Hallo Alle,
ich brauche schon wieder Euren Rat, und diesmal ist es eilig, denn heute hat die KM eines meiner Kinder einbehalten.
Wir haben wöchentliches Wechselmodell (seit 2009). Vereinbarungsgemäss sollten beide Kinder (5 und 7) die zweite Hälfte der Sommerferien und noch die gerade beginnende erste Schulwoche bei mir sein. Doch letzte Woche Mittwoch verstarb der Vater der KM nach langer Krankheit. Der Bruder der KM bat mich darum, den Kindern zu ermöglichen, bei der Beerdigung (450 km entfernt) dabei zu sein. Ich ließ die KM die Kinder am Freitagmorgen abholen. Sie versprach, die Kinder am Montagfrüh in die Schule zu bringen. Ich könne sie dann von dort abholen.
Gestern und heute vormittag schrieb die KM, dass das ältere der beiden Kinder bei der Beerdigung beinahe zusammengebrochen sei. Er habe gesagt, nun sei der zweitwichtigste Mensch in seinem Leben neben seiner Mutter verstorben. Über diese Aussage solle ich (Tarek) "mir einmal Gedanken machen". Sie könne es nicht verantworten, nun nicht bei dem Jungen zu sein. Es liege ein Notfall vor. Der Junge soll noch mehrere Tage bei ihr bleiben.
Ich habe nicht auf die Mails reagiert, weil ich weiss, dass es nichts bringt, mit ihr zu argumentieren, und ging heute, Montag, um 13.30 in die Schule, um beide Kinder abzuholen. Ich traf beide heiter vor. KM war aber auch schon im Schulgebäude, traf uns an und nahm den Älteren in den Arm und ließ ihn nicht mehr gehen. Obwohl vorher ganz heiter, krümmte er sich nun zusammen und verbarg sein Gesicht in ihrem Schoß. Ich bat sie mehrfach ruhig, mich mit beiden Kindern gehen zu lassen. Sie verweigerte es. Ich ging dann mit dem Jüngeren nach Hause, da ich weiss, zu welchen Szenen sie vor den Kindern fähig ist und ich das den beiden nicht zumuten wollte.
Ich mache mir nicht nur Sorgen wegen des Übergriffs in meine Betreuungszeit, sondern v.a. wegen der Projektion der eigenen Trauer auf den Jungen und dem Ausspielen des verstorbenen Großvaters gegen mich.
Wie soll ich hier reagieren? Wie den Jungen wieder zu mir bekommen, wie mit ihm und seiner eigenen Trauer und der der Mutter, die ihm noch aufgebürdet wurde, umgehen? Es ist schon länger so, dass der Junge für KM (arbeitslos, körperlich krank, psychisch angeschlagen) Partnerersatz ist.
Danke im Voraus für Eure Meinungen
Tarek
Servus tarek,
wie schaut`s denn aktuell aus?
Gruß, Michael
sol lucet omnibus - die Sonne scheint für alle
Hallo Michael,
danke für die Nachfrage. Es ging so aus: Ich ging am nächsten Tag wieder nach dem Unterricht in die Schule. Es gab die gleiche Situation wie am Vortag, aber ich erklärte der KM, diesmal nicht ohne den Jungen zu gehen. Ich schloss aber auch aus, ihn mit Gewalt mitzunehmen, sondern verlangte eine Klärung. Ein Erzieher vermittelte. Es endete damit, dass ich den Jungen noch an dem Nachmittag zu mir bekam und KM ausdrücklich zusagte, nicht mehr zu versuchen, ihn in dieser Woche (meiner Betreuungswoche) einzubehalten.
Der Junge war in der Woche heiter. Ich habe den Tod des Grossvaters in der Woche mehrfach mit beiden Kindern angesprochen, aber es war zu spüren, dass sie Abstand gewinnen wollten. Nächste Woche, wenn sie wieder bei mir sind, will ich mit ihnen ein Buch über das Sterben lesen, falls sie innerlich bereit dazu sind. Wenn nicht, mache ich das später.
Gruss
Tarek
Hi,
also bevor ich mit meinen Kindern in der Umgangszeit ein Buch übers "Sterben" lesen würde, würde ich schauen wie sie drauf sind, noch mal schauen ob Gesprächsbedarf da ist und dann die Sache auf sich beruhen lassen. Es sieht doch so aus, als ob das Thema (bei aller Tragik) in Exen-typischer Weise aufgeabauscht wurde um mal wieder zu testen, wie weit sie gehen kann. Gruß Ingo
Servus Tarek,
Raum für Trauer brauchen Kinder auf alle Fälle.
Und sie werden sicherlich auch zeigen, wie und wann sie trauern wollen.
Herbeireden oder herbeilesen würde ich die Trauer allerdings nicht. Kinder sollen nicht lernen, dass Trauer ein fester Bestandteil des Alltags sein muss. Trauer kommt aber muss auch wieder gehen.
Gruß, Michael
sol lucet omnibus - die Sonne scheint für alle
Hi,
die Trauer bei Kinder ist eine andere als bei uns Erwachsenen. Zwar gibt es auch da die "berühmten Trauerphasen" aber sie laufen anders ab. Vor allen sollten wir ihnen nicht unser Tempo aufdrücken wollen. Kinder äußern, wenn sie über den Tod reden wollen und wenn sie nicht darüber reden wollen sie damit auch nicht konfrontiert werden. Das einzige was sie wissen müssen, ist das sie traurig sein dürfen und auch darüber reden dürfen.
Wenn sie von selbst mit Fragen kommen, dann ist Zeit ein entsprechendes Buch zu lesen (aber bitte da beachten, das es altgersgerecht ist). Fragen die sie nicht stellen ,wollen sie auch nicht beantgwortet haben, die kommen irgendwann später.
Im übrigen ist das erste Erleben von Trauer prägend dafür, wie wir in Zukunft damit umgehen werden. Von daher meine Bitte, wenn schon die KM so unvernünftig ist, schaffe du ihnen den Raum, das der Tod des Opas nicht zum Trauma wird, sondern zu einem Bestandteil des Lebens, der keine Katastrophe darstellt.
LG Tina
Ein gebrochenes Versprechen ist ein gesprochenes Verbrechen
Hallo Tarek
Solche ähnlichen Situationen kenn ich allzu gut. Denn ich habe auch mit dem Wechselmodell angefangen. Aber du hast richtig agiert auch den Kindern gegenüber. Das wird nicht bei dem einen Mal bleiben. Die KM wird jede
Chance nutzen die Kinder auf ihre Seite zu ziehen. Machen kannst du nichts ausser ein guter Vater zu sein.
Glaub mir die Kids wissen wo sie sich wohlfühlen.
jenpa
..dem Kind beide Eltern
Hallo alle,
danke für Eure Reaktionen. Ich werde den Kindern nichts aufdrängen, aber auch Trauer zulassen, wenn sie aufkommt.
Gruss
Tarek