1) Die Berufung des Antragsgegners wird zurückgewiesen.
2) Der Antragsgegner hat die Kosten der Berufung zu tragen.
3) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Antragsgegner wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Antragstellerin vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4) Die Revision wird zugelassen.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil verwiesen, § 540 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 ZPO.
Ergänzend wird festgestellt:
Mit der Berufungsbegründungsschrift vom 24.10.08 reichte der Antragsgegner die Verdienstabrechnung des Monats Dezember 2007 ein, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Die Antragstellerin ist als Rechtsanwalts- und Notarsgehilfin erwerbstätig, der Antragsgegner arbeitet als Schlosser bei den Berliner Verkehrsbetrieben.
Das Familiengericht hat die am 9.9.1999 geschlossene Ehe der Parteien durch das angefochtene Verbundurteil vom 22.7.08 geschieden, den Versorgungsausgleich zugunsten der Antragstellerin durchgeführt, das Aufenthaltsbestimmungsrecht für den fast achtjährigen Sohn der Antragstellerin übertragen und den Antragsgegner zu einem nachehelichen Unterhalt in Höhe von 241,74 EUR monatlich, aufgeteilt in 193,20 EUR Elementar- und 48,54 EUR Altersvorsorgeunterhalt, verurteilt. Die weitergehende Unterhaltsklage der Antragstellerin, mit der sie monatlich 261 EUR verlangt hat, hat es abgewiesen. Das gemeinsame Kind der Parteien ist am 10.9.2000 geboren und besucht bis 15.00 Uhr den Hort. Das Amtsgericht ist der Ansicht, dass der Antragstellerin im Hinblick auf das betreuungsbedürftige Kind eine Vollzeittätigkeit nicht zumutbar sei. Auf andere Betreuungsmöglichkeiten durch die Großeltern sei nicht abzustellen, da es sich um freiwillige Leistungen Dritter handele, die unterhaltsrechtlich nicht relevant seien. Auch die mögliche Ausweitung der Betreuung durch den Antragsteller selbst sei nicht maßgebend, weil ein Wechselmodell angesichts der erheblichen Kommunikationsprobleme zwischen den Eltern dem Kindeswohl widerspräche. Eine Herabsetzung oder Begrenzung des nachehelichen Unterhalts hat das Amtsgericht abgelehnt, weil unter Berücksichtigung des derzeitigen Alters des Kindes nicht prognostiziert werden könne, ob ein zeitlich unbegrenzter Unterhalt unbillig wäre. Eine konkrete zeitliche Begrenzung sei in § 1570 BGB auch nicht vorgesehen. Wegen der Unterhaltsberechnung wird auf das amtsgerichtliche Urteil verwiesen.
Gegen dieses ihm 24.7. 2008 zugestellte Urteil wendet sich der Antragsgegner mit der am 11.August 2008 eingegangenen und mit dem – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist – am 24.Oktober 2008 eingegangenen Schriftsatz begründeten Berufung.
Er begehrt die Abweisung des Antrags auf nachehelichen Unterhalt und vertritt die Ansicht, die Antragstellerin könne ihre Erwerbstätigkeit ausweiten. Die Betreuung des Kindes sei kein Hinderungsgrund, denn R. könne täglich bis 18.00 Uhr im Hort betreut werden (Beweis: Zeugnis H.). Er behauptet, das sei sogar günstig für das Kind, weil ihm dort eine ergänzende Hausaufgabenbetreuung und zahlreiche Freizeitaktivitäten geboten werden, die er gerne wahrnehme (Beweis: Zeugnis H.). Soweit die Antragsstellerin behaupte, sie könne bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber ihre Arbeitszeiten gar nicht ausweiten, sei das nicht glaubhaft. Denn sie sei dort langjährig tätig, der Arbeitgeber werde sich angesichts einer derart erfahrenen Kraft auf die Ausweitung eher einlassen, wenn sie es ernsthaft fordern würde. Außerdem obliege es ihr, notfalls den Arbeitgeber zu wechseln. Vor diesem Hintergrund entspreche es nicht der Billigkeit, dass sie weiterhin Betreuungsunterhalt erhält. Der Antragsgegner beruft sich zur Begründung seiner Auffassung auf das Urteil des BGH v. 16.7.08 (XII ZR 109/05). Entgegen der Auffassung des Familiengerichts sei auch die tatsächlich bestehende Möglichkeit der Kindesbetreuung durch die Großeltern in die Billigkeitserwägungen einzubeziehen. Das ergäbe sich schon aus der Begründung zum Entwurf des § 1570 BGB. Das Amtsgericht habe das überkommene Altersphasenmodell, über das es sogar hinausgegangen sei, angewandt. Das widerspreche aber der Regelvermutung des § 1570 BGB n. F., wonach ab dem Alter eines Kindes von drei Jahren eine Vollbeschäftigung auszuüben sei. Elternbezogene Gründe, wie sie das zitierte Urteil aufgrund § 1570 Abs.2 BGB anspreche, lägen nicht vor. Denn bei einer Vollzeitbetreuung seien sämtliche Hausaufgaben erledigt, Mutter und Sohn hätten bis zum Zubettgehen des Kindes Zeit zusammen zu sein und zu essen. Eine Begleitung zu außerschulischen Aktivitäten sei nicht notwendig, das erledige der Hort. Wenn das Kind krank sei, könnten die Großeltern einspringen (Beweis: Zeugnis H. u. K. J.). Regenerieren könne sich die Antragstellerin am Abend, wenn R. im Bett sei und alle zwei Wochen anlässlich der Besuchswochenenden beim Vater.
Das Amtsgericht sei ferner von einem unzutreffenden Einkommen des Antragstellers ausgegangen. Tatsächlich habe er im Jahr 2007 nur über netto monatlich 1.765,55 EUR verfügt, wovon noch die berufsbedingten Aufwendungen und der Zahlbetrag des Kindesunterhalts (254 EUR) abzuziehen seien. Danach verblieben nur 1.423,27 EUR bereinigtes Netto. Der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin belaufe sich nur auf rund 135 EUR. Außerdem könne bereits jetzt über die zeitliche Begrenzung des Unterhalts entschieden werden. Der Antragsgegner beantragt,
unter Abänderung des am 22.Juli 2008 verkündeten Urteils des Amtsgerichts – Familiengerichts – Tempelhof-Kreuzberg – 145 F 14923/06 – die Unterhaltsklage der Antragstellerin abzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Antragstellerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Für R. wäre eine zehnstündige Fremdbetreuung eine unzumutbare Belastung. Unstreitig müsste R. dann auch allein vom Hort nach Hause gehen, weil die Antragstellerin aufgrund ihres Arbeitsweges ihn nicht um 18.00 Uhr abholen könnte und außerdem bis 18.45 Uhr allein zu Hause sein. R. habe unbestritten aufgrund der Trennung der Eltern große Verlust- und Trennungsängste, zumal der Vater es nicht unterlassen könne, R. anlässlich der Umgänge in Bezug auf seinen Lebensmittelpunkt bei der Mutter zu verunsichern. R. wäre es auch lieber, wenn ihn die Mutter von der Schule abholte. Er brauche mehr die Möglichkeit zum Rückzug, die er im Hort nicht habe, erst zu Hause könne er sich entspannen. Abgesehen davon werde die Vollständigkeit und Richtigkeit der Hausaufgaben im Hort nicht überprüft, es erfolge nur eine Aufsicht. Er könne seine Aufgaben im Hort nicht konzentriert erledigen, weshalb er die Mutter gebeten habe, die Hausaufgaben erst zu Hause machen zu dürfen, um sie nicht zweimal bearbeiten zu müssen. Im Hort werde weder Lesen noch Kopfrechnen noch für die Klassenarbeiten geübt. Auch den Gitarrenunterricht könne R. in der Schule nur noch bis zum 31.8.09 mitmachen, danach müsste er zur Musikschule gebracht werden. Weder der Gitarrenunterricht noch die Fußballschule werden über den Hort organisiert. Wegen der Konflikte zwischen den väterlichen Großeltern und der Antragstellerin käme eine Betreuung durch sie – abgesehen von der langen Erkrankung der Großmutter – gar nicht in Betracht. Dasselbe gelte für eine Ausweitung der Betreuung durch den Vater, der der Mutter weiterhin die Erziehungskompetenz abspreche. Außerdem sei R. ein Hin- und Herschieben zwischen den einzelnen Betreuungsmöglichkeiten auch nicht zuzumuten. Die Parteien hätten sich seinerzeit bewusst für ein Kind entschieden und es habe außer Frage gestanden, dass die Antragstellerin, die bis zur Geburt des Kindes vollschichtig erwerbstätig gewesen sei, nach der dreijährigen Erziehungszeit nur teilzeitbeschäftigt sein werde. Niemals habe man erwogen, dass die Mutter wieder vollzeitbeschäftigt sein soll (Beweis: Parteivernehmung). Die Antragstellerin könne sich wegen der Betreuung von R. auch nicht mehr in dem Maß weiterbilden und damit ihre Erwerbschancen bzw. Verdienstmöglichkeiten verbessern wie vor der Geburt des Kindes. Die Parteien seien sich einig gewesen, dass die Mutter auch am Nachmittag die Hauptbezugsperson für R. blieb, obwohl der Antragsgegner zeitlich in der Lage gewesen wäre, sich R. am Nachmittag zu widmen. Dieses Betreuungsmodell müsse sich der Antragsgegner weiterhin zurechnen lassen. Schließlich komme die Antragstellerin ihren Obliegenheiten bereits nach, da sie mit 25 Stunden – gemessen an einer Wochenarbeitszeit von 38 Stunden – bereits zu 66 % arbeite, der Antragsgegner hingegen lediglich zu 95 %. Zum Ausgleich erhalte er mehr Freizeit, was aber unterhaltsrechtlich bisher überhaupt nicht berücksichtigt worden sei. Eine Aufstockung der Arbeitszeit bei ihrem jetzigen Arbeitgeber sei weiterhin nicht möglich, da dort ein Job-Sharing zwischen Müttern, die Kinder betreuen, stattfinde. Der Arbeitgeber müsste bei einer Aufstockung eine Kraft kündigen. Die Kündigung sei ihr nicht zumutbar, nachdem sie – trotz der vielen Krankheiten des Kindes in den ersten Jahren – alles unternommen habe, um ihren Arbeitsplatz nicht zu gefährden. Sie würde ihren erworbenen Kündigungsschutz gefährden. Hinsichtlich des Einkommens des Antragsgegners leugnet sie die Abzugsfähigkeit der Verdi- und Hilfskassenzahlungen, weil diese bereits von den berufsbedingten Aufwendungen gedeckt seien. Auch 40 EUR vermögenswirksame Leistungen seien nicht abzugsfähig. Außerdem seien sich beide Parteien darüber einig gewesen, dass auf beiden Seiten die monatlichen Lebensversicherungsbeiträge nicht vom Einkommen abgezogen werden sollen. Schließlich ergebe die Lohnabrechnung, dass der Antragsteller tatsächlich monatlich 33 EUR netto mehr erhalte, die Abrechnungen für 2007 seien nicht nachvollziehbar, insbesondere die Lohnabschläge im Februar 07 und November 07. Es könne nur auf die Abrechnung für 12/07 abgestellt werden. Weiter seien die Steuererstattungen, die der Antragsgegner im Jahr 2008 für 2006 und 2007 erhalten habe, hinzuzurechnen. Außerdem sei der Freizeitwert entgelterhöhend zu werten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die in der mündlichen Verhandlung überreichten Unterlagen verwiesen.
II.
Die Berufung des Antragsgegners ist unbegründet.
Zutreffend hat das Amtsgericht der Antragstellerin einen Betreuungsunterhaltsanspruch nach § 1570 BGB zuerkannt.
Die Einwendungen der Berufung verfangen nicht. Bereits die Fassung des § 1570 Abs.1 S.1 BGB deutet an, dass die ersten drei Lebensjahre des Kindes keine festliegende Grenze bilden, denn der Unterhalt ist danach „mindestens“ für drei Jahre zu gewähren. Die Fassung des Gesetzes ist der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.2.07 (FamRZ 2007, 965-973) geschuldet, das dem Gesetzgeber aufgegeben hat, für eine Gleichbehandlung ehelich und nicht-ehelich geborener Kinder zu sorgen. Welchen Maßstab der Gesetzgeber dafür anlegen will, hat das Gericht ihm überlassen, er sollte nur gleich sein (a.a.O., Orientierungssatz 3). Ausweislich der in der BTDrs. 16/1830, S.13, formulierten Ziele war dem Gesetzgeber daran gelegen, das Kindeswohl zu fördern, die Eigenverantwortung nach der Ehe zu stärken und das Unterhaltsrecht zu vereinfachen. Im vorliegenden Fall scheinen die erstgenannten beiden Ziele im Spannungsverhältnis zueinander zu stehen. Historisch betrachtet hat der Gesetzgeber einen Konflikt der Ziele jedoch nicht gewollt. Die ursprüngliche Fassung des Regierungsentwurfs vom 15.6.06 sah die Ergänzung des § 1570 a. F., auf dem die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Altersphasenmodell fußte, nur durch einen einzigen Satz vor: „Dabei sind auch die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.“ Dieser Satz sollte nach der Begründung zu § 1570 (BT-Drs. 16/1830, S.17) auf die Tatsache Rücksicht nehmen, dass eine „Teilzeittätigkeit neben der Kindererziehung …vielfach Realität“ sei. Die Frage einer Vollzeittätigkeit neben der Kindererziehung wird in der Begründung gar nicht angesprochen. Nur das „tradierte Altersphasenmodell“ sollte stärker auf den konkreten Einzelfall und die tatsächlich bestehende, verlässliche Möglichkeit der Kinderbetreuung abstellen (a.a.O). Daraus kann nach Auffassung des Senats nicht geschlossen werden, dass der Gesetzgeber das „Altersphasenmodell“ grundsätzlich abgeschafft wissen wollte, wie es in manchen Veröffentlichungen und auch vorliegend seitens des Antragsgegners anklingt. Er hat nur eine flexiblere Anwendung für die über dreijährigen Kinder gewollt. Außerdem hat er betont, die Fremdbetreuung sollte zumutbar und verlässlich sowie im Einklang mit dem Kindeswohl stehen. Konsequent differenzierter gefasst ist die jetzige Regelung, die der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (BT-Drs. 16/6980) vom 7.11.07 entspricht. Dabei wurde in Einengung des früheren Entwurfs auch der Grundsatz der nachehelichen Solidarität hervorgehoben, die wiederum an der tatsächlichen Gestaltung der Kinderbetreuung und der Erwerbstätigkeit während der Ehe und deren Dauer gemessen werden sollte (a.a.O., S.17). Durch diese Formulierung sollte der vom Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 28.2.07 ausdrücklich anerkannte besondere Schutz der Ehe zum Ausdruck gebracht werden. Keine der genannten Gesetzesgrundlagen deutet auch nur an, dass es eine Verpflichtung der Eltern gebe, ihr Kind von 8.00 Uhr morgens bis 18.00 Uhr abends durch dritte Personen betreuen zu lassen. Im Hinblick auf Art. 6 Abs.1 bis 3 GG, in deren Lichte die Neufassung des Unterhaltsrechts zu betrachten ist, wäre das auch höchst bedenklich. Sowohl die Begründung zum Regierungsentwurf als auch die des Rechtsausschusses und nicht zuletzt der protokollierten Sachverständigenanhörung gehen eher vorsichtig mit den unbestimmten Formulierungen des Gesetzes um, es wird stets der konkrete Einzelfall betont, den man aufgrund der individuellen Umstände werten müßte. Allein die starre, schematische Anwendung des von der Rechtsprechung entwickelten Altersphasenmodells wurde abgelehnt.
Vor diesem Hintergrund kann von der Antragstellerin nicht erwartet werden, dass sie ihren achtjährigen Sohn ganztägig in eine Fremdbetreuung gibt. Während des Zusammenlebens ist die Antragstellerin schon deshalb Hauptbezugsperson für das Kind gewesen, weil sie die ersten drei Lebensjahre des Kindes zu Hause geblieben ist. Nach diesem Zeitpunkt ist sie mit 25 Wochenstunden mehr als halbschichtig erwerbstätig gewesen, die Kindesbetreuung erfolgte im Kindergarten bzw. auch durch den Vater oder die Großeltern. Wenn auch der Antragsgegner jetzt bestreitet, dass die Ehegatten sich auch für die Schulzeit von R. darauf verständigt hätten, dass die Antragstellerin nur 25 Wochenstunden erwerbstätig ist, ist das nicht von erheblicher Bedeutung, da es nach der Gesetzesbegründung der jetzigen Fassung auf das während der Ehe tatsächlich praktizierte Modell ankommt, das war eben keine vollschichtige Erwerbstätigkeit der Antragstellerin. Würde sie jetzt den ganzen Tag erwerbstätig arbeiten, hätte das zur Folge, dass R., der nicht nur eine intakte Familienbeziehung verloren hat, auch weitgehend auf die mütterliche Zuwendung verzichten müsse, wenn diese, wie sie nachvollziehbar darlegt, erst um 18.45 Uhr nach Hause kommen kann, wobei es nicht entscheidend auf 30 min mehr oder weniger ankommt. Das Wohl des Kindes wäre damit unmittelbar nachteilig berührt. Der Antragsgegner reduziert zu Unrecht die Kinderbetreuung auf technische Einzelheiten. Kindererziehung besteht nicht nur in Vermittlung von Kompetenzen. Vollkommen unberücksichtigt lässt der Antragsgegner, dass Kinder von ihren Eltern – nicht von Fremdbetreuern – Liebe, Rücksicht, Wärme, Zuwendung, Geduld, Anerkennung und nicht zuletzt Förderung erwarten dürfen 1. Derartige immaterielle Dinge lassen sich nicht auf technische Handlungen reduzieren, sondern äußern sich in vielen kleinen Signalen des Tages, in teilweise unbewusster Kommunikation mit dem Elternteil. Letztlich sind es diese vielen – oftmals nicht unmittelbar an Bedeutung gewinnenden – Begebenheiten, die Kindern Vorbild, soziale Kompetenz und die Fähigkeit zur Reflektion vermitteln. Diese Leistung kann weder ein Hort noch eine sonstige Fremdbetreuung ausreichend vermitteln, weil die persönliche, emotional und genetisch beeinflusste Beziehung nicht die gleiche ist bzw. weil sich das Kind die Bezugsperson im Hort mit vielen anderen Kindern teilen muss. Insofern ist es für die Entwicklung des Kindes einerseits zwar günstig, einen Teil seines Tages in einem Kindergarten/einem Hort zu verbringen, aber darf andererseits nicht zum Verzicht auf den von den Eltern zu erbringenden Teil führen. Das wäre aber der Fall, wenn die Mutter R. erst ab 18.00 Uhr oder sogar noch später wiedersieht. Es erübrigt sich auch keineswegs die persönliche Anwesenheit der Mutter, wenn der Hort dafür sorgt, dass R. an nachmittäglichen Aktivitäten teilnehmen kann, die persönliche Anteilnahme eines Elternteils an den täglichen Erfolgs- oder Misserfolgserlebnissen des Kindes vermag das nicht zu ersetzen. Das gilt ebenso für die behauptete gute Hausaufgabenbetreuung im Hort. Sie ersetzt nicht die individuelle Anerkennung oder auch Kritik durch die Eltern und vermag dem Förderungsgrundsatz nicht gerecht zu werden. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass gerade die Grundschulen aufgrund des in Berlin bestehenden Personalmangels gerichtsbekannt ihren Ausbildungspflichten nicht mehr in ausreichendem Maße nachkommen. Die Lehrer fordern zunehmend von den Eltern häusliche Nacharbeit mit den Kindern, weil der Schulstoff nicht mehr angemessen vermittelt werden kann. Die Mutter hat diese Pflicht bisher erfüllen können. Anhand welcher Tatsachen der Antragsgegner misst, dass dergleichen Förderungsarbeit der Mutter nicht notwendig sei, ist nicht nachvollziehbar. Das kann sicher nicht anhand einiger eingereichter Arbeitsbögen festgestellt werden. Desgleichen wird gerade von Eltern in der Grundschule tätiges Interesse und Mitwirkung an schulischen Aktivitäten gefordert, was sich letztlich positiv für den Schüler aktiver Eltern auswirkt. Mit einer Vollzeitbeschäftigung kann die Mutter dem schon aus zeitlichen Gründen nicht gerecht werden.
Entgegen der Ansicht des Antragsgegners ist eine sonstige zumutbare Betreuung nicht vorhanden. Soweit er sich selbst – von seiner Stellung her als grundsätzlich willkommene – Betreuungsperson anbietet, scheitert die Zumutbarkeit an dem nicht aufgearbeiteten Elternkonflikt. Die in der rechtskräftigen Sorgerechtsentscheidung niedergelegte Wertung ist für die Unterhaltsentscheidung hinzunehmen. Es findet im Unterhaltsverfahren keine Fortsetzung des Sorgerechtsstreits statt. Eine regelmäßige nachmittägliche Betreuung durch den Vater könnte R. in einen dauerhaften Loyalitätskonflikt bringen, der seinem Wohl widerspräche. Das regelmäßige Weiterreichen von Betreuungsperson zu Betreuungsperson (Schule/Hort/Vater od. Großeltern) schaffen für ein Kind eine zu vermeidende Unruhe, R. muss sich in seinem Alter noch darauf verlassen können, nicht erst kurz vor dem Zubettgehen seinen Lebensmittelpunkt zu Hause für sich in Anspruch nehmen zu können. Dieser Auffassung steht nicht die vom Antragsgegner für seine Ansicht in Anspruch genommene Entscheidung des BGH (FPR 08, 509 ff.) entgegen. Denn in dieser Entscheidung verweist der BGH ausdrücklich auf die gebotene Einzelfallprüfung (a.a.O, S.517) und was der BGH unter „kleineren“ Kindern versteht, führt er auch nicht weiter aus. Er ist aber der Ansicht des Berufungsgerichts zur Begrenzung des Unterhalts ab dem 6.Lebensjahr des jüngsten Kindes nicht gefolgt und hat bei seinen Erwägungen zu den Bedürfnissen kleinerer Kinder auch auf den erforderlichen persönlichen Zuspruch und das Vertrauen des betreuenden Elternteils in die Fortsetzung der früheren Aufgabenverteilung abgehoben.
Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs hat das Amtsgericht mit zutreffender Begründung abgelehnt. R. ist erst acht Jahre alt. In welcher Weise er sich in der Schule entwickeln wird, wann und auf welche weiterführende Schule er wechseln wird und wann eventuell pubertär bedingte Schwierigkeiten beginnen werden, kann jetzt nicht prognostiziert werden. Je nach Entwicklung reduziert oder erhöht sich der Betreuungsaufwand der Mutter. Angesichts der Unmöglichkeit einer zuverlässigen Prognose ist der Antragsgegner zu gegebener Zeit auf § 323 ZPO zu verweisen.
Das Amtsgericht hat den Unterhalt im Ergebnis auch der Höhe nach zutreffend berechnet. Das vom Amtsgericht zugrunde gelegte Bruttoeinkommen der Antragstellerin für das Jahr 2007 ist mit der Berufung nicht angegriffen worden. Es entspricht den vorgelegten Unterlagen. Ausgehend von diesem Bruttoeinkommen des Jahres 2007 haben sowohl die Antragstellerin als auch das Amtsgericht die Abzüge nach den Werten des Jahres 2008 (erhöhte Sozialversicherungsbeiträge usw.) gemacht. Das wird aber nicht angegriffen, auch der Antragsgegner rechnet seine Abzüge nach den Werten des Jahres 2008, so dass es bei diesem Ansatz bleibt. Soweit die Antragstellerin sich einen Realsplittingnachteil zu gute rechnet, kann dem nicht gefolgt werden. Er ist im vorliegenden Fall nicht relevant, weshalb das Amtsgericht zutreffend diesen Vortrag nicht berücksichtigt hat. Das Amtsgericht ist von 1141,69 EUR ausgegangen.
Nicht gefolgt werden kann der Einkommensberechnung des Antragsgegners in der Berufungsbegründung.
Die in der Berufung auf Auflage der Vorsitzenden eingereichten Einkommensunterlagen sind unvollständig, sie enthalten zwar die tatsächlichen Zahlbeträge für Jan. – Okt. 2008, es gibt jedoch keinen Vortrag über die Streikausfallzahlungen der Gewerkschaft. Die nach Schluss der Berufungsverhandlung eingereichten Unterlagen waren nicht mehr verwertbar. Dem Antragsgegner war lediglich Gelegenheit gegeben worden, zu der in der Berufungsverhandlung vorgestellten Einkommensberechnung des Senats Stellung zu nehmen, nicht aber Unterlagen nachzureichen, die er bereits auf die Vorlage der Vorsitzenden hätte einreichen sollen. In seiner Stellungnahme geht auch der Antragsgegner von dem Bruttojahreseinkommen der Verdienstbescheinigung vom Dezember 07 aus, nichts Anderes hat der Senat zugrunde gelegt. Auf dieser Grundlage ergibt sich folgendes Einkommen des Antragsgegners:
Bruttolohn: 40.763,83 EUR
Sozialversicherungsbrutto 40.601,44 EUR
LSt-Klasse 1
Kinderfreibeträge 0,5
Lohnsteuer: -8.153,00 EUR
Solidaritätszuschlag -393,47 EUR
Rentenversicherung (19,9 %) -4.039,84 EUR
Arbeitslosenversicherung (3,3 %) -669,92 EUR
Krankenversicherung AN-Anteil (13,9 % / 2 + 0,9 %) -3.187,21 EUR
Pflegeversicherung (AN-Anteil 0,85 %) -345,11 EUR
Nettolohn: 23.975,28 EUR
23975,28 / 12 = 1.997,94 EUR
Darin ist die Einmalzahlung von 500 EUR, die für die Monate Januar bis Juli 08 zusätzlich zu zahlen war, ferner die 60 EUR monatlich Festbetrag ab Aug.08 sowie die strittige einprozentige Lohnerhöhung ab Aug.09 nicht enthalten. Die einprozentige Lohnerhöhung ist derzeit nicht hinzuzurechnen, was das Amtsgericht auch nicht getan hat. Zu berücksichtigen ist allerdings die für 2008 feststehende Lohnentwicklung: die Einmalzahlung von 500 EUR und für fünf Monate jeweils 60 EUR Festbetrag, so dass sich letztlich ein Bruttoeinkommen von 40.763,83 + 500 + 300 EUR ergibt, mithin 41.563,83 EUR. Daraus errechnet sich folgendes unterhaltsrelevante Einkommen:
Bruttolohn: 41.563,83 EUR
Sozialversicherungsbrutto 40.601,44 EUR
LSt-Klasse 1
Kinderfreibeträge 0,5
Lohnsteuer: -8.426,00 EUR
Solidaritätszuschlag -407,93 EUR
Rentenversicherung (19,9 %) -4.039,84 EUR
Arbeitslosenversicherung (3,3 %) -669,92 EUR
Krankenversicherung AN-Anteil (13,9 % / 2 + 0,9 %) -3.187,21 EUR
Pflegeversicherung (AN-Anteil 0,85 %) 345,11 EUR
Nettolohn: 24.487,82 EUR
24487,82 / 12 = 2.040,65 EUR
Dem Nettolohn ist die Steuererstattung für das Jahr 2006 hinzuzurechnen. Diese ist zwar erst 2008 ausgezahlt worden, da auch auf Seiten der Antragstellerin, die ihre Steuererklärung zeitgerecht abgegeben hat, die Steuererstattung für 2006 schon seitens des Amtsgerichts zur Berechnungsgrundlage gemacht worden ist, muss für den Antragsgegner Gleiches gelten. Danach ergibt sich:
469,43 EUR – 309 EUR (die der Antragsgegner für die Antragstellerin an das Finanzamt zurückzahlen mußte) = 163,43 EUR,
2040,65 + (163,43: 12) = 2.054,27 EUR monatliches Nettoeinkommen.
Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts sieht der Senat keinen Anlass, die Einmalzahlung von 500 EUR unberücksichtigt zu lassen, da die vom Amtsgericht angeführten „streikbedingten Nachteile“ nicht ersichtlich sind, zumal der Beklagte nicht angegeben hat, welche Streikausfallgelder er bekommen hat. Die Einmalzahlung ist als Einkommen zu werten.
Abzüge von 2.054,27 EUR:
5 % pauschale berufsbedingte Aufwendungen 1.951,55 EUR
Hilfskasse 6,20 EUR
1,41 % VBL
(von 39.657 : 12, ergibt sich aus der Verdienstbescheinigung
für Dezember 07) 46,60 EUR
Kindesunterhalt (Zahlbetrag) 254 EUR
Bereinigtes Netto: 1.644,75 EUR
Das Ergebnis liegt geringfügig über der amtsgerichtlichen Berechnung.
Es ergibt sich ein Unterhaltsanspruch von (1.644,75 – 1141,69)*3/7 = 215,60 EUR.
Der Altersvorsorgeunterhalt beträgt 48 EUR:
Rohunterhalt 215,60 EUR
Bremer Tabelle 01. 01. 2008
fiktives Brutto:
215,60 + 13 % = 243,62 EUR
(Insoweit hat das AG unrichtig mit 14 % gerechnet, die Bremer Tabelle mit Stand 1.1.08 weist 13 % aus)
Altersvorsorgeunterhalt:
244 * 19,9% = 48,56 EUR
Einkommen des Antragsgegners nach Abzug des Vorsorgeunterhalts: (1.644,75 – 48,56 ) = 1.596,19 EUR.
(1.596,19 – 1141,69) * 3/7 = 194,78 EUR (Elementarunterhalt).
Damit ergibt sich insgesamt ein geringfügig höherer Anspruch der Antragstellerin von gerundet 243 EUR als ihn das Amtsgericht ausgesprochen hat, so dass die Berufung des Antragsgegners keinen Erfolg hat.
Der Selbstbehalt des Antragsgegners in Höhe von 1.000 EUR ist gewahrt.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs.1, 708 Nr.10, 711 ZPO.
Der Senat hat die Revision zugelassen, da dies zur Fortbildung des Rechts hinsichtlich der Auslegung des § 1570 BGB und der Frage der Befristung des Betreuungsunterhalts nach §1578 b Abs.2 BGB erforderlich erscheint.
KG Berlin, Urteil vom 08.01.2009
16 UF 149/08