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Ein mehr als bemerkenswertes Urteil des Bundesverfassungsgerichts...

 
(@brille007)
(Fast) Eigentumsrecht Registriert

Hallo @all,

gestern hörte ich im Autoradio zufällig eine interessante Nachricht - dabei ging es um eine ganz aktuelle Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Ich habe jetzt einmal ein wenig recherchiert und die entsprechende Mitteilung gefunden:

www.marktplatz-recht.de/nachrichten/21902.html

(Man findet sie auch auf http://www.bundesverfassungsgericht.de , dort aber nur über die Suchmaschine, zum Beispiel über die Suchmatrix "Ungleichbehandlung AND Ausländer*").

Die dort behandelte Problematik (Sorgerecht nach Ende einer binationalen Ehe) dürfte für die meisten Leser von vs.de zwar eher weniger bedeutsam sein; das Interessante sind jedoch ein paar Sätze und Begründungen, von denen ich mir NICHT vorstellen kann, dass sie nur auf in Deutschland lebende Ausländer zutreffen können. Hier hat das BVerfG - vielleicht unfreiwillig und in ganz anderer Absicht - ein paar Schritte getan, auf die sich möglicherweise auch "inländische" Trennungsväter berufen können. Und sei es mit der Begründung, dass es nicht in der Intention des deutschen Bundesverfassungsgerichtes liegen kann, dass seine Entscheidungen ausgerechnet für deutsche Staatsbürger NICHT gelten.

Entsprechende Zitate (Hervorhebungen durch mich):

Die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Regelung stellt die im Bundesgebiet geborenen ausländischen Kinder, deren Mutter eine Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung hat, gegenüber denjenigen besser, bei denen allein der Vater einen entsprechenden ausländerrechtlichen Status hat. Darin liegt eine Bevorzugung wegen des Geschlechts im Sinne des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG. Diese Differenzierung ist nicht gerechtfertigt.

[...]

Das Aufenthaltsrecht der Mutter bildet erkennbar nur den ordnungsrechtlichen Anknüpfungspunkt für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis. Eine Anknüpfung an das Aufenthaltsrecht der Mutter ist aber nicht zwingend erforderlich. Eine Gleichbehandlung beider Elternteile ist ohne weiteres möglich. Der zu ordnende Lebenssachverhalt – der Aufenthaltsstatus des Kindes – betrifft Vater und Mutter in gleicher Weise.

[...]

Die Ungleichbehandlung ist auch nicht auf Grund einer Abwägung mit kollidierendem Verfassungsrecht gerechtfertigt. Das durch Art. 6 GG gewährleistete Kindeswohl verlangt nicht, dass das Kind aufenthaltsrechtlich ausschließlich der Mutter zugeordnet wird. Weder Aspekte der Familieneinheit noch solche der gerade in der ersten Zeit nach der Geburt des Kindes meist besonders intensiven Gemeinschaft zwischen Mutter und Kind lassen sich ausschließlich dadurch verwirklichen, dass die Interessen des Vaters ausgeklammert werden. Im Gegenteil stehen der durch § 21 Abs. 1 Satz 1 AuslG vorgenommenen Differenzierung die verfassungsgestützten Wertungen des Familienrechts, wonach beide Elternteile gleichberechtigt sind, entgegen. Wenn der Gesetzgeber für das erleichterte Aufenthaltsrecht des Kindes allein auf den Aufenthaltsstatus der Mutter abhebt, vernachlässigt er sowohl die Sorgerechtslage als auch die tatsächlichen Lebensverhältnisse der Familien, die häufig von gemeinsamer Sorge und häufiger als früher sogar von einer vorrangigen oder ausschließlichen Betreuung des Kindes durch den Vater geprägt sind.

Ich würde gerne den Richter sehen, der bei einem Sorgerechtsstreit bei einem deutschen Vater anders urteilt - mit der Begründung, zur Inanspruchnahme dieser Gleichbehandlung sei eine nicht-deutsche Staatsangehörigkeit erforderlich...

Grüssles aus'm Wilden Süden
Martin

When a mosquito lands on your testicles you realize that there is always a way to solve problems without using violence.

Zitat
Themenstarter Geschrieben : 26.11.2005 19:11
DeepThought
(@deepthought)
(Fast) Eigentumsrecht Moderator

Moin Martin,

Volltext >hier<. Urteile sortiere ich, wann immer es geht, nach Verkündungsdatum ein, daher erschien es nicht auf der Startseite.

Spannend ist, dass eben das BVerfG das automatische GSR bei nicht ehelichen Kindern als verfassungsgemäß entschied (>hier<.

Ob das was mit ausländerfreundlichkeit zu tun hat? Oder greift ein Sinneswandel? Oder fusst die Entscheidung darin, dass ein anderer Senat dies entschied?

Ich tippe auf: Ja. Nein. Mag sein.

DeepThought

Der 15. Senat des OLG Celle befindet vatersein.de
in den Verfahren 15 UF 234/06 und 15 UF 235/06
als "professionell anmutend".
Meinen aufrichtigen Dank!

AntwortZitat
Geschrieben : 26.11.2005 19:26