Hallo zusammen,
habe eine Frage zur Berücksichtigung von Steuererstattungen bei der Einkommensermittlung:
Wenn eine Steuererstattung teilweise darauf beruht, das bestimmte Ausgaben angefallen sind (z. B. Fortbildungskosten), wird dann
a) eine fiktive Steuerberechnung erstellt, in der die Erstattung ohne diese Ausgaben ermittelt wird. Dieser geringere fiktive Erstattungsbetrag wird nun anstelle der eigentlichen Steuererstattung zum relevanten Einkommen addiert.
oder
b) die Steuererstattung in voller Höhe angesetzt. Allerdings werden die dazugehörigen Ausgaben entsprechend vom relevanten Einkommen abgezogen.
oder
c) gemäß dem Unterhaltsmaximierungsprinzip die Steuererstattung komplett auf das Einkommen draufgeschlagen, ohne Berücksichtigung der dazugehörigen Kosten bei der Einkommensermittlung.
Kann man dies irgendwo nachlesen, wie hier vorzugehen ist?
Hier
wird ein ähnlicher Sachverhalt thematisiert:
...Abschließend soll aber nochmals klargestellt werden, dass eine Berücksichtigung der Steuererstattung nur im Raume steht, wenn die zugrundeliegenden Kosten auch unterhaltsrechtlich in Abzug gebracht werden (mit Ausnahme des Kinderfreibetrages).
Alles andere wäre widersinnig...
Es geht hier allerdings nicht hervor, worauf dieser Anwalt seine Aussage stützt.
Viele Grüße
Chili
Variante a)
Steuervorteile, die auf unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigenden Aufwendungen beruhen, bleiben außer Betracht. Zur Ermittlung des Ehegattenunterhalts ist daher eine fiktive Steuerberechnung vorzunehmen (BGH XII ZR 163/04 vom 28.03.2007).
gilt natürlich für KU analog
Gruss von der Insel
Hallo Inselreif,
vielen Dank für Deine Antwort!
Jetzt habe ich allerdings noch zwei Fragen:
1. Muss innerhalb eines Verfahrens die fiktive Berechnung bereits von mir kommen, oder erstellt diese dann das Gericht, nachdem dies von mir vorgebracht bzw. beantragt wurde?
2. Gibt es auch eine Rechtsprechung hinsichtlich einer Steuererstattung, die aus einer (letztmaligen) gemeinsamen Veranlagung mit DEF rührt, so dass diese ebenfalls außer Betracht bleibt, da die gemeinsame Veranlagung zukünftig ja nicht mehr gegeben ist?
Gruß
Chili
Hi Chili,
1. Muss innerhalb eines Verfahrens die fiktive Berechnung bereits von mir kommen, oder erstellt diese dann das Gericht, nachdem dies von mir vorgebracht bzw. beantragt wurde?
Die Berechnung muss der vortragen, der sich auf sie berufen möchte. Wenn es also zu Deinem Vorteil ist, so zu rechnen, musst Du sie liefern. Das Gericht kann Dir im familiengerichtlichen Verfahren unter die Arme greifen, muss es aber nicht und ich würde mich nicht darauf verlassen. Du kannst die Berechnung mit ELSTER problemlos selbst machen, wenn Du einfach die nicht relevanten Posten herauslöschst und die Steuer berechnen lässt.
2. Gibt es auch eine Rechtsprechung hinsichtlich einer Steuererstattung, die aus einer (letztmaligen) gemeinsamen Veranlagung mit DEF rührt, so dass diese ebenfalls außer Betracht bleibt, da die gemeinsame Veranlagung zukünftig ja nicht mehr gegeben ist?
Es gibt (sehr komplizierte) Rechtsprechung, wie eine solche Erstattung zwischen den Ehegatten aufzuteilen ist. Aber Dein Anteil dieser Erstattung ist selbstverständlich als Einkommen zu berücksichtigen. Sonst würde sich ja jeder darauf berufen, dass gerade die aktuelle Erstattung aussergewöhnlich hoch sei und so nieeee wieder kommt. Sie zählt als Einkommen im Jahr des Zuflusses. Wenn die Erstattung ein Jahr später geringer ausfällt, musst Du eine Abänderung beantragen. Das ist nichts anderes als wenn Deine Bonuszahlung im Jahr der Berechnung aussergewöhnlich hoch ist oder sich sonst etwas ändert.
Gruss von der Insel
Nochmals Danke Inselreif!
zu 1.: Berechnung durchführen ist kein Problem, wusste nur nicht, wer das machen muss bzw. sollte. Werde ich dann schon mal vorbereiten...
zu 2.: Ich hatte das an dieser Stelle http://www.vatersein.de/Forum-topic-28837-start-msg333267.html#msg333267 schon mal thematisiert. Ich versuche, dieses Vorgehen (fiktive Berechnung auf Basis einer getrennten Veranlagung) durch entsprechende Rechtsprechung zu untermauern. Ist jemanden hierzu ein Fall bekannt?
Grüße
Chili
zu 2.: Ich hatte das an dieser Stelle http://www.vatersein.de/Forum-topic-28837-start-msg333267.html#msg333267 schon mal thematisiert. Ich versuche, dieses Vorgehen (fiktive Berechnung auf Basis einer getrennten Veranlagung) durch entsprechende Rechtsprechung zu untermauern. Ist jemanden hierzu ein Fall bekannt?
Ist so ständige Rechtsprechung - siehe zum Beispiel BGH XII ZR 111/03 (dort RdNr 32 mit vielfältigen Verweisen)
Kurzform: Die gesamte Steuerschuld (nicht nur die Erstattung/Nachzahlung!) wird nach dem Verhältnis fiktiver getrennter Veranlagung aufgeteilt und dann (das wird meist vergessen) die von den Parteien jeweils geleisteten Vorauszahlungen (zB Lohnsteuer) abgezogen.
Gruss von der Insel
Die Aufteilung der Steuerschuld ist klar. Mir geht es darum, dass bei der Berechnung des Unterhalts nicht die höhere Steuererstattung angesetzt wird, die sich aufgrund einer gemeinsamen Veranlagung ergibt.
Beispiel:
Steuererstattung bei gemeinsamer Veranlagung: 2.000 €
Anteil Er --> 1.800 €
Anteil Sie --> 200 €
Steuererstattung bei (fiktiver) getrennter Veranlagung:
Er --> 1.400 €
Sie --> 100 €
In die Berechnung des relevanten Einkommens müssten dann doch bei ihm die 1.000 € einfließen.
Meine Begründung hierfür wäre, dass Steuererstattungen nachträgliche Korrekturen zur endgültigen Steuerfestsetzung für ein bereits vergangenes steuerliches Veranlagungsjahr sind. Die höhere Steuererstattung für das Jahr der letzten gemeinsamen Veranlagung rührt daher, dass die zwei letztmalig sich zu einer gemeinsamen Veranlagung entschieden haben.
Dieser Sachverhalt ist für die Zukunft nicht mehr gegeben, da die zwei Personen aufgrund der Trennung bzw. Scheidung nicht mehr steuerlich gemeinsam Veranlagen können.
Da Unterhalt auf die Zukunft gerichtet ist und künftiges Einkommen realitätsgerecht prognostiziert werden soll, erscheint es doch nicht sachgerecht, eine Steuererstattung aufgrund einer gemeinsamen Veranlagung als unterhaltsrelevantes Einkommen für die Zukunft zu berücksichtigen.
Oder?!
Chili
Hi Chili,
Deine Gedanken sind nachvollziehbar aber wie oben bereits erwähnt: es ist so schwierig, eine sachgerechte Prognose über künftige Steuererstattungen zu treffen, dass die Leitlinien ausnahmslos das Zuflussprinzip vorsehen. Das was tatsächlich als Erstattung ankommt, zählt als Einkommen.
Über diese eine Erstattung könnte man trefflich streiten, was aber nichts bringt:
Zum einen kann man ja nach einem Jahr den Unterhalt nach den dann aktuellen Zahlen wieder korrigieren.
Zum anderen hätte diese Erstattung bei anderer Steuerklassenkombi / eingetragenen Freibeträgen / wasweissichwas bereits zur Ehezeit als Einkommen zur Verfügung gestanden. Es wäre verkehrt, sie ganz unter den Tisch fallen zu lassen.
Gruss von der Insel
Habe gerade gesehen, dass ich mich oben verschrieben habe:
In die Berechnung des relevanten Einkommens müssten dann doch bei ihm die 1.000 einfließen.
Ich hatte natürlich die 1.400 € aus meinem Beispiel gemeint:
Steuererstattung bei (fiktiver) getrennter Veranlagung:
Er --> 1.400
Sie --> 100 €
Dies nur als Ergänzung, damit es zu keiner Verwirrung kommt...
Danke nochmals Inselreif für Dein Feedback!
Grüße
Chili