Ab dem Veranlagungszeitraum 2013 sind Prozesskosten gesetzlich vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen gem. § 33 (2) S. 4 EStG ausgeschlossen:
"4Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Exis-tenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können."
Danach sind weder Scheidungkosten, Vaterschaftsfeststellungsklagen, Sorgerechts- oder Umgangsprozesskosten abzugsfähig.
Es sind vor dem BFH noch Verfahren anhängig (VI R 5/13 und 17/13). Möglicherweise kann das Ruhen des Verfahrens im Einspruchsverfahren mit Hinweis auf diese anhängigen Verfahren erwirkt werden.
Gruß LBM
"Mut bedeutet nicht, keine Angst zu haben, sondern es ist die Entscheidung,
dass etwas anderes wichtiger ist als die Angst."
Hi LBM,
danke erstmal für die wichtige Info. Was heißt denn genau jetzt "ab"? Kann ich für 2013 noch Umgangskosten geltend machen (also Rechnungen, die in 2013 bezahlt wurden) und ab 2014 nicht mehr oder schon 2013 nicht mehr?
Ich hoffe, dass für 2013 Geltungmachung noch möglich ist, sonst dreh ich durch!! :againstwall:
LG,
Mux
Moin LBM,
das heißt also im Klartext, dass ich die Scheidungskosten, die mir dieses Jahr entstanden sind, nicht als außergewöhnliche Belastung geltend machen kann?
Die Freude ist überwältigend...
Gruß
Brainstormer
das heißt also im Klartext, dass ich die Scheidungskosten, die mir dieses Jahr entstanden sind, nicht als außergewöhnliche Belastung geltend machen kann?
Das ist irgendwie so, als wenn der Schiedsrichter noch kurz vor Abpfiff eine Entscheidung aus der ersten Halbzeit revidiert...
Gruss,
gardo
Moin Mux,
danke erstmal für die wichtige Info. Was heißt denn genau jetzt "ab"? Kann ich für 2013 noch Umgangskosten geltend machen (also Rechnungen, die in 2013 bezahlt wurden) und ab 2014 nicht mehr oder schon 2013 nicht mehr?
ich denke nicht, dass hierbei die Umgangskosten eingepreist sind; es geht nur um
Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten)
Grüssles
Martin
When a mosquito lands on your testicles you realize that there is always a way to solve problems without using violence.
Danke, Martin. Du hast recht, konkret meinte ich aber Umgangsprozesskosten (also Rechnungen für Anwalt Umgangsverfahren, Verfahrensbeiständin, Gerichtskosten), die meines Wissens steuerlich als außergewöhnliche Belastungen abgesetzt werden können, wenn die zumutbare Grenze überschritten ist.
LG,
Mux
Genau. Die in 2013 bezahlten Kosten werden nicht mehr anerkannt. Ich würde sie aber trotzdem geltend machen, Einspruch einlegen und beantragen, die Entscheidung über den Einspruch bis zur Entscheidung über die anhängigen Verfahren beim BFH ruhen zu lassen
LG LBM
"Mut bedeutet nicht, keine Angst zu haben, sondern es ist die Entscheidung,
dass etwas anderes wichtiger ist als die Angst."
konkret meinte ich aber Umgangsprozesskosten (also Rechnungen für Anwalt Umgangsverfahren, Verfahrensbeiständin, Gerichtskosten), die meines Wissens steuerlich als außergewöhnliche Belastungen abgesetzt werden können
Der BFH hatte die Tür dafür zwar geöffnet, der BMF sie aber durch einen Nichtanwendungserlass mit Hinweis auf eine baldige Regelung (die jetzt da ist) wieder zugeschlagen. Wer nicht das Glück hatte, dass in den paar Monaten dazwischen seine Steuererklärung bearbeitet wurde, kommt um ein Einspruchsverfahren auch für die Vorjahre nicht herum.
Gruss von der Insel
Nachtrag: Hier zwei wichtige Urteile, in denen Scheidungskosten anerkannt wurden, BFH-Verfahren anhängig sind.
FG München, Urteil vom 21. August 2012 – 10 K 800/10 (anh.: BFH 6. Senat, 21.05.2013, VI R 69/12)
FG Düsseldorf, Urteil vom 19. Februar 2013 – 10 K 2392/12 E (anh.: BFH 6. Senat 19.07.2013, VI R 16/13)
Hier noch eins zum Thema Unterhaltsabänderung:
FG Köln, Urteil vom 26. Juni 2013 – 7 K 2700/12 (BFH 6. Senat, 20.11.2013, VI R 56/13)
Und eins zum Thema Umgangsrecht / TU / Aufteilung Hausrat:
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 18. Februar 2013 – 3 K 409/12 (BFH 6. Senat, 19.07.2013, VI R 38/13)
Bitte die Urteile genau lesen, ob sie für den eigenen Sachverhalt auch zutreffen. Die Urteile sind alle vor der von mir oben dargestellten Änderung der Gesetzeslage ergangen, beziehen sich also auf alte Veranlagungszeiträume.
LG LBM
"Mut bedeutet nicht, keine Angst zu haben, sondern es ist die Entscheidung,
dass etwas anderes wichtiger ist als die Angst."
Es gibt mal wieder Neuigkeiten zum Thema "Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastungen".
Das FG Rheinland-Pfalz hat in seinem Urteil vom 16.10.14 4 K 1976/14 die unmittelbaren Kosten im Zusammenhang mit dem Scheidungsverfahren auch nach den neuen gesetzlichen Regeln des § 33 (2) S. 4 EStG als außergewöhnliche Belastungen anerkannt.
Hiergegen wurde beim BFH unter dem Aktenzeichen VI R 66/14 Revision eingelegt. Aus diesem Grund ruhen entsprechende Einspruchsverfahren nunmehr gem. § 363 (2) S. 2 AO von Gesetzes wegen.
Ich rate daher dringend an, in noch nicht bestandskräftigen Fällen Einspruch gegen die Nichtanerkennung der Scheidungskosten als agB einzulegen und umgehend Ruhen des Verfahrens zu beantragen.
LG LBM
"Mut bedeutet nicht, keine Angst zu haben, sondern es ist die Entscheidung,
dass etwas anderes wichtiger ist als die Angst."
Hallo Gemeinde 🙂
Auch ich wurde 2013 geschieden und habe, wie in diesem Treat empfohlen, alle Kosten bei der Steuererklärung geltend gemacht.
Die Prozesskosten für Scheidung und Versorgungsausgleich wurden i.H.v. 2.170 EUR auch als außergewöhnliche Belastung anerkannt, der Rest ca. 3000 EUR mit Verweis auf BFH v. 30.06.05 - BStBl 2006 II S. 491, 492 nicht.
Wie ebenfalls hier empfohlen habe ich mit Verweis auf BFH Az. VI R 16/13 widersprochen. ..
Dieser Tage kam nun ein Schreiben meiner FA-Sachbearbeiterin in dem sie eine "Verböserung" für den Fall ankündigt, dass ich den Einspruch nicht zurückziehen würde. Mit anderen Worten würde der Bescheid für 2013 nochmals neu erstellt - nur diesmal würden die Prozesskosten in oben genannter Höhe nicht mehr mehr anerkannt werden.
Klingt für mich nach einem Einschüchterungsversuch aber ich habe keine Erfahrung mit Verböserungen, kannte bisher noch nicht einmal den Begriff.
Hat jemand von euch ähnliches erlebt und einen Tipp für mich?
Liebe Grüße
Michael
Hallo,
durch deinen Einspruch ist der komplette Bescheid offen. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens wird dann nicht nur geprüft, was Du beantragst, sondern der komplette Bescheid. Es können dann also alle materiellen Fehler korrigiert werden. Wenn das Finanzamt nun also sieht, dass die Prozesskosten komplett zu Unrecht berücksichtigt wurden, können sie im Rahmen des Einspruchsverfahrens diese Fehler korrigieren. Wenn dann also zu deinen Ungunsten geändert werden müsste, kündigt man dir dies als mögliche "Verböserung" an. Du kannst dann entweder den Einspruch zurück nehmen und alles bleibt wie ursprünglich festgesetzt oder aber beim Einspruch bleiben und dann ggf. nach der Einspruchsentscheidung klagen.
Ich habe aktuell keinen Überblick über anhängige Verfahren. Kann ich erst morgen gucken. Du könntest aber anfragen, ob die Entscheidung ruhend gestellt werden kann, sofern noch Klageverfahren anhängig sind und die Entscheidung ob Rücknahme erfolgt oder nicht bis zur Entscheidung über das Ruhendstellen zurückstellen.
LG LBM
"Mut bedeutet nicht, keine Angst zu haben, sondern es ist die Entscheidung,
dass etwas anderes wichtiger ist als die Angst."
Ich habe gerade einen geänderten Einkommensteuerbescheid erhalten und im Einspruchsverfahren nach zähem Ringen meine Kosten für die Durchsetzung von Umgang in 2017 als außergewöhnliche Belastung anerkannt bekommen.
Das funktionierte hier allerdings nur aufgrund von grundlosem vollständigem Umgangsboykott.
Kern meiner Argumentation war die uralte Entscheidung BFHE 198,94, BStBl II 2002, 382 (dort sinngemäß "Der Wunsch von Eltern und Kindern nach gegenseitiger Liebe und Nähe stellt ein elementares menschliches Bedürfnis dar"). Diese wurde durch die einigermaßen aktuelle Entscheidung BFH VI R 15/15 als Ausnahmefall explizit bestätigt und auch die neue Rechtslage läßt Entsprechendes zu.
Gruss von der Insel
Guten Abend zusammen,
ich hatte in 2018 ein Sorgerecht Verfahren in Auftrag gegeben das es dem Kind bei der Mutter meiner Ansicht nicht gut geht und dort raus muss.
Kann ich die kosten welche mir 2018 in Rechnung gestellt wurden von der Lohnsteuer absetzen (derzeit habe ich eine vorläufige Rechnung des RA`s erhalten. Da das Verfahren noch läuft ein Abschluss ist Anfang / Mitte 2019 gedacht.
Nein, das sind Kosten der privaten Lebensführung.
LG LBM
"Mut bedeutet nicht, keine Angst zu haben, sondern es ist die Entscheidung,
dass etwas anderes wichtiger ist als die Angst."
Danke Lausebackesmama,
Was meinst du genau mit
"Nein, das sind Kosten der privaten Lebensführung."
Werden die kosten nicht angerechnet, weil der Antrag von mir aus kam privat ?
Ich habe mir sorgen um einen Kind da es ihm schlecht geht und keiner Helfen möchte wurde der Antrag gestellt.
Kurz gesagt kommt es rüber wie :
"Es ist das Privat vergnügen des Vaters ein Antrag bei Gericht zustellen weil er seinem Kind helfen möchte".
Das wird ja nicht aus Langeweile oder Spaß gemacht 🙁
Es sind kosten entstanden welche außerplanmäßig eingetreten sind.
Hallo,
was als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden kann ist in <a href="https://www.gesetze-im-internet.de/estg/__33.html>§" 33 EStG</a> geregelt.
Für Prozesse gilt:
"4Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können."
Sprich die Hürden dafür, dass Prozesskosten berücksichtigt werden sind hoch.
VG Susi
seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können."
Zumal genau da die VKH greift, und damit als Argumentation gilt,
1) wer es sich leisten kann einen Prozeß zu führen ist selber schuld.
2) kann er es nicht, dann greift VKH.
Darauf kann man folgern, dass es vermutlich nur wenige Anerkennisse in dieser Richtung gibt.
Gruß
Kasper
Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge zu ertragen, die ich nicht Ändern kann, den Mut, Dinge zu Ändern, die ich Ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
@ Master: es sind einfach nicht alle Kosten für persönlich wichtige Dinge automatisch steuerlich relevant. Private Klagen gehören dazu.
LG LBM
"Mut bedeutet nicht, keine Angst zu haben, sondern es ist die Entscheidung,
dass etwas anderes wichtiger ist als die Angst."
Vielen Danke für eure Antworten.
Nun ja dann muss man in Zukunft einfach anderster denken und es muss einem alles egal sein.
Das ist aber doch nicht sinn der Sache, in was für einem Staat leben wir eigentlich