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Ist mein KU-Titel nicht "dynamisch genug"? (Achtung, etwas länger...)

 
(@alkan)
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Hallo Forum-Sachkundige, -Experten und -Betroffene!

Bin neu im Forum, Trennungsvater (Kind ist 12) und suche momentan Rat in Sachen „Kindesunterhalt“ und „Titulierung“.
Ich kommuniziere mit dem JA ausschließlich schriftlich – so kann ich nicht nur die Widersprüche und Ungerechtigkeiten für irgendeine Nachwelt dokumentieren, sondern mir auch einbilden wenigstens etwas Spaß daran zu haben es mit der Beantwortung meiner Fragen zu beschäftigen. Die guten Damen dort versuchen mich jedenfalls über den Tisch zu ziehen und die dabei entstehende Reibungshitze als Nestwärme zu verkaufen. Das SGB VIII ist nicht mein Latein, und mir sind Fristen gesetzt.
Für jedes Statement – qualifizier oder nicht – bin ich dankbar.

Ich fange mit der Unterhaltshöhe an, da mir das „unstrittiger“ erscheint:
Das JA hat mich nach Bereinigung des Einkommens in Gruppe 2 der DT eingestuft, und sogleich in Gruppe 3 befördert, da ich nur einem Kind Unterhaltsverpflichtet bin. Weitere von mir geltend gemachten „Besonderheiten“ gab es an berücksichtigen zu wollen, und zwar derart, dass eine Höherstufung um „nur“ eine Gruppe erfolgen sollte:

Unter Berücksichtigung der von Ihnen geltend gemachten Rückzahlungsverpflichtung ergab sich nunmehr ein unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen in Höhe von  €. Die Einstufung führte damit nur noch in die Gruppe 2 der DT. Der Einkommensbetrag lag nun am oberen Rand der Einkommensspanne (1501 - 1900 €). Wieder folgte die Prüfung der Höherstufung. Da Sie nur eine Unterhaltsverpflichtung haben, wäre, wie ich bereits ausführte, die Höherstufung um 2 Gruppen möglich gewesen und insbesondere aufgrund der Tatsache, dass Ihr Einkommen am oberen Rand der Einkommensspanne liegt, auch zweifelsfrei vorgenommen worden. Aber ich habe Ihrer Bitte entsprochen, Ihre besonderen Umstände bei der Einstufung in die Tabelle zu berücksichtigen und daher die Höherstufung entgegen der üblichen Praxis auf eine Gruppe beschränkt.

Konstrukt:
*X hat ein Kind und verdient 1905 €. Weil X am unteren Rand der Gruppe 3 liegt erfolgt eine Höherstufung um 1 Gruppe und X zahlst nach Gruppe 4.
*Y hat ein Kind und verdient 1895 €. Weil Y am oberen Rand der Gruppe 2 liegt erfolgt eine Höherstufung um 2 Gruppen und Y zahlst – wie auch der maßgeblich mehr verdienende X – ebenfalls nach Gruppe 4. Das ist doch Humbug, oder ?
Hiernach wäre also, bei nur einem Unterhaltsberechtigten, die individuelle Position innerhalb einer Einkommensgruppe der DT (und nicht die Einkommensgruppe selbst!) entscheidend für die Höhe des zu zahlenden Unterhalts? Ist das eine zulässige Differenzierung?

Natürlich drängt das (neue) JA auf eine baldige "freiwillige" Titulierung seiner zweifelhaften Forderungen, womit ich bei meinem nächsten Dilemma bin:

Ich habe bereits einen Gerichtstitel (per Vergleich aus einer Korrekturkage aus dem Jahr 2005):

Der Kläger verpflichtet sich, ab 01. Januar 2006 zumindest Unterhalt in Höhe der jeweiligen Regelbeträge und gemäß den Altersstufen der jeweiligen Regelbetragverordnung - § 2 - abzüglich Kindergeldanteil gemäß § 1612 b BGB Satz 5 monatlich im Voraus zu zahlen.

Das JA nun hierzu:

Die bestehende Titulierung, der Vergleich, ist nicht mehr ausreichend, da eine erhebliche Veränderung Ihrer Verhältnisse sowie der daraus folgenden Unterhaltsansprüche Ihres Kindes eingetreten ist und dies gemäß § 239 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) vom 17.12.2008 einen Abänderungsgrund der bestehenden Verpflichtung darstellt.

Und dann noch:

Eine Neubeurkundung ist zwingend erforderlich, da es sich bei dem bestehenden Unterhaltstitel um einen Regelbetragstitel nach § 2 RBVO handelt, der nicht mehr zutrifft und lediglich eine Unterhaltsverpflichtung von 94,2 % Mindestunterhalt errechnet.

Meine Frage nun: Muss ich überhaupt einen neuen Titel unterzeichnen, bzw. ist der Alte nicht „dynamisch genug“?

alkan grüßt dankend

Zitat
Themenstarter Geschrieben : 05.02.2010 21:32
(@malachit)
(Fast) Eigentumsrecht Moderator

Hallo alkan,

erst mal, willkommen hier.

Da Sie nur eine Unterhaltsverpflichtung haben, wäre, wie ich bereits ausführte, die Höherstufung um 2 Gruppen möglich gewesen

Von wann ist dieser Schriebs? Seit dem 6. Januar 2010 ist allgemein bekannt, dass es aus prinzipiellen Gründen überhaupt keine Höherstufung um zwei Zeilen mehr geben darf, denn die Düsseldorfer Tabelle 2010, die an diesem Tag veröffentlicht wurde, sagt in Anmerkung 1 glasklar: Anders als früher geht die DT nur noch von zwei und nicht mehr von drei Unterhaltsberechtigten aus.

Die Sache, dass eine Hochstufung davon abhängt, wo man sich innerhalb der Einkommensbandbreite der jeweiligen Zeile aufhält, höre ich zum ersten Mal. Allerdings, da Familienrichter einen recht großen Ermessensspielraum haben (und diesen je nach Lust und Laune auch gerne großzügig überschreiten), kann das vor dem Familiengericht natürlich durchaus passieren. Die Betonung liegt aber auf dem Satzteil "vor dem Familiengericht" - so etwas entscheidet immer noch ein Richter, und nicht irgendeine Tussi vom Jugendamt.

Viele liebe Grüße,

Malachit.

Wenn ein Staat die Leistungsgerechtigkeit zugunsten der Verteilungsgerechtigkeit aufgibt, dann kommt man bald an den Punkt, wo es mangels Leistung nichts mehr zu verteilen gibt.

AntwortZitat
Geschrieben : 05.02.2010 21:51
(@alkan)
Schon was gesagt Registriert

Vielen Dank für die erste Antwort, Malachit!

Das besagte Schriebs des JA ist gerade vom 6. Januar 2010! Auch die Bedeutung der Positionierung innerhalb einer Einkommensgruppe ist auf das "Ermessen" des JA - nicht des Gerichts - zurückzuführen. Daher traue ich denen nicht, befinde mich aber im Zugzwang...

Viele Grüße
alkan

AntwortZitat
Themenstarter Geschrieben : 05.02.2010 22:16
(@malachit)
(Fast) Eigentumsrecht Moderator

Hallo alkan,

Das besagte Schriebs des JA ist gerade vom 6. Januar 2010!

So ein Zufall aber auch ... 😉

Aber, ich drehe die Sache mal andersherum. Das JA will dich in Zeile 3 der DT einsortieren, das ist bei einem zwölfjährigen Kind ein Zahlbetrag von 377 Euro. Soweit ich sehe, ist diese Berechnung korrekt. Wenn du ein Netto-Einkommen knapp unterhalb von 1900 Euro hast, dann ist das ohne Zweifel die Zeile 2, und wenn du nur für ein Kind und niemanden sonst unterhaltspflichtig bist, dann wirst du um die Hochstufung in Zeile 3 nicht herumkommen. Wenn es sich um eine Neuberechnung handeln würde, dann könnte man der JA-Tussi nur den einen Vorwurf machen: Dass sie irgendetwas von "besonderen Umständen" und "entgegen der üblichen Praxis" schwafelt und damit den Eindruck erwecken will, sie würde dir eine besondere Gnade erweisen - während sie in Wirklichkeit, nach dem Stand vom 6. Januar 2010, lediglich geltendes Recht anwendet. Allerdings ist letzteres für die üblichen Standards deutscher Jugendämter schon mehr, als man erwarten kann 😉

Wenn ich dich richtig verstehe, ist deine zentrale Frage aber eine andere:

Muss ich überhaupt einen neuen Titel unterzeichnen

Oder anders gesagt: Kannst du dich nach wie vor auf die alte Regelung berufen, die für dich anscheinend günstiger ist?

Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht mit Sicherheit. Vermutlich aber eher nicht. KM und/oder Jugendamt können alle zwei Jahre Einkommensauskunft von dir verlangen und bei wesentlichen Änderungen auch den Unterhalt neu festsetzen. Im Streitfall muss dann ein Richter entscheiden, aber so wie die Zahlen aussehen, vermute ich: Dieses Verfahren würdest du anstandslos und kostenpflichtig verlieren. Ist aber nur meine Meinung, vielleicht weiß hier sonst jemand, wie mit solchen Fällen zu verfahren ist.

Viele liebe Grüße,

Malachit.

Wenn ein Staat die Leistungsgerechtigkeit zugunsten der Verteilungsgerechtigkeit aufgibt, dann kommt man bald an den Punkt, wo es mangels Leistung nichts mehr zu verteilen gibt.

AntwortZitat
Geschrieben : 05.02.2010 23:01
(@oldie)
(Fast) Eigentumsrecht Registriert

Hi alkan

Eine Abänderung eines bestehenden dyn. Titels macht nur Sinn, wenn das EK des Pflichtigen sich geändert hat. Ansonsten hast Du vollkommen Recht: eine Steigerung der Eigenschaft "dynamisch" ist irgendwie witzig. Daher: Willkommen im Unterhaltsrecht mit all seinen Facetten.

Apropos §239 FamFG. Der erlaubt für sich alleine keinesfalls eine Abänderung eines Titels, hier gehen dem JA wohl die Pferde durch.

(2) Die weiteren Voraussetzungen und der Umfang der Abänderung richten sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts.

Daher, es bleibt beim BGB, den URL und der Weisheit der Rechtssprechung - alles wie gehabt. Einziger Unterschied ist der Absatz 1. Jetzt wurde das Abänderungsrecht des Pflichtigen expliziet benannt - vorher war es eine Grauzone, welche immernoch in diese unsägliche 6-Monatsfrist für Einkommensabsenkungen und ihrem fiktiven Ausgleich fortwirkt

Allerdings: Mit einem EK zw. 1500-1900€ und nur einem UH-Berechtigten steht ebenso fest, dass eine Einstufung in die 3.Einkommensstufe übliche Rechtspraxis ist. Dies entspricht einem Prozentsatz für den Titel über 110%. Du wirst nicht drum herum kommen, eine Titelabänderung bei derzeitigen titulierten 94,2% zu unterzeichnen. Aber Du kannst natürlich gerne dem JA-MA noch etwas Hilfe bei der Interpretation von Gesetzestexten zukommen lassen - der braucht es anscheinend wirklich. Wie wär's mit 'ner Wette? Er zeigt Dir die Ermessensentscheidung bei der Einstufung im Gesetz oder in der Rechtssprechung und Du zeichnest daraufhin entsprechend den Titel, oder es erfolgt keine Höherstufung. Das hat doch irgendwie seinen Reiz. 😉

Gruss oldie

Wenige sind das, was sie vorgeben zu sein.
Und wenn ich es mir recht überlege - niemand.

AntwortZitat
Geschrieben : 05.02.2010 23:04
(@alkan)
Schon was gesagt Registriert

Herzlichen Dank für Euere Antworten - sie helfen beim Entscheiden.
Ich werde nun wohl doch einen neuen Titel Unterschreiben, aber aus Prinzip nach Gruppe 2, und es, unter Berufung auf die versprochene Berücksichtigung der "Besonderheiten" - zumindest zunächst - darauf ankommen lassen...
Grüße von alkan

AntwortZitat
Themenstarter Geschrieben : 06.02.2010 00:33