Hallo,
gibt es Beispiele oder Rechtsprechungen dafür, wann auf eine Hochstufung in der Düsseldorfer Tabelle verzichtet wird?
z. B. Einkommen des anderen Elternteils höher als das eigene, bereinigtes Nettoeinkommen "gerade so" in der nächst höheren Stufe der Tabelle, Unterhalt höher als Mindestunterhalt... etc.
Danke und Gruß
Beim Thema Herauf- bzw. Herabstufung sollte man m.E. auch immer die BGH-Rechtsprechung im Hinterkopf haben.
Zitat aus Beschluss vom 09.07.2014 - XII ZB 661/12 (nachträgliche Formatierung durch mich)
ee) Ebenso wenig ist es zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht eine Herabsetzung des Unterhaltsbedarfs der Antragsteller in eine niedrigere Einkommensgruppe wegen der zusätzlichen Unterhaltsverpflichtungen des Antragsgegners gegenüber seiner Ehefrau abgelehnt hat.
(1) Die Unterhaltsbedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle sind auf allgemeiner Erfahrung beruhende Richtsätze, die dem Rechtsanwender die Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs des "angemessenen Unterhalts" erleichtern sollen. Der Höhe nach sind sie auf den Durchschnittsfall zugeschnitten, dass der Unterhaltspflichtige zwei Unterhaltsberechtigten ohne Rücksicht auf den Rang Unterhalt zu gewähren hat (Düsseldorfer Tabelle Stand 1. Januar 2010 und 2011 (jew.) Anm. 1). Weil die Werte nur Hilfsmittel für die Unterhaltsbemessung sind, ist das mit ihrer Hilfe gewonnene Ergebnis nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls stets auf seine Angemessenheit und Ausgewogenheit hin zu überprüfen (Senatsbeschluss vom 12. März 2014 XII ZB 234/13 FamRZ 2014, 917 Rn. 37 mwN). Hierzu hält die Düsseldorfer Tabelle die Möglichkeit der Herauf- oder Herabstufung nach der Anzahl der Unterhaltsberechtigten bzw. mittels der Bedarfskontrollbeträge bereit. Liegt eine über- oder unterdurchschnittliche Unterhaltsbelastung mit mehr oder weniger Unterhaltsberechtigten vor, soll durch eine Höher- oder Niedrigergruppierung in den Gehaltsstufen oder durch Bildung von individuell geschätzten Zu- oder Abschlägen eine den Besonderheiten des Falls angemessene Unterhaltsbemessung erreicht werden (Senatsurteil vom 19. Juli 2000 XII ZR 161/98 FamRZ 2000, 1492, 1493).
Die Einstufung in eine höhere oder niedrigere Gehaltsgruppe der Tabelle je nach Zahl der Unterhaltsberechtigten und der damit verbundenen Unterhaltslast liegt allerdings im tatrichterlichen Ermessen (vgl. Senatsurteil vom 19. Juli 2000 XII ZR 161/98 FamRZ 2000, 1492, 1493).(2) Gemessen hieran begegnet die Entscheidung des Oberlandesgerichts keinen rechtlichen Bedenken. Sie beruht auf keinen - der Überprüfung des Senats allein unterliegenden - Ermessensfehlern. Das Beschwerdegericht hat alle wesentlichen Punkte - wie namentlich die Unterhaltspflicht des Antragsgegners gegenüber seiner Ehefrau - in den Blick genommen. Wenn es dann zu dem Ergebnis gelangt, dass unter Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse des Antragsgegners eine Herabsetzung nicht in Betracht kommt, ist die Entscheidung des Tatrichters aus Rechtsgründen hinzunehmen.
Betreffend der konkreten Frage fällt mir auf Anhieb nur ein Beschluss vom OLG Naumburg ein - 3 WF 177/10 vom 12.08.2010
Im Übrigen verlangt eine Höherstufung um ein oder gar zwei Einkommensgruppen nach Ansicht des Senats stets eine besonders gute wirtschaftliche (Gesamt-)Situation auf Seiten des Unterhaltsverpflichteten, sodass eine Höhergruppierung ohnehin nur dann in Betracht kommt, wenn sich der Unterhaltspflichtige am oberen Rand der Ausgangseinkommensgruppe bewegt, woran es hier fehlt.
Hallo,
ich denke, dass tacheles schon die wesentlichen Stellen erwähnt hat und es selten eine solche Entscheidung geben wird.
Ergibt das Einkommen des Unterhaltspflichtigen mit Höherstufung die Stufe X wird dann aber der Bedarfskontrollbetrag gerissen, dann sehen einige Unterhaltsleitlinien vor (z.B. OLG Celle, dagegen sehen es Dresden und Frankfurt nicht vor), dass nicht höher gestuft wird.
Die anderen angesprochenen möglichen Fälle werden eigentlich anders behandelt.
1) Einkommen des BET höher als das des UET, dann muss in der Regel der BET einen Teil oder den gesamten Unterhalt übernehmen. D.h. die Einstufung des UET wird nicht verändert, auch wenn er weniger oder auch gar nicht zahlen muss.
2) Unterhalt höher als der Mindestunterhalt spielt eigentlich gar keine Rolle, es sei denn es geht um Mehr- und Sonderbedarf und das Geld reicht nicht aus bzw. gerade die Anerkennung von Sonderbedarf erfolgt eher bei kleinem Unterhalt, da dann weniger angespart werden kann.
3) "Höherstufung" gibt es eigentlich nur beim Mindestunterhalt im Mangelfall. Hier kann das Zusammenleben mit einem leistungsfähigen Dritten eine Haushaltsersparnis von ca. 10% des Einkommen des Unterhaltspflichtigen bedeuten, um die dann der Selbstbehalt gekürzt wird.
4) Bei Einkommen, dass nur geringfügig über der Grenze liegt, kann auch die Angemessenheit hinterfragt werden. Beispiel 5 Euro über der Grenze, der Unterhalt steigt aber um 30 Euro.
VG Susi