Hallo kompetente Ratgeber,
ich bin nach 22 Jahren Ehe seit 2005 geschieden.
Meine ExFrau ist seit ihrer Kindheit schwerbehindert und war schon während der letzten Ehejahre unbefristet voll erwerbsgemindert.
Nach der Trennung haben wir uns gütlich und privat auf einen festen Unterhaltsbetrag geeinigt (daher wurde der Anspruch weder im Scheidungsverfahren behandelt noch im Urteil fixiert).
Meine neue Partnerin ist der Meinung, dass deshalb kein Unterhaltsanspruch besteht, das neue Scheidungsrecht auch für mich gilt und ich die Zahlungen endlich einstellen soll.
Kann meine ExFrau den Unterhaltsanspruch wegen Krankheit nachträglich gerichtlich absichern lassen (wer trägt dafür die Kosten, wenn nicht ich)?
Falls ein Unterhaltsanspruch doch weiterhin bestehen sollte, möchte meine ExFrau die Höhe erstmals genau errechnen lassen (für den Fall fürchte ich deutlich höhere Zahlungen).
Wer errechnet denn die Höhe dieser Unterhaltszahlungen?
Muss dafür ein Anwalt eingeschaltet werden oder wie regelt man das rechtssicher?
Natürlich würde ich die Zahlungen gern einstellen, habe aber Angst, mir damit ins eigene Fleisch zu schneiden!
Im Voraus besten Dank für Eure Infos. Volker
Hallo dreamliner,
Nach der Trennung haben wir uns gütlich und privat auf einen festen Unterhaltsbetrag geeinigt (...)
Natürlich würde ich die Zahlungen gern einstellen (...)
Jetzt mal eben allen juristischen Quark beiseite gelassen - wie vertragen sich diese beiden Aussagen miteinander? Gehörst du zu den Leuten, die beim Schwur heimlich die Finger hinter dem Rücken kreuzen?
Meine neue Partnerin ist der Meinung, dass deshalb kein Unterhaltsanspruch besteht, das neue Scheidungsrecht auch für mich gilt und ich die Zahlungen endlich einstellen soll.
Aha. Hast du ihr, als ihr euch näher kennengelernt habt, deine frühere Ehe verschwiegen? Wenn ja, dann Asche auf dein Haupt, denn du hast ihr einen wichtigen Teil der Wahrheit unterschlagen. Wenn nein, dann Asche auf ihr Haupt, denn wenn ihr deine Vergangenheit nicht passt, hätte sie sich gefälligst einen anderen Partner suchen sollen.
Nix für ungut,
Malachit.
Wenn ein Staat die Leistungsgerechtigkeit zugunsten der Verteilungsgerechtigkeit aufgibt, dann kommt man bald an den Punkt, wo es mangels Leistung nichts mehr zu verteilen gibt.
Moin,
neben der Tatsache, dass Deine bisherige Zahlung wohl bisher bis zum Auftauchen Deiner Neuen für Dich ziemlich in Ordnung gewesen zu sein scheint, glaube ich, dass vor Gericht die Mischung aus "22jähriger Ehe" und "Behinderung Deiner Frau von Kindheit an" und "seit Ehezeiten unbefristet voll erwerbsgemindert /gehindert" nicht dazu führen wird, dass das Gericht der Einstellung Deiner Zahlung zustimmen wird. Denn dann muss ja Vatter Staat ran.
Ich würde auch mal hinterfragen, mit welcher Motivation sich Deine Neue da einmischt. Immerhin habt ihr euch ja friedlich darauf geeinigt.
Von welcher monatlichen Summe sprechen wir?
LBM
"Mut bedeutet nicht, keine Angst zu haben, sondern es ist die Entscheidung,
dass etwas anderes wichtiger ist als die Angst."
Hallo Malachit,
nach den wenig hilfreichen moralisierenden Einwänden erwarte ich mit Spannung Deinen fundierten juristischen Beitrag zum Thema.
Nix für ungut, Volker
Moin,
es ist zu bestimmen, ob die Grundlage für Unterhalt eheprägend ist oder nicht. Nein, weil die Erkrankung schon vor der Ehe vorlag. Ja, weil du die Frau trotz Krankheit geheiratet hattest. Das verspricht einen spannenden Prozess.
Das jüngere Urteil des OLG Celle (>hier<) mag dir als erste Richtschnur helfen, eine Entscheidung zu treffen.
Die Verteilung der Prozesskosten hängt von der Quotelung ab. Schlimmstenfalls hättest du alle Kosten zu tragen, wenn dein Anliegen durch das Gericht nicht bestätigt wird.
DeepThought
Der 15. Senat des OLG Celle befindet vatersein.de
in den Verfahren 15 UF 234/06 und 15 UF 235/06
als "professionell anmutend".
Meinen aufrichtigen Dank!
Hallo Lausebackesmama,
ich denke ähnlich und würde meine ExFrau bei Bedürftigkeit fraglos weiterhin finanziell unterstützen, aber:
durch jahrzehntelange frühere Erwerbstätigkeit sowie den bei der Scheidung durchgeführten Versorgungsausgleich verfügt sie über eine Erwerbsminderungsrente, mit der sie problemlos ihren Lebensunterhalt bestreiten kann (in dem Fall kann „Vatter Staat“ seine Kohle bedenkenlos anderswo verprassen). Ich zahle also „nur“ Aufstockungsunterhalt.
Da die Zeit Wunden - und Hoffnungen - heilt, und Geld bei uns allen fast immer auch Motivation zum Aktionismus ist, steigt bei mir mit den Jahren der Wunsch nach Rechtssicherheit.
Mit Dank für Deinen Beitrag grüßt Volker
Meine neue Partnerin ist der Meinung, dass deshalb kein Unterhaltsanspruch besteht, das neue Scheidungsrecht auch für mich gilt und ich die Zahlungen endlich einstellen soll.
Hallo,
deine neue Partnerin irrt. Wenn du die Zahlungen einstellst hast du umgehend ein Unterhaltsverfahren an der Backe, und das bezahlst du nicht nur sondern verlierst es auch. Daher solltest du schön anständig bleiben und weiter den vereinbarten Aufstockungsunterhalt zahlen. Bei einem Verfahren könnte der übrigens auch deutlich höher ausfallen als bisher auf freiwilliger Basis. Und wenn dir nach Rechtssicherheit ist, dann lass' den Unterhalt einfach bei einem Notar titulieren.
/elwu
Hallo Deep Thought,
ich bin zuversichtlich, dass meine ExFrau und ich uns nach Klärung der Fakten und Rechtslage (etwa auch durch Deinen Link) außergerichtlich einigen werden.
Schließlich sind wir mündige Menschen mit Hang zur Effizienz, was Anwalts- und Gerichtskosten betrifft.
Deshalb habe ich auch meine / unsere Fragen zunächst einmal hier eingestellt.
Danke für Deinen hilfreichen Beitrag, Volker
Hallo Elwu,
ich gestehe, dass ich meine ExFrau mit dem Hinweis auf das neue Scheidungsrecht aufgeschreckt habe. Jetzt „sammeln“ wir beide Urteile, Beiträge usw. für unser nächstes Zusammentreffen.
Wenn ich das richtig verstehe, muss der Unterhaltsanspruch also nicht zwingend in der Scheidungsurkunde fixiert sein.
Offen blieb hier bisher die Frage:
Ist für die Ermittlung der Unterhaltshöhe die Hinzuziehung eines Anwaltes notwendig? In welcher Form muss der Vorgang abgewickelt werden usw.?
Danke und Gruß, Volker
Moin nochmal,
Ist für die Ermittlung der Unterhaltshöhe die Hinzuziehung eines Anwaltes notwendig? In welcher Form muss der Vorgang abgewickelt werden usw.?
Es gehen mdl. Absprachen, Handschlag, Bierdeckel, privater Vertrag, notarielle Beurkundung. Alleinig letzteres liefert die Möglichkeit der Vollstreckung. Im Falle der Nichtzahlung deinerseits kann die Ex ihren Anspruch vollstrecken lassen.
Rechtssicherheit bietet dir keine der genannten Möglichkeiten, weil die Ex als im Nachteil stehend betrachtet werden könnte. Sie muss ja schließlich angesichts ihrer Situation jede Handreichung deinerseits dankbar annehmen.
DeepThought
Der 15. Senat des OLG Celle befindet vatersein.de
in den Verfahren 15 UF 234/06 und 15 UF 235/06
als "professionell anmutend".
Meinen aufrichtigen Dank!
Hallo Volker,
Offen blieb hier bisher die Frage: Ist für die Ermittlung der Unterhaltshöhe die Hinzuziehung eines Anwaltes notwendig? In welcher Form muss der Vorgang abgewickelt werden usw.?
Hm, wenn und solange ihr euch einig seid, und solange nicht aus anderen Gründen staatliche Stellen mit im Boot sind, braucht ihr natürlich überhaupt nichts dergleichen - so, wie ihr euch auch bislang "gütlich und privat auf einen festen Unterhaltsbetrag geeinigt" habt. Im ersten Moment würde ich sagen: Wenn überhaupt, dann zieht einen Anwalt erst mal nur für eine "Was-wäre-wenn"-Abschätzung hinzu - d.h. er kann euch ein Gefühl dafür geben, in welcher Bandbreite sich ein Gerichtsurteil mutmaßlich bewegen würde, wenn einer von euch beiden es darauf ankommen lässt. Also eine möglicherweise etwas präzisere Abschätzung dessen, was ihr durch eure eigene Durchsicht von bestehenden Urteilen bereits auf eigene Faust zu ermitteln versucht.
Wenn du oder sie oder ihr beide mehr Rechtssicherheit wollt, würde ein notarieller Vertrag zwischen euch beiden die Angelegenheit bereits relativ gut absichern. Ihr müsst euch halt vorher einig sein (mit oder ohne anwaltliche Hilfe), was in diesem Vertrag drin stehen soll; der Notar bringt das dann in eine juristisch verwertbare Form. Wirkliche Rechtssicherheit gibt es aber wohl nur durch ein Gerichtsurteil mit allem drum und dran. Bei einem notariellen Vertrag solltest du auf Ausstiegsklauseln für Notfälle achten - nicht, dass dir ein einigen Jahren etwas ähnlich Schlimmes wie deiner Ex passiert, und du dann trotzdem für sie in bestehender Höhe weiterzahlen musst.
Nur zur Sicherheit nachgefragt: Die Rente, die deine Ex bezieht - die kann hoffentlich nicht gekürzt werden, wenn sie Anspruch auf Unterhalt von dir hat? Ich glaub' zwar nicht, dass da bei einer Erwerbsminderungsrente eine Gefahr besteht, aber damit kenne ich mich halt überhaupt nicht aus. Es gibt aber unzählige Geschichten hier im Forum, wo z.B. die ARGE Zahlungen zu kürzen versucht wegen der vorrangigen Unterhaltspflicht eines Ex-Partners - solche Geschichten meinte ich gerade mit "solange nicht aus anderen Gründen staatliche Stellen mit im Boot sind".
Viele liebe Grüße,
Malachit.
P.S. Deep war schneller, ich schicke die Antwort trotzdem mal ab.
Wenn ein Staat die Leistungsgerechtigkeit zugunsten der Verteilungsgerechtigkeit aufgibt, dann kommt man bald an den Punkt, wo es mangels Leistung nichts mehr zu verteilen gibt.
ich gestehe, dass ich meine ExFrau mit dem Hinweis auf das neue Scheidungsrecht aufgeschreckt habe. Jetzt „sammeln“ wir beide Urteile, Beiträge usw. für unser nächstes Zusammentreffen.
Ist für die Ermittlung der Unterhaltshöhe die Hinzuziehung eines Anwaltes notwendig? In welcher Form muss der Vorgang abgewickelt werden usw.?
Hallo,
und was macht ihr dann mit diesen urteilen und Beiträgen usw? Kennt ihr euch beide hinreichend gut aus auf dem weiten Feld der Unterhaltsberechnung und -Rechtssprechung dass ihr euch zutraut, ein für beide Seiten faires Erggebnis zu verhandeln? Und nein, ein Anwalt ist dazu nicht notwendig. Ihr könnt euch einigen wie ihr lustig seid. Und das anschließend beim Notar beurkunden lassen. Das ist der preiswerteste und auch vernünftigste Weg. Wenn allerdings das Verhandlungsergebnis grob einseitig zum Nachteil deiner Ex ausfällt, kann sie das später anfechten mit guter Aussicht auf Erfolg. Daher und wegen der Vorgeschichte rate ich dir, anständig und fair zu sein bei der Unterhaltsberechnung. Wenn du die nötigen Daten zum Einkommen, Rente etc lieferst, können wir hier eine Abschätzung beisteuern.
/elwu
Hallo Malachit,
Danke für Deinen umfangreichen Beitrag.
Ein Anruf heute morgen beim Amtsgericht hat meine Illusion zunichte gemacht, eine Überprüfung des Unterhaltsanspruches bzw. Feststellung der Unterhaltshöhe vom Gericht ohne Anwalt durchführen zu lassen. Dort herrscht seit September vergangenen Jahres Anwaltszwang.
Die Erwerbsminderungsrente meiner ExFrau wird nicht gekürzt , wohl aber bei der Ermittlung der Berechnungsgrundlage für den Unterhalt angerechnet.
Bei dem Versuch, diese Grundlage zu ermitteln, bin ich zu der Erkenntnis gekommen, dass ich wohl besser schnell zurück rudere.
Ich erhalte Familienzuschlag und jährlich eine saftige Steuererstattung aus den Unterhaltszahlungen. Meine ExFrau versteuert die Zahlungen und zahlt als freiwillig Versicherte einen deftigen Krankenkassenbeitrag. Der verbleibende Rest ist dann gar nicht mehr so üppig für sie.
Falls wir doch in der von Dir vorgeschlagenen Form beim Anwalt landen, werde ich auf die "Ausstiegsklausel" hinweisen.
Mit bestem Dank grüßt Volker
Hallo elwu,
wenn ich das - inzwischen - richtig einschätze, hat sich meine ExFrau bisher nie um ihre tatsächlichen Ansprüche gekümmert.
Erst durch mein Verhalten geht sie jetzt auf Konfrontationskurs.
Sofern sie weiter darauf besteht, werden wir wohl gemeinsam einen Anwalt konsultieren, und anschließend mit den dann vorliegenden Daten eine - hoffentlich - neue alte Vereinbarung ausloten.
Freundlich grüßt Volker
Hallo elwu,
wenn ich das - inzwischen - richtig einschätze, hat sich meine ExFrau bisher nie um ihre tatsächlichen Ansprüche gekümmert.
Erst durch mein Verhalten geht sie jetzt auf Konfrontationskurs.Sofern sie weiter darauf besteht, werden wir wohl gemeinsam einen Anwalt konsultieren, und anschließend mit den dann vorliegenden Daten eine - hoffentlich - neue alte Vereinbarung ausloten.
Freundlich grüßt Volker
Laufe nach dem Glück, doch renne nicht zu sehr,
denn alle rennen nach dem Glück,
das Glück rennt hinterher.