OLG Brandenburg: Umgang mit Übernachtung, Bindungstoleranz, Ordnungsgeld

OLG Brandenburg: Umgang mit Übernachtung, Bindungstoleranz, Ordnungsgeld

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

1. Der Vater hat das Recht, mit dem Kind C… K…, geboren am …. September 2001, wie folgt zusammen zu sein:

a) am 23. Juli, 30. Juli, 27. August, 3. September und 10. September 2010 in der Zeit von 15:00 Uhr bis 16:00 Uhr,
b) samstags in der Zeit von 9:00 Uhr bis 17:00 Uhr, beginnend mit dem 18. September 2010 und letztmals am 9. Oktober 2010,
c) an jedem zweiten Wochenende (gerade Kalenderwochen) von Freitag, 18:00 Uhr, bis Sonntag, 18:00 Uhr, beginnend mit dem Wochenende 22./24. Oktober 2010,
d) an den Zweitfeiertagen von Ostern, Pfingsten und Weihnachten in der Zeit von 9:00 Uhr bis 18:00 Uhr,
e) während zweier Wochen der Sommerferien des Landes Brandenburg, beginnend mit dem 1. Samstag der Ferien, 9:00 Uhr, bis zum 3. Samstag der Ferien, 15:00 Uhr, erstmals in den Sommerferien des Jahres 2011.

2. Fällt ein Umgangstermin für die unter 1. b) und c) geregelten Zeiträume aus und ist dies nicht vom Vater veranlasst, so findet der Umgang ersatzweise am nachfolgenden Wochenende statt. Der Turnus des Wochenendumgangs bleibt davon unberührt.

3. Die Feiertags- und die Ferienregelung gehen den regelmäßigen Umgangswochenenden vor. Der Turnus des Wochenendumgangs bleibt in jedem Fall unverändert.

4. Der unter 1. a) geregelte Umgang findet in den Räumen des C… Verbandes e. V., …, in Anwesenheit eines Mitarbeiters dieses Verbandes statt. Die Mutter stellt sicher, dass das Kind pünktlich zu Beginn des jeweiligen Umgangs dem Mitarbeiter des Verbandes übergeben wird, und zum Ende eines jeden Umgangs aus den Räumen des Verbandes wieder abgeholt wird. Der Vater begibt sich pünktlich zu Beginn des Umgangs in die Räume des Verbandes und verlässt die Räume am Ende eines jeden Umgangs pünktlich.

5. Zu Beginn des unter 1. b) bis e) Umgangs holt der Vater das Kind an der Wohnung der Mutter ab. Die Mutter stellt sicher, dass das Kind dem Vater am Beginn des jeweiligen Besuchs pünktlich übergeben wird. Am Ende der regelmäßigen Besuchszeiten bringt der Vater das Kind zur Wohnung der Mutter zurück. Diese trägt Sorge dafür, dass das Kind zu dieser Zeit entgegengenommen wird.

6. Die Eltern haben sich abfälliger Bemerkungen oder jeder wertenden Äußerung über den anderen Elternteil in Gegenwart des Kindes zu enthalten, das Kind nicht über das Verhalten des anderen Elternteils auszufragen und etwaige Streitigkeiten von dem Kind fernzuhalten.

7. Die Eltern werden darauf hingewiesen, dass im Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehenden Anordnungen ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 25.000 € festgesetzt werden kann.

Gründe

I.

Die am ….9.2001 geborene C… ist das Kind des Antragstellers und der Antragsgegnerin. Die Eltern, die nicht miteinander verheiratet waren, trennten sich im Jahr 2005. C… lebt seither bei der Mutter. Am 15. 7.2005 schlossen die Eltern vor dem Jugendamt eine Umgangsvereinbarung. Unter dem 4.10.2005 leitete der Vater vor dem Amtsgericht ein Umgangsregelungsverfahren ein (16 a F 222/05). In diesem Verfahren schlossen die Eltern vor dem Amtsgericht am 28.10.2005 eine Umgangsvereinbarung. Im Juni 2007 leitete der Vater unter Hinweis auf den ihm durch die Mutter verwehrten Umgang ein Vermittlungsverfahren nach § 52 a FGG ein (16 b F 143/07). Durch Beschluss vom 5. 3.2008 stellte das Amtsgericht fest, dass das Vermittlungsverfahren erfolglos geblieben sei.

Im April 2008 hat der Vater das vorliegende Verfahren eingeleitet, mit dem er eine Regelung des Umgangs mit seiner Tochter C… begehrt. Durch Beschluss vom 15.9.2008 hat das Amtsgericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet und auf Antrag des Vaters den Umgang durch einstweilige Anordnung vom 17.12.2008 vorläufig geregelt. Nach Vorliegen des Sachverständigengutachtens hat das Amtsgericht durch den angefochtenen Beschluss die Anträge des Antragstellers zurückgewiesen und ist der am 28.10.2005 geschlossenen Umgangsvereinbarung beigetreten.

Gegen diese Entscheidung wenden sich beide Elternteile mit der Beschwerde.

Der Vater trägt vor:

Die vom Amtsgericht übernommene Umgangsvereinbarung sehe keine Übernachtung des Kindes bei ihm vor. Dies werde den Wünschen und Bedürfnissen der Tochter nicht gerecht. Bei einem tageweisen Umgang mit einem Ende um 17:00 Uhr seien Ausflüge an die Ostsee oder in einen Freizeitpark nicht möglich. Entsprechend den Empfehlungen des Sachverständigen sollte der Umgang zunächst begleitet stattfinden. Angeregt werde auch die Anordnung einer Umgangspflegschaft, um die Herausgabe des Kindes an ihn zur Durchführung des Umgangs zu gewährleisten.

Der Antragsteller beantragt, ihm Umgang mit dem Kind alle zwei Wochen in der Zeit von freitags, 18.00 Uhr, bis sonntags, 17.00 Uhr, an den Zweitfeiertagen von Ostern, Pfingsten und Weihnachten in der Zeit von 9:00 Uhr bis 18:00 Uhr sowie während zweier Wochen in den großen Ferien nach Absprache einzuräumen.

Die Antragsgegnerin tritt dem Begehren des Vaters entgegen und beantragt ihrerseits Abänderung des angefochtenen Beschlusses.

Sie trägt vor:

Seit drei Jahren gebe es zwischen C… und ihrem Vater keinen Kontakt. C… wünsche einen solchen Kontakt auch nicht, da sie den Vater einmal alkoholisiert erlebt habe.

Der Vater habe nicht dargelegt, dass er seine Interessen (Freunde, Feiern, Alkohol) hinter diejenigen des Kindes zurückstellen könne.

Sie sei entgegen der Auffassung des Sachverständigen sehr wohl in der Lage, zwischen ihrer Ablehnung des Vaters und C…s Interessen zu unterscheiden. Das zeige sich daran, dass die Umgangsvereinbarung 1 ½ Jahre lang praktiziert worden sei. Nun sei C… trotz ihrer, der Mutter, positiven Motivation nicht dazu zu bewegen, Kontakt zum Vater aufzunehmen. Der Umgang solle erst einsetzen, wenn C… älter sei. Dann könne sie allein zu Fuß den Rückweg vom Vater antreten und sich ggf. auch zur Wehr setzen.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Der Senat hat die Eltern angehört. Insoweit wird auf den Anhörungsvermerk zum Senatstermin vom 29.4.2010 verwiesen.

Das Jugendamt hat im Beschwerdeverfahren schriftlich Stellung genommen. Insoweit wird auf die Stellungnahme vom 24.3.2010 verwiesen.

II.

Trotz Inkrafttretens des FamFG (Art. 1 des FGG-Reformgesetzes – FGG-RG – vom 17.12.2008, BGBl. I, S. 2586, 2587) am 1.9.2009 findet vorliegend das bisherige Verfahrensrecht Anwendung. Denn das Verfahren ist in erster Instanz vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden, vgl. Art. 111 Abs. 1 FGG-RG (BGBl. 2008 I, S. 2586, 2743; 2009 I, S. 700, 723). Darauf, dass das Rechtsmittel erst nach dem 1.9.2009 eingelegt worden ist, kommt es nicht an (vgl. BGH, FGPrax 2010, 102, 103 Tz 8 ff; OLG Köln, FGPrax 2009, 240 sowie 241und 287; OLG Düsseldorf, FGPrax 2009, 284; OLG Stuttgart, FamRB 2009, 373; OLG Schleswig, FGPrax 2009, 289 sowie 290; OLG Hamm, FGPrax 2009, 285; OLG Dresden, MDR 2010, 104; Bork/Jacoby/Schwab*/Müther, FamFG, vor § 58, Rz. 18; Keidel/Engelhardt, FamFG, 16. Aufl., Art. 111 FGG-RG, Rz. 2; Bahrenfuss, FamFG, Einl. Rz. 69; Musielak/Borth, Familiengerichtliches Verfahren, Einl. Rz. 90; MünchKommZPO/Pabst, 3. Aufl., Art. 111 FGG-RG, Rz. 16; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 30. Aufl., Vorbem. vor § 606, Rz. 3; Schael, FamFR 2010, 1; Schwamb, FamRB 2010, 27; Sternal, FGPrax 2009, 242; siehe auch BGH, Urteil vom 16.12.2009 – XII ZR 50/08 -, BeckRS 2010, 01715, Tz. 7; a.A. Prütting/Helms*, FamFG, Art. 111 FGG-RG Rz. 5; Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., FamFG Einl. Rz. 47; Geimer, FamRB 2010, 386 f.).

Die danach gemäß § 621 e ZPO a. F. zulässigen Beschwerden der Eltern führen zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Der Umgang des Vaters mit dem Kind ist abweichend vom angefochtenen Beschluss und damit von der vom Amtsgericht übernommenen Umgangsvereinbarung vom 28.10.2005 zu regeln.

1.

Das Recht des Vaters, mit C… regelmäßigen Umgang zu haben, ergibt sich dem Grunde nach aus § 1684 BGB. Nach dieser Vorschrift hat jedes Kind das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil, jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind berechtigt und verpflichtet. Das Umgangsrecht soll dem Berechtigten die Möglichkeit geben, sich laufend von der Entwicklung und dem Wohlergehen des Kindes zu überzeugen und die zwischen ihnen bestehenden natürlichen Bande zu pflegen, d. h. einer Entfremdung vorzubeugen und dem Liebesbedürfnis beider Teile Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, FamRZ 1995, 86, 87; FamRZ 2007, 105; BGH, FamRZ 1984, 778, 779; s. a. Palandt/Diederichsen, BGB, 69. Aufl., § 1684, Rz. 3). Dem Kind soll das Umgangsrecht ermöglichen, die Beziehung zu dem nicht mit ihm zusammen lebenden Elternteil aufrechtzuerhalten, sie durch Begegnungen und gegenseitige Aussprache zu pflegen. Denn es ist für eine gedeihliche seelische Entwicklung des Kindes bedeutsam, nicht nur einen sorgenden Elternteil als ständigen Bindungspartner zu haben, sondern auch den anderen als Elternteil nicht faktisch zu verlieren (Johannsen/Henrich/Jaeger*, Eherecht, 4. Aufl., § 1684, Rz. 3). Können sich die Eltern über die Ausübung des Umgangs nicht einigen, so regelt das Gericht den Umgang ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des Kindeswohls, vgl. § 1684 Abs. 3, 4 Satz 1 und 2 BGB (BGH, FamRZ 2005, 1471, 1472; Palandt/ Diederichsen, a. a. O., § 1684, Rz. 14, 16; Johannsen/Henrich/Jaeger*, a.a.O., § 1684, Rz. 5).

Gemäß § 1684 Abs. 4 Satz 1 BGB kann das Umgangsrecht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden, soweit dies zum Wohle des Kindes erforderlich ist. Das Umgangsrecht des nicht sorgeberechtigten Elternteils und die elterliche Sorge stehen unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG. Die Gerichte müssen eine Entscheidung treffen, die sowohl die beiderseitigen Grundrechtspositionen der Eltern als auch das Wohl des Kindes und dessen Individualität als Grundrechtsträger berücksichtigt (BVerfG, FamRZ 2004, 1166). Geboten ist eine Abwägung der widerstreitenden Grundrechtspositionen am Maßstab des Kindeswohls (vgl. BVerfG, FamRZ 2006, 605 f.; BGH, NJW 1994, 312 f.). Dabei ist davon auszugehen, dass der Umgang mit beiden Elternteilen in der Regel zum Wohl des Kindes gehört, § 1626 Abs. 3 Satz 1 BGB. Einschränkungen des Umgangsrechts unter Hinweis auf das Kindeswohl bedürfen einer eingehenden Begründung. So verstößt schon der generelle Ausschluss des Umgangs während der Ferienzeiten ohne diesbezügliche Begründung gegen das Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG (BVerfG, FamRZ 2005, 871). Erst recht kommt eine Einschränkung des Umgangs in der Weise, dass ein bestimmter Ort der Kontaktaufnahme angeordnet bzw. ein Umgang mit Übernachtungen beim umgangsberechtigten Elternteil ausgeschlossen wird, nur in Betracht, wenn dies aus Gründen des Kindeswohls geboten ist (vgl. BVerfG, FamRZ 2007, 105).

Zu den Einschränkungen des Umgangsrechts gehört es auch, wenn das Familiengericht anordnet, dass der Umgang nur stattfinden darf, wenn ein mitwirkungsbereiter Dritter anwesend ist, § 1684 Abs. 4 Satz 3 BGB. Dritter kann auch ein Träger der Jugendhilfe oder ein Verein sein; dieser bestimmt dann jeweils, welche einzelne Person die Aufgabe wahrnimmt, § 1684 Abs. 4 Satz 4 BGB.

Zur Sicherung des Umgangsrechts kann es im Einzelfall erforderlich sein, eine Umgangspflegschaft anzuordnen. Eine solche Pflegschaft ist für die nach dem 1.9.2009 eingeleiteten Verfahren in § 1684 Abs. 3 Satz 3 bis 6 BGB n. F. geregelt. Für die Zeit davor war dieses Rechtsinstitut in Anwendung von § 1666 BGB bereits anerkannt (vgl. Senat, Beschluss vom 21.11.2006 – 10 UF 128/06 -, Beck RS 2007, 06572).

2.

Bei der hier zu treffenden Umgangsregelung handelt es sich um eine erstmalige gerichtliche Regelung. Es liegt nicht etwa ein Abänderungsverfahren nach § 1696 BGB vor.

Zwar haben die Eltern vor dem Amtsgericht am 28.10.2005 eine Vereinbarung geschlossen. Diese allein aber stellt eine bindende Umgangsregelung nicht dar. Nach dem hier noch anzuwendenden bisherigen Recht wird erst mit der Bestätigung der Umgangsvereinbarung durch Beschluss des Gerichts eine bindende und für den Umgangsberechtigten als Vollstreckungsgrundlage taugliche Umgangsregelung getroffen (BGH, FamRZ 2005, 1471, 1473). Eine solche bestätigende Entscheidung ist hier vor Einleitung des vorliegenden Verfahrens vom Amtsgericht nicht getroffen worden. Vor diesem Hintergrund waren die Voraussetzungen für ein Vermittlungsverfahren, das nach § 52 a Abs. 1 Satz 1 FGG a. F. das Bestehen einer gerichtlichen Verfügung über den Umgang verlangt hat, nicht gegeben. Da das FamFG im vorliegenden Fall noch nicht anwendbar ist, kommt es darauf, dass die einvernehmliche Beilegung von Umgangskonflikten nach der am 1.9.2009 in Kraft getretenen § 156 Abs. 2 FamFG etwas anders geregelt ist, nicht an.

3.

Der Umgang ist in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang anzuordnen. Die Voraussetzungen für einen vollständigen Ausschluss des Umgangs, wie von der Mutter begehrt, liegen nicht vor. Vielmehr ist der Umgang grundsätzlich in einem üblichen Umfang, nämlich mit regelmäßigen Wochenendbesuchen und Übernachtungen sowie einer Feiertags- und Ferienregelung, anzuordnen. Einer in das Sorgerecht der Mutter eingreifenden Umgangspflegschaft bedarf es (noch) nicht. Mit Rücksicht darauf, dass es zwischen Vater und Kind über einen langen Zeitraum keine Umgangskontakte gegeben hat, ist allerdings eine Anbahnung durch Umgangsbegleitung erforderlich.

a)

Der Sachverständige D… hat sich in seinem vom Amtsgericht eingeholten Gutachten eingehend mit der Situation des Kindes befasst. Dabei ist er zu dem Ergebnis gelangt, dass kein objektives Kriterium vorliege, das gegen einen Umgang zwischen Vater und Tochter spreche. Der Senat schließt sich dieser Beurteilung an und ist überzeugt, dass sie uneingeschränkt zutrifft. Denn der Sachverständige hat seine Einschätzung verständlich und nachvollziehbar dargelegt. Entgegen der von der Mutter bei ihrer Anhörung vor dem Senat geäußerten Auffassung war es nicht unbedingt erforderlich, dass sich der Sachverständige in Kita, Schule und Hort über das Kind erkundigt. Der Sachverständige hat mehrere Gespräche mit den Eltern geführt, zudem mit C… gesprochen und mit ihr integrierte testpsychologische Untersuchungen durchgeführt. Dies alles bietet eine ausreichende Grundlage für die Begutachtung.

aa)

Entgegen der Auffassung der Mutter steht ein ablehnender Wille des Kindes regelmäßigen Kontakten mit dem Vater nicht entgegen. Der Umgang des Vaters mit dem Kind ist nicht Kindeswohl gefährdend und kann daher einen Eingriff in die Grundrechte des Vaters nicht rechtfertigen.

Der Sachverständige hat im Einzelnen nachvollziehbar dargelegt, dass C…, soweit ihr Vaterbild negativ gefärbt ist, maßgeblich von der Mutter beeinflusst ist. Zugleich hat der Sachverständige unter Auswertung der von ihm durchgeführten Tests festgestellt, dass C… in Bezug auf Vorstellungen vom Vater deutliche Unsicherheiten und ebenso Neugier und Bereitschaft zu einer Begegnung mit dem Vater erkennen lasse. Dafür, dass von einem PAS (Parental Alienation Syndrom) gesprochen werden könne, sei ihre Ablehnung des Vaters nicht ausreichend manifest, das Kind zu ambivalent und in Bezug auf einen Kontakt bzw. Umgang zu neugierig, zu offen.

Diese Feststellungen sind in der Anhörung des Kindes durch den Senat bestätigt worden. Soweit das Kind über negative Erfahrungen mit dem Vater berichtet hat, kann dieses mit Rücksicht auf die seit vielen Jahren nicht bestehenden Kontakte nicht auf die eigene Erinnerung, sondern nur auf Erzählungen der Mutter zurückgeführt werden. Deutlich wird dies im Hinblick auf die Begebenheit, als der Vater wegen eines Zahnarzttermins abgesagt habe. Wenn C… darauf hinweist, die Mutter habe ihn irgendwo betrunken gesehen, und dass die Angabe mit dem Zahnarzttermin nicht gestimmt habe, handelt es sich offensichtlich um keine eigene Beobachtung, sondern um die Wiedergabe dessen, was ihr die Mutter berichtet hat.

Auch dass bei C… eine gewisse Neugier in Bezug auf Kontakte zum Vater vorhanden ist, hat sich bei ihrer Anhörung durch den Senat gezeigt. Sie hat zwar, mit dem Hinweis konfrontiert, dass der Vater großes Interesse daran hätte, sie zu sehen, geäußert, sie habe Angst vor dem Vater, weil er früher betrunken gewesen sei. Andererseits hat sie auf die vorher gestellte Nachfrage, ob sie mit ihrem Vater Umgang haben wolle, lediglich erklärt, dass sie das eigentlich lieber nicht wolle, nicht aber völlig ablehnend reagiert.

Dies alles macht deutlich, dass Umgangskontakte zwischen Vater und Kind nicht nur mit Rücksicht auf die Grundrechtsposition des Vaters erforderlich sind, sondern auch im wohlverstandenen Interesse des Kindes liegen.

bb)

Allein die Befürchtung der Mutter, dem Vater könnten seine Interessen, nämlich Freunde, Feiern und Alkohol, wichtiger sein als die Interessen des Kindes, vermag eine Einschränkung oder gar einen Ausschluss des Umgangs nicht zu rechtfertigen. Erforderlich ist insoweit nämlich eine konkrete, in der Gegenwart bestehende Gefährdung des Kindeswohls (BVerfG, Beschluss vom 13.7.2005 – 1 BvR 215/05 -, Beck RS 2005, 28910; Senat, Beschluss vom 3.4.2008 – 10 UF 167/08 – FamRZ 2008, 374). Daran fehlt es vorliegend im Hinblick auf die pauschale Befürchtung der Mutter.

b)

Grundsätzlich ist der Umgang des Vaters mit dem Kind in einem üblichen Umfang zu regeln. Dies schließt neben Wochenendbesuchen auch Umgang an den Zweitfeiertagen sowie, entsprechend dem Beschwerdebegehren des Vaters, während der Sommerferien mit ein.

Die Besuche am Wochenende können freitags um 18:00 Uhr beginnen, da der Vater mit seinem Arbeitgeber vereinbart hat, alle zwei Wochen die Arbeit so rechtzeitig beenden zu können, dass er noch die Möglichkeit hat, seine Tochter abzuholen..

Hinsichtlich des Umgangs während der Sommerferien bedarf es einer konkreten Regelung. Umgang insoweit nur nach Absprache, wie im Beschwerdeantrag formuliert, kann nicht Gegenstand einer gerichtlichen Regelung sein. Denn dann fehlte es an der stets erforderlichen Vollstreckbarkeit (vgl. hierzu Verfahrenshandbuch Familiensachen -FamVerf-/Gutjahr, 2. Aufl., § 2 Rz. 191 f.).

c)

Da seit langer Zeit kein Umgang mehr zwischen Vater und Tochter stattgefunden hat, bedarf es einer Umgangsanbahnung. Dies entspricht der Empfehlung des Sachverständigen. Auch der Vater hat sich mit der damit verbundenen Einschränkung seines Umgangsrechts für eine Übergangszeit einverstanden erklärt. Beide Eltern haben auf die Verfügung des Senats vom 15.6.2010 ihr Einverständnis damit erklärt, dass Frau Dü… vom C… Verband e. V. in …, die zuvor ihre Bereitschaft bekundet hatte, die Umgangsbegleitung durchführen kann. Erste Gespräche der Umgangsbegleiterin mit den Eltern haben bereits stattgefunden. Die nun angeordneten konkreten Umgangstermine mit Begleitung sind bereits in der Verfügung des Senats vom 15.6.2010 genannt und von den Eltern nicht beanstandet worden. Lediglich der erste vorgesehene Termin, am 16.7.2010, muss entfallen, weil C… sich an diesem Tag noch in einem Ferienlager befindet.

Nach Beendigung des begleiteten Umgangs sind die ersten Besuche des Kindes beim Vater zur Eingewöhnung auf den Samstag ohne Übernachtung beschränkt. Ab 22.10.2010 finden dann die Übernachtungsbesuche ohne Einschränkungen statt.

d)

Entgegen der Anregung des Sachverständigen, die sich der Vater zu Eigen gemacht hat, bedarf es der Anordnung einer Umgangspflegschaft noch nicht. Der Sachverständige hat allerdings auf Bedenken hinsichtlich der Bindungstoleranz der Mutter hingewiesen. Dass die Mutter erhebliche Vorbehalte dem Vater gegenüber hat und deshalb nach wie vor Probleme damit hat, die Beziehungsprobleme von den kindlichen Belangen zu trennen, ist bei ihrer Anhörung durch den Senat auch deutlich geworden. Ungeachtet dessen besteht die berechtigte Erwartung, dass die Mutter nun, nachdem ihr auch in diesem Verfahren vor Augen geführt wird, dass der Umgang zwischen Vater und Tochter nicht nur dem Vater, sondern auch dem Kind dient, die Kontakte fördern und davon absehen wird, den Vater C… gegenüber negativ zu schildern. Ihre Bereitschaft, an der Umgangsgewährung mitzuwirken, hat sie dadurch zum Ausdruck gebracht, dass sie der Umgangsbegleitung durch die Mitarbeiterin des C… Verbandes zugestimmt hat. Vor diesem Hintergrund kann davon ausgegangen werden, dass der begleitete Umgang in der angeordneten Form stattfinden wird und dass C… ihren Vater bei dieser Gelegenheit entspannt und nicht negativ erleben wird, sodass der Übergang zu einem unbegleiteten Umgang ohne größere Schwierigkeiten vollzogen werden kann.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 131 Abs. 1 Satz 2 KostO a. F., 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG a. F.

Der Hinweis auf die Möglichkeit der Festsetzung eines Ordnungsgeldes folgt aus § 89 Abs. 2 FamFG. Zwar findet, wie ausgeführt, auf das vorliegende Verfahren das bisherige Verfahrensrecht Anwendung. Anders verhielte es sich aber im Hinblick auf ein Vollstreckungsverfahren. Dieses wäre im Rahmen des Art. 111 Abs. 1 FGG-RG als ein selbstständiges Verfahren und nicht als bloße Fortsetzung des Verfahrens der Hauptsache anzusehen, so dass sich Vollstreckungsverfahren, die nach dem 31. 8. 2009 eingeleitet würden, nach den §§ 86 ff., 120 FamFG richteten (vgl OLG Karlsruhe, Beschluss vom 8.4.2010 – 2 WF 40/10 -, NJW 2010, 2142 m. Anm. Beger-Oelschlegel FamFR 2010, 231).

OLG Brandenburg, Beschluss vom 20.07.2010
10 UF 25/10

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