Ich bin seit drei Monaten geschieden und aus dem gemeinsamen Haus ausgezogen. Meine Frau ist mit dem Kind in dem Haus wohnen geblieben. Die ortsübliche Miete für das Haus (keine Belastungen) beträgt 1.000 Euro. Da uns das Haus je 50/50 gehört, verlange ich von ihr eine Miete von 500 Euro / Monat.
Leider weigert sie sich beharrlich Miete an mich zu bezahlen. Daher hat sie nachehelichen Unterhalt beantragt. Laut der Berechnung meines Anwaltes steht ihr dieser jedoch nicht zu. Sie hat mir bereits angekündigt, dass sie das Verfahren des nachehelichen Unterhalts möglich lange hinauszögern wird, da gründsätzlich die Unterhaltsberechnung vorrangig vor dem Wohnwert ist.
Wie würdet ihr in diesem Fall verfahren: Soll ich eine Klage einreichen und eventuell das Verfahren verlieren, sollte sich doch ein nachehelicher Unterhalt ergeben?
Danke und Grüsse
Christian
Hi Christian,
Zunächst eine Klarstellung zur Begrifflichkeit: Wohnwert ist das, was ihr im Rahmen einer Unterhaltsberechnung als fiktives Einkommen (aufgrund der Nichtvermietung) für die Nutzung der Immobilie angerechnet wird. Was Du möchtest, ist eine Nutzungsentschädigung.
Es ist auch richtig, dass Du keine Nutzungsentschädigung verlangen kannst, wenn der Wohnwert Deines Anteils zu Lasten Deiner Ex in eine Unterhaltsberechnung eingeflossen ist. Ich sehe allerdings keinen Vorrang einer Verwertung (aber nur Deines Anteils!) im Rahmen einer Unterhaltsberechnung, so lange keine doppelte Verrechnung erfolgt, sondern vielmehr ein Wahlrecht. Ich habe düster in Erinnerung, dass es dazu auch höchstrichterliche Rechtsprechung gab.
Allerdings ist nunmehr das Unterhaltsverfahren anhängig und da würde ich nicht ohne Not ein zweites Verfahren eröffnen.
Wichtig ist jetzt, dass Du Deinen Anspruch auf Nutzungsentschädigung nachweisbar geltend machst. Dann ist es völlig egal, wie lange sich ein Verfahren hinzieht, zumindest bis zu einer eventuellen Verjährung. Wenn das Verfahren über den nachehelichen Unterhalt abgeschlossen ist, klagst Du die Rückstände ein, pfändbares Vermögen ist durch die Immobilie ja ausreichend vorhanden.
Wichtig ist ferner, dass im Beschluss zum Unterhaltsverfahren ganz klar eine Berechnung enthalten ist, aus der die Nichtanrechnung eines Wohnwertes (bezüglich Deines Anteils!) hervorgeht. Sonst führt ihr die Diskussion im neuen Verfahren noch einmal.
Gruss von der Insel
Moin,
üblicherweise fließt der Nutzungsausfall in die Berechnung des Unterhalts mit ein. Da wird es weniger Unterhalt, wofür du auf den Nutzungsausfall verzichtest bzw. gegengezeichnet wird.
Gruß
Kasper
Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge zu ertragen, die ich nicht Ändern kann, den Mut, Dinge zu Ändern, die ich Ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Üblicherweise heisst aber auch, dass ein Unterhaltsanspruch besteht, was hier nicht der Fall ist.
Ich hatte einen ähnlichen Fall, allerdings nicht mit Nutzungsentschädigung sondern Gesamtschuldnerinnenausgleich des Hypothekendarlehens. Ist von der Logik her aber genau gleich. Ich habe die Ex auf halbe Hypothekenrate verklagt, sie mich auf Unterhalt. Beides lief sauber getrennt parallel, die Hypothekenrate ging halt nur nicht in die Unterhaltsberechnung ein. Ursprünglich wollte das Gericht genau aus dem o.g. Grund meinen Antrag abweisen, ich habe damals höchstrichterliche Rechtsprechung ausgegraben, die genau dieses Wahlrecht bestätigt. Rechnerisch bleibt es ja auch absolut gleich.
Hallo Inselreif,
ich habe heute mit meiner Anwältin telefoniert. Sie hat mir gesagt, dass es ein solches Urteil nicht gibt, welches ein Wahlrecht bzw. parallele Verfahren zulassen würde. Laut ihrer Aussage hat ein Unterhaltsanspruch (noch nicht von der Gegenseite gestellt) immer Vorrecht vor einer Nutzungsentschädigung.
Daher solle ich warten, ob irgendwann ein solcher Anspruch geltend gemacht wird und dann die Miete in der Aufrechnung verlangen. Ansonsten würde ich den Prozess um die Miete verlieren und das alleinige Prozessrisiko tragen.
Wer hat jetzt Recht?
Gruß
Christian
Ohne zu wissen, wer Recht hat: wurde denn schon verbindlich eine Nutzungsentschädigung von ihr gefordert, also über den Anwalt? Sonst sieht es blöd aus, wenn sie doch keinen Unterhalt geltend macht und du rückwirkend nichts bekommen solltest.
und dann die Miete in der Aufrechnung verlangen.
Also zunächst einmal - gegen Unterhalt besteht ein Aufrechnungsverbot. Du meinst eher, die Nutzungsentschädigung bei der Unterhaltsberechnung einzusetzen?!
Du musst hier bitte sehr genau unterscheiden:
1. Es besteht dem Grunde nach ein Unterhaltsanspruch:
Dann bekommt Deine Ex weniger oder gar keinen Unterhalt, weil Deine Nutzungsentschädigung in die Unterhaltsberechnung einfließt. Dann solltest Du auch nichts einklagen. Selbst wenn Deine Ex keinen Unterhalt fordert, weil Du im Gegenzug keine Nutzungsentschädigung geltend machst, reden wir hier ggf. von einer anderweitigen Bestimmung. Siehe auch BGH XII ZR 289/02.
In dieser Situation mag eine eigenständige Durchsetzung riskant sein. Aber aus meiner Sicht hat Deine Anwältin auch nur diesen Fall im Kopf.
2. Es besteht schon dem Grunde nach gar kein Unterhaltsanspruch:
Dann sehe ich überhaupt kein Problem, wenn Du Nutzungsentschädigung fordern und durchsetzen möchtest.
3. Kniffelig wird die Sache, wenn der Unterhaltsanspruch der Höhe nach so gering ist, dass nur ein Teil der Nutzungsentschädigung "verbraucht" wird. Darüber würde ich mir im Moment aber noch nicht den Kopf zerbrechen.
Also - das ist hier wichtig: _wieso_ bist Du der Auffassung, dass Deiner Ex kein nachehelicher Unterhalt zusteht?
Gruss von der Insel
PS: ich darf den Hinweis von Max noch mal unterstreichen, wie von mir weiter oben auch schon angeführt!
Danke für Eure Anmerkungen und weitergehenden Fragen, die ich gerne beantworte:
1) Meine Anwältin ist der Meinung, dass sich kein nachehelicher Unterhalt ergibt. Hierfür hat sie eine Rechnung erstellt. Die Gegenseite (Ex-Frau) ist anderer Meinung. Reicht aber nicht die Klage bei Gericht ein, sondern lässt mich zappeln.
2) Selbst wenn es einen nachehelichen Unterhalt geben würde, so wäre dieser aufgrund meines Einkommens immer geringer wie die Miete.
Danke und Grüsse
Christian
(Werde schon jetzt dieses Forum an meinen Kumpel weiterempfehlen).
Macht ja auch Sinn dich zappeln zu lassen: so lange traust du dich ja nicht die Nutzungsentschädigung geltend zu machen und so verstreicht Monat um Monat.
LG LBM
"Mut bedeutet nicht, keine Angst zu haben, sondern es ist die Entscheidung,
dass etwas anderes wichtiger ist als die Angst."
Ja, richtig! So verstreicht Monat um Monat und ich komme nicht an mein Geld.
Was soll ich jetzt machen?
Ja, richtig! So verstreicht Monat um Monat und ich komme nicht an mein Geld.
Was soll ich jetzt machen?
Du sollst hin machen und nicht rumeiern 🙂
... und was ist "hin machen"?
"Mach hinne" = komm aus dem Quark und werde aktiv 😄
"Mut bedeutet nicht, keine Angst zu haben, sondern es ist die Entscheidung,
dass etwas anderes wichtiger ist als die Angst."
Ich bin kein Mitglied und habe auch nichts von diesem Tipp: der Verband Unterhaltsrecht (ISUV) bietet vergünstigte Erstrechtsberatung für Mitglieder (ich glaube 30 Min. für 30 EUR) bei Kontaktanwälten, die sich auf Unterhaltsrecht spezialisiert haben. Die sollen ganz gute Leute haben. Ggf. da mal eine Zweitmeinung einholen?
Der Tipp deiner Anwältin macht doch auch gar keinen Sinn: wenn du erwartest, dass du weniger Unterhalt zahlen musst als die Nutzungsentschädigung betragen würde, wie willst du dann an die Differenz kommen?