Sind Schulden gut?
 
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Sind Schulden gut?

 
(@sanne)
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Hallo,

nach anderthalb Jahren Trennung geht es bei uns so langsam um die Scheidung. Bisher lief alles relativ unkompliziert und ich hoffe sehr auf eine gütliche Scheidung mit nur einem Anwalt.  🙂

Mein Ex-Mann war vor einer Woche bei einer Anwältin und hat meine Fragen mit ins Gespräch genommen. Wir werden uns die nächsten Tage zusammensetzen und dann erfahre ich auch die Antworten (er war jetzt eine Woche im Urlaub).

Was mich schon seit einigen Wochen beschäftigt....

Ich bin seit sechseinhalb Jahren berufstätig und zahle VWL's. Wir sind seit fünf Jahren verheiratet (waren 12 Jahre zusammen). Da mein Konto (Dispo) mit 1800 € im Minus ist und ich zwei private Kredite (2000 € bei meinem Vater - Kaution und 1000 € bei einer Freundin - neuer Hausrat) abzahle, überlege ich meine VWL's vorzeitig zu  kündigen (würde z.Z. 2900,- bringen; ich müsste eigentlich noch bis 01/07 zahlen und dann das Geld bis 31.12.07 ruhen lassen - dann gäbe es sicher deutlich mehr). Dann könnte ich mein Konto ausgleichen und meine privaten Schulden abzahlen bzw. verringern. Bzw. ich hätte Geld um überhaupt die Scheidung zu zahlen. Kann ich nämlich sonst eh nicht bezahlen.  :exclam:

Meine Fragen lauten:
- Darf ich überhaupt "kurz vor" der Scheidung so einen Vertrag auflösen, um beim mir "aufzuräumen"?
- Werden Schulden (überzogener Dispo, private Kredite) mit in die Scheidungsberechnungen miteinbezogen? Wäre es eventuell "sinnvoll" die Schulden zu behalten?  :redhead:

Viele Grüße,
Sanne

Zitat
Themenstarter Geschrieben : 17.10.2006 15:56
 Xe
(@_xe_)
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nach anderthalb Jahren Trennung geht es bei uns so langsam um die Scheidung. Bisher lief alles relativ unkompliziert und ich hoffe sehr auf eine gütliche Scheidung mit nur einem Anwalt.  🙂

Ist auf jeden Fall zu begrüßen. 🙂

Ich bin seit sechseinhalb Jahren berufstätig und zahle VWL's. Wir sind seit fünf Jahren verheiratet (waren 12 Jahre zusammen). Da mein Konto (Dispo) mit 1800 € im Minus ist und ich zwei private Kredite (2000 € bei meinem Vater - Kaution und 1000 € bei einer Freundin - neuer Hausrat) abzahle, überlege ich meine VWL's vorzeitig zu  kündigen (würde z.Z. 2900,- bringen; ich müsste eigentlich noch bis 01/07 zahlen und dann das Geld bis 31.12.07 ruhen lassen - dann gäbe es sicher deutlich mehr). Dann könnte ich mein Konto ausgleichen und meine privaten Schulden abzahlen bzw. verringern. Bzw. ich hätte Geld um überhaupt die Scheidung zu zahlen. Kann ich nämlich sonst eh nicht bezahlen.  :exclam:

Solltest du die Scheidung nicht zahlen können (bzw. einen eigenen Anwalt brauchen, der zu zahlen wäre), müßtest du eine Bilanz anfangen, an deren Ende dein dir effektiv zur Verfügung stehender Betrag steht. Damit dann beim Anwalt während der Erstberatung (die kostenlos ist) einen Prozeßkostenhilfeantrag stellen, hier abgekürzt PKH. Damit zahlt bis auf etwa 20 € der Staat die eigenen Kosten.

Meine Fragen lauten:
- Darf ich überhaupt "kurz vor" der Scheidung so einen Vertrag auflösen, um beim mir "aufzuräumen"?

Sicher, das ist vertragliche Gestaltungsfreiheit, aber:

- Werden Schulden (überzogener Dispo, private Kredite) mit in die Scheidungsberechnungen miteinbezogen? Wäre es eventuell "sinnvoll" die Schulden zu behalten? 

... die größte Unsinnigkeit im Zugewinnausgleich (so das Juristendreutsch) ist die Tatsache, dass Guthaben oder Vermögen, also positive Werte, angerechnet werden, der niedrigste Wert der Berechnung aber NULL ist, d.h. Schulden nicht umgerechnet werden. Deine Schulden sind also immer Summe Null, deine Vertragsauszahlung könnte aber, obwohl es mit den Schulden zusammengerechnet Null oder weniger ergibt, als Vermögen/Guthaben eingerechnet werden.

Gruß, Xe

AntwortZitat
Geschrieben : 17.10.2006 16:16
(@sanne)
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Hallo Xe,

erstmal Danke für die Antwort.
Das ich den Vertrag der VWL vorzeitig lösen kann weiß ich ja (habe ich vor ein paar Wochen erfahren als ich recht verzweifelt wegen dieser ganzen Schulden war), ist nur die Frage, da diese in eine Zugewinnrechnung fliesen würde, darf ich das so ohne weiteres machen. Muss man eine Zugewinnsrechnung machen, wenn keiner von beiden das will (wir haben irgendwie kein Vermögen angehäuft und seine Bausparverträge interessieren mich nicht wirklich....).

Ich habe jetzt verstanden, dass meine Schulden völlig uninteressant sind, aber mir ist immer noch unklar, was passiert, wenn ich den Betrag der VWL "verbrate". Für noch etwas mehr Licht in mein Dunkel wäre ich sehr dankbar.

Viele Grüße,
Sanne

AntwortZitat
Themenstarter Geschrieben : 17.10.2006 18:04
 Xe
(@_xe_)
Registriert

Moin,

ich fürchte, einen wirklich verbindlichen Rat kann dir da keiner geben, auch kein Anwalt. Aber offen gesagt, wenn der Zeitraum zwischen der Auszahlung und dem "Verbraten", sprich Schuldenzahlung, klein genug ist, dürfte danach kein Hahn krähen, wenn du verstehst, was ich meine... 🙂

Bei der Scheidung muß kein Zugewinnausgleich gemacht werden, bzw. der kann als "intern erledigt" deklariert werden. Nur kam es dabei schon zu so mancher Überraschung, wenn du dir in deinem Ex sicher bist, dann kannst du das einfach erledigen. Ihr könnt auch zu einem Notar und das beglaubigen lassen, damit ist es recht wasserdicht.

Gruß, Xe

AntwortZitat
Geschrieben : 17.10.2006 19:16
(@sanne)
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Ich danke dir Xe - mir ist zumindest eine Kerze angegangen.. Bis zum Kronleuchter arbeite ich mich vor!  :redhead:

AntwortZitat
Themenstarter Geschrieben : 17.10.2006 19:40
 Xe
(@_xe_)
Registriert

Der kommt noch, und frag ruhig weiter, einige User haben einen 5000-Watt-Stadionleuchter, wenns sein muß. 🙂

AntwortZitat
Geschrieben : 17.10.2006 22:10
(@schmusepapa)
Registriert

Hallo,

... die größte Unsinnigkeit im Zugewinnausgleich (so das Juristendreutsch) ist die Tatsache, dass Guthaben oder Vermögen, also positive Werte, angerechnet werden, der niedrigste Wert der Berechnung aber NULL ist, d.h. Schulden nicht umgerechnet werden. Deine Schulden sind also immer Summe Null, deine Vertragsauszahlung könnte aber, obwohl es mit den Schulden zusammengerechnet Null oder weniger ergibt, als Vermögen/Guthaben eingerechnet werden.

Dies halte ich für eine verwegene Theorie. Mal angenommen, jemand hat ein Haus, dessen Alleineigentümer er ist. So ne richtig große Villa, Wert: 1 Mi. €. 950.000,- € Schulden sind noch drauf. Derjenige, dem das Haus gehört ist Alleinschuldner. Dann muss derjenige, dem das Haus gehört, seinem / seiner "Ex" 500.000 € Zugewinn bezahlen, aber er (der Alleinschuldner) behält die 950.000 € Schulden? Entspricht nicht meinen Erfahrungen und auch nicht dem was ich bisher hier gelesen habe.

Ich denke vielmehr die Schulden werden schon angerechnet. Was es aber nicht gibt ist negativer Zugewinn. D.h. sanne's "Ex" kann nicht an ihren Schulden beteiligt werden.

M.E. sieht die Rechnung anders aus: 3000 € priv. Kredite, 1800 € Dispo-Soll auf dem Konto macht 4800 € Minus. Dem gegenüber steht ein Guthaben von 2900 €. Macht also rein rechnerisch einen negativen Zugewinn von -1900 €. Den gibt es per Definition nicht, also Zugewinn null, weil es nix zu verteilen gibt.

IMHO spielt es keine Rolle ob sanne jetzt ihre VWL auflöst oder nicht - bei obiger Berechnung wäre es eh ein "Nullsummenspiel". Kein Guthaben mehr, aber dafür weniger Schulden.

So, und nun noch ein kleiner "Exkurs" im Scheidungsrecht.

Wird ein Scheidungsantrag gestellt und kein weiterer Antrag (z.B. Zugewinn, Unterhalt, Umgangsrecht), wird von Amts wegen (=automaitisch) nur der Versorgungsausgleich geregelt, kein Zugewinn, kein Unterhalt etc.

Da ihr euch gütlich einigen wollt, wäre doch die richtige Vorgehensweise, die Scheidung einzureichen und keiner von euch stellt einen Antrag auf Regelung des Zugewinnausgleichs. Alles was ihr dazu tun müsst ist einfach nichts.

Alles was dann noch passieren kann ist dass dein "Ex" innerhalb einer Frist von ich glaube 2 Jahre nach der Scheidung auf die verwegene Idee kommt den Zugewinnausgliech dann doch noch gerichtlich regeln zu lassen. "Rumkommen" wird bei den Zahlen aber vermutlich nix - es produziert nur Ärger, Anwalts- und Gerichtskosten.

"Wasserdicht" machen könnt ihr es, indem ihr während der Scheidungsverhandlung gegenseitig auf den Zugewinnausgleich verzichtet. Der Richter protokolliert es, der Verzicht steht im Scheidungsurteil und das war es dann. Das erhöht den Verfahrenswert um 500 €. Ob dabei höhere Anwalts- und Gerichtskosten entstehen, hängt von Euren Einkommen ab. Mit den genauen Zahlen könnte man da genaueres sagen.

Da du mit dem "Ex" ja noch gut reden kannst, würde ich entweder den Zugewinnausgleich im Scheidungsverfahren beiderseitig nicht erwähnen oder den gegenseitigen Verzicht aussprechen - und gut isses. Dies kann ja vorher abgesprochen werden  :wink:.

Ihr könnt auch zu einem Notar und das beglaubigen lassen, damit ist es recht wasserdicht.

Wozu zu einem Notar gehen? Das produziert doch noch weitere Kosten. Im Scheidungsverfahren "abfackeln" und fertig. Je nach Gegenstandswert kostet das keinen Euro zusätzlich.

Gruß

Martin

AntwortZitat
Geschrieben : 18.10.2006 00:33
(@sanne)
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Hallo Martin,

vielen Dank für die super-ausführliche Antwort. Jetzt ist es mir klarer geworden - das war jetzt für mich der "5000-Watt-Stadionleuchter" den Xe erwähnt hat.  😉

Ich vermute mal, man könnte den Verzicht auf Zugewinnausgleich auch in die Scheidungsfolgevereinbarung reinschreiben.
Aber den Exkurs ins Scheidungsrecht konnte ich gut brauchen....  :redhead: Bin da noch etwas unbedarft. Wenn ich die ganzen Geschichten hier lese, bin ich da auch wirklich froh drum so unbedarft zu sein. Bei so einer Trennung enstehen genug Verletzungen, da braucht man sich nicht noch vor Publikum die Köpfe einschlagen und den Sparstrumpf unter dem Bett hervorziehen.
Ich rechne da bei meinem Ex nicht mit Überraschungen - zumindest nicht in finanzieller Hinsicht. Alles andere bleibt abzuwarten.

Falls du gerne noch Zahlen hättest.... wir haben beide 1420,- € netto (bei ihm ist noch ein Dienstwagen dabei, aber der ist bei den 1420,- €  schon abgezogen). Ich glaube, wir kommen gerade über eine Bemessungsgrenze bei den Anwaltskosten - da ist ev. noch "Spiel" drin.

Gegen Notar haben wir uns bereits entschieden. Wie gesagt, war er jetzt bei seiner Anwältin und wenn er mir erzählt was sie zu meinen Fragen gesagt hat, kann ich entscheiden, ob ich nochmal einen eigen Anwalt konsultieren sollte (Erstberatung) oder ob es bei einer Anwältin bleibt. Wir werden wohl versuchen möglichst viel in diese Scheidungsfolgenvereinbarung reinzuschreiben.

Viele Grüße,
Sanne

AntwortZitat
Themenstarter Geschrieben : 18.10.2006 12:57
(@schmusepapa)
Registriert

Hallo sanne,

Verfahrenswert der Scheidung ist euer gemeinsames dreifaches Nettogehalt. Macht einen Verfahrenswert von 8520 €. 500 € Verfahrenswert zusätzlich für den Versorgungsausgleich und (optional) 500 € Verfahrenswert macht einen Verfahrenswert zwischen 9020 und 9520 €.

Die Kosten kannst du mit mit dem Prozesskostenrechner hier auf vatersein.de ermitteln.

Ob ihr den Verzicht auf Zugewinnausgleich ins Scheidungsurteil aufnehmt oder in die Scheidungsfolgenvereinbarung bleibt euch überlassen. Vielleicht mal die Rechtsanwältin fragen, wie ihr das am besten macht.

Gruß

Martin

AntwortZitat
Geschrieben : 19.10.2006 02:26
(@sanne)
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Hallo Martin,

nochmal vielen Dank für deine Hinweise. Der Prozesskostenrechner funtkioniert bei mir leider nicht. Ich habe dann wegen der Kosten nochmal gegoogelt - da wir zwischen 9000 und 10000 € hängen bleiben wir eh in einer Berechnungsstufe.

Viele Grüße,
Sanne

AntwortZitat
Themenstarter Geschrieben : 20.10.2006 14:10