... Das Bundesverfassungsgericht klopft psychologischen Gutachtern auf die Finger. Damit stärkt es Eltern den Rücken, denen das Jugendamt ohne Not ein Kind wegnehmen will. Ein Fall statuiert ein Exempel.
Wie schon die tageszeitung berichtet auch die Frankfurter Allgemeine über das aktuelle höchstrichterliche Urteil zu Sorgerecht und Gutachten.
Moin
Gruss oldie
Wenige sind das, was sie vorgeben zu sein.
Und wenn ich es mir recht überlege - niemand.
Danke für den Link zum Urteilstext, Oldie.
Die Lektüre des Urteils zeigt, dass es sich in der Tat um eine heftige Rüge für die untergeordneten Gerichte (das OLG Hamm und das AG Paderborn) handelt. Das Urteil hat Gewicht, nicht zuletzt auch weil der Vizepräsident des Bundeverfassungsgerichts, Ferdinand Kirchhof, beteiligt war, und weil es in einer Reihe mit mehreren aktuellen Urteilen steht (schreibt die Frankfurter Allgemeine). Hoffentlich wirkt es entsprechend wegweisend.
Zum einen hinsichtlich des Umgangs der Gerichte bzw. der Sachverständigen mit Elternteilen, die aus einer anderen Kultur stammen. Diesen sollte nach diesem Urteil nicht mehr so leicht unterstellt werden können, sie verfügten schon wegen dieser Herkunft über eine mangelnde Erziehungseignung. Es gab hier im Forum mindestens einen konkreten Fall, den des Users "Albanien", dem das im Verfahren nach seinem Bericht ebenfalls pauschal unterstellt worden sein soll.
Zum anderen ist zu hoffen, dass das Urteil auch allgemein die Anforderungen an gutachterliche und richterliche Sorgfalt erhöht. Gutachtern sollte es jetzt schwerer fallen, die Erziehungseignung an selbst aufgestellten Idealmaßstäben zu messen, die praktisch jeder Elternteil verfehlen wird bzw. Defizite an den Haaren herbeizuziehen, wie in diesem Fall offensichtlich geschehen.
Der Kern des Urteils sind die folgenden Sätze, welche "die von Art. 6 Abs. 2 und Abs. 3 GG geschützte primäre Erziehungszuständigkeit der Eltern" gegen den Eingriff des Staates stärken, gerade auch im Lichte der bisherigen Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts (auf die wird im Originaltext jeweils in den Klammern verwiesen, ich habe es hier rausgelassen).
"Die Eltern können grundsätzlich frei von staatlichen Eingriffen nach eigenen Vorstellungen darüber entscheiden, wie sie die Pflege und Erziehung ihrer Kinder gestalten und damit ihrer Elternverantwortung gerecht werden wollen [...]. Die primäre Erziehungszuständigkeit beruht auf der Erwägung, dass die Interessen des Kindes in aller Regel am besten von seinen Eltern wahrgenommen werden [...] und die spezifisch elterliche Zuwendung dem Wohl der Kinder grundsätzlich am besten dient [...]. Daher müssen die Eltern ihre Erziehungsfähigkeit nicht positiv „unter Beweis stellen“; vielmehr setzt eine Trennung von Eltern und Kind umgekehrt voraus, dass ein das Kind gravierend schädigendes Erziehungsversagen mit hinreichender Gewissheit feststeht. Außerdem folgt aus der primären Erziehungszuständigkeit der Eltern in der Sache, dass der Staat seine eigenen Vorstellungen von einer gelungenen Kindererziehung grundsätzlich nicht an die Stelle der elterlichen Vorstellungen setzen darf [...]. Daher kann es keine Kindeswohlgefährdung begründen, wenn die Haltung oder Lebensführung der Eltern von einem bestimmten, von Dritten für sinnvoll gehaltenen Lebensmodell abweicht und nicht die aus Sicht des Staates bestmögliche Entwicklung des Kindes unterstützt."
Gruss
Tarek