Wieviel Kampf ist g...
 
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Wieviel Kampf ist gesund?

 
(@eskima)
(Fast) Eigentumsrecht Registriert

Moin,

mir schwebt schon seit Wochen so eine Frage im Kopf rum: willst du Recht haben oder willst du glücklich werden? Parallel dazu bin ich über eine andere Aussage "gestolpert": Gehe keinem Streit aus dem Wege, aber erkenne, wann Du verloren hast!

Nun bin ich auch jemand, der Ungerechtigkeiten nur sehr schwer aushält und immer irgendwie bereit ist für Gerechtigkeit zu kämpfen. Wenn man sich aber mal so umschaut, dann ist Gerechtigkeit oft nicht realistisch. Nicht umsonst heißt es ja auch: Auf hoher See und vor Gericht bist du in Gottes Hand.

Ich gebe zu, dass mir das Verhältnis fehlt, dass ich nicht weiß, wann es sich lohnt zu kämpfen und wann nicht. Ich denke, dass es sich immer dann lohnt, wenn einem eine Ungerechtigkeit auffällt. Aber ist das wirklich so? Wir werden niemals alle Ungerechtigkeiten in Gerechtigkeit verwandeln können, egal ob allgemein oder in unserem jeweils speziellen Fall.

Eigentlich wissen wir auch nur rückblickend, ob sich der Kampf "gelohnt" hat oder nicht. Und ich erinnere mich, wieviel Adrenalin ein gewonnener Kampf freisetzen kann, wenn man vorher all seine Kräfte eingesetzt hat. Ich weiß auch, wie niedergeschlagen man sein kann, wenn ein Kampf verloren ist.

Kampf über Jahre macht krank. Wieviel ist uns unsere Gesundheit wert? Können wir aufhören zu kämpfen, wenn wir uns gesundheitlich angeschlagen fühlen? Lassen wir uns noch die Entscheidung, einen Kampf anzunehmen oder abzulehnen?

Und wie gehe ich damit um, wenn ich erkenne, dass ich einen Kampf verloren habe, stürze ich mich dann in den nächsten Kampf, der mir mehr Erfolgsaussichten verspricht? Ich gebe zu, dass ich mich dabei ertappe. Dabei mag ich den Kampf an sich gar nicht wirklich. Ich mag es aber noch viel weniger, wenn die (in meinen Augen) Ungerechtigkeit siegt.

Ich hätte gern ein wenig mehr Souveränität und Gelassenheit.

Und ihr?

LG

eskima

Urteile nie über einen Menschen, bevor du nicht sieben Meilen in seinen Schuhen gegangen bist - Indianische Lebensweisheit

Zitat
Themenstarter Geschrieben : 08.11.2007 01:37
DeepThought
(@deepthought)
(Fast) Eigentumsrecht Moderator

Moin Eskima,

diese Entscheidung muss jeder für sich selbst treffen unter Beachtung des Gesamten:
- Was steht auf dem Spiel?
- Wie weit liegt es in meinem Einflussbereich?
- Wovon bin ich / ist das mir genehme Ergebnis abhängig?
- Welche Ergebnisse könnten überhaupt erzielt werden?

Der Einsatz um Kinder wird ungleich stärker sein als der um z.B. Versorgungsausgleich. Aber auch hier, je nach persönlicher Belastbarkeit und Zielsetzung. Auch die Summe der Kämpfe macht was aus. Auf der anderen Seite gibt es auch Erfolgserlebnise (wenn auch vielleicht auf anderem Gebiet), die Kraft geben für Anderes.

Die Kämpfe finden zudem auf unterschiedlichen Ebenen statt:
- eigene Themen
- Themen anderer
- übergeordnete Themen
Zugegeben, fremde Themen und übergordnete Themen sind recht dicht beieinander. Ich sehe übergeordnete Themen mehr in Grundätzlichem (Abschaffung JAs als Beispiel). Die Kunst ist es, sich von den Themen anderer und auch von den übergeordneten Themen nicht kaputt machen zu lassen.

Sicher bin ich mir darüber, dass meine Kämpfe mein Leben interessanter machten aber sicherlich auch kürzer. Nur, wäre es anders, hätte ich mich nicht der Aufgabe gestellt? Ich kann den Gegenbeweis nicht erbringen.

Es gibt da so einen Spruch: Jeder bekommt die Last aufgebürdet, die er in der Lage ist zu tragen. Wenig tröstlich, dieses Negativlob.

DeepThought

Der 15. Senat des OLG Celle befindet vatersein.de
in den Verfahren 15 UF 234/06 und 15 UF 235/06
als "professionell anmutend".
Meinen aufrichtigen Dank!

AntwortZitat
Geschrieben : 08.11.2007 10:30
(@diemystiks)
(Fast) Eigentumsrecht Registriert

Hallo Eskima,

ich kann dazu momentan eher von auf und ab berichten.

Ich habe für mich festgestellt, daß sich im Prinzip das Kämpfen gelohnt hat. Ich frage mich aber immer öfter, wo die Grenze ist.

Gelohnt hat es sich, wenn ich die Kinder beobachte. Sie werden stärker, sie haben mit der Zeit für sich, ihrem Alter entspechend ihre eigene Meinung gefunden. Sie lassen sich, natürlich auch ihrem Alter entsprechend, nicht einfach etwas erzählen, sondern fragen nach.

Ich für mich selbst habe  festgestellt, daß die eigene Belastungsgrenze stark gesunken ist. Inzwischen ist es so, daß ich mir dann eine Auszeit gönnen muss. Dinge, die in jedem "Alltag" passieren, sind für mich nicht mehr leicht zu verpacken. Ich brauche länger für Entscheidungen, ich bin mißtrauisch.

Die Frage wie "kämpfen" verändert, stelle ich mir in letzter Zeit auch oft. Während ich meine Veränderung oder die meines LGs eher positiv sehe, sehen es Außenstehende eher nicht so.

Ich scheine inzwischen "knochig", feministisch :rofl2:, abgeklärt, stur, penetrant, sarkastisch und was weiss ich zu wirken. Alles Eigenschaften, die mir so gesagt wurden. Manchmal muss ich innerlich grinsen, manchmal macht es mich nachdenklich.

Es hat mal jemand gesagt:" Es gibt Dinge, die muss man lernen auszuhalten."
Irgendwie scheint etwas Wahres dran zu sein, andererseits stört mich auch das Aushalten.

Es stimmt schon, daß jeder sein Päckchen zu tragen hat. Trotzdem denke ich, sind die Kilos dieser Päckchen ungerecht verteilt.
Dann kommt wieder die Frage auf ob man das Päckchen willenlos tragen soll oder eher kämpfen soll. Ich denke gerade wir hier, kommen am Ende doch zu dem Schluß, daß kämpfen der bessere bzw. akzeptablere Weg ist.

Wichtig ist, glaube ich, daß man sich selbst und seine Gesundheit nicht vergisst. Ein gesundes Ego darf m.E. nicht fehlen.

LG
Tina

Und aus dem Chaos sprach eine Stimme zu mir:"Lächle und sei froh, es könnte schlimmer kommen." Und ich lächelte und war froh und es kam schlimmer.

AntwortZitat
Geschrieben : 08.11.2007 21:59
 Uli
(@Uli)

Liebe Eskima,

die Frage wird individuell sicher ganz verschieden gesehen werden. Ich für meinen Teil denke, dass ein Kampf so lange gesund bleibt, so lange die (gefühlte) Gesamtbilanz für einen selbst positiv ist. D.h. nach einem oder mehreren Rückschlägen muss auch mal ein Erfolg sich abzeichnen. Eine stete Anhäufung von Niederlagen dürfte der Gesundheit sicher nicht zuträglich sein.

Für mich persönlich war der Umstand, meine Kinder zu bekommen und auch das alleinige Sorgerecht zu bekommen sicher ein großer Erfolg, der mir Mut gemacht hat und auch Kraft gegeben hat, die Ungerechtigkeiten meiner Unterhalts- und sonstigen Angelegenheiten aushalten zu können.
Allerdings hat dieser Wahnsinn deutliche Spuren in meiner Gesundheit hinterlassen und, was für mich viel schwerer wiegt, die Gesundheit meiner jetzigen Frau beträchlich heruntergezogen. Wie Du weißt, führte dies zu den Dir bekannten Anachronismen unserer Lebenssituation, die die Absurdität dieses Rechtssystems kaum deutlicher heraustellen können.

Für mich/uns bedeutet dies, dass wir keine gerichtlichen Klärungen mehr herbeiführen werden, denn unsere Kräfte sind fast aufgezehrt und den Rest brauchen wir für uns selber. Gegen an uns herangetragene Konflikte werden wir uns natürlich nicht wehren können und werden diese weiter aushalten müssen.

LG, Uli

AntwortZitat
Geschrieben : 09.11.2007 10:40