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Wechselmodell in der WELT

 
(@diskurso)
Registriert

Hallo,

Man lese folgenden Artikel zum Wechselmodell:
http://www.welt.de/politik/deutschland/article137004186/Wie-Pendelkinder-am-50-50-Modell-leiden.html

Als kompetente Sachverständige werden ausgerechnet Herr Joseph Salzgeber (Chef-GWG-Gutachter) und Frau Kerima Kostka (die für den VAMV Vorträge gegen das gemeinsame Sorgerecht hielt) zitiert.

Wer diese feministische Propaganda dort (auch als Gast) kommentieren möchte ...

Zitat
Themenstarter Geschrieben : 02.02.2015 19:12
(@biggi62)
Nicht wegzudenken Registriert

Danke für den Link, Diskurso,

hier bringt der von dir so geschmähte Psychologe Joseph Salzgerber die Sache klar und deutlich auf den Punkt, finde ich:

Die fairste Lösung, findet Salzgeber, sei eigentlich das Nestmodell. Da müssten die Eltern den Stress aushalten, zwischen zwei Wohnungen zu pendeln – nicht die Kinder. "Aber die meisten Eltern muten es den Kindern zu."

Und das ist wohl auch nicht von der Hand zu weisen:

Wer einmal eine Distanzbeziehung geführt habe, wisse, wie anstrengend es sei zu pendeln.

Allerdings habe ich exakt dieselben organisatorischen Probleme wie derzeit beim WM bereits in einer intakten Beziehung mit 2 berufstätigen Eltern mit Tagesmutter, Großeltern und Ganztags-KiTa erlebt:

Dass sie das Nachbarsmädchen, ihre beste Freundin, nicht erst in einer Woche wiedersehen will, wo sie doch gerade eine Zirkusaufführung proben. Dass sie es ätzend findet, abends bei Papa festzustellen, dass ihr Lieblingskleid bei Mama ist. Dass sie sich nicht traut, das zu sagen, da sie doch beide lieb hat und behalten will.

Klar ist Pendeln anstrengend.
Kinderbetreuung in zwei oder mehr Haushalten sowieso.
Für die beteiligten Erwachsenen und für die Kinder erst recht.

Klar ist es entspannter für Kinder, in nur einem Haushalt mit Alleinverdiener/in und Hausmann/-frau (ohne Tagesmutter, Großeltern, Nachbarn, Babysitter, Ganztags-KiTa etc.) aufzuwachsen.
Für Erwachsene, die sich genau dieses traditionell arbeitsteilige Lebensmodell ausgesucht haben und es bis zum Auszug der Kinder durchhalten, ist es wahrscheinlich auch deutlich nervenschonender.

Aber das ist mpMn nicht der Knackpunkt, an dem Kinder wie das im Welt-Artikel beschrieben Mädchen leiden, sondern das hier:

Dass sie sich nicht traut, das zu sagen ...

Wenn Kinder über die Widrigkeiten ihres jeweiligen Alltags mit ihren allerengsten Bezugspersonen nicht sprechen können, weil sie glauben, die Eltern (großeltern, Pflegeeltern ...) schonen zu müssen, dann nehmen Kinder Schaden. Sei es weil Eltern krank sind, arm oder geschieden oder alles auf einmal. Schwere Erkrankungen, Todesfälle in der Familie (und sei es nur ein geliebtes Haustier), Naturkatastrophen, Kriege und Hungernöte sind auch kein Spaß für Kinder - falls sie es überhaupt überleben.

Gleichwohl können Kinder sogar sehr viel schlimmere Erfahrungen als die Trennung der eigenen Eltern relativ unbeschadet verkraften, wenn sie erkennen und benennen dürfen, was für sie schlimm ist und wenn sie Anteilnahme und Fürsorge spüren.

Für viele organisatorische Probleme gibt es pragmatische Lösungen, solange die beteiligten Erwachsenen nicht nur die Zeitblöcke des Umgangs minutengenau aufteilen, sondern wirklich die Verantwortung für das Wohlbefinden des Kindes gemeinsam zu tragen bereit sind. 

Ich finde den Bericht traurig, weil er zeigt, wie sehr Kinder leiden, wenn sie von den Erwachsenen, die für sie verantwortlich sind, nicht "gesehen" werden.

Exakt dieselben Symptome (nur schlimmer) wie die im Artikel beschriebene Achtjährige hatte meine Tochter (20) als 11-Jährige, als sie in einer schrecklichen Klassengemeinschaft mit einer völlig unempathischen Lehrerin "gefangen" war. Mit Hilfe des Schulpsychologen und der Schulleitung konnten wir Eltern das Elend ein wenig lindern. Reale Besserung im Schulalltag gab es erst mit einem Wechsel des Klassenlehrers. Die Symptome gingen aber schon zurück, als das Kind sich mit seinem Kummer "gesehen" fühlte und spürte, dass wir als Eltern und auch die Eltern der Mitschüler sowie die Schulleitung die Misere wahrgenommen haben.

Als gewiefte Eltern einer erwachsenen (Stief-)Tochter hatten mein geschiedener Mann und ich die Symptomatik "unpassende Lehrerin" bei unserem kleinen Sohn viel früher "auf dem Schirm" als bei der Großen vor 9 Jahren. Seit den Herbstferien 2014 besucht der Kleine eine andere Klasse an derselben Schule und blüht regelrecht auf. Wir hätten natürlich auch das WM in Frage stellen können ... oder den Wohnort ... oder den Freundeskreis ... oder die Ernährung ... oder ... oder ... oder ...

Es gibt viele Möglichkeiten, weshalb Kinder Kummer haben können.

Eine Scheidung mit allen finanziellen und emotionalen "Kollateralschäden" ist sicher keine "Bereicherung" des Kinderalltags. Ebenso wenig wie Autounfälle, schwere Krankheiten, Wohnungsbrände, der Tod des Familienhundes oder der Wegzug des allerbesten Freundes.

Aber ich glaube schon, dass das WM zur "Schadensbegrenzung" taugt, wenn es verantwortlich von den beteiligten Erwachsenen gelebt wird. Gleichgültigkeit für die Bedürfnisse und Sorgen der Kinder ist weder in einem noch in zwei oder mehr Haushalten im Sinne des Kindeswohls.

Mein Ex und ich sind uns sicher, dass unsere Kinder uns zeigen und sagen können, wenn sie leiden - in einem oder in 2 Haushalten.

Die Wahrheit ist:
Nicht alle Kinder finden den weltbesten Klassenlehrer.
Nicht alle Kinder wachsen mit 2 leiblichen Elternteilen auf.
Nicht alle Kinder sind gesund bis ins hohe Alter.
Nicht alle Kinder haben ein geräumiges Zuhause, genug Kleidung und Spielzeug sowie drei gesunde Mahlzeiten am Tag.
Nicht alle Kinder leben in einer harmonischen Nachbarschaft mit großen Gärten, mit Zugang zur Natur und zu Tieren.
Nicht alle Kinder erfahren zuhause die Förderung und Anregung, die optimal wäre um ihr volles Potential ausschöpfen zu können.

Das WM als solches ist bestimmt nicht belastender als die Fahrt in überfüllten Schulbussen, der Aufenthalt in baufälligen Schulgebäuden, das Wohnen in beengten Verhältnissen, die Einschränkungen durch materielle Armut oder der Tod der Großmutter.

Gleichwohl können Kinder auch unter suboptimalen Bedingungen einigermaßen unbeschadet heranwachsen, wenn sie sich sicher sein können, mit ihren Freuden und Nöten von ihren wichtigsten Bezugspersonen gehört und gesehen zu werden. Schade, dass der studierte Herr sich so vehement auf äußere Umstände festlegt und so wenig auf die Qualität der Eltern-Kind-Beziehung.

Kinder, die zu der Überzeugung gelangen, ihre Eltern "schonen" zu müssen, und die deshalb nicht zeigen können, wie sich fühlen, nehmen immer Schaden. Auch in einem traditionell arbeitsteiligen Haushalt mit ihren beiden Eltern und nur Vollgeschwistern. 

LG 🙂 Biggi (die gleich nochmal losfährt, um ein Paar Handschuhe zu tauschen, damit morgen niemand friert  😡 und die im Moment genau weiß, was mit der Formulierung "unglücklich mit der Pendelei"  :exclam: gemeint ist)

Es ist nicht genug, zu wissen, man muß auch anwenden;
es ist nicht genug zu wollen, man muß auch tun.
(J. W. von Goethe)

AntwortZitat
Geschrieben : 02.02.2015 21:07
(@diskurso)
Registriert

Hallo,

der von dir so geschmähte Psychologe Joseph Salzgerber

Nö, nicht von mir so geschmäht, sondern der Name ist vielen Trennungsvätern hinlänglich bekannt:
http://www.welt.de/welt_print/article2056490/Warum-bayerische-Richter-immer-wieder-denselben-Gutachter-bestellten.html

Wenn der Rest als Befürwortung des WM zu verstehen sein soll, freut mich das natürlich.

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Themenstarter Geschrieben : 02.02.2015 23:14
(@oldie)
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Moin

Was mir an diesem Artikel sauer aufstößt ist der Umstand, dass am Beispiel Hannah deren Problem auf 170.000 Kinder übertragen wird - pauschal. Es wird verschwiegen oder herunter gespielt, dass auch Kinder in "glücklichen" Familien ähnliche Probleme haben (können). Ebenso wird suggestiv behauptet, dass "Pädagogen und Juristen" (grundsätzlich) vom WM abraten. Wieviele von denen raten denn ab, oder gibt es gar Befürworter unter denen? Der Artikel erweckt diesen Anschein jedenfalls nicht. Und was haben diese beiden Berufsgruppen gemeinsam, daß man sie bei der Beurteilung der Problematik in einem Atemzug erwähnt? Wo ist die thematische Schnittmenge?

In der Politik würde man das Propaganda nennen mit an den Haaren herbei gezogenen "Agrumenten".

Gruss oldie

PS: Wenn Hannah sich nicht traut zu sagen, dass ihr die Pendelei auf die Nerven geht (und diese überhaupt das Hauptproblem sein soll), dann sehe ich in ihrem Fall ganze andere Defizite.

Wenige sind das, was sie vorgeben zu sein.
Und wenn ich es mir recht überlege - niemand.

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Geschrieben : 03.02.2015 11:07
(@united)
(Fast) Eigentumsrecht Registriert

Moin,

mir stößt es sauer auf, daß hier kritisiert wird, ohne mit der "echten" Alternative zu vergleichen (das Nestmodell hört sich zwar nett an, ist aber kaum praktikabel).

Pendeln findet auch im "normalen" Umgangsmodell statt.

Gruß
United

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Geschrieben : 03.02.2015 11:15
(@bester-papa)
Registriert

mir stößt es sauer auf, daß hier kritisiert wird, ohne mit der "echten" Alternative zu vergleichen (das Nestmodell hört sich zwar nett an, ist aber kaum praktikabel).

Sehe ich auch so. Die Dame von der Welt hat die Grundsätze des Journalismus nicht bedacht, auch die andere Seite zu Wort kommen zu lassen. Insofern ist das billige Meinungsmache. Guter Journalismus sieht anders aus.

Vor allem das hier:

Alarmierend ist, dass es kaum Untersuchungen gibt, die die Auswirkungen auf die Kinder zeigen, die über Jahre pendeln

Da frage ich mich: Was soll dieser Artikel???

Das Problem an dem sogenannten Qualitätsjournalismus ist doch, dass immer mehr Verlage Journalisten auf die Strasse setzen und die Übriggebliebenen Themen übernehmen müssen, von denen sie eigentlich keine Ahnung haben. Man schaue sich nur die Laufbahn der Journalistin an:

Studium der Regionalwissenschaften Lateinamerika
Politikredakteurin Außen- und Innenpolitik

Was soll denn da rauskommen???

VG

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Geschrieben : 03.02.2015 11:44
(@susi64)
(Fast) Eigentumsrecht Registriert

Hallo,

klar ist ein Wechselmodell auch mit Nachteilen behaftet, aber wenn es vernüftig organisiert ist spricht nichts dagegen.
Das Kind braucht natürlich jeweils ein Kinderzimmer, praktisch doppelt Kleidung und um den Transport der Schulsachen und deren Vollständigkeit müssen sich auch die Eltern kümmern.
Schwierig wird es wenn beide Wohnungen zu weit auseinander liegen, insbesondere bei Schulkindern, die ja mit ihren Freunden zusammen sein wollen.
Es geht natürlich nicht, dass die gesamte Verantwortung für das Pendeln auf das Kind abgeschoben wird. Jede Woche zu wechseln scheint zwar das Übliche zu sein, aber vielleicht ist es bei größeren Kindern auch sinnvoll nur alle 14 Tage zu wechseln, dann gibt es wenigstens ein Wochenende ohne wechseln.

Alle anderen Probleme liegen eher in der Trennung der Eltern selbst. Mir tut das Mädchen schon leid, dass zwar 2 Eltern aber eben keine Familie wie ihre Halbgeschwister hat, das ist aber kein Problem des Wechselmodells.

Ansonsten meckern die Deutschen einfach gerne, in anderen Ländern funktioniert es doch auch.

VG Susi

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Geschrieben : 03.02.2015 11:46
(@totohh)
(Fast) Eigentumsrecht Registriert

mir stößt es sauer auf, daß hier kritisiert wird, ohne mit der "echten" Alternative zu vergleichen (das Nestmodell hört sich zwar nett an, ist aber kaum praktikabel).

Exakt - Nestmodell ist das beste, weil beide Eltern erhalten bleiben, aber keine Pendelei für die Kinder stattfindet. [wobei ein Mehrwert aus neuen Patchwork-Konstellationen grundweg  ausgeblendet wird]. Aber Nestmodell wird fast nie praktikabel sein.

WM ist schlecht, weil trotz dem gleichberechtigten Erhalt beider ET das Kind pendeln muss.

Deshalb lieber ein ET zum UET degradieren (am Besten noch ohne GSR) und dennoch alle 2 WE pendeln...  :puzz: :knockout: :knockout:

sorry - ist doch ganz klar, was der Artikel bezwecken soll....

Einzig richtig bleibt: nicht in jeder Situation passt ein WM pauschal. Aber jede andere Alternative (inkl eines Zusammenlebens der ET) auch nicht

Toto

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Geschrieben : 03.02.2015 18:28
(@st0rm)
Rege dabei Registriert

Deshalb lieber ein ET zum UET degradieren (am Besten noch ohne GSR) und dennoch alle 2 WE pendeln...  :puzz: :knockout: :knockout:

Selbstverständlich, denn die gute Frau Kostka hat schließlich die Weisheit mit Löffeln gefressen.

Bereits im Jahr 2006 wusste sie zu vermelden, dass sich:

nicht nachweisen [lässt], dass sich die Lebensrealität von Müttern, Vätern – und Kindern – nach Trennung und Scheidung durch die Kindschaftsrechtsreform und das gemeinsame Sorgerecht signifikant verändert hätte.

Welch Geistes Kind Frau Doktor also ist und welche Intention sie mit ihrer "Forschung" verfolgt, möge sich jeder selbst ausmalen.

--
Storm

When nothing goes right - go left!

AntwortZitat
Geschrieben : 03.02.2015 22:33
(@oldie)
(Fast) Eigentumsrecht Registriert

Moin

Welch Geistes Kind Frau Doktor also ist und welche Intention sie mit ihrer "Forschung" verfolgt, möge sich jeder selbst ausmalen.

Also bitte. Ich für meinen Teil habe andere Freizeitmöglichkeiten. Mag das jeder selbst für sich beurteilen. 😉

Gruss oldie

Wenige sind das, was sie vorgeben zu sein.
Und wenn ich es mir recht überlege - niemand.

AntwortZitat
Geschrieben : 03.02.2015 23:56