Hallo Forenmitglieder,
ich habe folgendes Problem. Die Mutter meines Kindes war im September 2010 beim Jugendamt. Vorher hatten wir uns auf einen Unterhalt für meinen Sohn von 300,00 Euro geeinigt. Desweiteren habe ich alle Versicherungen meines Sohnes bezahlt und ihm oft Kleidung und Schuhe gekauft.
Das Jugendamt hat dann Auskunft von mir gefordert und mich in Verzug gesetzt.
Dieser Auskunftsanforderung bin ich sofort nachgekommen. Habe von meinem Arbeitgeber den Verdienstnachweis ausfüllen lassen, den persönlichen Auskunftzettel ausgefüllt und noch zusätzlich 2 Lohnscheinkopien beigefügt.
Vom Jugendamt habe ich seitdem nie wieder etwas gehört...
Als nach 2 Monaten immer noch nichts kam, habe ich die Mutter gefragt was den los sei. Sie sagte mir, sie habe dem Jugendamt mitgeteilt, das wir alles beim Alten lassen. Ich zahle die 300 und die Versicherungen und kaufe immer mal Kleidung und Schuhe.
Bis Dezember 2011 ging dies auch so, dann schaltete sie einen Rechtsamwalt ein. Sie wolle jetzt doch einen Titel.
Also habe ich meinen Anwalt berechnen lassen, was ich zahlen muß, und habe dies dann sofort beim Notar titulieren lassen. Ab Februar 2012 hat sie jetzt ihren Titel über 377 Euro und für Dez und Jan habe ich ihr die 77 Euro nachbezahlt.
Jetzt schreibt mir ihr Anwalt, das ich für den Zeitraum von Sep 2010 bis Nov 2011 noch jeweils die 77 Euro nachzuzahlen habe, ich habe 1 Woche Zeit der Mutter das Geld zu überweisen.
Mein Anwalt sagt, da ich in Verzug gesetzt wurde ist dies rechtens.
Habt Ihr einen Rat für mich? Ich habe ja die ganze Zeit darauf vertraut das alles beim Alten bleibt und fleißig Kleidung gekauft und natürlich auch die Versicherungen bezahlt. Die über 1100 Euro die ich jetzt auf einen Schlag bezahlen soll, sind für mich viel Geld.
Habe ich einen andere Möglichkeit als einfach zu bezahlen?
Danke für jede Antwort im Voraus.
Viele Grüße
youngdad66
Hallo youngdad66,
und erst mal, willkommen hier.
Ich fang mal von hintenrum an. Sogar wenn der Unterhalt seit ewigen Zeiten in dieser Höhe tituliert gewesen wäre, hätte Madame m.E. ein kleines Problem, Ansprüche geltend zu machen, die älter sind als ein Jahr. Gibt ein relativ neues OLG-Urteil dazu, siehe http://www.vatersein.de/Forum-topic-24692.html, und auch wenn der Fall nicht direkt mit deinem vergleichbar ist, heißt es dort u.a.: "Rückständige Unterhaltsforderungen unterliegen der Verwirkung und müssen deshalb binnen Jahresfrist geltend gemacht werden. (...) Dies entschied das Thüringer Oberlandesgericht und berief sich dabei auf die seit mehr als 25 Jahren bestehende ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs." Nimmt man das mit der Jahresfrist wörtlich, dann braucht man zumindest über den Unterhaltsanspruch für März 2011 und früher gar nicht mehr zu diskutieren - der ist so oder so verwirkt.
Nun ist es aber so, dass hier nicht einmal ein Unterhaltstitel vorgelegen hat für die fragliche Zeit; dein frischer Notar-Titel wird ja hoffentlich einen Passus enthalten von der Art "Hiermit verpflichte ich mich, ab Februar 2012 Unterhalt in Höhe von monatlich <monatäre Konditionen> für <Name des Kindes> zu zahlen" (und ich hoffe für dich, er enthält außerdem eine Begrenzung auf den 18. Geburtstag des Kindes, aber das ist wieder eine andere Baustelle).
Für die fragliche Zeit in der Vergangenheit hast du aber, auch ohne Titel, Unterhalt gezahlt (hoffentlich nachweisbar durch Überweisungen, deren Verwendungszweck im Idealfall lautet "Unterhalt für <Name des Kindes> für <Monat und Jahr>", oder so ähnlich). Ich würde hier argumentieren: Madame hat diese Überweisungen stillschweigend entgegengenommen und die Unterhaltszahlungen damit in dieser Höhe (!) anerkannt - immerhin hat sie sich weit über ein Jahr lang nicht gerührt mit der Forderung nach mehr. Somit hat sie die Unterhaltszahlungen in der geleisteten Höhe durch "schlüssiges Handeln" akzeptiert (oder wie immer das juristische Zauberwort für diesen Sachverhalt auch gleich wieder lautete), Nachforderungen sind damit nach dem Prinzip von "Treu und Glauben" unzulässig, weil du dich darauf verlassen durftest, dass die Sache für sie so in Ordnung war.
Habe ich einen andere Möglichkeit als einfach zu bezahlen?
Ich wäre geneigt, einfach die Füße still zu halten und abzuwarten, ob sich die gegnerische Ratte tatsächlich auf dieses dünne Eis wagt (d.h. ob er tatsächlich vorhat, damit vor Gericht zu ziehen, oder ob dies bloß einer der üblichen Rechtsanwaltsmafiadrohbriefe ist, Marke "mal gucken, ob er sich einschüchtern lässt").
Ich frag' aber trotzdem mal lieber in die Runde: Gibt's weitere, ggf. abweichende Meinungen zum Thema?
Viele liebe Grüße,
Malachit.
Wenn ein Staat die Leistungsgerechtigkeit zugunsten der Verteilungsgerechtigkeit aufgibt, dann kommt man bald an den Punkt, wo es mangels Leistung nichts mehr zu verteilen gibt.
Hallo Malachit,
vielen Dank für die schnelle Antwort. Mein Anwalt war der Meinung sowas verjährt erst nach 3 Jahren.
Mein frischer Titel enthällt alles was Du vorschlägst, Begrenzung bis zum 18. Geburtstag, ab Februar usw. Habe ihn bewußt beim Notar gemacht und nicht beim JA. Der Notar schreibt was man will und es ist genau so kostenlos (bis auf eine eventuelle Schreibgebühr) wie wenn man den Titel beim "geschätzten" JA machen lässt. Nur das die einen immer Besch... wollen.
Ich befürchte aber das die Lösung leider nicht so simpel ist.
Leider ist der Anwalt der KM auch extrem Prozeßwütig. Sollte ich einfach nicht zahlen, muß ich eventuell dessen Kosten auch noch tragen, bei einem Gerichtsverfahren!?
Viele Grüße
youngdad66
Hi,
das er im Dez 2011 von einem RA wirksam in Verzug gesetzt wurde ist wohl unstreitig und ok.
Die Sache mit dem JA ist schon etwas anders. Wenn diese im Sep. 2010 die geforderten Unterlagen bekommen haben und sich danach nicht mehr gemeldet haben würde ich ebenfalls damit argumentieren, das er nicht in Verzug gesetzt wurde, da keinerlei Berechnung oder Auffoderung einen Betrag x zu zahlen kam.
Als nach 2 Monaten immer noch nichts kam, habe ich die Mutter gefragt was den los sei. Sie sagte mir, sie habe dem Jugendamt mitgeteilt, das wir alles beim Alten lassen. Ich zahle die 300 und die Versicherungen und kaufe immer mal Kleidung und Schuhe.
Gibt es darüber irgendetwas schriftliches? Evtl. solltest du be ider Beistandschaft nochmal nachfragen warum damals nichts weiter von ihnen kam und dir das schriftlich erklären lassen.
Nichts deso trotz wäre ich wohl unter diesen Umständen nicht länger bereit irgendwelche Zusatzleistungen zu erbringen. Welche Versicherungen zahlst du denn? Eine private KV müßtes du weiterzahlen.
Bei dem Unterhaltsbetrag gehe ich davon aus, das dein Kind älter als 12 ist und du ein ber. Nettoeinkommen von >1.900 € hast bzw. < 1.900 € und um eine Stufe höhrtgruppiert wurdest, weil du nur deinem Kind Unterhalt schuldest. Auch wenn dein RA gerechnet hat, wäre eine Überprüfung seiner Berechnung durchaus angebracht.
LG Tina
Ein gebrochenes Versprechen ist ein gesprochenes Verbrechen
Moin.
Meine Meinung ist nicht abweichend, sondern nur ergänzend.
Meines Wissens erlischt nämlich nicht nur eine Unterhaltsforderung nach einem Jahr, sonder auch eine Inverzugsetzung.
Diese kann man jedenfalls auch nicht beliebig lange ruhen lassen, um dann nach 20 Jahren aus dem Busch zu kommen und zu rufen: "Da war doch mal was!"
Ich bin zwar nicht sicher, denke aber dass dies auch nach spätestens einem Jahr erloschen ist.
Den Ra würde ich jedenfalls nicht mal ignorieren.
Ein Mann, der seine Frau verlässt, ist ein Schuft.
Ein Mann, der von seiner Frau verlassen wird, ist auch ein Schuft, denn sonst hätte sie ihn ja nicht verlassen müssen.
Hallo Tina und Beppo,
Danke für Eure Beiträge,
Tina: die Berechnung von meinem RA sind richtig. Einkommen kleiner 1900 und höherstufen wg Einzelkind sind völlig korrekt. Kind ist über 12 Jahre alt.
Der Satz "in Verzug gesetzt" steht aber so im Anschreiben des JA von September 2010. Bist Du Dir sicher das, wenn dann keine Berechnung folgt also auch kein Betrag gefordert wird, bzw. mir kein Titel zur Unterschrift vorgelgt wird, die "in Verzug-Setzung" erlischt? Von der Mutter gibt es nichts schriftliches. Sie weiß sicher davon nichts mehr...
Die Beistandschaft anschreiben ist ein guter Gedanke, aber ich kann mir nicht vorstellen, das ich eine Antwort bekommen, im Zeitrahmen der mir vom Anwalt der KM vorgegeben wurde.
Beppo: hast Du irgendeine Quelle für das erlischen der Inverzugsetzung. Das wäre meines Rätsels Lösung.
Viele Grüße
Steffen
Hallo Steffen,
Die Beistandschaft anschreiben ist ein guter Gedanke, aber ich kann mir nicht vorstellen, das ich eine Antwort bekommen, im Zeitrahmen der mir vom Anwalt der KM vorgegeben wurde.
Mal eben überlegen: Warum setzt der Anwalt hier überhaupt eine so verdammt kurze Frist - geht es auf Leben und Tod? Droht das Kind zu verhungern, wenn nicht kurzfristig Geld beikommt?!?
Wohl eher nicht. Für mich ist diese kurze Frist eher ein Indiz dafür, dass da jemand künstlich Druck aufbauen will ...
Viele liebe Grüße,
Malachit.
P.S. nur damit du wieder einen klaren Kopf bekommst, es gibt da einen wesentlichen Unterschied, was die Wichtigkeit von Juristen betrifft: Wenn ein Familienrichter dir eine Frist setzt, dann ist das ernst zu nehmen. Wenn der Anwalt von Madame dir eine Frist setzt, ist das ungefähr genau so bindend, als wenn der Friseur von Madame dir eine Frist setzen würde ... 😉
Wenn ein Staat die Leistungsgerechtigkeit zugunsten der Verteilungsgerechtigkeit aufgibt, dann kommt man bald an den Punkt, wo es mangels Leistung nichts mehr zu verteilen gibt.
Erst mal vielen Dank allen Antwortern.
"P.S. nur damit du wieder einen klaren Kopf bekommst, es gibt da einen wesentlichen Unterschied, was die Wichtigkeit von Juristen betrifft: Wenn ein Familienrichter dir eine Frist setzt, dann ist das ernst zu nehmen. Wenn der Anwalt von Madame dir eine Frist setzt, ist das ungefähr genau so bindend, als wenn der Friseur von Madame dir eine Frist setzen würde ... ;-)"
Das nehm ich jetzt mal als "Wort zum Donnerstag" und schlaf mal darüber.
Wünsche allen eine Gute Nacht.
youngdad66
Moin Malachit,
Somit hat sie die Unterhaltszahlungen in der geleisteten Höhe durch "schlüssiges Handeln" akzeptiert (oder wie immer das juristische Zauberwort für diesen Sachverhalt auch gleich wieder lautete), Nachforderungen sind damit nach dem Prinzip von "Treu und Glauben" unzulässig, weil du dich darauf verlassen durftest, dass die Sache für sie so in Ordnung war.
der juristische Terminus lautet >>>Konkludentes Handeln<<< und dürfte auch nach meiner Einschätzung im vorliegenden Fall hohes Gewicht haben. Meine Argumentation wäre dabei nicht zuletzt, dass die Ex beim JA um Beratung in Sachen Unterhaltshöhe nachgefragt hat, ohne dieses wirklich mit der Vertretung des Anspruchs zu beauftragen. Beweis:
Als nach 2 Monaten immer noch nichts kam, habe ich die Mutter gefragt was den los sei. Sie sagte mir, sie habe dem Jugendamt mitgeteilt, das wir alles beim Alten lassen.
Sollte es also überhaupt jemals eine rechtswirksame Inverzugsetzung gegeben haben, wurde sie von der UH-Epfängerin selbst nach kurzer Zeit wieder gecancelt.
Ich würde nichts nachzahlen, sondern es darauf ankommen lassen.
Grüssles
Martin
When a mosquito lands on your testicles you realize that there is always a way to solve problems without using violence.
Jetzt schreibt mir ihr Anwalt, das ich für den Zeitraum von Sep 2010 bis Nov 2011 noch jeweils die 77 Euro nachzuzahlen habe, ich habe 1 Woche Zeit der Mutter das Geld zu überweisen.
Mein Anwalt sagt, da ich in Verzug gesetzt wurde ist dies rechtens.
Habt Ihr einen Rat für mich? Ich habe ja die ganze Zeit darauf vertraut das alles beim Alten bleibt und fleißig Kleidung gekauft und natürlich auch die Versicherungen bezahlt. Die über 1100 Euro die ich jetzt auf einen Schlag bezahlen soll, sind für mich viel Geld.
Habe ich einen andere Möglichkeit als einfach zu bezahlen?
youngdad66
Die Nummer hat der Anwalt meiner Ex auch versucht, nämlich rückwirkend auf den titulierten Unterhalt noch etwas draufzupacken.
Dafür sollte ich ein Schuldanerkenntnis unterschreiben. Das zeigte schon, das er sich auf sehr dünnem Eis bewegte.
Ich habe mich ausnahmsweise und nur um des lieben Friedens willen mit der KM dann geeinigt, das sie von mir etwas zusätzliches "Weihnachtsgeld"
erhält. Damit war die Sache (und auch anderes) vom Tisch.
Anbei noch ein Zitat bzgl. der Verjährungsfristen bei Unterhalt aus dem Urteil des OLG Brandenburg, Az. 9 WF 158/03
"Rückständiger Unterhalt unterliegt der Verwirkung, sofern sich seine Geltendmachung unter
dem Gesichtspunkt illoyal verspäteter Rechtsausübung (Verwirkung) als unzulässig darstellt,
wenn also besondere Zeit- und Umstandsmomente erfüllt sind, § 242 BGB (BGHZ 84, 280,
282). Da eine Verjährung von Kindesunterhaltsansprüchen bis zur Volljährigkeit wegen
Hemmung (§ 204 BGB a. F., § 207 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB n. F.) nicht in Betracht kommt,
sind an das Zeitmoment keine großen Anforderungen zu stellen (BGH FamRZ 1988, 370,
372; OLG Düsseldorf NJWE-FER 2001, 69). Dies folgt aus dem Umstand, dass von einem
Unterhaltsgläubiger, der lebensnotwendig auf Unterhaltsleistungen angewiesen ist, eher als
von einem Gläubiger anderer Forderungen erwartet werden kann, dass er sich zeitnah um die
Durchsetzung seines Anspruches bemüht. Tut er dies nicht, erweckt sein Verhalten in aller
Regel den Eindruck, er sei nicht bedürftig. Darüber hinaus ist zu beachten, dass Unterhaltsansprüche
zu einer erdrückenden Schuldenlast anwachsen können, die auch die Leistungsfähigkeit
für den laufenden Unterhalt gefährden. Je nachdem kommt daher eine Verwirkung
(frühestens) nach einem Jahr, spätestens aber nach drei Jahren in Betracht (Brandenburgisches
OLG, JAmt 2001, 376, 377)."
Das Gericht hat aber auch festgestellt, das ein Unterhaltspflichtiger nicht davon ausgehen kann,
das kein Unterhalt nachgezahlt werden muss, wenn die Unterhaltshöhe bis dahin strittig war.
Wenn du also nachweisen kannst, das KM das JA zurückgepfiffen hat, ist doch alles paletti. 🙂
Gruß,
Debugged
Selten in der Geschichte hatten so viele so wenigen so viel zu verdanken. (Winston Churchill)
Moin Steffen,
Welche Versicherungen zahlst du denn?
Magst Du diese Frage noch beantworten (und in welcher Höhe) ?
Wenn es sich um eine "freiwillige" Zusatzleistung Deinerseits handelt, unterstützt das die "Treu-und-Glauben"-Argumentation umso mehr ...
Besten Gruß
United
Moin
Mir fällt noch der §286 Abs.4 BGB ein:
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
In Verbindung mit dem Urteil des OLG Brandenburg, Az. 9 WF 158/03 - siehe Beitrag von Debugged - könnte sogar darauf geschlossen werden, dass die Inverzugsetzung der damaligen Auskunftsaufforderung an sich hinfällig geworden ist.
Gruss oldie
Wenige sind das, was sie vorgeben zu sein.
Und wenn ich es mir recht überlege - niemand.
Hallo Forengemeinde,
vielen Dank für die zahlreichen Antworten.
Ich werde auf jeden Fall jetzt erst mal nicht zahlen.
Debugged: Die Versicherungen sind eine Unfallversicherung und eine Zusatz-Kinderkrankheitenversicherung (keine Krankenversicherung). Beide Versicherungen zahle ich seit Geburt.
Viele Grüße
youngdad66