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Vorzeigepapi und Nestbeschmutzer

 
 Uli
(@Uli)

Vorzeigepapi und Nestbeschmutzer

Essen. Bundesweit gibt es über zwei Millionen Alleinerziehende. Nur zehn Prozent davon sind männlich. Über Männer am Herd, Vorurteile und die wichtigste Frau im Leben eines allein erziehenden Vaters sprach die WR mit Ernst Wauer.

Der verzweifelte Mann auf Partnersuche leiht sich das Kind seines Kumpels und mimt auf dem Spielplatz den allein Erziehenden. Klappt immer - im Film. Der Essener Polizist Ernst Wauer behauptet: "So ist es nicht nur im Film - sondern auch im wahren Leben." Wauer sitzt oft auf Spielplätzen. Allerdings nicht, um junge Mütter aufzureißen. Sondern wegen Laura - seiner Tochter.

Obschon die Zeiten vorbei sind, in denen Väter auf Spielplätzen so häufig entdeckt wurden wie Waldelefanten im Sauerland: Wauer ist eine Ausnahme. "Die meisten Männer ziehen es gar nicht in Betracht, darüber nachzudenken, dass die Kinder nach einer Trennung auch bei ihnen leben könnten", glaubt Wauer. Er sagt diesen Satz ohne vorwurfsvollen Unterton - genau wie den folgenden: "Genauso wenig kommt es für die meisten Frauen in Betracht, darüber nachzudenken, ob das Kind beim Vater besser aufgehoben ist."

Ernst Wauer trennte sich vor einigen Jahren von seiner Frau. Für beide Seiten stand fest: Die Kinder bleiben bei der Mutter. So selbstverständlich diese Entscheidung damals für Wauer war, so engagiert spricht er heute dagegen, "dass es in unserer Gesellschaft stets von vornherein klar ist, dass Kinder zur Mutter gehören." Die, die es am meisten (be)trifft, werden nur selten gefragt: die Kinder selbst.

Wauer wurde zum Wochenendpapi. "Wir wollten den Kindern einen weichen Übergang schaffen - deshalb bin ich anfangs noch jeden Abend nach Hause gekommen und erst gefahren, wenn die Kinder im Bett waren." Aus jedem Abend wurde schnell jeder zweite Abend, bis schließlich die Wochenenden blieben. "Nach einem Jahr spürte meine Frau, dass sie mit den Kindern überfordert ist." Wauer holte die Kleinen zu sich.

Nach einem Jahr wollte sein Sohn zurück zur Mutter. Laura dagegen blieb. Seit zweieinhalb Jahren lebt die Zehnjährige allein mit ihrem Vater. Wie sie das findet? "Ganz normal." Nach der Schule besucht sie eine Hort-einrichtung, bis sie ihr Vater gegen 17 Uhr abholt. Er arbeitet nach wie vor ganztags - und auch das unterscheidet ihn von den meisten allein Erziehenden.

In Nordrhein-Westfalen sind nur 274 000 der insgesamt 419 000 allein Erziehenden berufstätig. "Es gibt nach wie vor zu wenig Hortplätze. Darunter leiden insbesondere die allein Erziehenden, weil die auf Angebote zur Kinderbetreuung angewiesen sind, um überhaupt arbeiten gehen zu können", betont Edith Weiser, Geschäftsführerin des Verbandes allein erziehender Mütter und Väter in NRW.

"Insbesondere Mütter meinen, dass das nicht gut gehen kann"

Und selbst wenn einer der rar gesäten Kita-Plätze gefunden sei - die Öffnungszeiten liegen im Ruhrgebiet fernab von der Realität der Arbeitswelt. Es sei denn, man ist Beamter - wie Wauer.

Der weiß, dass seine Situation eine Besondere ist: "Ich habe verständnisvolle Kollegen, ich bin unkündbar, ich könnte problemlos meine Arbeitszeit reduzieren, wenn ich wollte." Wauer spielt mit dem Gedanken, diese Möglichkeit zu nutzen, wenn Laura dieses Jahr auf die weiterführende Schule wechselt.

Von seinen Arbeitsbedingungen abgesehen, behauptet Wauer jedoch energisch, dass ihn nichts von einer allein erziehenden Mutter unterscheidet. Bis auf die Reaktionen von Außenstehenden: "Vater und Tochter allein zuhaus - insbesondere Mütter meinen, dass das nicht gut gehen kann. Von einer älteren Frau wurde ich kürzlich sogar gefragt, ob ich überhaupt kochen kann." Er kann. Wie auch putzen, waschen, bügeln und erziehen.

Wenn Laura sich zur Schule schminken möchte, verbietet ihr Vater das. Dafür hat er akzeptiert, dass er nicht mehr damit punkten kann, wenn er ihr die Pferdezeitschrift vom Kiosk mitbringt. Willkommen im Bravo-Alter. Als Laura kürzlich mit Freundinnen zum Konzert von Tokio Hotel wollte, begleitete ihr Vater sie. "Da stand ich als Mann ziemlich verlassen zwischen lauter Müttern und kreischenden Teenies." Wauer findet den Vorschlag der Familienministerin Ursula von der Leyen richtig, der dafür sorgen könnte, dass er in Zukunft seltener allein unter Frauen ist.

"Die Idee ist gut, das Elterngeld über volle zwölf Monate nur dann auszuzahlen, wenn auch der Vater mindestens zwei Monate zuhause bleibt. Die Väter müssen stärker in die Pflicht genommen werden."

Es gibt Männer, die ihn wegen solcher Sätze als Nestbeschmutzer beschimpfen und die mitleidig lächeln, wenn Wauer sagt, dass Laura "die wichtigste Frau" in seinem Leben ist. Wauer regt sich über solche Reaktionen nicht auf. Er lächelt ganz einfach zurück. Genauso mitleidig.

10.02.2006 Von Melanie Pothmann

Quelle
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Schade, dass auf die besonderen Widrigkeiten (selten KU, bisweilen trotzdem EU, unendliche Gerichtsverfahren, etc.) der AE-Väter nicht eingegangen wurde.

LG Uli

Zitat
Geschrieben : 11.02.2006 13:36
 Uli
(@Uli)

Ich habe im Forum der Westfälischen Rundschau, die diesen Beitrag veröffentlicht hat, einen Thread zum Thema eröffnet:

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Liebe WR-Redaktion,

herzlichen Dank für die Veröffentlichung dieses "exotischen" aber dennoch sehr wichtigen Themas, das inhaltlich gut dargestellt wurde. Leider wurden die Schattenseiten des Daseins allein-erziehender Väter nicht oder kaum beleuchtet. Vermutlich, weil die präsentierte Kasuistik glücklicherweise wenig Schattenseiten hat.

Ich selbst bin auch (wieder verheirateter) "allein"-erziehender Vater und hätte aus leidvoller eigener Erfahrung und aus meiner Väterarbeit im Internet so einiges zu berichten.

Leider ist es keine Selbstverständlichkeit nach einer Trennung als Vater die Kinder zugesprochen zu bekommen. Väter gelten bei Gericht und sicher auch in der Gesellschaft als die schlechteren Mütter. Dies hat zur Folge, dass in den Fällen, in denen Kinder beim Vater leben, oftmals die Lebensumstände der Mutter dies erforderlich machten.
Können allein-erziehende Mütter in aller Regel auf den Bezug von Kindesunterhalt und nachehelichen Unterhalt bauen, so bekommen nur 40% der allein-erziehenden Väter Kindesunterhalt. Nicht wenige - so auch ich - müssen überdies noch Unterhalt an die Mutter zahlen! Hier greifen ganz einfache Mechanismen: eine Mutter, die nicht willens oder in der Lage ist, ihre Kinder zu versorgen, kann nicht ganz gesund sein. Wer nicht ganz gesund ist, kann nicht arbeiten. Wer nicht arbeiten kann ist anspruchsberechtigt.

So finden sich viele Väter plötzlich in eine Unzahl völlig grotesker Gerichtsverfahren verwickelt, die nicht nur den schmalen Geldbeutel zusätzlich belasten, sondern auch die Gesundheit beeinträchtigen und mithin das Kindeswohl gefährden. Bei mir hat es innerhalb der letzten 6 Jahre keinen Zeitpunkt gegeben, an dem ich nicht mindestens ein Gerichtsverfahren hatte. Kosten bis heute: ca. 15.000,- EURO!

Ich freue mich, dass meine Kinder bei mir leben können. Sie sind gerne bei mir und es geht ihnen gut. Ihre schulischen Leistungen sind weit überdurchschnittlich. Was ich mir für allein-erziehende Väter und ihre Kinder wünsche, wäre die gesellschaftliche Normalität in allen Bereichen, so, wie sie auch allein-erziehenden Müttern zuteil wird.

Nochmals vielen Dank für das Thema und
herzliche Grüße
UliPa

AntwortZitat
Geschrieben : 11.02.2006 17:11
 Nico
(@nico)
Schon was gesagt Registriert

Lieber Uli,

auch ich habe den Beitrag bei Böttinger gesehen, habe auch den Beitrag bei Pro7 verfolgt und weiss von einer Reihe solcher aktuell "gemachten" Themen. Ich gebe dir Recht, es ist gut, solche Themen zu besprechen, darüber zu berichten und die Öffentlichkeit wach zu rütteln.
Auch ich bin von der Schwangerschaft an allein erziehende Mutter, mit mehr oder weniger erfolgreichen Versuchen, das Beste draus zu machen 😉
Heute lebe ich in einer glücklichen Beziehung, mein Sohn und mein Lebenspartner verstehen sich prächtig!
Dein Einwand über die Schattenseiten ist berechtigt, aber ich gehe noch einen Schritt weiter: Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass die Presse aus dem Leben der Menschen, über die sie berichten, das zeigen, was medienträchtig ist...die Wahrheit sieht anders aus!!!!
Bei Besuchen in Live-Sendungen ist man noch selber verantwortlich dafür, was man sagt, aber bei einem 10-Stunden-Aufnahmetag werden fünf Minuten Bericht gezeigt. Was am Ende gezeigt wird??!!! Sieht man ja dann!
Ich finde es sehr zweifelhaft, ob solche Beiträge etwas bewirken. Oft wird sich profiliert ("Schau mal, ich bin im Fernsehen. Willst du mit aufs Bild?" um nur ein Beispiel zu nennen)
oder eben nicht das Leben gezeigt, was der Realität entspricht.
Wirklich schade!!! Dass wieder mal in NRW Gelder für Kinderförderung und Jugendarbeit um Millionen gekürzt werden sollen, wurde nicht mal geflüstert, dabei brauchen gerade wir diese Einrichtungen!
Sicher wird es auch darüber Berichte und Diskussionen geben, aber ich habe nicht mehr den Glauben, dass unsere Medien das tun, um was zu bewegen, ausser vielleicht die Einschaltquoten MÖGLICHST WEIT NACH OBEN!!

LG Nico

AntwortZitat
Geschrieben : 02.04.2006 20:43