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Die SPD verdient an der Riester-Rente

 
DeepThought
(@deepthought)
(Fast) Eigentumsrecht Moderator

Jaja, so ist das in Deutschland. Ich möchte jetzt keine Parteienhetze betreiben, sondern lediglich den Horizont erweitern


Über ihre Werbefirma verkauft sie Vorsorge-Produkte - Mögliche Kollision mit dem Parteiengesetz

von Guido Heinen

Berlin/Hamburg - Der Kanzler und Parteivorsitzende Gerhard Schröder war sichtlich gut gelaunt, als er im November 2001 am Rande des Nürnberger SPD-Parteitags am Werbestand der Victoria-Versicherung vorbeischaute. Lachend unterhielt er sich mit einem leitenden Manager aus der Hamburger Generaldirektion. Beide konnten sich über ein besonderes Geschäft freuen: Denn seit Juli 2001 ist die SPD über eine Tochterfirma auch als Versicherungsmaklerin tätig - exklusiv für SPD-Mitglieder vertreibt die Image Ident GmbH die Riester-Rente. Eine geniale Geschäftsidee: Eine Regierungspartei kassiert für die von ihr initiierte Rentenreform Provisionen.

Der brisante Kooperationsvertrag zwischen der SPD und dem Versicherungskonzern Victoria kam, bereits wenige Wochen nachdem man sich im Vermittlungsausschuss auf die gesetzlichen Grundlagen des neuen Produkts geeinigt hatte, zu Stande. Diesen Vertrag bestätigt die Versicherung auf Anfrage. "Für uns ist dies eine ideale Kooperation: Wir als wichtiger Anbieter der Förderrente kooperieren mit dem Quasi-Erfinder der Rente, der SPD", so ein Unternehmenssprecher.

"Unmittelbar nach Verabschiedung der Rentenreform haben wir unser neu entwickeltes Produkt für die Altersvorsorge vorgestellt, die FörderRente", schreibt die Victoria in ihrem Geschäftsbericht für 2001. Bald schon verhandelten beide Partner intensiv, Vertragsentwürfe gingen hin und her. Dann war der Vertragstext, der der WELT vorliegt, fertig: Die SPD-Firma vermittelt die "FörderRente" exklusiv an die rund 670 000 Parteimitglieder. Was diese nicht wissen: Es fließt ein Prozent Provision. Und die Partei kassiert mit. "Dies gilt für alle bis zum Jahr 2008 eingeführten vier Stufen der ,Riester-Rente"." Sogar Verträge, die nicht direkt von Image Ident vermittelt werden, spülen Geld in die Kasse der parteieigenen GmbH: So sieht Paragraf 5,2 des Vertrages vor, dass auch andere Verträge, denen "der Rabatt des SPD-Produkts zu Grunde liegt", Provisionen an die Image Ident auslösen. Dann erhält der fleißige Außendienstler das Geld für die erste und zweite Stufe der Riester-Rente. Das Geld für die dritte und vierte Stufe geht an Image Ident. Die Firma mit Sitz in Hamburg ist eine 100-prozentige Tochter der SPD-eigenen Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft (DDVG). Der Vertrag läuft drei Jahre, bis Ende Juni 2004.

Bemerkenswert sind die Zahlungsmodalitäten. Denn die Partei-Firma erhielt die gesamte Vertragssumme kurz nach Vertragsabschluss, im Oktober 2001.

Eine Million Mark "Werbekostenzuschuss" wurden auf das Konto Nr. 1836624700 bei der SEB-Bank Hamburg eingezahlt und intern aufgeteilt. 100 000 Mark galten als "verlorener Zuschuss". Bis zu 900 000 Mark können "mit zu zahlenden Provisionen aus der Vermittlung der FörderRente verrechnet werden". Diese müssen, darauf legt die Victoria Wert, von der Image Ident auch tatsächlich erbracht werden. Als Gegenleistung legte Image Ident Links auf ihre Homepage, nahm das Produkt in ein Mitglieder-"Scheckheft" auf, leitet Anrufe weiter und sandte allen SPD-Mitgliedern Werbeflyer ins Haus, zuletzt zusammen mit der Beitrags- und Spendenbescheinigung für 2003.

Eingefädelt wurde das lukrative Geschäft unter Generalsekretär Franz Müntefering. Das Organisationsgenie war auf dem Nürnberger Parteitag gerade mit 80,8 Prozent der Stimmen im Amt des Generalsekretärs bestätigt worden, als die SPD ihren Start als Versicherungsmakler feierte. In Münteferings Amtszeit war die 1998 gegründete Image Ident, die zum millionenschweren Unternehmensbereich der Partei gehört, wachgeküsst worden. Müntefering saß als SPD-Generalsekretär auch im Treuhandaufsichtsrat, der für den Parteivorstand die Parteiunternehmen im Auge hat.

Image Ident hat seine Geschäfte stark ausweiten können. War man zuvor mit dem Vertrieb von T-Shirts und Kugelschreibern befasst, gelangen 2001 mehrere Kooperationen im Rahmen der Mitgliedervermarktung "SPD-Card". Unter dem Motto "Da steckt viel Gutes drin" vertreibt Image Ident derzeit über 60 Produkte an Parteigenossen - vom Neuwagen bis zum Stromvertrag, von der Türkei-Reise bis zu Kinokarten.

Dabei sind die Angebote nicht immer problemlos: Wegen der Werbung für eine Luxemburger Lottospielgemeinschaft kam die Partei im Dezember ins Gerede. Wolfgang Thierse prüft seitdem die Provisionszahlungen kritisch vor dem Hintergrund des Parteiengesetzes. Und auf dem letzten Parteitag forderten gleich drei Anträge der Basis eine kritische Überprüfung der Image-Ident-Geschäftspraxis. Einer wurde in den Parteivorstand überwiesen, der hat das heiße Thema noch nicht abschließend behandelt.

In dem bunten Warenhaus fallen einige Firmen besonders ins Auge: So werden Reisen von Öger-Tours angeboten - Firmenchef Vural Öger war im vergangenen Jahr, für die Parteibasis überraschend, auf einen prominenten Platz der Liste zur Europawahl platziert worden. Und gleich drei Töchter der 2001 noch mehrheitlich staatseigenen Deutschen Telekom bekommen bis heute Kunden von der SPD-Firma zugeführt: Für T-Online vertreiben die Genossen Internet-Anschlüsse, für T-Com Computer und für T-Mobile Handys mit Verträgen.

Auffallend an beiden Angeboten: Die Flugzeuge von Öger-Tours haben schon vor Monaten die Abflughäfen verlassen, die Reisetermine sind längst verfallen. Und die Telekom-Angebote sind zum Teil veraltet, zeitweise wurden auf der Image-Ident-Homepage Kleincomputer angeboten, die schon nicht mehr hergestellt wurden. "Da handelt es sich wohl eher um Sponsoring", entfährt es denn auch einem hochrangigen Telekom-Mitarbeiter, der den Flohmarkt kopfschüttelnd anschaut. Basis der Telekom-Kooperation ist im Übrigen, wie die Deutsche Telekom mitteilt, eine Vereinbarung, die direkt mit dem Parteivorstand der SPD abgeschlossen worden ist.

Dabei könnten diese umfangreichen Marketingaktivitäten der SPD-Firma auch parteienrechtliche Konsequenzen haben. Denn Image Ident gibt als Geschäftszweck auch die Entwicklung von "Werbe- und Kampagnenprodukten insbesondere zusammen mit dem SPD-Parteivorstand" an. 249 Werbeartikel mit SPD-Logo haben die Genossen derzeit im Angebot: von Gummibärchen über Schirmmützen bis zu Willy-Brandt-Postern ist alles zu haben, was eine Kampa so braucht. Sogar ein roter Schal, wie ihn Franz Müntefering gern trägt, ist im Angebot - für 12,80 Euro.

Ob die Kalkulation dieser Parteiwerbematerialien durch die üppigen Einnahmen im Fremdmarketing beeinflusst wurde? Wird hier Parteienwerbung durch großzügige Werbegelder quersubventioniert? Die DDVG war trotz mehrmaliger Anfragen zu keiner Stellungnahme zu dem Vorgang bereit.

Der renommierte Bilanzrechtler Karlheinz Küting von der Universität Saarbrücken, der sich seit Jahren auch mit Parteienfinanzierung befasst, ist der Meinung, dass "das Handeln der Image Ident wirtschaftlich voll und ganz der Konzernmutter SPD zugerechnet werden muss. Die Partei bestimmt über ihre Tochter DDVG, was die Enkelin Image Ident macht." Die Rechenschaftsberichte der Parteien blieben "Stückwerk", so Küting, "bis nicht aus der Sicht der Konzernspitze ein umfassender Konzernabschluss erstellt wird - vorher gibt es in der Parteienfinanzierung keine Transparenz."

Quelle: >Die Welt< vom 08.03.2004


DeepThought

Der 15. Senat des OLG Celle befindet vatersein.de
in den Verfahren 15 UF 234/06 und 15 UF 235/06
als "professionell anmutend".
Meinen aufrichtigen Dank!

Zitat
Themenstarter Geschrieben : 07.11.2004 23:33