführt werden, welche konkreten Rechtsfolgen ein Verstoß gegen den vorliegenden Titel haben kann. Dies geschieht nur unvollkommen, wenn allein auf die Möglichkeit eines Beugemittels nach früherem Recht, nicht aber auf die weitere Möglichkeit einer nachträglichen Sanktionierung hingewiesen wird (KG Berlin FuR 2011, 412 Rn. 6; OLG Koblenz FamRZ 2010, 1930 Rn. 13; OLG Hamm FamRZ 2010, 1838 Rn. 11; OLG Stuttgart FamRZ 2010, 1594 Rn. 18 und OLG Karlsruhe FamRZ 2010, 1103 Rn. 35).
Auch der Zweck der zum 1. September 2009 in Kraft getretenen Gesetzesreform steht dieser Auffassung nicht entgegen. Zwar soll die Belehrung über die Rechtsfolgen einer Zuwiderhandlung gegen einen Vollstreckungstitel nunmehr nach § 89 Abs. 2 FamFG bereits in den Ausgangstitel aufgenommen werden, um das spätere Vollstreckungsverfahren zu beschleunigen. Fehlt ein solcher Hinweis, ist dieser wegen der damit verbundenen Warnfunktion aber zunächst nachzuholen, bevor das Ordnungsmittel nach § 89 FamFG festgesetzt werden kann. Wenn für Übergangsfälle, in denen der Ursprungstitel auf dem früheren Recht beruht und deswegen noch keinen Hinweis nach § 89 Abs. 2 FamFG enthält, zunächst ein ergänzender Hinweis verlangt wird, stellt dies die Intention des Gesetzgebers nicht in Frage. Die dadurch eintretende Verzögerung ist auf eine begrenzte Zahl von Übergangsfällen beschränkt. Dies wiederum ist durch den hinzugekommenen Sanktionscharakter des Ordnungsmittels aus Gründen des Schuldnerschutzes notwendig.
3. Der Senat ist trotz Zurückweisung der Rechtsbeschwerde nicht daran gehindert, den Hinweis nach § 89 Abs. 2 FamFG nachzuholen.
Während die Anordnung eines Ordnungsmittels nach § 89 Abs. 1 FamFG ausdrücklich in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt ist (vgl. insoweit BT-Drucks. 16/9733 S. 291 und BVerfG NJW 2008, 1287 ff.), steht der Hinweis auf die Möglichkeiten der Anordnung von Ordnungsmitteln nach § 89 Abs. 2 FamFG nicht im Ermessen des Gerichts. Er muss selbst dann erfolgen, wenn die zu vollstreckende Entscheidung nicht das Umgangsrecht, sondern die Umgangspflicht eines Elternteils betrifft, die nur im Ausnahmefall gemäß § 89 FamFG vollstreckt werden kann (vgl. BVerfG NJW 2008, 1287 ff.; Keidel/Giers FamFG 16. Aufl. § 89 Rn. 12; a.A. Haußleiter/Gomille FamFG § 89 Rn. 4).
Weil nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts eine detaillierte vollstreckbare Umgangsregelung als Voraussetzung einer Vollstreckbarkeit nach § 89 FamFG vorliegt, kann der Senat den Hinweis auf die Vollstreckbarkeit nach § 89 Abs. 2 FamFG selbst nachholen (vgl. auch OLG Karlsruhe FamRZ 2010, 1103; OLG Stuttgart FamRZ 2010, 1594 Rn. 20 und OLG Koblenz FamRZ 2010, 1930 Rn. 15).
BGH, Beschluss vom 17.08.2011
XII ZB 621/10
OLG München, Entscheidung vom 15.11.2010
26 UF 1303/10
AG Wolfratshausen, Entscheidung vom 27.08.2010
3 F 636/09