Hallo zusammen,
[gefrustete Bemerkungen in eckigen Klammern bitte ich bei Nichtgefallen zu ignorieren.]
Die Beiträge hier sind im allgemeinen Recht informativ und es tut gut, zu lesen, dass man nicht alleine ist. Da aber ja jeder Einzelfall anders ist, dachte ich mir, ich frage jetzt auch mal meine Fragen an meinem Beispiel...
Ich will einfach nur wissen, ob ich zu viel zahle....
Vorweg, die Trennung etc. ist "gut" verlaufen. Sie hat wieder geheiratet und ist weggezogen. Fürs OLG gilt also Wohnort der Kinder. In meinem Fall ist das OLG Celle zuständig.
Mal angenommen, mein Bruttogehalt läge bei 8100 pro Monat. Das wären 4849,22 netto [ist an sich ja schon ein Hohn... aber Lohnsteuer sind ein anderes Thema.]
Dann dürfte ich 4% (324 EUR) zusätzliche Altersvorsorge machen, und eine Lebensversicherung 35 EUR abziehen. Außerdem 5% von Netto berufsbedingte Aufwendungen (242,46 EUR) [Dankenswerter Weise in Celle nicht gedeckelt]. Sowie 42 cent pro km und Tag Fahrt zur Arbeit (15km einfache Strecke) = 0,42 x 30 x 20 (Tage)= 252 EUR.
Außerdem fallen im Monat 120 EUR Bahnkosten an, mit denen die Kinder zu mir kommen. [Auch hier hab ich mit Celle wohl Glück.]
Das bereinigte Netto wäre also 4949,22 - 35,00 € - 324,00 € - 242,46 € - 252,00 € - 120,00 € = 3875,75 EUR
[jaja, dazu kommt noch ggf. Steuerrückerstattung und Bonus (was ist das?)]
Also bin ich in Stufe 6 (3701-4100). Drei Kinder (14, 14, 11) also Stufe 5 (3301-3700).
Das heißt ich zahle 649,00 € + 649,00 € + 537,00 € = 1.835,00 € Unterhalt.
Hab ich bis hierhin irgendwelche Denk- oder Rechenfehler?
Soweit, so ... naja.
Fragen: Welcher Betrag wird mit dem Bedarfskontrollbetrag verglichen?
- Netto minus Unterhalt? oder
- bereinigtes Netto minus Unterhalt?
Letzteres wäre dann nämlich 3.875,76 € - 1.835,00 € = 2.040,76 € also unter 2050 (Kontrollbetrag der Stufe 5).
Oder muss ich den der Stufe 6 nehmen?
Was passiert, wenn ich (weil Bedarfskontrollbetrag unterschritten) in Stufe 4 lande? Welcher Bedarfskontrollbetrag wird dann genommen? Stufe 4, 5 oder 6?
Wie ist das mit Miete? Der Bedarfskontrollbetrag wird nicht erhöht, oder? (Also Miete - 580 EUR)
Da muss ich dann den notwenigen Eigenbedarf berechnen (Miete 1200 - 580 = 620). Eigenbedarf 1450 + 620 = 2070.
[Und zum Ende: Mit welchem Recht hat die Mutter 1835 + 3*250 Kindergeld = 2585 EUR + plus eigenes Einkommen, aber ich hab nur noch 2040 EUR (minus Miete nur noch 840 EUR also 28 EUR am Tag)!!?]
Und abschließend noch: Unterhaltsempfänger können sich ja kostenlos beim Amt beraten lassen. Gibt’s nicht auch (außer Euch Engeln und Engelinnen) nicht kostenlose Beratungsangebote für Unterhaltsleistende?
Ich bin echt dankbar für alle Unterstützung, Rat, Zuspruch und Trost....
Hallo ,
hab's bislang nur überflogen, aber hier ist ein Denkfehler:
Außerdem 5% von Netto berufsbedingte Aufwendungen (242,46 EUR) [Dankenswerter Weise in Celle nicht gedeckelt]. Sowie 42 cent pro km und Tag Fahrt zur Arbeit (15km einfache Strecke) = 0,42 x 30 x 20 (Tage)= 252 EUR.
Es gibt entweder die pauschalen 5 %, oder du machst alle berufsbedingten Kosten einzeln geltend, einschließlich der Fahrtkosten anhand so einer Kilometerberechnung. Beides gleichzeitig bekommst du nicht,
Viele liebe Grüße,
Malachit.
Wenn ein Staat die Leistungsgerechtigkeit zugunsten der Verteilungsgerechtigkeit aufgibt, dann kommt man bald an den Punkt, wo es mangels Leistung nichts mehr zu verteilen gibt.
Hallo mike85,
so wie's aussieht, bin ich der Überbringer der schlechten Nachrichten.
Das bereinigte Netto wäre also 4949,22 - 35,00 € - 324,00 € - 242,46 € - 252,00 € - 120,00 € = 3875,75 EUR
Die obigen Zahlen ergeben 3.975,76 Euro. Ich nehme an, ein Flüchtigkeitsfehler bei der ersten Zahl? Du hattest nämlich vorher was von 4.849,22 Euro netto geschrieben, dann stimmt's wenigstens rechnerisch wieder.
Nur, neben der vorgestern schon erwähnten Geschichte mit dem Entweder-Oder hinsichtlich der berufsbedingten Kosten, da gibt's noch ein paar weitere Missverständnisse. Das meiste davon leider zu deinen Ungunsten.
Dann dürfte ich 4% (324 EUR) zusätzliche Altersvorsorge machen, und eine Lebensversicherung 35 EUR abziehen.
Zunächst einmal - bis zur Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung sind's diese 4 %, aber für das, was darüber hinaus geht, sogar 18,6 % plus 4 %; siehe Leitlinien OLG Celle. Du könntest also, überschlägig gerechnet, sogar mehr als vierhundert Euro monatlich geltend machen.
Der Knackpunkt ist aber: Das ist eine Obergrenze, keine Pauschale! Die Celler Leitlinien sagen dazu ja auch: "Altersvorsorge von bis zu 4 % seines jeweiligen Gesamtbruttoeinkommens".
Die 35 Euro für die Lebensversicherung kannst du problemlos geltend machen, der Betrag liegt weit unter deiner persönlichen Obergrenze - oder anders herum gesagt, falls dir eine passende Möglichkeit für eine zusätzliche Altersvorsorge über den Weg läuft, dann ließe sich da noch einiges in der Unterhaltsberechnung geltend machen. Eine Pauschale für zusätzliche Altersvorsorge gibt's aber nicht, da muss man Belege liefern können, welchen Betrag man tatsächlich in so eine Altersvorsorge steckt.
Sowie 42 cent pro km und Tag Fahrt zur Arbeit (15km einfache Strecke) = 0,42 x 30 x 20 (Tage)= 252 EUR.
Bei solchen Berechnungen wird üblicherweise nicht der Monat mit 20 Tagen angesetzt, sondern es wird berücksichtigt, dass man ja auch mal Urlaub hat. Eine typische Berechnung geht von 220 Arbeitstagen im Jahr aus, das wäre bei dir dann ( 0,42 x 30 x 220 ) / 12, also 231 Euro im Monat.
Wenn du keine weiteren berufsbedingten Kosten hast, dann bist du mit der Fünf-Prozent-Pauschale besser bedient, also rechne ich mit 242 Euro berufsbedingten Kosten weiter. Überlege aber bitte, ob du neben den Fahrtkosten nicht doch noch irgendwelche anderen Dinge geltend machen könntest.
[jaja, dazu kommt noch ggf. Steuerrückerstattung und Bonus (was ist das?)]
Nun ja, wenn du eine Steuerrückzahlung bekommst und/oder irgendwelche Sonderzahlungen zusätzlich zu deinem Monatsgehalt (Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Erfolgsprämien, ...), dann wird das monatsanteilig auf dein unterhaltsrelevantes Netto draufgeschlagen.
Beispiel: Wenn du 600 Euro von der Steuer zurück bekommst, dann erhöht sich dein bereinigtes Netto für die Unterhaltsberechnung um 50 Euro. Da du aber keine Angaben gemacht hast, ob so etwas bei dir vorliegt bzw. wieviel, rechne ich erst mal mit den bislang bekannten Dingen weiter.
Bis hierhin hätten wir also: Nettoeinkommen 4.849 Euro, abzüglich tatsächliche Altersvorsorge 35 Euro, abzüglich berufsbedingte Kosten 242 Euro, abzüglich Umgangskosten 120 Euro. Das ist also ein bereinigtes Netto von 4.452 Euro.
Somit rechnerisch Zeile 7 in der Düsseldorfer Tabelle 2024 (Einkommensgruppe 4.101 Euro bis 4.500 Euro). Wie du richtigerweise bemerkt hast, bei drei Kindern geht's eine Zeile runter, also läuft es auf Zeile 6 hinaus. Zahlbetrag für die beiden älteren Kinder somit je 701 Euro, für das elfjährige Kind 581 Euro. In Summe also 1.983 Euro, und ab dem 12. Geburtstag des jüngsten Kindes wird's nochmal teurer.
Dann, die Sache mit dem Bedarfskontrollbetrag. Grundsätzlich ist das beim OLG Celle möglich, bei dir ist der Bedarfskontrollbetrag für Zeile 6 maßgeblich, also 2.150 Euro. Ausgehend von 4.849 Euro und 1.983 Euro Unterhalt landest du bei 2.866 Euro, mit dem "normalen" Bedarfskontrollbetrag ist also kein Blumentopf zu gewinnen.
Nun hatten wir hier aber gerade erst den Fall eines Unterhaltszahlers, der ebenfalls drei Kinder hat, und der seine erhöhten Wohnkosten anerkannt bekommen hat - allerdings war das OLG München, nicht OLG Celle. In der Düsseldorfer Tabelle sind nur 520 Euro für Warmmiete vorgesehen (was in großen Teilen Deutschlands ein schlechter Witz ist), und in jenem anderen Fall wurden die darüber hinausgehenden Wohnkosten auf den Bedarfskontrollbetrag draufgeschlagen. Und ja, es sind 520 Euro pauschale Wohnkosten, wenn es um den Kindesunterhalt geht, nicht 580 Euro wie von dir angegeben (letzteres wäre maßgeblich beim Ehegattenunterhalt).
Du hast eine Miete von 1.200 Euro, also 680 Euro mehr als in der Düsseldorfer Tabelle vorgesehen. Wenn man also bei dir analog zu dem anderen Fall rechnen würde, dann würde sich der Bedarfskontrollbetrag von 2.150 Euro auf 2.830 Euro erhöhen, aber da du nach Abzug von Unterhalt bei 2.866 Euro landest, ist der Bedarfskontrollbetrag gerade eben so noch nicht verletzt. Also ließe sich leider nicht einmal hiermit eine Herunterstufung in die nächst niedrigere Zeile begründen.
Sicherheitshalber nachgefragt: Diese 1.200 Euro sind schon die Warmmiete, oder? Wenn da nämlich noch die Nebenkosten obendrauf kommen, dann dürfte der erhöhte Bedarfskontrolle allerdings gerissen sein!
Viele liebe Grüße,
Malachit
Wenn ein Staat die Leistungsgerechtigkeit zugunsten der Verteilungsgerechtigkeit aufgibt, dann kommt man bald an den Punkt, wo es mangels Leistung nichts mehr zu verteilen gibt.
Hallo mike85,
[...]
Dann, die Sache mit dem Bedarfskontrollbetrag. Grundsätzlich ist das beim OLG Celle möglich, bei dir ist der Bedarfskontrollbetrag für Zeile 6 maßgeblich, also 2.150 Euro. Ausgehend von 4.849 Euro und 1.983 Euro Unterhalt landest du bei 2.866 Euro, mit dem "normalen" Bedarfskontrollbetrag ist also kein Blumentopf zu gewinnen.
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Hallo malachit,
danke für Deine (und die der anderen) Erläuterungen und Korrekturen, auch wenn die teilweise ernüchternd sind.
Eine Nachfrage habe ich aber noch, Du ziehst den Unterhalt vom unbereinigten Nettoeinkommen ab. Hat das einen Grund?
Ich habe Folgendes dazu gefunden:
Edit: Links gehen hier wohl nicht.
1. Quelle Kommentar eines Anwalts auf einer Frage den Anwalt Seite
letzter Kommentar (vom Anwalt): " ... Der Bedarfskontrollbetrag wäre dann der Betrag, der Ihrem Sohn nach Abzug der Unterhaltszahlung unter Maßgabe des bereinigten Nettoeinkommens verbleiben müsste. ..."
2. Quelle redaktioneller Artikel auf einer Internetseite. (Fettschrift-Hervorhebungen im Original):
"Bei mehreren Kindern addieren Sie jetzt alle Zahlbeträge und ziehen diesen Betrag von Ihrem bereinigten Nettoeinkommen ab. Liegt der Wert über dem Bedarfskontrollbetrag Ihrer Einkommensstufe, den Sie der letzten Spalte der Düsseldorfer Tabelle entnehmen können, sind Sie mit der Berechnung schon fertig. Liegt der Wert darunter, berechnen Sie den Unterhalt mit der nächstniedrigeren Einkommensstufe und wiederholen diesen Schritt so lange, bis Sie den Bedarfskontrollbetrag nicht mehr unterschreiten."
Links kann ich gerne weitergeben.
Das ergibt für mich auch mehr Sinn, denn das Geld, das ich beim bereinigen abziehe habe ich ja nicht zur Verfügung, oder?
Danke.
Hallo Mike,
Eine Nachfrage habe ich aber noch, Du ziehst den Unterhalt vom unbereinigten Nettoeinkommen ab. Hat das einen Grund?
Äh, nein. Da hatte ich seinerzeit wohl einfach die falsche Zahl von weiter oben übernommen.
Korrekt wäre also gewesen: Bereinigtes Netto von 4.452 Euro, abzüglich 1.983 Euro Unterhalt ergibt 2.469 Euro, was aber immer noch oberhalb des regulären Bedarfskontrollbetrags von 2.150 Euro liegt. Mit einem erhöhten Bedarfskontrollbetrag aufgrund der hohen Wohnkosten ließe sich also eventuell eine Herabstufung begründen, aber ich kann natürlich nicht beurteilen, wie gut oder schlecht die Erfolgsaussichten bei "deinem" Gericht sind.
Danke jedenfalls für deine Nachfrage!
Viele liebe Grüße,
Malachit
Wenn ein Staat die Leistungsgerechtigkeit zugunsten der Verteilungsgerechtigkeit aufgibt, dann kommt man bald an den Punkt, wo es mangels Leistung nichts mehr zu verteilen gibt.