Liebe Foris,
ich würde hier gern eine Dikussionsrunde eröffnen. Es geht um die Entwicklung in der Politik und wie jeder für sich seinen Lebensstard sieht.
Anlass geben mir Gespräche, die ich immer mal wieder führe. Klar ist, daß momentan große Unzufriedenheit herrscht.
Ich bin nach manchen Gesprächen aber sehr verdutzt.
Da gibt es auf der einen Seite die Menschen, die versuchen den Monat zu überstehen. Hier liegt das Augenmerk hauptsächlich darin, sein Budget so aufzuteilen, daß der Kühlschrank voll ist, daß die Kinder nicht ganz hinten anstehen müssen, daß man zweckmäßig eingekleidet ist und am Ende Gläubiger zufrieden gestellt werden können.
Hiezu zähle ich mich/uns selbst.
Ich frage mich nach manchen Politrunden im TV wo ich einsparen könnte. Mir fallen dann höchstens noch die Zigaretten ein und die Flasche Wein, die wir ab und zu mal trinken.
Da gbt es ein altes Mobilheim, daß wir in Holland haben. Gut, daß könnte man abgeben. Wir würden kein Geld mehr dafür bekommen. Die Jahrespacht beläuft sich auf einen Betrag, den andere für 14 Tage im Süden bezahlen.
Sind wir bereit darauf zu verzichten? Nein! 3 Wochen im Sommer dort heißt wesentlich weniger Geld ausgeben als 3 Wochen zu Hause, dazu kommen viele Wochenenden zum Entspannen . Dieses jahr waren es nicht ganz so viele, was an den Spritpreisen lag.
Klingt seltsam wird aber jedes Jahr aufs Neue bestätigt.
Auf der anderen Seite höre ich in Gesprächen immer wieder Unzufriedenheit in Bezug auf Urlaub und Luxusartikel heraus.
Hier fahren die Menschen 1-2 Mal im Jahr in Urlaub. Wenn der erste Urlaub vorbei ist, ist das Konto überzogen und die Nörgelei geht los, weil der 2. Urlaub in Gefahr ist.
Hier wird bemängelt, daß statt 5 Paar Schuhe nur noch 2 Paar Schuhe gekauft werden und dass das Kind nun eine Diesel-Jeans hat und nicht 2.
Ich war seit ca. 5 Jahren nicht mehr in unserer Innenstadt. Wenn man sich dort das Treiben nämlich ansieht und nemen wir mal an, man weiß überhaupt nichts von der Situation in Deutschland/Europa, könnte man meinen es gibt gar nichts zu meckern.
Die Stadt ist voll, Menschen mit vollen Einkaufstaschen wuseln umher, in jedem Reisebüro sitzt Kundschaft.
Nur durch die Obdachlosen am Straßenrand und die geschlossenen Geschäfte oder Gastronomiebetriebe könnte man erahnen, daß etwas "nicht stimmt".
Ich stelle mir nun die Frage, wie es uns eigentlich geht.
Klar hat sich jeder seinen Lebensstandard aufgebaut und jeder ist sich selbst wohl der Nächste.
Für mich gibt es aber schon den großen Unterschied ob ich genügend Geld habe um zu überleben oder ob ich evtl. einen Urlaub ins Wasser fallen lassen muss.
Wo ist nun bei euch die Schmerzgrenze? Wie definiert ihr für euch persönlich euren Lebenstandard?
Ich glaube diese Definitionen sind breit gefächert.
Bin gespannt was ihr schreibt.
Gruß
Tina
Und aus dem Chaos sprach eine Stimme zu mir:"Lächle und sei froh, es könnte schlimmer kommen." Und ich lächelte und war froh und es kam schlimmer.
Hallo DieMystiks,
ein sehr schweres Thema und dem Grund nach auch ein seltsames. Vielen in meinem Bekanntenkreis geht es nicht gut, sie haben weniger und müssen mit Summen auskommen, die einen manchmal wirklcih die Frage aufkommen lässt, warum sie noch arbeiten.
Betrachtet man z.B. das Statistische Bundesamt, dann hat der durchschnitts Bundesbürger ein monatliches Einkommen von Netto: 2.400,00 Euro! So, nun einmal die saloppe Frage, wer hat soviel Geld zur Verfügung bzw. wer sackt die Differenz zu meinem Einkommen ein?
Hier in Hamburg sind die Bilder wesentlich differenzierter. Es kommt darauf an, zu welcher Zeit und welches Einkaufzentrum man gewählt hat, um möglichst viele Menschen mit vollen Tüten zu sehen.
Zudem ist es auch so, dass wenn Du die Zeit zum Einkaufen hast, dann haben sehr wahrscheinlich auch die meisten anderen diese Zeit und dadurch suggestiert sich Dir der Eindruck, das es viele sind. Gehst Du aber Wochentags, zur gleichen Zeit, dann wird es nur noch ein Bruchteil sein.
Ich beschränke meinen Urlaub auf Deutschland, aus verschiedenen Gründen! Anderen ist es wichtig, weiter weg zu fahren/fliegen. Die Masse wird weniger, und durch diese fallen auch die Preise, und ein Mallorcaurlauber (oder anderer Ort) gibt bald weniger aus, als wenn eine vierköpfige Famile in den Hagensbeck Tierpark in Hamburg fährt.
Ich denke das es den meisten schlechter geht! Einige versuchen noch den Schein zu wahren!
Gruß
Kasper
Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge zu ertragen, die ich nicht Ändern kann, den Mut, Dinge zu Ändern, die ich Ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Hallo Kasper,
ich denke auch, daß einige noch versuchen den Schein zu wahren.
Ich kenne viele, die trotzdem "dicke" Autos fahren, auf den Urlaub in den Süden nicht verzichten und auch aufs Shoppen nicht. Wundern sich aber dann, was die beiden Einkaufstaschen mit Lebensmiteln kosten. :knockout:
Finanziert wird das oft aber über den Dispo oder es wird der Kredit aufgestockt.
Eben halt: Mein Haus, mein Pferd, mein Auto, mein Anlageberater"
Sicher kommt es auch drauf an, wo ich das shoppende Treiben beobachte.
Da wo das Geld steckt oder augenscheinlich steckt, kann ich mir keinen Gürtel kaufen 🙂
Ich meinte auch nicht unbedingt die Lebensmittel, obwohl man hier auch deutlich sparen kann.
Ich meinte eher das Shoppen als Freizeitbeschäftigung oder den um den Schein zu wahren.
Der Stadtteil indem ich arbeite wird überwiegend von relativ gutbetuchten Bürgern bewohnt.
Trotzdem stelle ich auch hier fest ( ich arbeite in einer Arztpraxis), daß hier das Geld nicht mehr so locker sitzt.
Nicht wenige Patientin überlegen sich dreimal ob sie ihre Behandlungskosten tragen, nachdem vieles aus dem Leistungskatalog der Kassen gestrichen wurde.
Das geht hin bis zu Wutausbrüchen und Tränen.
Wenn dann aber z.B. bei einer Terminvergabe eben solch ein Patient passen muss, weil an diesem Tag gerade sein Flieger in Urlaub ( nach irgendwohin) geht, muss ich mir schon so manches Mal das Kopfschütteln verkneifen.
Ich glaube ich habe momentan einfach die Nase gestrichen voll. Täglich im Beruf beschimpft, beleidigt zu werden,nach Hause zu fahren und mich zu fragen ob ich den Briefkastenschlüssel lieber wegwerfe.
Ich kann einfach das Setzen der Maßstäbe bei vielen nicht mehr nachvollziehen.
Man selbst versucht so viel wie möglich einzusparen und kommt trotzdem auf keinen grünen Zweig.
Mich nervt halt auch ständig diese Erklärungsnot meinem Kind gegenüber. Ich kann ihm nicht mehr erklären, warum wir zu zweit arbeiten gehen und uns lange nicht das erlauben können, was uns die Kids meines LGs z.B. 14tägig auftischen.
Sätze wie" meine Mutter fährt mich täglich zur Schule, die brauch ja nicht arbeiten und hat ein Auto" lässt mich da stehen und schlucken.
Es muss mal endlich nach Einzelfällen geschaut werden. Es kann doch nicht sein, daß der Staat spart ohne mal nachzuschauen, wie es im Einzelfall aussieht. Es werden doch immer die gleichen Menschen gemolken.
Ich frage mich übrigens auch, warum ich noch arbeite.
Die Antwort ist eigentlich relativ einfach für mich. Ich habe mich in die "falsche" ( nicht gefühlsmäßig) Lebenssituation begeben.
Wäre ich echt-alleinerziehend geblieben, hätte ich nicht auf TU verzichtet, obwohl mein Ex genügend Schulden übernommen hat und wäre ich nicht so blöde gewesen schon 23 Jahre zu arbeiten, könnte ich mir heute auch den Hintern platt sitzen.
Hm..ich bin wohl selbst schuld...welche Erkenntnis.
Selbst wenn ich nächstes Jahr arbeitslos werden sollte, ist hier zu Hause ein geschiedener Vater, der für Ex und Kinder Unterhalt zahlt. Ist doch bravo, daß er dann auch noch mit in meine Berechnung fließt.
Irgendwas läuft doch in die total falsche Richtung und ich hab selbst keine Idee mehr, wie man ändern könnte, auch politisch.
Habt ihr eine??
Lg
Tina
Und aus dem Chaos sprach eine Stimme zu mir:"Lächle und sei froh, es könnte schlimmer kommen." Und ich lächelte und war froh und es kam schlimmer.
Hallo Myth,
ich musste bei dieser Frage ein wenig an mein letztes Jahr denken.
Ich hatte während der Ehe einen sehr guten Lebensstandard. Meine Frau konnte zu Hause bleiben und auf den Kurzen aufpassen. Unsere Freizeit nutzten wir für shopping, mit Freunden rausgehen, neue Autos...
Dann bin ich nach Frankreich und der ganze Trubel um die Scheidung fing an. Zudem entstanden auf einmal Kosten, die mich schwindelig machten. Umgang, 2 Wohnungen, ...
Also entschloss ich mich Brutal einzusparen. Keinen Fernseher, Auto habe ich erst wieder seit kurzem, noch immer keine neuen Klamotten gekauft, sogar am Essen habe ich gespart.
Eins wollte ich nämlich nicht vermissen. Meinen Kurzen. Zu dem bin ich nun jede 2. Woche, wenn ich denn darf.
So. Ich bin also nett gefallen und unten angekommen. Und es geht mir besser dabei. Ich habe nämlich gemerkt, dass ich den ganzen Unsinn nicht brauche.
Ich habe z.B. einen Palm Top. den habe ich seit einem Jahr nicht mehr benutzt. Und mir ist aufgefallen, dass man da mehr Zeit 'reinsteckt', als man 'rausbekommt'. Also weg damit. Weg mit den ganzen Statussymbolen, dem ganzen Tand.
Gestern hatte ich z.B. Besuch von meinen Kollegen. Ich hatte gekocht. Gegessen hatten wir vom Geschirr, das aus der Aussteuer meiner Eltern stammt (mit Goldrand, übrigens 🙂 ) und mit Plastikbesteck, da ich nicht genug aus Metall habe. Den Sekt haben wir aus den Ikea Trinkbeckern getrunken. Den tisch habe ich für 10 Euro von der Diakonie gekauft.
Und hat irgendwas gefehlt? Ich glaube nicht. Es wurde ein schöner Abend und wir saßen nett zusammen. Sowas ist mir jetzt wichtig.
Ich will und kann mich nicht beschweren. Ich glaube, es hängt von Deinem Inneren ab, ob es Dir gut geht. Weil hungern oder frieren mussten wir alle, Gott sei Dank, nicht. Unsere Grosseltern könnten uns da was anderes erzählen.
So und ich erfreu mich jetzt an der Einfachheit des Seins und mache weiter an meinem Schrank, den ich gerade renoviere.
Den habe ich gefunden, als ich einem Freund beim Unzug half. Toller Küchenschrank aus massivem Holz. Hat ein wenig was von Bauhaus. Leider sind da ein paar schichten Farbe drauf, und die müssen runter. Danach kommt er dann in meine Küche. Dann ist es 'mein' Schrank und ich kann zufrieden mit mir sein.
Gruss,
Michael
Es läuft einiges Quer: gesellschaftlich und auch politisch!
Ich will mich nicht beklagen! Ich lebe mit meiner Frau zusammen und sehe meine Kinder jeden Tag, muss für niemanden Unterhalt zahlen. Also hebe ich mich ein wenig von Euch ab. Ich habe ein ausreichendes Einkommen ... allerdings wenn ich bedenke, wass alles "nicht'" mehr gezahlt wird und mit welchen Abstrichen ich in der Zukunft zu rechnen habe, und dann höre, für was ich alles Vorsorge treffen soll und dann meine Abzüge sehe, dann weiss ich auch manchmal nicht mehr weiter!
Was ist noch wichtig und was nicht nicht!
Ich mache keine Abstriche bei meinen Kindern .. nur wie lange halte ich das durch?
Meinen Fernseher habe ich noch, aber eigentlich nur für die Kinder! Vielleicht ist es eine previligierte Erfahrung, dass es noch was wichtigeres als ein Singledasein gibt. Ich bringe einen 10 Stunden Tag hintermir und dann sind in der Woche noch immerhin zwei Stunden für meine Kinder über, plus die Wochenenden und Urlaube. Da wird der Fernsehr (und auch einige andere Dinge) zur Nebensache.
Liebe Myth,
auch wenn es einem den Hals hochsteigt und man kämpfen muss, so werden die mit Kindern den längeren Atem haben, auf ein erfüllteres Leben zurückblicken können und auch im Alter noch eine sinnvolle Beschäftigung haben und nicht im Altersheim auf das Ende warten ...
Wir leben in einer Zeit der Veränderung ... und diese Veränderung beginnt jetzt .... und viele die sich zur Zeit noch sehr Sicher und erhaben fühlen werden in einiger Zeit über Ihren eigenen Scherbenhaufen brüten und sich die Frage stellen, "wei es nur dazu kommen konnte"!
liebe grüße und noch einen schönen Abend
Olli
Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge zu ertragen, die ich nicht Ändern kann, den Mut, Dinge zu Ändern, die ich Ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Hallo Michael, hallo Olli,
nachdem ich heute mal so richtig hier Frust abgelassen habe, am Telefon mit meiner Freundin diskutiert habe und nun sich auch noch mein LG nach der Arbeit meinen Lebensfrust anhören musste, kann ich wieder klarer denken 😉
Ich muss nun aber glaube ich doch noch einmal betonen, daß mir nicht die Statussymbole fehlen.
Die hatte ich während meiner Kindheit nicht( hatte trotzdem eine schöne), die hatte ich während meiner Ehe nicht ( von dieser war die meiste Zeit auch schön). Darum fehlen die mir auch nicht.
Ich bin wohl momentan etwas müde, ständig den Berg hoch zu klettern und auf halber Strecke wieder herunter zu rutschen.
Es geht also eher um das Kämpfen gegen die Windmühlen.
Ich bin glücklich in meiner/unserer Beziehung, unser Hauptaugenmerk liegt auf den Kindern. Ihnen die wahren Dinge des Lebens mit auf den Weg geben zu können.
Es ist nicht so, daß hier 2 resignierte Personen sitzen und sich im Frust suhlen.
Eher ist das Gegenteil. Oft sagen wir uns, wie gut wir es eigentlich haben, daß wir uns haben, daß wir so tolle Menschen kennen, daß wir an den Kindern sehen, daß wir auf dem richtigen Weg sind.
Wir fragen uns auch, wie du Olli, wie lange schafft man es noch keine Abstriche bei den Kindern zu machen.
Abstriche haben wir zwar schon immer gemacht, aber konnten wir das mit viel Idee und Spaß irgendwie hinbiegen.
Der Wunsch, einfach mal die Weihnachtswünsche erfüllen zu können ist trotzdem da.
Michael hat sicher recht, daß der größte Teil von uns noch nicht hungern musste. Es gibt Generationen die anderes erlebt haben.
Soweit weg ist ein Teil von uns aber gar nicht davon.
Ich kenne meinen Ex, der gehungert hat ( ok, durch seine Suchtkrankheit selbst verschuldet) und ich habe mir selbst einiges einfallen lassen müssen um meinem Kind als Säugling die richtige Nahrung zukommen zu lassen.
Diese Zeiten ( für mich und meinen Sohn) sind vorbei. Ich kann wie du Michael, mit Freude alte Klamotten aufpeppen und aus "wenig" ein schönes Abendessen zaubern.
So gesehen geht es uns noch gut. Ich bin auch keine Person, die den Kopf in den Sand steckt. Ein Gedanke an meinen Sohn und die Gedanken an unsere Beziehung hier und auch an die beiden Kids meines LGs, lassen Resignation nicht zu.
Es läuft etwas quer. Es ist aber glaube ich solch ein großer Sumpf, daß das entwirren sehr schwer wird.
Du hast recht Olli, ich glaube die meisten hier können später einen Sinn in ihrer Vergangenheit finden.
Politisch scheitert es wohl daran, daß sich nicht die Mühe gemacht wird, wie es in den einzelnen Haushalten aussieht.
Die Zahlen kommen von den Arbeitsagenturen, Sozialämtern. Auch vom Amt für Statistik.
Ist es denn nicht aber so, daß viele Schicksale gar nicht registriert sind, weil sie eben Monat für Monat krabsen?
Ich kenne ja nicht nur unsere Ex, die besser lebt als wir. Ich kenne das ganz altersgemischt querbeet.
Ich frage mich dann warum werden unsere Zahlen ( also die von Leuten, wie sie hier schreiben) nicht mal verglichen?
Wir können unsere Schulden abstottern, unsere Miete bezahlen, Strom und auch Jugendherberge und Schulbücher.
Aber wie sieht es denn mit unserer Lebensqualität aus?
In den medizinischen Gutachen heißt es immer so schön " die Teilnahme am Leben in der Gesellschaft ist stark eingeschränkt ( oder nicht möglich)"
Was ist mit unserer Teilnahme am Leben der Gesellschaft???
Wir können auch nicht ins Kino, in die Oper, auf Konzerte oder sonst wohin. Wir bekommen trotzdem die GEZ nicht bezahlt und auch nicht Parken oder die öffentlichen
Verkehrmittel.
Ganz banale Dinge müssen überdacht werden. Diese fallen aber immer unter den Tisch.
So jetzt noch eine Danke an euch für den regen Austausch...tut nämlich ganz schön gut 🙂
LG
Tina
Und aus dem Chaos sprach eine Stimme zu mir:"Lächle und sei froh, es könnte schlimmer kommen." Und ich lächelte und war froh und es kam schlimmer.
Ich denke mal, dass in D schon noch auf ziemlich hohem Niveau gejammert wird. Dass ein Urlaub ausfällt, ja meine Güte - in anderen Ländern sind die Menschen froh wenn sie täglich eine Schale Reis haben.
Aber im Ernst. Mir fällt hauptsächlich die große Nehmerqualität auf, die viele Menschen an den Tag legen und die du ja auch wieder beschreibst.
Der Stadtteil indem ich arbeite wird überwiegend von relativ gutbetuchten Bürgern bewohnt.
Trotzdem stelle ich auch hier fest ( ich arbeite in einer Arztpraxis), daß hier das Geld nicht mehr so locker sitzt.
Nicht wenige Patientin überlegen sich dreimal ob sie ihre Behandlungskosten tragen, nachdem vieles aus dem Leistungskatalog der Kassen gestrichen wurde.
Das geht hin bis zu Wutausbrüchen und Tränen.
Klar, dass sie flennen, wenn ihnen dadurch der Urlaub gefährdet wird. Sie sind es seit dem Wirtschaftswunder (sofern sie schon so alt sind) oder seit Geburt gewohnt, dass die Allgemeinheit, die Solidargemeinschaft für derlei Kosten aufkommt, damit sie eben genau das Leben führen können, das sie gewohnt sind.
Anders natürlich bei den wirklich betroffenen. Z.B. meine Mutter. Sie ist 74 Jahre alt und hat Probleme mit ihren Zähnen. Laut Zahnarzt könnte man den ein oder anderen Zahn durchaus noch reparieren. Das übernimmt die Kasse aber nicht. In dem Alter lohnt das nicht mehr. :note: Ab 70 ist vorbei mit reparieren, dann gibts nur noch ein Gebiss mit Zuzahlung. Oder den Rentnern, die mit einer Rente vor sich hin vegetieren, die nicht mal die 10 € Praxisgebühr zulässt. Das erlebe ich in MEINEM Job immer öfter.
Ich beobachte seit Jahren, dass die Spanne zwischen arm und reich immer grösser wird. Es sind die sogenannten Mittelständler die immer mehr durchs Raster fallen. Je mehr Kinder, umso schlimmer - fast logischerweise. Ich kenne Menschen, die bewusst keine oder nur ein Kind in die Welt setzen, da sie diese Problematik rechtzeitig erkannt haben. Aber ist das die Lösung der Probleme? Damit werden wird langsam aber sicher aussterben. Und das kann es ja wohl auch nicht sein.
Zu deiner Frage: mein Lebensstandard dürfte in den vergangenen 20 Jahren einer Fieberkurve einer unbekannten Krankheit gleichen 😉 . Von null auf hundert, wieder zurück, dazwischen mal bei 50 eingependelt, wieder zurück auf null und nun bei sagen wir mal bequemen 45 angelangt.
Lebensstandard definiert jeder für sich selbst, wie du sagst. Mein Lebensstandard hat momentan DIE Qualität (dank der immer wieder großzügigen Zuschüsse unserer Mütter):
Wir kaufen hauptsächlich bei Aldi oder Lidl Lebensmittel. Hin und wieder - so einmal im Quartal ist mal lecker Wurst vom Metzger drin. Kleidung für den Zwerg bekomme ich von einer guten Freundin, Kleidung für die Mädchen hin und wieder von einer anderen Freundin, das meiste müssen wir selbst kaufen, da sie schon so ganz und gar ihren eigenen Geschmack haben. Diesel ist nicht drin und auch andere Marken nicht. Und wenn, dann gibt es EINE Hose und dann ist keine zum Wechseln da.
Kleidung für uns - eher hin und wieder, eher selten. So manchmal packts mich und ich denke, dass mal eine neue Hose sein müsste. Der Großteil meiner Hosen ist allerdings ca. 15 Jahre alt und ich muss mir von meiner Tochter anhören, wie unmodern ich rumlaufe.
Aber mal im Ernst - ist es das, was das Leben ausmacht? Nach der neuesten Mode und möglichst auch noch den "Inmarken" gekleidet sein?
Mir ist wichtig, dass wir ein Dach über dem Kopf haben, es in den vier Wänden warm ist und der Kühlschrank so gefüllt ist, dass ich nicht Angst haben muss am nächsten Tag Hunger leiden zu müssen. Ob die Füllung aus Marmelade oder Kaviar besteht ist mir so breit wie lang. Hin und wieder Kaviar wäre schön, muss aber nicht sein. Wichtiger ist, dass wir eine Familie sind, zusammen halten und uns lieben.
Ein Endlosthema, das du da angerissen hast und ich könnte Romane darüber schreiben. Aber jetzt will ich erst mal noch andere Meinungen lesen, die da hoffentlich kommen 😉
Gruß AJA
Es tut mir vom Herzen leid ... aber die Antwort hast Du Dir selber gegeben...
Wir können unsere Schulden abstottern, unsere Miete bezahlen, Strom und auch Jugendherberge und Schulbücher.
Aber wie sieht es denn mit unserer Lebensqualität aus?
Die Qualität interessiert keinen ... und es geht ebend irgendwie!
Ahc ja, AJA, welche Marken man trägt, interessiert langsam auch keinen mehr ... davon habe ich mich schon vor Jahren verabschieded.
Gruß´
Kasper
Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge zu ertragen, die ich nicht Ändern kann, den Mut, Dinge zu Ändern, die ich Ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Hallo Tina,
ich bin mit jedem fortschreitenden Jahr immer "bescheidener" in meinen Wünschen geworden. Ich bin froh, wenn ich ab dem 20. nicht mehr rechnen muss, ob ich noch genug Geld für Essen und Windeln habe und ich weiß, dass der Tank voll genug ist, um die 70km bis zur Arbeit zu bewältigen.
Männe und ich haben BEIDE Teil an dem Luxus, arbeiten zu dürfen. Er für 40h als Kundenbetreuer, ich als Beamtin zur Ausbildung im Finanzwesen, ebenfalls 40h. Mal abgesehen davon, dass diese Ausbildung für mich eine riesige Chance ist, war sie auch bitter nötig, weil mein Mann Unterhalt für seine Große zahlen muss, aber mit seinem Gehalt und zuständig für mich, meinen Sohn und die Große ein Mangelfall ist. Ist er selbst ohne mich immer noch....
Aber zum Thema Leben: Wir haben den Luxus eines eigenen Heims, das aber nicht abbezahlt ist. Mein Mann hatte es damals von seinen Eltern gekauft, was zum Teil ein Fehler war, denn in diesem Haus sind zwei Mietwohnungen. Ha, man mag nun denken, dass da ja Geld reinkommt. Aber das ist ein Trugschluss, denn alle Investitionen, die sein MÜSSEN, fressen die Mieteinnahme auf. Zu allem Überfluss zahlt der eine Mieter seit drei Monaten nicht mehr und es läuft die Räumungsklage. Dann kam auch noch der Wasserverband auf die Idee, dass es Zeit wird, unser Haus an die öffentliche Wasserentsorgung anzuschließen, was bisher der mobile Entsorgungsdienst tut. Ist ja nett, nur kostet uns diese Zwangsmaßnahme gut 5000 Euro. :knockout: Wie oft haben wir schon überlegt, das Haus zu verkaufen, aber es macht kein Sinn, weil wir das, was drinnen steckt nicht rauskriegen würden und in der heutigen Zeit kaum einer so ein Haus kaufen würde. Also lieber brav Kredit weiterzahlen und Gürtel enger schnallen.
So habe ich zwar den Luxus eines Hauses aber immer die Angst im Nacken, was kommt als nächstes.
So als Familie betrachtet, habe ich meine eigenen Bedürfnisse arg zurückgeschraubt. Klamotten, Shoppen, etc. das gibts selten, Kino, Kultur und Co sind abgeschafft. Ab und an mal ne Liefer-Pizza, das macht mich schon froh 😉
Wo ich nicht sparen möchte, ist bei meinem Kind. Wenn er Schuhe braucht, kriegt er welche, auch wenn dafür dann eben der billigste Kaffee gekauft wird und es statt Fleisch am WE nur Eierkuchen gibt. Ich liebe das Strahlen in seinen Augen, wenn er eine Kleinigkeit bekommt und dafür spare ich lieber am anderen Ende. Nicht dauernd, aber immer wieder mal wieder.
Andererseits muss ich sagen, gefällt mir auch diese Meckermentalität nicht. Ich habe selbst Leute in der Familie, die ständig jammern, wie schlecht es ihnen geht, obwohl sie wie Du beschreibst 2 Vollverdiener sind, mit schicker kleiner Mietwohnung, schickem Auto und wenn man nach ihnen fragt, sind sie ständig im Urlaub.
Urlaub? Das letzte Mal 1998, bzw. mal am Wochenende bei Freunden, aber Malediven sind auch bei uns Fehlanzeige. Dafür hab ich eben Planschbecken im Garten und kann eben den Grill anschmeißen (wenn ich mir das Obendrauf leisten kann...)
Was ich gelernt habe ist, dass der wahre Luxus in der Zeit liegt, die man miteinander qualitativ hochwertig verbringt. Dafür muss es nicht Movie World sein, das geht auch zu Hause. Ein Spaziergang mit Händchenhalten und einem Stopp an der Eisdiele ist mir mehr Wert als der Shoppingtrip nach Milano.
Ein Spieleabend mit Freunden, bei dem man mal nen Wein trinkt (gibt ja auch billige Leckere) und Tränen lacht ist mir lieber, als ne 100 Euro Lord-of-the-Dance Karte.
So bescheuert es klingen mag: Wie gut es einem geht, wenn man gesund ist, weiß man immer erst, wenn man krank ist.
Und wie gut es einem geht, selbst wenn das Konto in den Miesen ist und der dämliche Mieter sein Geld lieber versäuft, statt seine Miete zu zahlen, das ist mir trotzdem bewußt.
Ich habe einen tollen Mann, ein süßes Kind, ein warmes Zuhause, genug zu Essen im Kühlschrank und wir haben beide Arbeit und sind alle drei ziemlich gesund. DAS ist mein Luxus.
Ich brauche bloß Bilder von der Tsunamikatastrophe sehen oder von hungernden Kindern in der dritten Welt oder mißhandelten Kindern, geschlagenen Frauen, etc.pp., da ist mir dann bewußt, wie "lächerlich" die Diskussion um 18 oder 19% Märchensteuer ist. Dass es jetzt 16 statt 15% sind, danach kräht ja auch kein Hahn mehr.
Es geht immer irgendwie weiter. Und das Leben ist ja auch viel zu kurz, um ständig über die Dinge zu jammern, die eben nicht perfekt sind.
Ich weiß, dass es meiner Familie im Vergleich zu anderen wirklich gut geht. Aber ich kenne auch die Zeiten, wo man alle Pfandflaschen zusammengesammelt hat und diese dann bei Aldi gegen Billigbaguettes und ne Leberwurst getauscht hat, um abends satt zu werden.
LG Lausebackesmama
"Mut bedeutet nicht, keine Angst zu haben, sondern es ist die Entscheidung,
dass etwas anderes wichtiger ist als die Angst."
Hallo zusammen,
wir leben wohl von der Einstellung her alle ähnlich.
Beim Lesen stellte ich mir gerade die Frage, ob man denn erst mal auf der Kurve, die Aja beschrieben hat, bei Null angekommen sein muss.
Das Positive was wir immer wieder heraus ziehen, sind die Werte, die uns sooo wichtig geworden sind von denen ihr auch schreibt.
Aja du hast vollkommen Recht. Ich empfinde es auch in D ziemlich extrem. Wahrscheinlich werden gerade hier die Unterschiede ganz krass auf der Straße gelebt.
Fahre ich nur ca. 50 km weiter in eine Stadt im Ruhpott, finden doch ganz andere Gespräche statt.
Ich denke wie Kasper, daß die Lebensqualität niemanden "von oben" interessiert. Es ist ja auch richtig, daß das wohl im Moment nicht im Vordergrund geht.
Ich finde es nun aber schon interessant, daß wir hier die Lebensqualität auf unsere Art definieren. Ok, wir sind ein haufen Menschen, die sich hier treffen und mehr oder weniger aus den gleichen Beweggründen.
Manchmal möchte ich aber eben jemanden, der auf "höherem Niveau" jammert mal vor den Kopf stoßen.
Ich hatte erst vor ein paar Tagen eine solche Diskussion mit meinem Chef. Der schien völlig irritiert als er meine Meinung hörte. Auf den Satz " das wusste ich so nicht" antwortete ich erst einmal nur " leider wissen das viele nicht".
Positiv empfinde ich eure Beiträge, weil die Kinder im Vordergrund stehen und das wir nicht die materiellen Dinge als Maßstab für das Glücklichsein nehmen.
Ich würde nur gerne so manch andere mal wachrütteln.
LG und danke für eure Beiträge ( vielleicht kommen ja noch mehr?)
Tina
Und aus dem Chaos sprach eine Stimme zu mir:"Lächle und sei froh, es könnte schlimmer kommen." Und ich lächelte und war froh und es kam schlimmer.
Tja, hmmm...
irgendwie geht's scheinbar immer?!? Und letztlich bevorzugt die Evolution die Anpassungsfähigen - Darwin hatte wohl doch Recht.
Die Erwachsenen stellen sich vor ihre Kinder; das ist im Tierreich nicht anders. Auch dort wird sich mit den Gegebenheiten arrangiert und wenn die Futter- und Wasserquellen versiegt sind, zieht die Karawane/das Rudel weiter.
Nur eines hat die Tierwelt nicht mit den Menschen gemeinsam: Neid und Egoismus.
Diese Triebfedern bescheren dem Planeten eine große Ungemach. Und bei allem Respekt für diejenigen, die für ihre Kindern auf die Erfüllung eigener Bedürfnisse verzichten - es ist ein Blendwerk, eine sehr kurze Sicht. Wir alle werden unsere Kinder in eine mehr und mehr zerstörte Welt entlassen. Selbst wenn wir heute für uns neue Werte entdecken, so bewahrt es nicht unsere Kinder vor deren Zukunft auf diesem Planeten. Eine Zukunft, die wir alle bestimmt haben, aber nicht einschätzen können.
Und es ist, zum. für mich, Ziel der aufoktroierten Unsicherheiten, den Menschen abzulenken von den wirklich wichtiges Dingen, ihn zu beschäftigen mit dem täglichen Überleben und so davon abzuhalten, sich kritisch mit seiner Lebensumgebung auseinanderzusetzen und über Besserungsmöglichkeiten nachzudenken.
Verantwortungsvolles Handeln hört nicht am Kühlschrank oder an der Haustür auf.
DeepThought
Der 15. Senat des OLG Celle befindet vatersein.de
in den Verfahren 15 UF 234/06 und 15 UF 235/06
als "professionell anmutend".
Meinen aufrichtigen Dank!
Hallo Deep,
von dieser Seite her habe ich es noch gar nicht betrachtet.
Da ja nun eine große Anzahl der Menschen ums Überleben bemüht ist, würde die Theorie mit dem Ablenkungsmannöver schon einen Sinn ergeben.
Tja der Egoismus...ich kann nicht abstreiten, daß ich einen anderen Egoismus entwickelt habe.
Ich kann diesen jetzt nicht genau beschreiben (würde wahrscheinlich einen weiteren Roman geben). Ich merke aber, daß ich mich verändert habe. Für mich persönlich bin ich damit weitergekommen. Von meinem Umfeld werde ich eher als "krass" beschrieben oder wie meine Mutter neulich sagte " du bist oft so schrecklich abgeklärt". Oder Sätze wie" Was machst du eigentlich in diesem Forum? Habt ihr nicht eigene Probleme" sind auch nicht selten. Diese kommen nicht mehr von meinen Eltern, die wissen nun was wir hier machen 😉 aber doch von Menschen, von denen ich solche Sprüche nicht erwartet habe. Ein Kopfschütteln macht mich dann ganz kirre und auf Nachfragen, ob etwas nicht stimmt...." nönö...musst du ja selber wissen"
Ich habe mich dahin entwickelt, wenn auch sehr langsam, daß ich eben nicht an der Wohnungstür aufhöre zu denken oder versuche einzulenken . Ich selbst denke, es reicht noch nicht, andere sagen mir, du mischst dich zu sehr ein.
Klar stecke ich/ stecken wir zurück wenn es um die Wünsche der Kinder geht. Hier fängt es auch beim Kühlschrank wieder an.
Beispiel:
Ich war heute morgen mit Sohnemann einkaufen. Kurzfristig hat er sich entschlossen bei einem Freund zu übernachten. OK, das Essen zu dritt ist nicht. Wir haben uns auf ein gemütlichen Essen gefreut. Haben uns die Nudeln in den Topf geknallt, ne fleischige Soße dazu, feddisch.
Brokkoli, Kartoffeln gibt es eben morgen, Dies hatte Sohenamnn sich heute gewünscht.
Aber genau hier ist auch mein Problem.
Wie weit können wir uns vor die Kinder stellen, so daß es noch gesund ist?
Ich ertappe mich manchmal dabei, wie ich meinem Sohn genau die Sätze sage, die ich von meinen Eltern nie hören wollte . Ich meine z.B. was die Leistungen in der Schule angehen.
Wie finden wir den Mittelweg unsere Kinder auf die Welt vorzubereiten? So daß sie nicht geblendet sind vom Beschützerinstinkt und auf der anderen Seite keine "Schwarzseher" werden.
Zum Neid kann ich nicht viel sagen.........ich muß manchmal lachen wenn mir Neid entgegengebracht wird. Eben von solchen, die sich das Materielle leisten aber stumm stundenlang als Paar in der Kneipe sitzen und sich nichts zu erzählen haben.
Dann bin ich froh, daß wir nicht so leben . Auf die Frage was wir uns alles zu erzählen haben, bis nachts um 5.00 ( am Wochenende), kann ich dann nur grinsen oder halt Romane erzählen...worauf dann wieder Kopfschütteln kommt.
Trotzdem kann ich nicht abstreiten, daß mal ein nettes Essen außerhalb, zu zweit in einem Lokal verdammt schön wäre.
LG
Tina
Und aus dem Chaos sprach eine Stimme zu mir:"Lächle und sei froh, es könnte schlimmer kommen." Und ich lächelte und war froh und es kam schlimmer.
Moin ihrs,
Wo ist nun bei euch die Schmerzgrenze? Wie definiert ihr für euch persönlich euren Lebenstandard?
Ich würde auch sagen, dass mein Glas halb voll ist, dass es uns noch relativ gut geht. Kino, Essen gehen, kulturelle Veranstaltungen verkneifen wir uns, wir sind relativ genügsam. Aber Flatrate und Auto müssen sein. Auto nicht wirklich als Statussymbol, sondern als Mittel zum Zweck (zur Arbeit zu kommen und zum Einkaufen, sowie zum Angeln bei meinem Mann). Wenn wir uns das Auto nicht mehr leisten könnten, oder kein neues Auto kaufen könnten, weil der Alte nicht über den TÜV kommt, dann müßte mein Mann die 18 km mit Bus/Bahn und zu Fuß laufen und dann wird er sich fragen, wofür er denn nun eigentlich noch arbeitet.
Mit Hartz IV wurde meine persönliche Schmerzgrenze bereits überschritten. Ich war langzeitarbeitslos, bekam Arbeitslosenhilfe. Die Berechnung der Arbeitslosenhilfe fand unter Berücksichtigung des Einkommens und der Unterhaltszahlungen vom Angler statt, das fand ich soweit nachvollziehbar. Einmal im Jahr wurde gerechnet.
Wenn nun meine Ich-AG keinen Gewinn abwirft, dann muß ich ALG II beantragen. Somit würde mein Mann von heute auf morgen auf den Status Hartz IV-Empfänger geworfen werden, da wir eine sogenannte Bedarfsgemeinschaft bilden. Er hat mit 14 Jahren angefangen zu lernen und war noch nicht einen einzigen Tag seines Arbeitslebens arbeitslos gemeldet, obwohl er schon drei Firmenpleiten miterlebt hat.
Er müßte jeden Monat von seinem Arbeitgeber eine Verdienstbescheinigung ausfüllen lassen (er bekommt Stundenlohn) und nach diesem Verdienst würde dann mein/unser ALG II ausgerechnet werden, Monat für Monat. Außerdem hat der Angler vor Gericht Umgangskosten in Höhe von 70 Euro erstreiten können, das wird die AfA nicht als Freibetrag anerkennen. Allein die Vorstellung, dass mein Mann durch meine Arbeitslosigkeit zum Hartz-IV-Empfänger werden könnte, ist einfach nur gruselig.
Der Ist-Zustand ist geprägt durch Einkäufe in Discountern, sowohl bei den Lebensmitteln als auch bei Klamotten. Da bei uns keine Kinder leben, können wir aber relativ gut unsere Ausgaben planen, da kommt keine Schule, die mal eben für ein Arbeitsbuch xx Euro haben will. Die Brille des Kindes muss nicht mehr durch Sport, Willkür oder einfach auch nur Wachsen ersetzt werden. Wir haben kein Problem mehr mit Kinderfüßen die immer genau dann wachsen, wenn man grad neue teure Winterstiefel gekauft hat und neue Schuhe brauchen.
Wenn ich den Eindruck habe, dass ich immer das Gleiche koche (weil ich bei Aldi ja auch im Endeffekt immer das Gleiche einkaufe), dann gehe ich bei www.chefkoch.de auf die Suche und finde manch eine kreative Idee.
Es stimmt schon, man stellt sich auf seine Möglichkeiten ein. Ich war jetzt ein ganzes Jahr nicht zu Arzt, eher mal zur Apotheke, weil ich mir die Praxisgebühr verkniffen habe. Das geht aber sicherlich nur, wenn man nicht "richtig" krank wird und zum Beispiel keine Antibiotika braucht. Mein Mann mußte operiert werden, aber er nimmt Zahnschmerzen in Kauf, da nur ein Ziehen der Zähne und Zahnersatz ihn von den Schmerzen befreien würde. Bei Zahnschmerzen geht wieder der Gang in die Apotheke, Schmerztabletten und was zum Spülen holen (nicht für täglich/wöchentlich, aber irgendwie doch immerwiederkehrend). Bei den Kosten für den Zahnersatz hören dann nämlich die Finanzen auf und ohne Zähne möchte er ja nun auch nicht rumlaufen.
Ich glaube kaum, dass "die da oben" sich ein Bild davon machen können, was "hier unten an der Basis" abgeht. Und manchmal bin ich einfach nur ganz müde und mag nicht mehr kämpfen und jeden Cent umdrehen. Letzte Woche war ich leichtsinnig und hab mir ein Buch bei ebay ersteigert, für den halben Ladenpreis inklusive Versandkosten. Dies war aber eine Ausnahme und purer Luxus 🙂
eskima
Hallo ihr.
nur kurz
seit ich mich für meinen Sohn entschieden habe, mit Elternzeit und aller Betreuungsdingen
geht es mir viel besser. Auch wenn jobmäßig ich jetzt nur noch hintenan stehe und mich finanziell stark einschränken muss.
Meiner Nochfrau war es immer wichtig nach außenhin was her zu machen, was Besseres zu sein. Mir nicht so.
Es ist gut Solidarität zu erfahren und zu wissen wo man hingehört.
Die Reihenfolge Kind, Gesundheit, Geld stimmt noch.
Liebe Grüsse
Nachdenklicher Robert
Die Frage lautete: wie geht es uns, eine Frage der Definition?
Alle (!) Beiträge fand ich sehr interessant und nachdenkenswert. Und ich überlegte mir, was ich hier wohl schreiben kann.
Ich lebe hauptsächlich von Erspartem, Full-Time-Job - Exen- und Kindesunterhalt abgezogen. Gerade jetzt habe ich meinen teuren VW-Bus (wg. Abgasnorm) mit Verlust verkauft und einen Kleinwagen bestellt. Ich muss mobil sein, nicht für die Arbeit (gehe zu Fuss), sondern um meinen Knuddel (19 km einfache Strecke) regelmäßig sehen zu können -- jede Woche - aber "Besuchsvater".
Das sind dann auch die Zeiten, die mir Kraft für mein Leben geben. Dieses Jahr zum ersten Mal seit 7 Jahren im Ausland (in der Türkei) Urlaub gemacht -- hat mir sehr, sehr gut getan.
Vieles, was andere als positiv beschreiben: einen Partner, ein trautes, wohliges Zuhause mit Leben drin -- hier passe ich. Ich besitze einiges, kann aber (seit der Trennung?) nicht genießen. Gesundheit: Kneipe, Theater... geht nicht wegen Tinnitus (nach spätestens zwei Stunden bekomme ich Schmerzen).
Der Titel: eine Frage der Definition -- tja, das ist richtig. Ich habe nie an ausreichend Geld gelitten. Es gab die Regel, die ich mit 12/14 Jahren beigebracht bekam: Habe am Monatsende immer ein volles Monatseinkommen auf dem Konto. Und daran habe ich mich gehalten -- eben verzichtet (früher Kino, Kneipe, Kleidung sowieso...) und somit war nie, wie oben einmal erwähnt, die Angst da, dass der Kühlschrank nicht voll ist.
Aber die Definition:
Ich habe viel und hart gearbeitet (und fühle mich jetzt ganz schön ausgelaugt), und ohne viel Luxus nach außen zu zeigen (das war nie mein Ding), eben eine Eigentumswohnung erspart und ein normales Auto leisten können. Und erst dann geheiratet (das war ein Rat eines Freundes meiner Eltern (ich war 15) -- erst heiraten, wenn die finanzielle Seite in Ordnung ist). Der damalige Erfolg im Beruf (arbeitete über zwei Jahre im Ausland), der Kontakt mit diesen Menschen, das waren Streicheleinheiten, das brachte Selbstbewußtsein. Meine Selbstverständlichkeit war und ist, dass jeder seinen eigenen Lebensunterhalt verdienen sollte. Und jetzt? Meine Ex erhält gerade ca. 10 Euro Unterhalt weniger als ich (zzgl Kindesunterhalt und Kindergeld) -- und PKH kriegt sie auch noch und für den Umgang zahle ich alles alleine -da geht mein Erspartes stetig zurück. Das wurmt mich!
Das war meine Definition, wie es mir geht.
Gesellschaftlich?
Es geht uns allen finanziell schlechter, Deutschland muss sich an Europa anpassen. Patentrezepte gibt es nicht. Wir müssen jeden Tag schuften und ich kann nachfühlen, wenn man einen ganzen Tag nach oben schaut -- und sich am Ende des Tages auf halben Weg zurückgerutscht sieht.
Ich wünsche euch allen alles Liebe -- und vielleicht lernt man sich mal bei einem Usertreff persönlich kennen -- das erleichtert die Kommunikation erheblich!
Gruß
Kleinegon
Hast Du nur eine Möglichkeit, dann bist Du in einer Zwangslage. Bei zwei Möglichkeiten hast Du nur das Entweder - Oder. Such Dir eine dritte Möglichkeit. Jetzt hast Du Wahlmöglichkeiten und es beginnt die Verantwortung in Freiheit.
Leider ist es doch auch so, dass der Mehrheit künstlich die Luft rausgelassen wird. Auf der einen Seite wird einem vorgehalten, dass man ja ein beträchtliches Einkommen vorzuweisen hat. Werden dann die Pflichtbeiträge, neben der Steuer, auf die keiner wirklich Einfluss hat, abgezogen, dann ist schon einmal der größte Posten weg. Hast Du dann Deine notwendigsten Fixkosten beglichen, ist der zweitgrößte Posten weg (mit notwendig meine ich Miete/NK, zwei Versicherungen, Benzin) ... da bleibt vom ach so tollen Brutto nicht mehr viel über. Rechnet man weiter, dann kommen die vielen "zumutbaren" Zuzahlungen, die sich alle auf das Brutto beziehen.
Im Gegenzug schlage ich eine Seite des Schwarzbuches des Bundes der deutschen Steuerzahler auf und kann mich sehr genau darüber aufklären lassen, dass genau die Summe, die jedes Jahr als Kredit aufgenommen werden muss, sinnlos verschleudert wird (ca. 60 Killarden). In anderen Printmedien und auch dem Internet erfahre ich, dass das deutsche Gesundheitsystem ein einziger korrupter Laden sein soll, in dem auch Beispiele aufgeführt werden (u.a. werden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Strafbefehl eingestellt, da sie mit der Arbeit nicht hinterher kommen) und es geht um ein Volumen von etwa 200 Millarden Euro. Der Staat schaft es nicht, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, trotzdem er "Volksvermögen" im riesigen Stil veräußert (Telekom, UMTS-Lizenzen, Post, Gesellschaften)! Die Republik ist bald verkauft und Handlungsunfähig, bald dürfen wir nicht mal mehr die Straßen benutzen, die von Steuermitteln geplant und gebaut wurden, da sie für den Unterhalt veräußert werden sollen (also zusätzlich zur KfzSteuer noch die private Maut).
Horche ich ich mich um, ist jeder am meckern .... aber keiner tut was! Selbst wenn ein anderer was tut, dann gehen sie nicht mit! Sie meckern weiter und schalten den Fernseher ein ... und nenne das dann passiven Widerstand. Ich lach mich tot.
Ich habe keine Ahnung, wie es weitergehen soll. Mein Job erlaubt es mir, überall in der Welt zu arbeiten, vielleicht sollte ich mal spaßeshalber Vorbereitungen treffen, damit man dieses Land schnell verlassen kann! Ich weiß, dass kann nicht jeder und auch zum Verlassen brauch man Geld.
Gruß
Kasper
Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge zu ertragen, die ich nicht Ändern kann, den Mut, Dinge zu Ändern, die ich Ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Ist wirklich interessant, wie unterschiedlich jeder das Wort "Luxus" definiert.
Danke für deinen Beitrag kleinegon, bestätigt er doch wieder den alten Spruch der mich seit meiner Kindheit verfolgt: Geld allein macht nicht glücklich.
So geplant wie du konnte ich nie leben. Meine Eltern hätten sich das auch gewünscht und wollten mich auch so erziehen. Erst die Ausbildung, dann einen netten Mann, der natürlich auch schon seine Ausbildung fertig hat, möglicherweise sogar schon ein klein wenig die Karriereleiter empor geklettert ist. Danach ein Häuschen bauen und dann mal langsam an Kinder denken.
Schön, die Kinder habe ich in der zeitlich "richtigen" Abfolge bekommen, aber alles andere ist komplett durcheinander gepurzelt.
Meinen ersten Freund lernte ich mit 17 kennen, zusammen gezogen sind wir, als ich 19 und in der Abiturklasse war, er nach miserabel abgeschlossener Ausbildung arbeitslos. Unser Häuschen (eine ehemalige Schreinerei, die wir mit reiner Eigenleistung und "herumliegenden" Materialien ansatzweise renovierten) finanzierten wir über Wochenendarbeit im sozialen Bereich. Damals hat die Krankenkasse so etwas neben Zivis noch finanziert. Im Grunde hatten wir gerade genug Geld für die Miete, wenn der Kühlschrank leer war, gingen wir zu unseren Eltern oder Freunden. Urlaub - aber klar doch. Daumen raus und an die Autobahn. Auf die Art waren wir immerhin drei mal in Griechenland. Dort lebten wir wie die Made im Speck, da hauptsächlich die LKW-Fahrer, die uns mitnahmen, unheimlich Spaß daran hatten uns zum Essen einzuladen. Gepennt haben wir in alten leer stehenden Häusern, unter Brücken, im Park, wo immer ein Schlafsack Platz hatte. Morgens kam es oft vor, dass ein altes Mütterlein uns fand und auf einen Kaffee zu sich nach Hause einlud.
Wär heute sicher nicht mehr so und so möchte ich heute auch nicht mehr leben. Aber damals war es DAS Leben und ich wäre überhaupt nicht auf die Idee gekommen zu jammern, dass ich zu wenig Geld habe.
Heute ist das anders. Heute bin ich es gewöhnt, dass mein Haus im Winter warm ist. Heute bin ich es gewöhnt, dass immer irgendwie Sprit im Tank ist. Heute bin ich es gewöhnt, dass auf dem Konto immer wenigstens ein Notgroschen liegt. Es ist sehr dünnes Eis auf dem ich mich da bewege, das ist mir klar und das bereitet mir Sorgen. Andererseits gibt es dennoch viele Dinge, auf die ich noch verzichten könnte, wenn es gar nicht mehr geht.
Deep, ich gebe dir in so weit Recht, als es nichts bringt, wenn jeder immer weiter zurücksteckt, zu Gunsten der Kinder sein eigenes Leben einschränkt. Damit ändert sich am Grundsatz nichts, aber hast du eine Lösung?
Mir ist klar, dass unsere Kinder in eine marode Welt hinein wachsen. Meine Große macht sich mit ihren 12 Jahren bereits jetzt schon Gedanken, ob sie mal einen Job haben wird. Und klar, durch unsere "Sparschiene" gebrannt möchte sie einen mit möglichst viel Geld. Dass sie dafür etwas tun muss, soweit ist sie aber leider noch nicht. Bei ihren Geschwistern ist das noch anders. Sie sind noch idealistischer und sind der Meinung, Arbeit muss Spaß machen.
Ich wiederhole mich, wenn ich sage, ich möchte kein Politiker sein. Ich wüsste nicht, wie ich die Karre aus dem Dreck ziehen sollte. Außer, und damit möchte ich Tina aufgreifen:
Manchmal möchte ich aber eben jemanden, der auf "höherem Niveau" jammert mal vor den Kopf stoßen.
Die Idee, dass das Kindergeld nur noch einkommensabhängig bezahlt wird und dafür dann an sozial schwächere in grösserer Höhe fände ich eine Klasse Idee.
Beispiel: Mein Schwager ist Arzt und schliesst regelmässig seine Praxis ein, zwei Wochen vor Quartalsschluss, weil er schon genug eingenommen hat. Er hat ein schuldenfreies Haus, fährt mehrmals im Jahr in Urlaub (natürlich immer vom Feinsten, Robinson Club o.ä.), was er mit all dem übrigen Geld macht weiss ich nicht und es interessiert mich auch nicht wirklich. Was mich aber schon interessiert ist, dass das Kindergeld, das er bekommt in der Portokasse verschwindet, während es bei uns als Einkommensbestandteil gilt, ohne den wir wirklich keine Chance mehr hätten.
Wir haben mehr dieser Beispiele in der Verwandtschaft und obwohl mir so ein schöner Urlaub mal raushängen würde, obwohl ich meiner Tochter gerne die Menge Jeans kaufen würde, mit der sie endlich zufrieden ist und zu jedem Oberteil die passenden Schuhe (ihr neuester Spleen 😉 ), ich neide ihnen nichts und ich bin auch nicht wirklich unzufrieden, denn ich sehe in der anderen Richtung viele Menschen, denen es DEUTLICH schlechter geht als uns. Und dafür muss ich nicht in andere Länder schauen.
Ich zerfiesel mich und komme vom Thema ab... gebt mal noch mehr Inputs, ist echt ein interessantes Thema.
Gruß AJA
Hm. Wie geht es mir?
Materiell gar nicht so schlecht, obwohl von meinem durchaus respektablem Brutto dank horrender Unterhaltszahlungen, Steuern, Sozialversicherungen, Schuldendiensten etc. gerade so viel bleibt, dass ich übers Jahr gesehen nicht weiter in die Miesen rutsche. Wenn unbedingt nötig, könnte ich mehr einsparen (Rauchen hab ich vor zwei Jahren aufgehört, das machte sich richtig bemerkbar, finanziell und gesundheitlich). Ich leiste mir einiges das nicht zwingend sein müßte, aber halt Spaß macht und die gefühlte Lebensqualität erhöht. Und mein Job ist interessant aber auch extrem stressig, ich komme damit dennoch recht gut zurecht.
Aber emotional? Nein, da geht es mir nicht gut. Zum einen weil meine Tochter in den Händen ihrer völlig gestörten Mutter ist und da, dem Familien'recht' sei Dank, auch von mir nicht rauszuholen ist. Es tut mir körperlich und seelisch weh, wie mein Kind dort aufwachsen muß, Details nenne ich aus sicher nachvollziehbaren Gründen nicht. Zum anderen, weil ich Single bin und das ganz sicher nicht weil ich es sein möchte. Mir fehlen Liebe, Zuwendung, körperliche und emotionale Nähe und Wärme, und zwar im geben ebenso wie im empfangen.
cya,
elwu
Interessant: aus einer klaren, sachlichen gesellschaftspolitischen Frage wird es hier zum "intimen Seelsorgeforum". Sorry, wenn ich das so platt schreibe, aber es zeigt mir doch ganz deutlich, dass ganz andere Probleme als die finanziellen existieren.
Von Einsamkeit war die Rede und ich denke das trifft nicht nur Trennungsväter die sich nach ihren Kindern sehnen. Ich kann sie gar nicht mehr zählen, all die alten einsamen Menschen, die sich Tag für Tag in mein Büro verirren. Die mit Problemen aufwarten, die überhaupt keine sind, nur damit sie mal "unter Menschen" kommen, damit sie mal jemanden zum Reden haben. Und die alten Menschen werden immer jünger. Die Jüngeren haben wenigstens noch den Vorteil, dass sie beruflich aus dem Haus kommen, sofern sie einen Job haben. Aber was ist mit all den Arbeitslosen, deren gesamter Lebensinhalt aus Fernsehen und wenn sie noch ein bisschen intellektuell sein wollen, dem Lösen von Kreuzworträtseln besteht.
Um Tina noch mal zu zitieren: die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ist eingeschränkt oder nicht mehr möglich.
Ja Himmel noch mal, das kann es doch nicht sein! Und doch ist genau das das Phänomen. Ohne oder mit zu wenig Geld wird man von der Umwelt gemieden. Mein Exschwager hat das am eigenen Leib gespürt. Als der Gerichtsvollzieher schon fast bei ihm gewohnt hat, haben sich alle "Freunde" zurück gezogen. Warum? Nun, er konnte schlicht und ergreifend nicht mehr mithalten. Kneipentour war einfach nicht mehr drin. Eine Einladung zum Essen? Nicht zu finanzieren. Natürlich fiel es auf, dass er sich einladen liess, aber niemals eine Gegeneinladung machte. Wovon auch.
Menschen, die einem in der Not zur Seite stehen, nicht finanziell sondern emotional, die sind von Nöten. Die gibt es irgendwie nicht mehr oder zu wenig. Was ist schon Luxus, was ist schon Armut. Ich denke, das kam hier relativ deutlich zum Ausdruck, dass im Grunde nicht DAS das Problem ist. Jedenfalls nicht bei denen, die hier schreiben.
Während ich hier schreibe, frage ich mich gerade, was in den Köpfen der Menschen vor sich geht, die wegen einem ausgefallenen Urlaub oder zwei statt fünf Paar Schuhen anfangen zu jammern. Ist das nicht auch irgendwo eine Kompensation einer heimlichen Einsamkeit?
Ich hatte neulich ein interessantes Gespräch mit einem Freund, der erzählte, wie es noch vor 50 Jahren in einem kleinen Dorf in Franken zuging. Da gab es in jedem Haus zwei Stuben, in der einen sassen die "Alten" und haben Handarbeiten gemacht, in der anderen die Jungen. Die haben geratscht, getanzt, zusammen Musik gemacht. Sie haben sich abwechselnd in den Häusern getroffen, niemals war jemand allein. Und die Alten und die Jungen waren im Grunde Tür an Tür. Kaputt ging diese Gemeinschaft durch die Revolution in der Landwirtschaft. Maschinen wurden angeschafft und plötzlich brach Hektik aus. Jeder war nur noch bestrebt so viel wie möglich anzuschaffen, so viel Arbeit und damit Ertrag wie möglich heraus zu holen. Konkurrenz entstand, von der Gemeinschaft war nichts mehr übrig.
Auch den Wegfall der Großfamilien mache ich dafür ein bisschen verantwortlich. Ich könnte mir nicht vorstellen mit Mutter oder Schwiegermutter unter einem Dach zu leben, aber in dem Dorf, in dem ich 8 Jahre gewohnt habe, hat das durch die Bank gut geklappt. Die sind das seit Generationen nicht anders gewöhnt und anders könnten sie ihr Leben nicht meistern. Auch wenn es manchmal knistert - einsam ist da keiner und es kommt auch keiner auf die Idee auf Kosten der anderen zu hamstern.
Auf den Punkt gebracht denke ich, dass einen Großteil der Schuld an der zunehmenden Verarmung, der zunehmend größer werdenden Spanne zwischen Arm und Reich das egoistische Denken hat. Würde jeder nicht nur an sich selbst denken, sondern ein bisschen über den Tellerrand hinaus bis hin zum übernächsten Nachbarn, könnte sich auch in der Politik etwas ändern.
Gruß AJA
Hallo zusammen,
wirklich interessant die ganzen Meinungen hier zu lesen, oder auch Teile aus den einzelnen Lebensgeschichten.
Ich denke auch, daß wir soweit jetzt erstmal politisch nichts ändern können. Bei vielen hört aber genau hier das Nachdenken auf.
" wir können eh nichts beeinflussen oder ändern, was soll ich da auf die Straße gehen".
Das ist aber nicht erst jetzt so.
Ich habe das im Bekanntenkreis auch schon in der Vergangenheit erlebt.
Damals ging es eben um Demos gegen Rechts oder Lichterketten oder Demos gegen den Irak-Krieg.
Ich bin allein gegangen, weil ich eben von oben genannten Sprüchen ziemlich angenervt war uns auch noch bin.
Die Demo gegen den Irak-Krieg konnte ich dann mit meinem LG, meinem Sohn und einem befreundeten Kind besuchen. Er wollte umbedingt mit und hätte auch gern gesehen, daß seine Eltern mitgehen. " Du kannst ja mir Tina und Micha gehen, wir gehen nicht, ändert eh nichts."
Ok, die Kinder waren eher neugierig ob es funktioniert mit zig Ballon den Schriftzug " Peace" an den Rheinwiesen zu Stande zu bringen 😉
Einsam, wenn man nicht mehr mithalten kann wird man wirklich schnell. Ich habe das selbst erfahren, als es bei mir nicht mehr ging. Mein Freundeskreis ( den würde ich heute nicht mehr so beschreiben) verschmälerte sich deutlich.
Ich ahbe aber ebenso Freundschaft erfahren wie man sie sich wünscht. Da wurde eben etwas unternommen, was kein Geld kostete und es wurde auch keine Gegenleistung erwartet.
Wie bringt man aber nun Menschen dazu, nicht nur an sich selbst du denken?
Ich glaube das geht nur, wenn man einfach weiter macht und die Hoffnung nicht aufgibt, daß andere mal nachziehen werden.
Jeder kann irgend etwas ganz klein beginnen.
Ein gutes Beispiel ist die oben rechts verlinkte Elterninitiative vermisste Kinder.
Ich habe die 100 Kinderschutz-Fibeln bestellt, die bekommt man kostenlos zum Verteilen geschickt.
Meiner Freundin, die nicht viel Zeit im Netz verbringt, habe ich den Link geschickt..sie bestellt nun auch.
Ich glaube wirklich, daß manche Menschen einfach auch nur aufmerksam gemacht werden müssen. Was können wir tun? Wo können wir anfangen?
Jeder kann #etwas beitragen und vielleicht andere mitziehen. Ein Versuch ist es doch zumindest wert.
Die Vorstellung wirklich gar nichts zu tun und jeden Abend vor dem TV jammern und motzen ist für mich viel zu weit weg.
Vielleicht kaufen die Menschen dann auch wirklich mal weniger Schuhe und fangen an zu überlegen was bei ihnen im eigenen Kreis schon nicht stimmt. 😉
LG
Tina
Und aus dem Chaos sprach eine Stimme zu mir:"Lächle und sei froh, es könnte schlimmer kommen." Und ich lächelte und war froh und es kam schlimmer.