Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
viele Eltern sind - nicht zuletzt durch die Jungendebatten in den Medien - in der Frage verunsichert, wie sie Jungen erziehen, wie sie mit dem Männlichen bei Jungen umgehen sollen. In meiner Arbeit mit Eltern konnte ich hier einen hohen Bedarf an Information und Orientierung feststellen.
Aus dieser Arbeit, meinen Forschungen und Erfahrungen mit Jungen ist ein Buch entstanden, das vor kurzem im Beltz-Verlag erschienen ist: "Jungen - eine Gebrauchsanweisung". Es richtet sich in erster Linie an Mütter und Väter von Jungen und andere nicht-professionell Erziehende.
Eine kurze Information zu diesem Buch habe ich angehängt. Im Internet finden Sie mehr, u.a. eine Leseprobe unter www.beltz.de/de/ratgeber/beltz-ratgeber/titel/jungen-eine-gebrauchsanweisung.html
Ich freue mich, wenn Sie sich für das Buch interessieren - oder Eltern und andere "Betroffene" auf das Buch aufmerksam machen.
Vielen Dank und freundliche Grüße aus Tübingen
Der 15. Senat des OLG Celle befindet vatersein.de
in den Verfahren 15 UF 234/06 und 15 UF 235/06
als "professionell anmutend".
Meinen aufrichtigen Dank!
Hallo zusammen,
so, ich bin gerade mal auf der zweiten oder dritten Seite der Leseprobe angekommen, und kann meine Finger schon nicht mehr still halten:
Seit etwa 20 Jahren nimmt das Interesse an Jungen ständig zu.
Nachdem die Medien das Phänomen der »benachteiligten Jungen«
geschaffen haben, hat sich das Interesse an Jungenthemen noch-
mals verstärkt.
Äh, hab' ich irgendwas verpasst? Wenn unsere gleichgeschalteten Medien von benachteiligten Kindern und Jugendlichen berichten, dann geht es, meinem Empfinden nach, ausschließlich um die armen, benachteiligten Mädchen und jungen Frauen. Für "Jungenthemen" interessiert sich, gelinde gesagt, keine Sau. Um nur ein Beispiel zu nennen: Förderprogramme für Mädels gab und gibt es massenhaft (z.B. für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften); doch obwohl bereits seit zehn Jahren in den Pisa-Studien drinsteht, dass die Lesekompetenz der Jungs gegenüber den Mädels zu wünschen übrig lässt, hat diese Erkenntnis in keinster Weise dazu geführt, dass für Jungs mal ein Förderprogramm in puncto Lesen angesetzt wird ;-(
Öffentliches Interesse an Jungenthemen?!? Keine Ahnung, wie der Autor auf dieses dünne Brett gekommen ist.
Mal gucken, wie der Auszug aus dem Buch weitergeht ...
Viele liebe Grüße,
Malachit.
Wenn ein Staat die Leistungsgerechtigkeit zugunsten der Verteilungsgerechtigkeit aufgibt, dann kommt man bald an den Punkt, wo es mangels Leistung nichts mehr zu verteilen gibt.
Hallo zusammen,
so, ich lese dann mal weiter, und schreibe jeweils mit, was mir dazu auffällt.
Ein wichtiger Hinweis gleich vorweg, der sich m.E. gleich im "Klappentext" in der Ankündigung des Beltz-Verlages finden sollte, und nicht erst versteckt auf Seite 13 im Buch:
In diesem Buch geht es um Jungen hauptsächlich im Alter
von null bis etwa dreizehn Jahren. Danach ist Pubertät angesagt,
und das heißt oft Ablösung, Distanz, Beziehungsveränderung.
Viele Informationen in diesem Buch helfen Ihnen wahrschein-
lich auch über die Pubertät hinweg. An einigen Stellen gehe ich
direkt auf dieses Thema ein, aber im Wesentlichen geht es eher
um das, was vor der Pubertät stattfindet.
Es geht also ausdrücklich um Jungs in der Kindheit und Vorpubertät. Sollte man von Anfang an wissen, wenn man damit liebäugelt, sich dieses Buch anzuschaffen ...
Und gleich noch eine ähnliche Einschränkung, auf Seite 13f:
Dennoch beschränke ich mich in
der Hauptsache auf Jungen in relativ gewöhnlichen Situationen:
Ich beziehe mich auf Jungen mit einer Mutter, einem Vater, auf
Eltern und ihren Sohn. Ich beschreibe eher Verhältnisse in der
Mittelschicht.
Ja, nee, ist klar. Eine Mutter, ein Vater, fertisch. Da macht es sich der Herr Autor aber verdammt einfach, denn ein gewisser Teil der Probleme unserer heutigen Kinder rührt gerade daher, dass die Familienkonstellation häufig eben nicht so klassisch und einfach ist. Die meisten von uns hier können ein Lied davon singen ;-(
Inzwischen bin ich auf Seite 17, und bis hierhin ist alles Geschriebene nur ein Vorwort, d.h. Wortgeplänkel ohne nahrhaften Inhalt. Erst jetzt kommen in dieser Leseprobe die Dinge aus dem inhaltlichen Teil, genauer gesagt aus Kapitel 8. Und da lese ich dann auf Seite 238f so ein verschwurbeltes Zeugs wie dieses hier (die Hervorhebungen sind von mir):
Kompetent sein ist prinzipiell nicht schlecht, nur weil es mit
Männlichkeit verknüpft ist (auch Weiblichkeit ist mit Kompe-
tenzen verbunden). Um Männlichsein zu markieren, wird Kom-
petenz eingesetzt, instrumentalisiert; über Kompetenz wird ein
hierarchisches Verhältnis von »oben« und »unten« hergestellt:
unter Jungen und zwischen Jungen und Mädchen (beide Male
nach dem Prinzip: Ich bin besser/wertvoller/wichtiger usw., weil
ich kompetenter bin). Und das ist weder hilfreich noch bezie-
hungsfördernd.
Nix für ungut, aber für mich ist das einfach nur sinnloses Lila-Pudel-Geschwätz. Etwas zu wissen oder zu können, und dann unverschämterweise auch noch Nutzen daraus ziehen zu wollen, das ist nicht in Ordnung - hingegen ist es das höchste Ziel des Menschen, Everybody's Darling zu sein ("beziehungsfördernd", um es mit den Worten des Autors auszudrücken). Die zugehörige englische Redensart über Everybody's Darling sollte sich allerdings inzwischen herumgesprochen haben ...
Nur am Rande, weil mir dieses Übermaß an "political correctness" jedesmal wieder die Zehennägel aufbiegt: Wenn wir Jungs und Männern denn mal eine positive Eigenschaft wie "Kompetenz" zugestehen, dann darf selbst-ver-ständ-lich der genderkorrekte Hinweis nicht fehlen, dass dies ebenfalls eine weibliche Eigenschaft ist ...
Und weiter. Unten auf Seite 239 setzt er noch eins drauf:
Die Entkoppelung der Kompetenz von Hierarchie trägt zu
einem entspannteren Verhalten bei: Es ist schön, wenn man et-
was weiß oder kann, darauf kann man durchaus stolz sein – aber
man wird dadurch kein besserer Mensch!
Nee. Aber durch wortreiches Herumgelabere, auf über zweihundert Seiten in einem eher überflüssigen Buch - dadurch wird man dann wohl zu einem besseren Menschen, oder hilft dabei, Jungs zu besseren Menschen zu machen?!?
Seite 240 (Hervorhebung wiederum von mir):
In der westlichen, christlich geprägten Welt ist der Blick aufs Pro-
blematische, Inkompetente viel ausgeprägter als der auf Stärken,
auf Gaben und Kompetenzen. Im Westen ist man geschult darin,
auf eigene Fehler und auf die Schwächen anderer zu schauen und
darauf, Kritisches und Negatives wahrzunehmen und zu äußern.
Mit Lob, Wertschätzung und Anerkennung tut man sich schwe-
rer. Gesellschaftlich hat sich dies lange Zeit bewährt. Der defizi-
täre Blick treibt uns an, uns ständig zu verbessern – oder zu kom-
pensieren, etwa, indem wir noch mehr haben oder noch mehr
kaufen wollen. Mittlerweile führt diese Sichtweise allerdings zu
enormen persönlichen, sozialen und globalen Problemen. Sie hat
sich überholt.
Der erste Punkt leuchtet mir unmittelbar ein: Wer satt ist und mit sich selbst zufrieden; wer nichts wagt und nichts tut, um auch ja niemandem weh zu tun - der kommt nicht mehr voran, sondern treibt zurück auf dem Strom des Lebens, und zwar schneller als ihm lieb sein kann. Andersherum formuliert: Wir sind heute da, wo wir sind, weil unsere Vorfahren sich nicht mit dem abgefunden haben, was sie vorfanden, sondern weil sie für sich und ihre Kinder eine bessere Zukunft errichten wollten. Was immer dieses "besser" den jeweiligen Menschen auch bedeutet hat, denn da gab es im Verlauf der Geschichte ja durchaus unterschiedliche Modelle.
Für den zweiten Punkt bleibt der Autor die Begründung schuldig; d.h. die Antwort auf die Frage, warum ausgerechnet das, was sich seit Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden bewährt hat, plötzlich für alle Probleme dieser Welt verantwortlich sein soll. Dies ist eine unbewiesene Mutmaßung, und folglich nur das übliche "piep, piep, piep, wir hab'n uns alle lieb" als Allheilmittel für Probleme jeglicher Art. Und somit, meiner Meinung nach: nichts als dümmliches Gutmenschentum, fernab von jeglicher Realität.
Ansonsten enthält das Buch noch einige Gemeinplätze, auf die Eltern bislang vermutlich noch ü-ber-haupt nicht gekommen sind; wiederum ziemlich verschwurbelt geschrieben, so z.B. auf Seite 243:
Über das Mitteilen Ihrer Kompetenz-Wahrnehmungen lassen
Sie den Jungen Ihren Stolz spüren und den seinen selbst fühlen.
Darin liegt für ihn eine starke Motivation, sich weiterzuentwi-
ckeln. Ermutigen Sie ihn auch darin, seine Kompetenzen zu er-
weitern. »Das eine kannst du schon gut, und das andere schaffst
du auch noch!« Teilen Sie es ihm mit, wenn (und wo) Sie denken,
dass er sein ganzes Potenzial noch nicht entwickelt hat. Zeigen
Sie ihm Wege, wo und wie er sich noch entwickeln kann. Achten
Sie darauf, wo Sie seine Stärken unterstützen können, wo er sei-
ne Stärken noch ausbauen und erweitern kann. Ihr Ansatzpunkt
dabei lautet ganz einfach »Mehr vom Guten!« Dabei geht es nicht
um kalte Leistungsaspekte. Sowohl in der Wahrnehmung wie
auch in der Mitteilung von Kompetenzen sollten Einfühlung
und Mitgefühl eine Rolle spielen.
Nun, Malachits mündlich überliefertes Küchenlatein für Erziehungsfragen kennt schon seit ewigen Zeiten das Mantra: "Wenn mir etwas an seinem Verhalten missfällt, dann sage ich es meinem Jungen; aber wenn mir etwas an ihm gefällt, dann sage ich es ihm gleich doppelt". Vermutlich meint der Meister der vielen Worte in seinen obigen vierzehn (!) Zeilen auch nicht viel mehr als das, was ich für mich selbst intuitiv längst in diesem einen Spruch zusammengefasst habe ...
Fazit: Das ist einfach nur Müll - ein Buch, das ich mir definitiv nicht kaufen werde.
Viele liebe Grüße,
Malachit.
Änderung: Rechtsschreibsfehler 😉 verbessert ...
Wenn ein Staat die Leistungsgerechtigkeit zugunsten der Verteilungsgerechtigkeit aufgibt, dann kommt man bald an den Punkt, wo es mangels Leistung nichts mehr zu verteilen gibt.
Ich finde es wirklich nett von dir, dass du dich da durch quälst, so bleibt den anderen das erspart :thumbup:
Moin,
vielen Dank für deine Sezierung - ich dachte schon, ich denke völlig falsch.
DeepThought
Der 15. Senat des OLG Celle befindet vatersein.de
in den Verfahren 15 UF 234/06 und 15 UF 235/06
als "professionell anmutend".
Meinen aufrichtigen Dank!
Hallo zusammen,
Ich finde es wirklich nett von dir, dass du dich da durch quälst, so bleibt den anderen das erspart :thumbup:
Gern geschehen - das soll allerdings niemanden daran hindern, sich sein eigenes Bild darüber zu machen. Freundlicherweise stellt der Verlag zu diesem Zweck schließlich jene recht ausführliche Leseprobe zur Verfügung, über die ich mich gestern Abend hergemacht habe (es ist aber m.E. eine gute Idee, dabei das ganze Vorgeplänkel zu überspringen oder allenfalls kurz zu überfliegen, und beim Lesen gleich mit Kapitel 8 zu beginnen).
Viele liebe Grüße,
Malachit.
Wenn ein Staat die Leistungsgerechtigkeit zugunsten der Verteilungsgerechtigkeit aufgibt, dann kommt man bald an den Punkt, wo es mangels Leistung nichts mehr zu verteilen gibt.
Moin Malachit,
irgendwie erinnert dieses Lila-Pudel-Geplänkel an die Sponti-Sprüche aus den 70ern: Treffen sich zwei Alternativ-Bewegte. Fragt der eine "Kannste mir sagen, wie ich zum Bahnhof komme?" - "Nö, Du, leider nicht - aber es ist gut, dass wir darüber gesprochen haben..."
Grüssles
Martin
When a mosquito lands on your testicles you realize that there is always a way to solve problems without using violence.
OK, damit hat sich mein Eindruck bestätigt, den ich die ersten paar Seiten schon hatte, den Rest hab ich nur quer gelesen und ständig den Kopf geschüttelt. :puzz: Ab in die Tonne mit dem Mist. :crash:
Liebe Grüße, das Schwarzwaldmädel