Meine Kinder können jedenfalls von sich behaupten, ohne ein einziges Ratgeberbuch aufgewachsen zu sein.
Herzlichen Glückwunsch, lieber Martin!
Dafür kannst du deinem Schöpfer nicht dankbar genug sein. Gesunde Kinder, die auch den Stress einer Scheidung ohne bleibende Schäden "wegstecken" sind eine wahre Gottesgabe. "Machen" können wir als Eltern nicht, dass unsere Kinder gesund geboren werden und gesund bleiben.
Liebe vj,
meine große Ziehtochter mussten wir vorübergehend in eine kinderpsychologische Tagesklinik geben. Das Verhalten ihrer Mutter in den ersten Lebensjahren hatte auch dermaßen "toxisch" auf die Kinderseele gewirkt, dass wir keinen anderen Ausweg mehr gesehen haben.
Die Profis dort haben auch gesagt, dass sie eher die Eltern als die Kinder behandeln müssen. Allerdings gab überhaupt nichts, was uns als Vater bzw. Ziehmutter auf die Verhaltensweisen dieses traumatisierten Kindes vorbereitet hätte. Die professionelle und einfühlsame Begleitung durch die Tagesklinik (und die dadurch tagsüber gegebenen regelmäßigen Auszeiten für den Vater und mich) haben nach knapp einem Jahr Wirkung gezeigt. Sie ist am Ende wirklich gern dahin gegangen. Der Nachteil ist, dass Kinder, die dort behandelt werden, in der Zeit dort auch beschult werden und in der Regelschule fehlen.
Als ihr "Lieblingsfeind" sie nach der Entlassung aus der TK versucht hat zu provozieren: "Die XXX hat 'ne Schraube locker. Die XXX war inner Klappse!!!" hätte ihm das vorher bestenfalls ein paar blaue Flecken und schlimmstenfalls einen Besuch in der Notaufnahme eingetragen. Nach der TK kam darauf ganz souverän: "Ja, als ich dahin ging, hatte ich ne Schraube locker. Meine sind jetzt angezogen. Deine hör ich noch klappern." Sprach's drehte sich auf dem Absatz um und ließ den Lieblingsfeind einfach stehen. Damit hatte sie die Lacher auf ihrer Seite und im wahren Leben erfahren, dass es wirklich sinnvoller ist, mit Worten und (ggf. gespielter) Gelassenheit statt mit Handgreiflichkeiten und Ausrastern auf die Ärgernisse des Alltags zu reagieren. Ich habe bis heute allergrößten Respekt vor der Leistung der Mitarbeiter, die in der Tagesklinik mit solchen Kindern und Jugendlichen arbeiten. Sie haben mir aber auch gesagt, dass sie das nur können, weil sie im Team mit Supervision und im Schichtdienst mit planmäßigen Pausen arbeiten. Und weil es (winke @Brainstormer) nicht die eigenen Kinder sind, mit denen sie arbeiten, sodass sie die notwendige emotionale und professionelle Distanz hatten. Die Kinder und Jugendlichen mit Medikamenten zu behandeln galt dort als ultima ratio - als allerletztes Mittel. Nicht als erster Versuch. Wenn diese schwer und früh geschädigten Kinder nicht rechtzeitig und professionell behandelt werden, landen viele von Ihnen früher oder später auf der Straße oder im Jugendknast. Das ist unserer Großen GsD erspart geblieben.
Die allerbesten Wünsche für deine Familie und dich von :prost: Biggi
Es ist nicht genug, zu wissen, man muß auch anwenden;
es ist nicht genug zu wollen, man muß auch tun.
(J. W. von Goethe)
Mir hat das Kraut mein Hausarzt verschrieben, weil sich meine Eltern beharkten und
ich unter dieser Situation als spätpupertierender gelitten habe. Bei mir hatte es keinerlei
Wirkung gezeigt. Besser ging es mir, als nicht nicht mehr täglich mit der Situation konfrontiert war,
das war, als ich ausgezogen bin.
Selten in der Geschichte hatten so viele so wenigen so viel zu verdanken. (Winston Churchill)
Ich habe auch einen Johanniskrautversuch hinter mir und hätte mir das Zeug auch über die Schulter schmeißen können. Da tat sich über Wochen nix. Vielleicht fehlt mir der Glaube, denn ich halte nicht viel von naturmedizinischem Hokuspokus.
LG LBM
"Mut bedeutet nicht, keine Angst zu haben, sondern es ist die Entscheidung,
dass etwas anderes wichtiger ist als die Angst."
Hallo LBM,
Vielleicht fehlt mir der Glaube, denn ich halte nicht viel von naturmedizinischem Hokuspokus.
Glauben braucht man da eher nicht, denn das Zeug ist tatsächlich wirksam. Allerdings nicht immer in der gewünschten Form. Meiner Mutter wurde von Johanniskraut abgeraten, weil es herzaktiv ist. Schlecht, wenn das Herz eh schon nicht in der Norm zappelt.
Nicht alles, was pflanzlich ist, ist auch wirkungslos (siehe Post von Brille007).
Glauben brauchst Du meiner Meinung nach nur für die Wirksamkeit von Glaubuli. Oder Mittelchen, die mal für ein paar Minuten einen Wirkstoff aus der Ferne gesehen haben und sich dran "erinnern" können.
Liebe Grüße
Frieda
Glaub nicht alles was Du denkst.
Hallo vj,
kaum einer von uns hier hat tatsächlich konkrete Erfahrung mit Deinem Problem.
Für mich wäre entscheidend ob Dein girlie sich im Rahmen des Normalen bewegt, dann brauchst es keine Medikamente, auch kein Johanniskraut, oder aber ob es (so wie es scheint) eben nicht mehr "normal" ist, dann ist eine Vorstellung bei Spezialisten unumgänglich.
Nun kann man eine 14jährige sicher nicht einsacken und zum Arzt schleppen, u.U. müsst ihr eben erst einmal alleine mit kompetenten Ärzten sprechen. (Nicht am Telefon sondern persönlich).
VG Susi
Hi ihr Lieben,
Vielen Dank für die vielen Antworten.
@Brainstormer:
Ratschläge, wie sich wortlos zurückzuziehen, sind zwar nett gemeint, funktionieren aber nicht. Wenn sich der Schalter erstmal umgelegt hat...
Vielen, vielen Dank dafür!
Es tut gut zu lesen, dass auch andere solche absolut surrealen Situationen kennen...
Denn das ist es: da legt sich ein Schalter um, da klinkt irgendeine Sicherung total aus - und zwar aus absolut unwichtigen Gründen und dann ist das Kind für NICHTS mehr zugänglich.
Folgendes haben wir schon herausgefunden:
Schweigen und ignorieren = brüllen und Sachen schmeißen
aus dem Zimmer gehn = festklammern, in den Weg stellen, brüllen, verspotten, Sachen schmeißen
ruhig reden = brüllen, brüllen, brüllen
sich dem Kind nähern = "greif mich nicht an, komm mir nicht zu nahe, ich hasse dich" brüllen, quietschen, kreischen, als ob es verprügelt wird
Also: was bleibt da noch???
Und man weiß nie, wann es wieder losgeht, was der nächste Auslöser ist!
Da ist kein Durchkommen mehr und es gibt absolut NICHTS, was man als Erwachsener tun könnte.
Unser Plan ist nun folgender:
- mit der Hausärztin reden und gegebenenfalls ein Mittel verschreiben lassen, dass die Ausraster hoffentlich mal für einige Zeit verhindert (vielleicht weiß sie ja eine Alternative zu Johanniskraut)
- die mobile Erziehungshilfe vom JA in Anspruch nehmen
- wenn Kiddy zugänglich ist, mit ihr über diverse Therapieformen sprechen (ev. kann das auch die Erziehungshilfe machen, da sie es dann ev. leichter annehmen kann)
- parallel nochmal einen Spezialisten für Jugendpsychiatrie aufsuchen, die Situation schildern und fragen, was man noch machen könnte / sollte
Gegen eine psychische Erkrankung spricht die Tatsache, dass sie solche Ausraster nur zu Hause hat. In der Schule kann sie sich beherrschen und halbwegs normal mit den anderen umgehen.
Die Wurzel liegt definitiv in der persönlichen Vergangenheit und in den Konflikten rund um Eltern, Familie, von der Mutter abgelehnt werden, mit der Stieffamiliensituation nicht klar kommen... Und alle Konflikte aus Schule und Alltag bringt sie dann auch noch dazu mit nach Hause und läßt sie bei uns raus, weil sie weiß, dass wir sie trotzdem lieb haben und weil es unsere Rolle als Eltern ist, das auszuhalten.
Und da sie mit all diesen Dingen nicht umgehen kann, reagiert sie aggressiv, weil das in ihrer Natur liegt.
Die Therapeutin hat früher schon gemeint, dass die Menschen auf zwei Arten auf Überforderung reagieren: mit Rückzug oder mit Angriff.
Kiddy ist dauerhaft vom Alltag und von ihrer Situation überfordert, steht daher unter Druck und die kleinste Kleinigkeit reicht dann, dass die Sicherung rausspringt und sie alles angreift und "beißt", was grade da ist.
Aber all das Wissen hilft uns nicht, das alles auszuhalten.
Es ändert nichts daran, dass ich mit den Kräften am Ende bin und dass mein Mann und ich in diesen Situationen völlig hilflos sind.
Es hilft nicht, die Anfälle auszuschalten oder zu dämpfen und es gibt uns keine Möglichkeit, dem Kind zu helfen.
Sie muss da durch, sie muss lernen mit dem Alltag, mit ihrer Vergangenheit und mit Druck umzugehen und wir müssen es aushalten.
Aber ohne Unterstützung geht das nicht mehr... Und so lange Kiddy nicht bereit ist, wieder in Therapie zu gehen, müssen wir andere Wege finden.
Tagesklinik werde ich selbst hoffentlich bald in Anspruch nehmen, sofern die Genehmigung endlich durchgeht.
lg
vj
Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem. (Röm 12,21)
Hallo vj,
Johanniskraut (-Tabletten) sind rezeptfrei in der Apotheke erhältlich. Laut Packungsbeilage auf pflanzlicher Basis und ohne in irgendeiner Form abhängig zu machen.
Die Wirkung ist beruhigend und nicht stimmungsdämpfend. Aus eigener Erfahrung kann sich sagen, dass eine mittelstarke Dosierung nicht euphorisierend ist. Der beruhigende Effekt ist in Bezug auf Problematik förderlich, um Gedanken zu ordnen.
Welche Wirkung es bei einem 14-jährigen Mädchen hat, kann ich nur vermuten. Grundsätzlich ist es nicht gefährlich, glaube ich.
Johanniskrauttabletten gibt es in abgestuften Stärken.
Danke euch beiden...
lg
vj
Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem. (Röm 12,21)
... schon interessant wie sich manche Mitlieder hier anmaßen die Kompetenz eines Arztes in Zweifel zu ziehen - ohne den Arzt oder auch nur Details des Falles zu kennen.
Das geht dann doch irgendwie über "Meinung zum Thema" hinaus ...
Wie korrekt angemerkt gibt es Johanniskraut RP-Frei in der Apotheke. Wenn der Kinderarzt das Verschreibt koscht es halt nix.
Hi @ all,
Ein kleiner Erfahrungsbericht für alle, die es interessiert:
Kiddy nimmt das Johanniskraut nun seit fast zwei Wochen und sie scheint tatsächlich ausgeglichener zu sein.
Sie kann noch immer richtig sauer werden und auch mal losbrüllen, aber sie beruhigt sich danach viel schneller wieder.
Auch lacht sie generell etwas mehr und ihre Sicht auf die Welt scheint positiver zu sein.
Eine wirklich große Veränderung ist es noch nicht, aber wir sehen schon kleine Verbesserungen im Vergleich zu früher.
Ich bin vorsichtig optimistisch.
Die mobile Erziehungsberatung hätte parallel ab morgen anlaufen sollen aber leider ist die Sachbearbeiterin krank geworden. Wir bekommen dann einen neuen Termin.
lg
vj
Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem. (Röm 12,21)
Moin vj,
sofern Nebenwirkungen halbwegs ausgeschlossen werden können, gilt auch hier der alte Spruch von Paracelsus: "Wer heilt, hat recht". Heisst: Wenn es hilft, ist es vollkommen egal, ob das nun der Wirkstoff oder der Glaube daran war.
Grüssles
Martin
When a mosquito lands on your testicles you realize that there is always a way to solve problems without using violence.
Hi Martin,
Jupjup, das ist wohl wahr. 🙂
Was mir / uns wichtig ist und sich auch in der Vergangenheit als gut herausgestellt hat: nie auf nur einem Bein stehen.
Will heißen: nur mit dem Kraut alleine gäbe es wohl kaum eine Veränderung.
Wir haben ja parallel auch Gespräche mit dem JA geführt, ich selbst hab mit unserem Pastor und Freunden in der Gemeinde gesprochen, wir haben uns Verhaltensratschläge von verschiedenen Seiten geholt und Xe und ich haben gemeinsam immer wieder versucht, uns gegenseitig zu stärken und uns immer zu unterstützen.
Aber das Kräutlein scheint eine gute Wirkung auf Kiddy zu haben (so wie Käsepappeltee auf den Magen :wink:) und unterstützt all unsere anderen Bemühungen somit.
Und es gibt bisher keine erkennbaren negativen Nebenwirkungen.
Daher bewerte ich Johanniskraut für Teenager mit heftigen Stimmungsschwankungen jetzt mal aus meiner Erfahrung heraus als positiv - vielleicht profitiert ja jemand von diesem Bericht. 🙂
lg
vj
Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem. (Röm 12,21)
Hi vj, das klingt doch klasse. Wenn der Nebel sich verzieht bitte dran denken:
Sonnenschutz nicht vergessen. Das Zeug macht die Haut extrem lichtempfindlich.
Gruss Horst