OLG Celle: Abänderung der elterlichen Sorge bei fehlender Erziehungseignung und Kindesentführung

OLG Celle: Abänderung der elterlichen Sorge bei fehlender Erziehungseignung und Kindesentführung

Der Antragstellerin wird die für das Beschwerdeverfahren nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe (VKH) versagt.

Die Beschwerden der Antragstellerin sowie des Verfahrensbeistandes werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren: 4.000 €.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt vorliegend die Abänderung einer Senatsentscheidung über die elterliche Sorge für die beiden Töchter der Beteiligten.

Beim Senat waren parallel dazu zwischen den Beteiligten zwei weitere Beschwerdeverfahren anhängig, die zugleich beschieden worden sind. Dabei ging es zum einen um die Anordnung von Ordnungsmitteln gegenüber der hiesigen Antragstellerin wegen der unterbliebenen Herausgabe der Tochter M. in der Zeit zwischen dem 9. Dezember 2021 und dem 9. Februar 2022 (Parallelverfahren 10 WF 135/22 – im weiteren PV), zum anderen um die von der Antragstellerin im Wege einstweiliger Anordnung (!) begehrte und vom Amtsgericht zurückgewiesene Bestimmung für die Zeit seit Juli 2021 als Bezugsberechtigte des Kindergelds für die von ihr entführte Tochter M. (10 UF 181/22).

A. Die elterliche Sorge für die beiden betroffenen minderjährigen Töchter der Beteiligten M. C. und L. E., die bereits zuvor durch einstweilige Anordnung allein dem Antragsgegner zugewiesen war, war durch Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Hannover vom 16. Dezember 2020 (mit Ausnahme des Rechts zur Bestimmung des Umgangs) auch in der Hauptsache auf den Antragsgegner allein übertragen worden; diese Entscheidung ist nach beiderseitigen Beschwerden der Beteiligten durch Senatsbeschluss vom 14. Juli 2021 (10 UF 245/20FamRZ 2021, 611 ff = juris), auf den auch zur weiteren ausführlichen Darstellung des Sachverhalts insbesondere hinsichtlich der Vorgeschichte Bezug genommen wird, mit der Maßgabe bestätigt worden, dass die vom Amtsgericht vorgenommene und vom Senat alsbald im Wege einstweiliger Anordnung außer Vollzug gesetzte Einschränkung bezüglich des Umgangsbestimmungsrechts entfiel.

Nachdem die Töchter in der Zeit nach der amtsgerichtlichen Hauptsacheentscheidung tatsächlich im Haushalt des Antragsgegners lebten, wurden sie (noch während des laufenden Beschwerdeverfahrens vor dem Senat) nach einem eigenmächtigen “Besuch” in der Wohnung der Antragstellerin am 3. April 2021 von letzterer nicht freiwillig wieder an den Antragsgegner herausgegeben, so dass am 12. April 2021 ein vom Amtsgericht erlassener entsprechender Herausgabebeschluss durch den Gerichtsvollzieher unter Hinzuziehung der Polizei vollstreckt werden musste; auch hinsichtlich der Einzelheiten wird insofern auf den besagten Senatsbeschluss Bezug genommen.

Ebenfalls noch im laufenden Beschwerdeverfahren wurde M. von der Antragstellerin seit dem 18. Juni 2021 nach einem eigenmächtigen Besuch dort erneut – und bis heute fortdauernd – nicht an den Antragsgegner herausgegeben. Bereits im Rahmen der Anhörung der Beteiligten im seinerzeitigen Beschwerdeverfahren ist die Antragstellerin vom Senat am 22. Juni 2021 noch einmal eindringlich auf die rechtliche Lage und ihre Verpflichtung zur umgehenden Herausgabe M.s an den Antragsgegner hingewiesen worden; ebenso darauf, dass im Falle sich insofern als notwendig erweisender Ordnungsmittel zur Durchsetzung der Herausgabeverpflichtung unter den Umständen des Streitfalles bereits aufgrund der Vorgeschichte eine Verhängung von Ordnungsgeld nicht mehr in Betracht kommen und die Verhängung von Ordnungshaft gegen die Antragstellerin geboten sein dürfte. Sie wurde weiter darauf hingewiesen, dass sie M. nur aufgrund einer entsprechenden Entscheidung ärztlich vorstellen und behandeln lassen, ärztliche Berichte/Atteste erstellen oder diese Dritten eröffnen dürfe sowie auch zu etwaigen Entschuldigung gegenüber der Schule nicht berechtigt sei.

Die Antragstellerin hat auch nach Zustellung des Senatsbeschlusses im Vorverfahren M. weiterhin bei sich behalten und nicht in den Haushalt des Vaters zurückgeführt. Deswegen hat das Amtsgericht mit im Wege einstweiliger Anordnung ergangenem Beschluss vom 27. Juli 2021 (Bl. I 93 ff PV) die Antragstellerin zur Herausgabe an den Antragsgegner verpflichtet sowie weitere Vollstreckungsmaßnahmen durch den Gerichtsvollzieher einschließlich einer Öffnung der Wohnung und der Anwendung unmittelbaren Zwangs angeordnet bzw. gebilligt.

Zugleich mit der Zustellung dieses Beschlusses durch den Gerichtsvollzieher am 28. Juli 2021 um 8:15 Uhr ist eine Vollstreckung der Herausgabe in der Wohnung der Antragstellerin versucht worden. In der – nach ausbleibender Reaktion auf ein Klingeln unter Hinzuziehung der Polizei und eines Schlossers geöffneten – Wohnung wurden nach dem Protokoll des Gerichtsvollziehers weder die Antragstellerin noch M. angetroffen (Bl. I 194 ff. PV). Nach Angaben von Nachbarn sind die letztgenannten “seit geraumer Zeit” nicht mehr in der Wohnung wahrgenommen worden, die – offenbar auch im Hinblick auf zwei in der Wohnung befindliche Katzen – aber von verschiedenen unbekannten Personen regelmäßig aufgesucht worden sein soll (Bl. I 196 PV).

Nachdem die Antragstellerin offenkundig umgehend von dem Vollstreckungsversuch Kenntnis erlangt hatte, rief sie gegen 19:30 Uhr bei der Polizeidienststelle L. an und teilte mit, dass sie sich mit M. bei Frau H. in Hemmingen aufhalte und die Polizei M. “dort abholen” könne. Daraufhin organisierte die Dienststelle L. mit der für H. zuständigen Dienststelle R. und der Clearingstelle des Jugendamtes entsprechend dieses Wunsches der Mutter eine entsprechende Abholung des Kindes. Den weiteren Verlauf schildert der entsprechende Vermerk des eingesetzten Polizeibeamten PK W vom 29. Juli 2021 (Bl. I 121 ff. = 136 ff. PV):

“Im hier vorliegenden Sachverhalt wurde die uniformierte Funkstreifenwagenbesatzung PK’in B und PK W (Unterzeichner [im Weiteren: Uz.}) durch POK’in Z (PK Ronnenberg) am 29. Juli 2021 gegen 22:30 Uhr zur Unterstützung angefordert.

Insbesondere weil der Unterzeichner mit einer dienstlich gelieferten Bodycam ausgestattet war und eine Dokumentation somit gewährleistet werden sollte.

Am Ereignisbereich des Einsatzgeschehens … angetroffen, wird im Beisein eines Mitarbeiters des Jugendamtes sowie PKA A an der Hauszugangstür geklingelt.

Nach Öffnen der Hauszugangstür durch Frau W. und Herrn H., führt POK’in Z das Gespräch. Sie erklärt mehrfach empathisch den Grund des polizeilichen Erscheinens und die Konsequenzen.

Während des Gesprächs … kamen wiederholt Personen zur Tür und erkundigten sich über den Grund des polizeilichen Erscheinens.

Für den Uz. bestand bereits zu diesem Zeitpunkt der Eindruck, dass die Gesprächspartei auf Seiten von Frau W. nicht auf die getätigten Aussagen reagierte und stur an der eigenen Sichtweise festgehalten wurde.

Des Weiteren drängte Frau W. darauf, dass zwei Polizeibeamte in das Wohnzimmer kommen sollen, um das Gespräch mit M. zu führen. Ein Gespräch an der Haustür wurde mehrfach abgelehnt. Bereits an dieser Stelle teilte Frau W. mit, dass M. nicht zu ihrem Vater wolle und Angst vor der Polizei habe.

POK’in Z, PKA A und der Mitarbeiter des Jugendamtes begaben sich anschließend in das im Erdgeschoss befindliche Wohnzimmer. Durch Herrn H. wurde daraufhin versucht die Hauseingangstür, vor der sich der Uz. befand, zu schließen. Der Uz. stellte daraufhin seinen Fuß in die Tür und forderte den Mann auf seine Handlung zu unterlassen (…)

Durch die geöffnete Wohnzimmertür konnte der Uz. mehrere Stimmen wahrnehmen. Nach längerer Zeit begab sich POK’in Z zu dem Unterzeichner und gab an, dass das Kind nicht freiwillig mitkommen wolle. (…) Des Weiteren befänden sich ca. 15 Personen im Wohnzimmer. Das gefährdete Kind (M.) säße dabei auf dem Sofa und sei von mehreren Personen umgeben. Direkt über dem Sofa, an einem Fenster, befände sich eine kleine Actionkamera (GoPro) und eine weitere, größere Fernsehkamera, auf der Schulter einer Person, welche sich auf der Terrasse befände. POK’in Z gab an, dass sie vermute, dass die gesamte Situation bewusst so initiiert wurde und das Kind durch die anwesenden Personen dazu instrumentalisiert wurde, jegliches Entgegenkommen der Polizei oder des Jugendamtes abzulehnen. Die gesamte Situation wirke geplant und gestellt.

Aufgrund der verhärteten Gesprächspositionen und der Abwesenheit von POK’in Z aufgrund der Rücksprache mit dem Mitarbeiter des Jugendamtes versuchte der Uz. mit Frau W. zu sprechen. Dabei wurde mehrfach betont, dass der Beschluss Rechtsgültigkeit besitze und das oberste Ziel das Wohl des Kindes sei. Frau W. beharrte jedoch darauf, dass das Wohl nicht gefährdet sei und eher durch eine Inobhutnahme negative Folgen, wie z.B. Traumata, entstehen würden.

Durch den Uz. wurde angeboten ein Gespräch lediglich mit Frau W. und ihrer Tochter in einer ruhigen Atmosphäre zu führen. Dies wurde vehement verneint. Frau W. insistierte darauf, das Gespräch nur im Wohnzimmer oder im Beisein ihrer Freunde führen zu wollen.

Für die eingesetzten Beamten entstand dabei der Eindruck, dass Frau W. das gesamte Gespräch auf Ton- und Videoaufzeichnung haben wolle. Indirekt wurde dies durch Frau W. und Herrn H. bestätigt, da diese angaben, beim letzten polizeilichen Einsatz keine Zeugen gehabt zu haben und sie deswegen diesmal vorsichtiger seien.

Gemeinsam mit POK’in Z begab sich der Uz. in das Wohnzimmer, um ein Gespräch mit M. zu führen und letztlich eine friedvolle Durchsetzung zu erreichen.

Die Angaben von POK’in Z bezüglich der Feststellungen im Raum (Kameras, anwesende Personen), können dabei vom Uz. bestätigt werden. Es herrschte eine sehr angespannte Stimmung und eine deeskalative Kommunikation war, aufgrund mehrerer anschuldigender und teils anmaßender Zwischenrufe der Mitanwesenden, nicht möglich. Jedes Argument wurde direkt durch die Personen auf- und angegriffen.

Eine direkte Kommunikation mit M. wurde ebenfalls verhindert, indem die anwesenden Personen stellvertretend antworteten.

Ein besonderer Fokus der im Raum anwesenden Personen lag darin, den eingesetzten Beamten Aussagen zu einem gewaltsamen Entreißen des Kindes zu entlocken. Mehrfach wurde gefragt, wie das weitere Vorgehen sei und ob die Polizei versprechen könne, dabei keine Gewalt einzusetzen. Auf Fragen durch die eingesetzten Beamten wurde nicht von M., sondern durch die Mitanwesenden geantwortet.

Mehrfach wurde durch den Uz. auf den Beschluss verwiesen und gebeten, das Kind nicht zu beeinflussen.

Ebenfalls wurde Frau W. vorgeschlagen, dass sie M. vorerst begleiten dürfe, um den Abschied zu erleichtern und eine Traumatisierung zu verhindern. Dies wurde ebenfalls abgelehnt.

Für den Uz. wurde an dieser Stelle nochmals deutlich, dass es nicht um das Wohl des Kindes, sondern lediglich um das sture Durchsetzen von Interessen geht.

Ein Kompromiss konnte deshalb nicht gefunden werden.

Da eine weiterführende Kommunikation nicht möglich war, wurde das Gespräch an dieser Stelle beendet. POK’in Z hielt daraufhin telephonisch Rücksprache mit dem Schichtleiter des PK R. Währenddessen wurde durch die anwesenden Personen mehrfach und ohne Anlass behauptet, dass die Polizei mit einem Großaufgebot erscheine und die Maßnahmen mit Gewalt durchsetze. Im Rahmen dieser Unterhaltung wurde durch PK’in B und den Uz. folgende Aussage wahrgenommen: “Wenn du gleich gepackt wirst, musst du ganz laut schreien”.

POK’in Z entschied sich in Rücksprache mit ihrem Dienstschichtleiter für einen deeskalativen Rückzug ohne Anwendung von Zwangsmaßnahmen.

Diese wurde Frau W. mündlich mitgeteilt. Des Weiteren erfolgte der Hinweis, dass eine widerrechtliche Veröffentlichung der Kameraaufzeichnungen strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehe.

Das Geschehen spielte sich im Hausinneren und somit nicht im öffentlichen und frei zugänglichen Raum ab. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Aufnahme des Sachverhaltes lagen somit nicht vor.”

Diese Angaben werden entsprechend auch in dem Bericht von POK’in Z vom 29. Juli 2021 (Bl. I 124 ff. = 139 ff. PV) bestätigt, aus dem sich noch folgende weitere Schilderungen ergeben [die Hervorhebungen durch Fettdruck und Unterstreichung entsprechen dem Original]:

“… Bis zum Eintreffen der Unterstützungskräfte meldete sich die Kindesmutter mehrfach bei der Polizei, u.a. Leitstelle, und erfragte, wie lange das Erscheinen der Polizei noch dauern würde. Ihre Tochter müsse schließlich bald schlafen. Die Kindesmutter deutete an, die eingesetzten Beamten wegen zeitlichen Verzuges zum Nachteil des Wohlergehens ihres Kindes anzuzeigen …

… In dem Wohnzimmer wird die neunjährige M. auf der Couch liegend angetroffen. Sowohl links- als auch rechtsseitig von M. sitzen jeweils zwei weibliche Erwachsene. In dem offenen Wohn-Essbereich halten sich zudem weitere fünf Personen auf. Die eingesetzten Beamten nehmen wahr, dass am Wohnzimmerfenster eine Go-Pro-Kamera mit Klebeband fixiert ist. Die Kameralinse ist direkt auf die Beamten ausgerichtet. Weiterhin wird eine männliche Person im Außenbereich des Wohnhauses wahrgenommen, die eine große Fernsehbildkamera auf der Schulter trägt und von außen in den Wohninnenbereich hinein videographiert. …

… Das Kind wird von der Uz. altersgerecht befragt. Eingangs fragt POK’in Z, ob M. wisse, wer wir sind und aus welchem Grund wir erschienen sei. Das Mädchen nickt zustimmend und gibt an, dass wir von der Polizei seien und dass wir gekommen seien, um ihr weh zu tun. Dies wird seitens der Uz. verneint. M. wird verdeutlicht, dass die Polizei kein Interesse daran hat, körperlich gewaltsam auf sie einzuwirken und dass es eine richterliche Entscheidung gäbe, was ihren Verbleib bei der Mutter betreffe und dass sie künftig in die Obhut ihres Vaters übergeben werden soll. Ihre Reaktion daraufhin erscheint zunächst verärgert und ablehnend. Ihr Wunsch sei es, bei der Mutter zu bleiben. Inzwischen lebe sie seit sechs Wochen bei der Mutter. In dem Zeitraum habe es keinen Kontakt zu ihrem Vater und ihrer Schwester gegeben. Auf Nachfrage, warum sie den Vater bzw. die Schwester verlassen habe, obwohl sie ihre Schwester sehr vermisse, gibt sie an, dass ihre Mutter ihr so sehr gefehlt habe und dass sie deshalb damals abgehauen sei. Auf Nachfrage, warum ihre Schwester nicht mit abgehauen sei, antwortet sie, weil ihre Schwester Angst vor der Polizei hätte.

Im Gespräch entsteht der Eindruck, dass das minderjährige Kind im Vorfeld von den anwesenden Personen manipuliert und instrumentalisiert wurde. Ihre Antworten klingen teils nicht kindgerecht, sondern als seien es Worte von einem Erwachsenen.

Auf kritische und fragwürdige Anmerkungen seitens der Polizei nehmen u.a. die direkt neben dem Kind sitzenden weiblichen Zeugen (H und B) sofort Bezug und verhindern somit unbeeinflusste Antworten des Kindes. Die Kindesmutter weiß sich theatralisch als Opfer des Gerichtsverfahrens zu verhalten und versucht sich Mitleid durch das Vergießen von Tränen zu verschaffen, um der emotional angespannten Situation mehr Nachdruck zu verleihen.

Insgesamt wirkt das Einsatzgeschehen seitens der Frau W. und der übrigen Personen stark manipulativ und langfristig geplant.

Im weiteren Einsatzverlauf versucht PK W vergebens, die Kindesmutter vom Rest der Freunde/Familie zu separieren und an die Vernunft der Mutter zu appellieren, da sie den weiteren Ablauf einer friedvollen Inobhutnahme des Kindes maßgeblich in den Händen habe. Frau W. zeigt sich unkooperativ und geht auf keine Alternativvorschläge ein. Auch das Angebot, dass sie gemeinsam mit dem gefährdeten Kind das Haus friedlich in Begleitung der Polizei verlassen könne, um alles Weitere auf der nahegelegenen Dienststelle klären zu können, wird von Frau W. beharrlich abgelehnt. Sie merkt an, dass eine sofortige rechtliche Umsetzung des Gerichtsbeschlusses gar nicht möglich sei, da kein Gerichtsvollzieher zugegen sei. …

… Erneut betritt POK’in Z in Begleitung von PK W das Wohnzimmer, um das Gespräch fortzuführen. Die Stimmung ist zu diesem Zeitpunkt noch angespannter als zuvor. Eine deeskalative Kommunikation ist seitens des polizeilichen Gegenübers nicht möglich. Mehrfach sind Provokationen zu spüren, dass das Gegenüber auf ein gewaltsames Vorgehen seitens der Polizei hindrängt, welches wiederum von deren Kameras aufgezeichnet wird …

Aufgrund ihrer entsprechenden Verpflichtung durch weiteren Beschluss des Amtsgerichts vom 5. August 2021 (Bl. I 174 f. PV) hat die Antragstellerin am 2. September 2021 im Rahmen ihrer eidesstattlichen Versicherung über den Aufenthalt von M. erklärt (Bl. I 230 f. PV):

“Meine Tochter ist jetzt bei meiner Freundin P. B., wohnhaft ….

Wir besuchen oft Freunde und Verwandte, dort haben wir in den letzten Tagen auch übernachtet. Ich kann keine Angaben über zukünftige Aufenthaltsorte machen.

In der Nacht vom 1. auf den 2. September 2021 habe ich mit meiner Tochter bei der o.g. Frau B. geschlafen. Wo ich die vorherigen Tage und Nächte verbracht habe, kann ich adhoc nicht genau sagen. Auf diese Frage war ich nicht vorbereitet. Zum Zwecke der Vorbereitung habe ich über meinen Rechtsanwalt, Herrn N., am 1. September 2021 eine Anfrage an den Gerichtsvollzieher J. gestellt, welche bis dahin unbeantwortet geblieben ist. Diese Informationen könnte ich allenfalls nachreichen.

M. ist derzeit krank geschrieben bis aktuell zum 17. Oktober 2021 und wird deshalb auch in dieser Zeit voraussichtlich die Schule nicht besuchen.”

B. Das vorliegende Verfahren ist von der Antragstellerin durch am 17. Januar 2022 beim Amtsgericht eingereichten Schriftsatz vom “24. August 2021” eingeleitet worden, mit der – in Abänderung der Senatsentscheidung aus 2021 – die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes für beide Töchter auf die Antragstellerin sowie eine “Übertragung der Kindergeldempfangsberechtigung für das Kind M.” “auch für nicht von der Kindergeldkasse ausbezahlte Rückstände” begehrt wird. Die insofern erforderlichen Abänderungsgründe sollen sich aus dem “Kindeswillen” ergeben, da “in der Zwischenzeit … das ältere Kind M. freiwillig zur Kindesmutter gegangen [sei] und bekundet [habe], dort bleiben zu wollen”. Dieser Kindeswille indiziere zugleich ein entsprechendes Kindeswohl. Im Übrigen wird Bezug genommen auf eine beigefügte – bereits ausdrücklich in das Vorverfahren eingeführte – “Expertise” über die “Fehler bei der Erstellung des (hier so genannten) P.werks” verbunden mit der pauschalen Behauptung, diese sei “weder vom Amtsgericht noch vom OLG gewürdigt”.

Das Amtsgericht hat am 7. Februar 2022 für die Kinder H. als Verfahrensbeistand bestellt und auf den 7. März 2022 einen Anhörungstermin anberaumt, zu dem auch die “Hinzuziehung” einer Diplom-Psychologin als Sachverständige beabsichtigt war (Bl. 26. d.A.).

Am 16. Februar 2022 hat der Antragsgegner die bis dahin zuständige Amtsrichterin – gestützt auf eine Vielzahl von Gründen aus zahlreichen zwischen den Beteiligten geführten Verfahren – wegen Befangenheit abgelehnt. Diese zunächst durch das Amtsgericht abgewiesene Befangenheitsablehnung ist im Beschwerdeverfahren vor dem Senat für begründet erklärt worden (vgl. Senatsbeschluss vom 5. Mai 2022 – Bl. 49 ff. Befangenheitsheft – FamRZ 2023, 148 = juris in Volltext, in NZFam 2023, 33 nur Leitsatz und Kurzwiedergabe).

Die nunmehr zuständige Amtsrichterin hat nach erfolglos gebliebenem rechtlichen Hinweis auf die fehlende Erfolgsaussicht der Anträge und daraufhin erfolgter weiterer ergänzender Begründung am 21. Mai 2022 (Bl. I 98 ff. d.A.) neue Termine – ohne die in früherer Besetzung des Gerichts beabsichtigte Beauftragung einer Sachverständigen – anberaumt zur gesonderten und jeweils getrennten Anhörung der beiden betroffenen Töchter sowie der weiteren Beteiligten (Bl. I 120 d.A.). L. wurde vom Antragsgegner wie angeordnet zum entsprechenden Termin gebracht. Nach dem Anhörungsvermerk vom 29. Juni 2022 (Bl. II 302 d.A.) konnte die Amtsrichterin, während auf den verspäteten Verfahrensbeistand gewartet wurde, einen “liebevollen und zugewandten Vater” erleben, wobei zunächst ein Gespräch mit beiden möglich war. Als nach Eintreffen des Verfahrensbeistandes der Vater den Raum verlassen wollte, wandte sich L. ab, schloss die Augen und ließ sich nicht mehr in ein Gespräch verwickeln. Nach mehreren erfolglosen Versuchen der Kontaktaufnahme nickte sie lediglich auf die Frage, ob der Papa lieber anwesend sein sollte. Auch auf dessen gutes Zureden hin konnte L. dann aber nicht dazu bewegt werden, sich mit der Richterin zu unterhalten. Letztlich erreichte die Amtsrichterin lediglich eine ausdrückliche Erklärung L.s, dass sie nicht mit ihr sprechen wolle.

Demgegenüber wurde M. von der Antragstellerin nicht zum anberaumten Anhörungstermin gebracht. Dies war bereits zuvor schriftsätzlich angekündigt worden (Bl. III 165 ff. d.A.), nachdem das Amtsgericht nicht auf das Begehren der Antragstellerin eingegangen war, M. durch das Gericht per Videoschaltung aus der Wohnung der Antragstellerin oder direkt dort – also im unmittelbaren “Herrschaftsbereich” der Mutter – anzuhören, womit offenkundig vorrangig jegliche Möglichkeit einer Vollstreckung der bestehenden Herausgabeverpflichtung verhindert werden sollte. Dabei wurde erneut die Bescheinigung eines von der Antragstellerin bewusst widerrechtlich mit der Behandlung und Begutachtung M.s betrauten Arztes, der zudem vom dafür allein zuständigen Antragsgegner nicht von seiner Verschwiegenheitsverpflichtung entbunden war, vorgelegt (Bl. I 172 d.A.) sowie ein angeblich von M. verfasstes Schreiben (Bl. 173 d.A.), das nach seinem äußeren Bild sowie der daraus ersichtlichen Rechtschreibung nicht demjenigen eines für den Besuch der fünften Klasse qualifizierten Kindes entspricht und in dem angegeben wird, sie wolle “beim Mama bleiben, und L. soll hierher” sowie, dass sie nicht zur Anhörung wolle.

Das Jugendamt hat unter dem 23. Juni 2022 (Bl. I 206 f.) Stellung genommen und ist dabei dem Begehren der Antragstellerin strikt und vollständig entgegengetreten. Es hat darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin M. widerrechtlich in ihrem Haushalt behalte, widerrechtlich bei verschiedenen Ärzten vorstelle und widerrechtlich Erklärungen gegenüber der Schule abgebe. Einen Schulbesuch bzw. eine Schulfähigkeit habe sie innerhalb der letzten zwölf Monate nicht herstellen können. Zudem sei nicht einschätzbar, inwiefern es M. möglich sei, unbeobachtet Kontakte zu Gleichaltrigen ihrer Wahl wahrzunehmen. “Kontakte außerhalb des mütterlichen Unterstützerkreises” könnten “nur unter extremen und unangemessenen Umständen (Videoaufnahmen, Vorbesprechungen, einer Vielzahl von Zeugen) umgesetzt werden”. Zusätzlich lasse die Antragstellerin selbst berichten, dass sie nicht in der Lage sei, über erzieherische Mittel M. zu ihrem Vater oder in die Schule zu bringen. Aus einer Vielzahl begleiteter Umgangskontakte in der Vergangenheit sei jedoch bekannt, dass die Antragstellerin “grundsätzlich sehr wohl dazu in der Lage ist”. Das Jugendamt müsse daraus schließen, dass die Antragstellerin “sich bewusst dazu entscheidet, weder Schulbesuch noch den Beschluss des OLG umzusetzen, da dies ihren Interessen entspricht”. “Eine kritische Selbstreflexion und eine Wahrnehmung der Unterschiedlichkeit der Bedürfnisse und Interessen von Mutter und Kind ist nachweislich nicht möglich. M. lebt in Illegalität und wird beständig in einer Atmosphäre von Angst und Flucht gehalten. M. erlebt in der aktuellen Situation vollkommen ausgeliefert und handlungsohnmächtig zu sein.” Insgesamt sei für den KSD aus familienrechtlicher Perspektive eine Übertragung von Sorgerechtsanteilen auf die Antragstellerin nicht denkbar.

Der Vertreter der Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 27. Juni 2022 (Bl. II 209 ff. d.A.) den Antrag dahin erweitert, dass auch die Alleinübertragung der elterlichen Sorge für M. in den Bereichen Schulsorge und Gesundheitssorge begehrt wird sowie Feststellung, “dass das Sachverständigengutachten des P. nicht verwertbar ist”. In der ergänzenden Begründung werden die bereits im Vorverfahren gegenüber dem Sachverständigengutachten vorgebrachten Einwendungen wiederholt und die mangelnde Verwertbarkeit auch auf eine ergänzend vorgelegte “Methodenkritische Stellungnahme” einer Diplom-Psychologin vom 19. Juni 2022 (Bl. II 221 ff. d.A.) gestützt. Weiter wird auf eine kurze Passage im – alsbald vom Senat geänderten – Beschluss des Amtsgerichts über die Zurückweisung der Befangenheitsablehnung der zuvor zuständigen Amtsrichterin rekurriert, nach der die Auswahl einer Diplom-Psychologin (befangenheitsrechtlich!) nicht zu beanstanden sei und die Tätigkeit des Sachverständigen P. als Erwachsenenpsychologe “nicht geeignet” sei, eine kinderpsychologische Einschätzung herbeizuführen.

Unter dem 27. Juni 2022 hat der Verfahrensbeistand von einem am 24. Februar 2022 in der Wohnung der Antragstellerin geführten Gespräch mit M. berichtet (Bl. II 277 ff. d.A.)., Diese habe sich etwas gelangweilt und genervt gegeben und verdeutlicht, dass sie eigentliche keine Lust auf ein Gespräch habe. Dabei habe M. angegeben, sie wolle bei der Antragstellerin bleiben und dass L. bei ihnen wohne solle.

In ihrer eigenen Stellungnahme betont sie, dass die – von der Mutter herbeigeführte – “aktuelle Situation für M. absolut nicht tragbar … und nicht kindgerecht” sei. Im Weiteren werden die Aussagen M.s über die Ablehnung des Antragsgegners als “Verleugnung von positiven Gefühlen” und “typisches Loyalitätsgeschenk an den anwesenden Elternteil, wenn dieser es zu fordern scheint” eingeschätzt. Weiter wird kritisiert, dass M. “keine reguläre Schulbildung” erfährt, wobei der “Unterricht” ausschließlich im Selbststudium über die Mutter zu Hause stattfinde, wobei ihr “keinerlei Teilhabe an Quervernetzung des Unterrichtsstoffes, Fragen anderer Schüler, unterschiedliche Lehrerpersönlichkeiten, Referaten, mündlichen Beteiligungen am Unterricht, Klausuren zur Lernzielkontrolle etc” ermöglich werde. M. habe keinen Zugang zu einer Klassengemeinschaft, weder könnten soziale Interaktionen mit Gleichaltrigen stattfinden, noch könne sie Erfahrungen in Gruppendynamik, Konfliktbewältigung und interpersonalen Beziehungen für ihr weiteres Leben machen. M. habe zumindest “vormittags keine Gleichaltrigen/Peer-Groups zum Spielen, da alle anderen Kinder in der Schule sind”, für sie gebe es keine Pause oder die Möglichkeit für altersgerechte Kommunikation. Insgesamt wird M.s Situation ausdrücklich als Kindeswohlgefährdung bewertet, die zeitnah zu verändern sei. Eine irgend geartete Unterstützung des Antrages der Antragstellerin ergibt sich aus diesem Bericht nicht.

Mit Schriftsatz vom 29. Juni 2022 (Bl. 279 ff. d.A.) hat der Vertreter der Antragstellerin weitere (Neben-) Anträge angekündigt und – unter Berufung auf bereits im Vorverfahren gegenständliche Gesichtspunkte aus dem Jahr 2020 – zu vermeintlich fehlender Erziehungseignung des Kindesvaters vorgetragen.

Am 30. Juni 2022 hat das Amtsgericht die Beteiligten umfassend angehört, wozu auf die Sitzungsniederschrift (Bl. II 292 ff. d.A.) Bezug genommen wird. Namentlich hat dabei die Antragstellerin erklärt, dass ein Schulbesuch M.s nicht kindeswohldienlich sei, “wenn das Kind Angst haben müsse, weggeschnappt zu werden”. Sie gab weiter an, dass M. “wegen ihrer Angst, von mir getrennt zu werden, krankgeschrieben” sei, “zuletzt von Herrn Dr. B., der hat im November 2021 M. gesehen. Ich hätte M. auch gerne später nochmal Dr. B. vorgestellt, das hat der Kindesvater aber verboten.”

Das Amtsgericht hat sodann mit Beschluss vom 4. Juli 2022, auf den auch zur weiteren Sachdarstellung sowie hinsichtlich der im Laufe des Verfahrens sukzessive gestellten Anträge ergänzend Bezug genommen wird, die Anträge der Antragstellerin insgesamt zurückgewiesen. Es hat dabei darauf abgestellt, dass die gemäß § 1696 Abs. 1 BGB erforderlichen besonderen Voraussetzungen für eine Abänderung der Senatsentscheidung vom 14. Juli 2021 im Streitfall nicht vorliegen. Namentlich überwiege ein etwaiger Wille von M. nicht die im Rahmen der abzuändernden Entscheidung bereits berücksichtigten Kindeswohlerwägungen, insbesondere der unverändert stark eingeschränkten Erziehungsfähigkeit der Antragstellerin sowie der nicht verbesserten sondern sogar noch verstärkt belastenden und allein von der Antragstellerin zu verantwortenden Situation M.s aufgrund des ihr langfristig zugemuteten Lebens in Illegalität, ohne Schulbesuch sowie in ständiger Angst und unter strenger Kontrolle der Außenkontakte durch die Antragstellerin. Es hat weiter begründet, dass es einer erneuten Begutachtung nicht bedürfe, da die Kindeswohlschädigung bei M. offensichtlich sei, und bezüglich L.s Gründe für eine erneute Begutachtung nicht einmal dargetan worden seien. Gründe für etwaige auf § 1666 BGB gestützte Eingriffe in die elterliche Sorge des Vaters bestünden nicht, Einschränkungen dessen Erziehungsfähigkeiten seien von Verfahrensbeistand wie Jugendamt nicht einmal ansatzweise vorgetragen oder bestätigt worden. Dazu sei es schließlich auch nicht entscheidend, dass der Antragsgegner während der Fortdauer der widerrechtlichen Kindesentführung durch die Antragstellerin nicht seine Zustimmung zu einzelnen von der Antragstellerin erstrebten Maßnahmen wie einer Testung durch die Landesschulbehörde erteile. Es bestehe nämlich kein Anlass davon auszugehen, dass er seinen Verpflichtungen aus § 1631a BGB nicht nachkommen könnte, sobald er auch tatsächlich wieder den ihm rechtlich zugewiesenen “Zugriff” auf M. habe. Hinsichtlich der Bestimmung über die Kindergeldbezugsberechtigung bestehe die Zuständigkeit des Rechtspflegers und laufe ein gesondertes Verfahren, so dass dieser Antrag hier unzulässig sei.

Gegen diese jeweils am 6. Juli 2022 (Antragstellerin – Bl II 338 d.A., Verfahrensbeistand Bl. 339 d.A.) zugestellte Entscheidung richten sich die am 11. Juli 2022 (Antragstellerin – Bl. II 340 ff. d.A.) bzw. am 4. August 2022 (Verfahrensbeistand Bl. II 395 d.A.) eingelegten Beschwerden von Antragstellerin und Verfahrensbeistand.

Die Antragstellerin hat zugleich die bereits in den zahlreichen früheren Verfahren zuständige reguläre Besetzung des Senates als befangen abgelehnt. Dieses Ablehnungsgesuch ist mit – in Vertretungsbesetzung erlassenem – Senatsbeschluss vom 25. Juli 2022 (Bl. II 382 ff. d.A.) als nicht begründet zurückgewiesen worden. Die unter dem 10. August 2022 (Bl. III 402 ff. d.A.) dagegen erhobene Gehörsrüge wie auch eine Gegenvorstellung sind durch weiteren Beschluss vom 15. August 2022 (Bl. III 416 ff. d.A.) verworfen bzw. zurückgewiesen worden.

Die Antragstellerin hat ihre Beschwerde mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 5. September 2022 begründet und zugleich für das Beschwerdeverfahren um Verfahrenskostenhilfe (VKH) nachgesucht. In der Sache verfolgt sie dabei (lediglich) ihre eigentlichen Anträge zur elterlichen Sorge, nunmehr auf Alleinübertragung der elterlichen Sorge insgesamt für beide Töchter gerichtet, hilfsweise auf das Aufenthaltsbestimmungsrecht, die Gesundheitssorge und die “Schulsorge” für M. gerichtet weiter.

Zur Begründung wird – unter Berufung auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts – ausgeführt, dass im Rahmen eines Abänderungsverfahrens auch solche Tatsachen zu berücksichtigen seien, die zwar bei der Entscheidungsfindung schon vorlagen, “dem Gericht aber nicht bekannt waren” (Hervorhebung im Original).

In diesem Sinne in Bezug genommen und beigefügt ist in Anlage 1 als “detaillierte Auseinandersetzung mit dem Beschluss des OLG Celle vom 14. Juli 2021” eine tabellarische Aufstellung über 135 Seiten (Bl. III 463-597 d.A.), in der jede (!) Textziffer (bis hin zur Kostenentscheidung) der besagten Senatsentscheidung aufgeführt und “abgearbeitet” ist. Dabei ist entsprechend der Textziffern des Beschlusses (Spalte 1) zunächst der Beschluss selbst wiedergegeben (Spalte 2); es folgt in Spalte 3 die angenommene “Herkunft/Quelle für die Feststellungen des OLG” sowie als Spalte 4 “diesseitig unberücksichtigt gebliebener Sachvortrag”. Dabei ist allerdings die selbst vorgegebene Systematik nicht konsequent eingehalten, insbesondere finden sich wiederholt (auch) in Spalte 3 (“Herkunft/Quelle …”) den Feststellungen des Senates entgegengesetzte tatsächliche Behauptungen der Antragstellerin.

Unter (bereits im Vorverfahren geltend gemachtem) Verweis auf einen Anhörungsvermerk des Amtsgerichts aus dem Jahr 2020 über den nach Einschätzung der zwischenzeitlich durch begründete Befangenheitsablehnung ausgeschiedenen Amtsrichterin damals “recht ungepflegten Zustand” der Kinder wird eine “in höchstem Maße” bestehende Gefährdung des Kindeswohls in väterlicher Obhut hergeleitet, erneut wie bereits im Vorverfahren das Gutachten des Sachverständigen P. angegriffen und der erstinstanzliche Verweis auf eine Ausführung zu dessen Qualifikation im Rahmen der (nur) erstinstanzlich erfolglosen Befangenheitsablehnung der bis dahin zuständigen Amtsrichterin wiederholt. Weiter werden gegenüber dem Antragsgegner Vorwürfe geltend gemacht, die dessen fehlende Erziehungseignung begründen sollen.

Die amtsgerichtliche Entscheidung wird angegriffen hinsichtlich der Verantwortlichkeit der Antragstellerin für die fortgesetzte Nichtbeschulung M.s insbesondere unter Berufung auf ihre Krankschreibung vom Juli 2020 durch einen von der Mutter ohne Zustimmung des alleinsorgeberechtigten Vaters beauftragten und von diesem nicht von seiner Schweigepflicht entbundenen Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, der ausweislich seiner Stellungnahme ausdrücklich über die tatsächlichen rechtlichen Verhältnisse im Bereich der elterlichen Sorge für M. informiert war. Zugleich wird zur Erheblichkeit des von der Antragstellerin behaupteten Kindeswillens bei M. und zum nach Einschätzung einer von der Mutter – wiederum ohne die allein maßgebliche Zustimmung des allein die elterliche Sorge ausübenden Antragsgegners – beauftragten Lerntherapeutin “gut bis sehr gut erreichten” Wissen der vierten Klasse vorgetragen, wobei der langfristig unterbundene Schulbesuch M.s nach Auffassung der Antragstellerin vielmehr sogar zu einer “Verbesserung” deren Zustands geführt haben soll. Schließlich versteigt sich die Antragstellerin gar dazu zu “rügen, dass das Amtsgericht die Kinder nicht angehört” habe.

Die Beschwerde des Verfahrensbeistandes ist mit Schriftsatz vom 6. September 2022 (Bl. III 693a ff d.A.) begründet worden. Er hat weder ausdrücklich einen konkreten Beschwerdeantrag gestellt noch verfolgt er sinngemäß ein konkretes Beschwerdeziel. Er hat vielmehr lediglich ausgeführt, seine “Vorstellung der Vereinbarkeit von Kindeswille und Kindeswohl wäre … in folgende Richtung gegangen” wobei es in der folgenden Aufzählung – abgesehen von überwiegend nicht das vorliegende Verfahren betreffende Fragen des zukünftigen Umgangs, einer etwaigen Inobhutnahme (“in Obhut gebracht”) durch das Jugendamt und eine Schulbegutachtung M.s betreffenden Ausführungen – lediglich heißt “Frau W. könnte zunächst das Sorgerecht für M. übertragen werden, diese könnte dann bei ihr ,offiziell’ wohnen und wieder in die Schule gehen” sowie “das Jugendamt könnte eine Ergänzungspflegschaft übernehmen bezüglich der Schulangelegenheiten, der Gesundheitsfürsorge und des Aufenthaltsbestimmungsrechtes”. Zugleich hat der Verfahrensbeistand abschließend klargestellt, dass im vorliegenden Verfahren eine “Überprüfung nach § 1666 für beide Mädchen” nicht “beabsichtigt” ist.

Im Übrigen berichtet er weiter über seine – letztlich ebenso wie seitens des Gerichts erfolglos gebliebenen – Bemühungen zu einem inhaltlichen Gespräch mit L. und ergänzt seine erstinstanzlichen Stellungnahmen betreffend M., wobei er – wenn auch ohne jegliche Auseinandersetzung mit der sich aus den Rahmenbedingungen der von M. wahrgenommenen Erklärungen ergebenden massiven Problematik, ob dem tatsächlich ein authentischer und beachtlicher Willen des Kindes zugrunde liegen kann – deren Äußerungen eine durchgreifenden Bedeutung beimessen will.

Zur – auch von ihm selbst in mehrfacher Hinsicht konkret ausdrücklich als eingeschränkt erkannten – aktuellen Erziehungsfähigkeit der Antragstellerin wird lediglich darauf konstatiert, “Eltern [seien] “entwicklungsfähig”. Dabei behauptet der Verfahrensbeistand ohne jegliche aufgezeigte tatsächliche Grundlage – und entgegen etwa der ausdrücklichen wiederholten Stellungnahme des im Gegensatz zum Verfahrensbeistandes über die gesamte maßgebliche Zeit involvierten Jugendamtes – “der Aufenthalt M.s [sei] allen Beteiligten bekannt. Vergebliche Vollstreckungsversuche, bei denen niemand angetroffen wurde, [widersprächen] dem nicht, sondern [seien] der Tatsache geschuldet, dass Mutter und Tochter auch ab und an das Haus verlassen”.

Demgegenüber werden gegenüber dem Antragsgegner “halbherzige Vollstreckungsversuche durch Unterlassen” als Hinweis auf “mangelnde Erziehungsfähigkeit” gewertet und ihm in diesem Sinne auch das “Unterlassen” des Eingehens auf die verbalen “Kontaktaufnahmen” der Antragstellerin, das “Unterlassen” von eigenen Kontakten zu M. “obwohl die Möglichkeit bestand” sowie “keinerlei Versuche …, zwischen den Schwestern Kontaktversuche zu ermöglichen” vorgeworfen.

Der Senat hat den anderen Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Beschwerdebegründungen von Antragstellerin und Verfahrensbeistand gegeben.

Der Antragsgegner ist den Beschwerden mit Schriftsätzen vom 16. September 2022 (Bl. IV 727 ff. d.A.) und 18. September 2022 (Bl. IV 743 ff. d.A.) entgegengetreten. Dabei wird ausführlich eingegangen auf die – im Einzelnen von ihm verneinte – Geltendmachung neuer (oder bislang unbekannter) Tatsachen im Sinne von § 1696 BGB, die allein eine Abänderung tragen könnten und für zahlreiche Einzelpunkte noch einmal vereinzelt dargelegt, dass und warum sie bereits im Vorverfahren gegenständlich waren. Er tritt insbesondere auch den in der Beschwerdebegründung des Verfahrensbeistands erhobenen verschiedenen “Vorwürfen” und der daraus sich vermeintlich ergebenden Indizwirkung auf seine eingeschränkte Erziehungsfähigkeit im einzelnen substantiiert sowie mit Rechtsausführungen entgegen.

Auch das Jugendamt hat unter dem 30. September 2022 erneut berichtet und zu den Beschwerden Stellung genommen (Bl. IV 762 ff. d.A.): Es hat dabei – noch einmal – betont, dass dem Jugendamt der tatsächliche Aufenthalt M.s, seit sie sich ab 18. Juni 2021 in der tatsächlichen “Obhut” der Antragstellerin befindet, anders als von der Mutter laufend behautet, nicht bekannt ist. Es wird weiter berichtet, dass M. über diesen gesamten Zeitraum bis heute die Schule nicht mehr besucht und aufgrund dieser Schulabstinenz von der Schule ihre Leistungen nicht beurteilt werden können, so dass weder eine – im Sommer 2022 angestandene – Versetzung stattgefunden habe, noch M. für die Zeit seitdem einen Schulplatz auf einer weiterführenden Schule habe. Das Jugendamt bestätigt aus eigener Kenntnis ihres damals anwesenden Mitarbeiters zudem, dass bei dem Vollstreckungsversuch am 28. Juli 2021 der Bewohner der gegenüberliegenden Wohnung berichtete, die Antragstellerin seit drei bis vier Wochen nicht mehr gesehen zu haben und deren gewaltsam geöffnete Wohnung den Anschein eines überstürzten Verlassen aufgewiesen habe. Bei dem weiteren Vollstreckungsversuch am 27. August 2021 habe eine Frau R., die sich als Patentante M.s bezeichnete, die Wohnung geöffnet und angegeben, sich seit ca. einer Woche um die Katzen und die Post zu kümmern; über die Inhalte der Post informiere sie die Antragstellerin fernmündlich; wo sich letztere mit M. aufhalte wisse sie nicht, “mittlerweile” wäre das jedoch “woanders”.

Für den 24. November 2021 hätten sich zwei Mitarbeiter des Jugendamtes – nachdem M. bereits seit fünf Monaten von niemandem mehr gesehen worden sei – auf die verschiedenen “Bedingungen” der Antragstellerin für ein Gespräch mit M. (u.a. etwa Videoaufzeichnung, Anwesenheit einer “Vertrauensperson” sowie Versicherung die Information über Ort und Zeit des Treffens nicht an andere weiterzugeben) eingelassen. Dabei seien bereits vier Erwachsene vor Ort gewesen und mit einer festinstallierten Videokamera Aufzeichnungen angefertigt worden. Zudem habe ein junger Mann mit einer Handkamera Nahaufnahmen machen wollen, habe sich aber auf ein Abstellen dieser Kamera auf einer Kommode “eingelassen”. Das gesamte Geschehen sei zudem von der Antragstellerin sowie drei weiteren Erwachsenen beobachtet worden. Die ausdrückliche Zusage der Antragstellerin, die Videoaufnahmen nach dem Weggang der Jugendamtsmitarbeiter umgehend zu löschen, sei zudem nicht eingehalten worden; sie seien vielmehr verwendet worden, “um über Vorgesetzte weitere Gesprächstermine im KSD zu erpressen”.

Über einen dritten Vollstreckungsversuch am 31. August 2022 wird schließlich berichtet, dass auch zu diesem Zeitpunkt niemand in der Wohnung der Antragstellerin angetroffen und vom Nachbarn berichtet wurde, die Antragstellerin letztmalig vor den Sommerferien sowie M. noch wesentlich länger nicht mehr gesehen zu haben; in der Wohnung lebe vielmehr eine andere Person, vermutlich als Untermieterin.

Bei einem weiteren Vollstreckungsversuch am 14. September 2022 sei entsprechend lediglich eine junge Frau in der Wohnung angetroffen worden, die angab, Untermieterin zu sein und die Antragstellerin zuletzt vor ca. einer Woche, M. dagegen bereits seit langer Zeit nicht mehr gesehen zu haben.

Weiter wird darauf hingewiesen, dass M. von der Antragstellerin “in den Konflikt einbezogen wird”, wofür auf Interviews im Rahmen von Fernsehberichten etwa des MDR im August 2021 sowie im September 2022 hingewiesen wird.

Die ambulante Familienhilfe im Haushalt des Antragsgegners sei am 18. März 2022 eingestellt worden, nachdem dieser keinen weiteren Unterstützungsbedarf gesehen habe und keine Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung L.s vorgelegen hätten. Die Kommunikation mit ihm finde inzwischen nur noch über seinen Anwalt statt. Inwieweit er ein konkretes Konzept für den Fall der Rückkehr M.s in seine Obhut habe, sei dem Jugendamt ebensowenig bekannt wie Bemühung seinerseits um eine direkte Kontaktaufnahme mit M.. L. entwickele sich weiterhin unauffällig, sei in Schule und Hort sozial gut integriert und spreche dort “immer mal” von M., nicht aber von der Antragstellerin.

Das Jugendamt geht ausdrücklich davon aus, “dass zu jedem vorab abgesprochenen Termin” mit der Antragstellerin “eine Vielzahl von Personen herbeigerufen wird, sowie Videoaufnahmen über eigene Geräte oder Medienschaffende angefertigt werden”. In einer solchen Situation könnten aber keine kindeswohlorientierten Lösungen erarbeitet werden.

Das Jugendamt betont weiter, dass sich nach seinem Kenntnisstand seit dem 14. Juli 2021 keine neuen Tatsachen ergeben hätten, vielmehr hätten “die bereits bekannten Tatsachen im Ausmaß zugenommen”. Aufgeführt werden “Entzug vom allein sorgeberechtigten Vater; fehlender Schulbesuch; beständig wechselnder oder unbekannter Aufenthalt und damit Unsicherheit und Illegalität als Lebensgrundlage für M.; widerrechtliches Vorstellen bei Ärzten, Therapeuten, Gutachtern; Verhindern, dass sich Gericht und Jugendamt einen neutralen Eindruck von M. verschaffen können; aktives Einbeziehen vom M.”.

Der Vertreter der Antragstellerin hat ergänzend noch mit Schriftsätzen vom 4. Oktober 2022 (Bl. IV 769 ff. d.A.), 19. Oktober 2022 (Bl. VI 775 ff. d.A.), 23. November 2022 (Bl. IV 779 ff. d.A.) sowie 16. Dezember 2022 (Bl. VI 798 f. d.A.) vorgetragen.

Die umfangreichen Verfahrensakten einschließlich derjenigen der Parallelverfahren standen im Übrigen aufgrund einer aus dem Unterstützerkreis der Antragstellerin beim Justizministerium angebrachten Eingabe, die von der Präsidentin des OLG als Dienstaufsichtsbeschwerde bewertet und zurückgewiesen worden ist, dem Senat zeitweilig nicht zur Verfügung.

II.

Der Antragstellerin kann die für das Beschwerdeverfahren nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe (VKH) nicht bewilligt werden, weil ihre – unbedingt von der Bewilligung von VKH eingelegte – Beschwerde in der Sache keine Aussicht auf Erfolg hat. Zur fehlenden hinreichenden Erfolgsaussicht wird auf die nachfolgenden Ausführungen in der Sache verwiesen.

III.

1. Die Beschwerden der Antragstellerin und des Verfahrensbeistandes sind zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt wie – nach insofern antragsgemäß bewilligter Verlängerung – begründet worden.

Dabei kann die Antragstellerin allerdings, die gegenwärtig aufgrund der rechtskräftigen Entscheidung des Senates in die Sorge für die beiden betroffenen Töchter in keiner Weise eingebunden ist, im Beschwerdeverfahren schon aus formellen Gründen allein ihre eigene zukünftige (Mit-) Beteiligung an der elterlichen Sorge verfolgen; für eine etwaige Verfolgung von anderen bloßen Eingriffen in die elterliche Sorge des Vaters insbesondere gemäß § 1666 BGB fehlt es ihr dagegen bereits an der erforderlichen Betroffenheit in eigenen Rechten bzw. der Möglichkeit zur Verfolgung von Rechten der Kinder selbst.

Die Beschwerde des Verfahrensbeistandes wiederum ist auch ohne einen ausdrücklichen Beschwerdeantrag oder ein der Beschwerdebegründung eindeutig zu entnehmendes Beschwerdeziel zulässig, da es in Kindschaftsachen als FG-Verfahren nicht einmal einer förmlichen Begründung bedarf.

2. Dabei kann der Senat unmittelbar in der Sache entscheiden, weil das Amtsgericht auf der Grundlage eines förmlich nicht zu beanstanden Verfahrens nach umfassender Anhörung der Beteiligten entschieden hat, auch im Lichte des Beschwerdevorbringens weitere Ermittlungen nicht erforderlich (bzw. nicht erfolgversprechend) sind und von einer erneuten Anhörung der Beteiligten ein entscheidungserheblicher weiterer Erkenntnisgewinn nicht zu erwarten ist (§ 63 Abs. 3 Satz 2 FamFG). Dabei hat es das Amtsgericht entgegen der “Rüge” der Antragstellerin auch nicht etwa “unterlassen, die Kinder anzuhören”. Eine Anhörung von L. ist durch den Antragsgegner völlig ordnungsgemäß sichergestellt worden. Dass diese dabei nicht mit der Richterin sprechen wollte, hat auf die Frage einer ordnungsgemäßen Durchführung dieser Anhörung keinen Einfluss; im Übrigen waren beide Töchter bereits im Rahmen der Anhörung durch den Senat zu Äußerungen nicht bereit. Die tatsächlich nicht mögliche Anhörung von M. ist dagegen allein von der Antragstellerin selbst zu verantworten, die sich nicht in der Lage sah, sie zur Wahrnehmung des Anhörungstermins zu bewegen. Das Amtsgericht hatte nach jüngster obergerichtlicher Rechtsprechung (vgl. insbesondere etwa OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11. Januar 2023 – 5 WF 138/22 – juris) praktisch auch keine Möglichkeit, zwangsweise eine Anhörung M.s durchzusetzen, weil insofern nach einhelliger Auffassung eine Anordnung von Ordnungsmitteln mangels gesetzlicher Grundlage unzulässig ist und auch eine Durchsetzung mit Zwangsmitteln rechtlich nicht in Betracht kommt. Zwangsmittel können nämlich nur zur Durchsetzung dem Verpflichteten noch möglicher geschuldeter Verfahrenshandlungen – wie etwa der erforderlichen Mitwirkung zur Ermöglichung der Auskunftserteilung eines Versorgungsträgers – vom Gericht bei deren pflichtwidrigen Unterlassen verhängt werden. Die Zuführung eines Kindes zu einem konkret angeordneten Anhörungstermin ist dagegen entweder – davor – noch nicht unterblieben, oder – danach – “rückwirkend” gar nicht mehr möglich. Die danach allein verbleibende Möglichkeit im Wege einstweiliger Anordnung vorübergehend in die elterliche Sorge einzugreifen und dies gegenüber dem pflichtigen Elternteil durch Zwangsvollstreckung bzw. Ordnungsmittel auch durchzusetzen scheidet unter den Umständen des Streitfalles, in dem aufgrund des Verhaltens der Antragstellerin über einen Zeitraum von mittlerweile anderthalb Jahren nicht einmal die Vollstreckung der dauerhaft bestehenden Herausgabeverpflichtung werden konnte, praktisch aus. Ob man sich dagegen tatsächlich – wie allerdings vom Amtsgericht angenommen – aufgrund der allesamt im unmittelbaren Einwirkungsbereich der Antragstellerin entstandenen vermeintlichen Äußerungen M.s bereits auf eine hinreichend sicher feststellbare grundsätzliche Ablehnung inhaltlicher Äußerung gegenüber dem Gericht, die im Übrigen von der Antragstellerin selbst so gar nicht vorgetragen sind – berufen kann, bedarf hier daher keiner weiteren Vertiefung. Jedenfalls aber kam die von der Antragstellerin und ihrem Verfahrensbevollmächtigten recht unverfroren verlangte Durchführung einer Anhörung M.s unter bewusstem Verzicht auf eine Umsetzung bzw. Vollstreckung der nach wie vor wirksamen Herausgabeverpflichtung, was zugleich mit einer unmittelbaren faktischen zumindest psychischen Einflussnahme der Antragstellerin verbunden gewesen wäre, in keinem Fall in Betracht

Eine erneute Anhörung der Beteiligten und/oder der betroffenen Kinder ist vorliegend auch nicht etwa gemäß § 63 Abs. 5 erforderlich; ein insofern von der Verfahrensart her allein in Betracht kommender Fall im Sinne von Nr. 1 dieser Vorschrift liegt offenkundig nicht vor, zumal es einerseits um eine bereits bestehende Entscheidung nach § 1671 BGB geht und andererseits die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde etwaige Eingriffe gemäß § 1666 BGB in die elterliche Sorge des Vaters nicht verfolgen kann sowie der Verfahrensbeistand mit seiner Beschwerde ausdrücklich nicht auf Maßnahmen nach § 1666 BGB abzielt.

3. Eine wie im vorliegenden Verfahren von der Antragstellerin erstrebte Abänderung einer formell rechtskräftigen Entscheidung über die Zuweisung der elterlichen Sorge für minderjährige Kinder käme gemäß § 1696 Abs. 1 BGB allein bei Vorliegen triftiger, das Wohl des Kindes nachhaltig berührender Gründe in Betracht; insofern bedürfte es also – noch viel mehr für die hier begehrte Umkehrung der Alleinzuweisung der elterlichen Sorge bereits ein Jahr nach der Erstentscheidung nach einem umfassend und über zwei Instanzen geführten Verfahren – wesentlich gewichtigerer Gründe, als im Falle einer Erstentscheidung. Dabei dient das Abänderungsverfahren ausschließlich der Prüfung einer etwaigen Anpassung an veränderte oder erst nachträglich bekannt gewordene Umstände; Zweck und Gegenstand ist dagegen gerade nicht etwa die nochmalige Überprüfung der bereits getroffenen Entscheidung (vgl. nur Palandt50-Götz, BGB § 1996 Rz. 2 m.w.N.).

a. Schon aus diesem Grund ist die von der Antragstellerin über 135 Seiten zu jeder (!) einzelnen Textziffer der Senatsentscheidung von 2021 (einschließlich der Begründung der Kostenentscheidung) umfassend tabellarisch wiedergegebene Zusammenstellung ihrer Kritik an dem Senatsbeschluss sowie deren entsprechende Ausführung auch an zahlreichen weiteren Stellen ihres schriftsätzlichen Vortrages bereits grundlegend ungeeignet, eine Abänderung zu begründen. Denn entgegen der ausdrücklichen “Ankündigung” in der Beschwerdebegründung enthält die Aufstellung gerade keinerlei entscheidungserheblichen neuen Sachvortrag, der bei Abfassung der Entscheidung nicht bereits dem Senat vorgetragen war und insofern damals tatsächlich nicht berücksichtigt werden konnte. Sie beschränkt sich vielmehr weitestgehend darauf, seinerzeitigen Vortrag der Antragstellerin – häufig noch unter Beleg auf einzelne Schriftsätze – sowie deren im Vorverfahren bereits bekannte Positionierung zu wiederholen. Darauf, dass der Senat im Vorverfahren erfolgten Vortrag in der abschließenden Entscheidung im Einzelfall etwa nicht ausdrücklich wiedergegeben oder weiter behandelt hat, kommt es für die Frage im hier relevanten Sinne noch “unbekannter” Tatsachen jedoch schon deswegen in keinem Fall an, weil das Gericht in einer Entscheidung lediglich die sie maßgeblich tragenden Gründe wiederzugeben hat. Aus einer nicht ausdrücklich erfolgenden Aufnahme in Tatbestand und/oder Entscheidungsgründe kann daher weder auf fehlende Kenntnis von Einzelgesichtspunkten noch gar auf ein Übergehen im Sinne einer Gehörsverletzung geschlossen werden. Dass aber für die Frage einer Alleinzuweisung der elterlichen Sorge entscheidungserhebliche Tatsachen im Vorverfahren nicht im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofes zu den Abänderungsvoraussetzungen dem Senat “bekannt” gewesen wären, wird an keiner Stelle der tabellarischen Fleißarbeit konkret aufgezeigt, sondern vielmehr durch den Nachweis insbesondere des entsprechenden Vortrages in verschiedenen Schriftsätzen der Antragstellerin gerade widerlegt. Gleiches gilt entsprechend für die zahlreichen – ohnehin weitestgehend die tabellarische Fassung wiederholenden – Ausführungen in den Schriftsätzen.

b. Berücksichtigungsfähig sind insofern insbesondere auch nicht die aus dem Vorverfahren hinlänglich bekannten und bereits damals unbehelflichen grundlegenden wie im Detail mannigfaltigen Einwendungen der Antragstellerin gegen das Sachverständigengutachten P., auch wenn diese nunmehr noch auf eine jüngere “methodenkritische Stellungnahme” gestützt werden sollen. Mit den besagten Einwendungen hat sich der Senat in der Vorentscheidung vielmehr bereits hinreichend und abschließend auseinandergesetzt.

c. Damit könnte vorliegend eine etwaige Abänderung allein auf sich in der Zeit nach Bekanntgabe des abzuändernden Senatsbeschlusses bzw. nach der diesem vorangegangenen Anhörung ergebende neue Gesichtspunkte gestützt werden. Derartige Gründe, die eine grundlegend andere Entscheidung hinsichtlich der- angesichts des weiter vertieften Zerwürfnisses zwischen den Eltern nach wie vor gebotenen – Alleinzuweisung der elterlichen Sorge begründen könnten liegen jedoch – worauf ausdrücklich etwa auch das Jugendamt in seiner Stellungnahme zu den Beschwerden hingewiesen hat – nicht vor. Vielmehr hat die zwischenzeitliche Entwicklung die bereits der Senatsentscheidung von 2021 zugrundeliegenden Erwägungen in noch verschärfter Form bestätigt.

Dabei hat der Senat – wie auch das Amtsgericht zutreffend erkannt und herausgestellt hat – die Entscheidung zur Übertragung der elterlichen Sorge allein auf den Antragsgegner insbesondere auf die ganz erheblich eingeschränkte Erziehungsfähigkeit der Antragstellerin bei gleichzeitigem Fehlen derartiger Einschränkungen auf Seiten des Antragsgegners gestützt [Vgl. dazu Tz. 103 ff. bzw. 110 ff. der Ausgangsentscheidung).

aa. Insofern war ganz wesentlich die Tatsache, dass die Antragstellerin durch von ihr wiederholt bewusst herbeigeführte bzw. in Kauf genommene schwere Belastungssituationen der Töchter deren bereits feststellbare Schädigung zu verantworten hatte [insbes. Tz. 113 der Ausgangsentscheidung]. Konkret ging es dabei um die für die Kinder ganz offenkundig dramatischen Situationen bei der wegen des Verhaltens der Antragstellerin erforderlichen Durchsetzungen der geschuldeten Herausgaben an den Antragsgegner, insbesondere die Vorfälle am 16. Januar 2020 in der Schule von M. sowie bei der notwendig gewordenen Vollstreckung der verweigerten Herausgabe durch den Gerichtsvollzieher in der Wohnung der Antragstellerin am 12. April 2021.

Gerade aber eine diesen genannten Vorgängen vergleichbare Situation hat die Antragstellerin für M. ganz bewusst erneut am 29. Juli 2021 in theatralisch noch gesteigerter Weise vor einem von ihr zahlreich hinzugezogenen Publikum sowie (mindestens) einem Medienvertreter inszeniert. Dabei bestand für diesen Auftritt von vornherein nicht der geringste Anlass. Es handelte sich dabei nämlich gerade nach der von der Polizei festgehaltenen ausdrücklichen Betonung der Antragstellerin ganz bewusst nicht etwa um eine Vollstreckung durch den Gerichtsvollzieher oder eine Maßnahme des Antragsgegners. Vielmehr hatte die Antragstellerin – wie sich zeigte, bewusst wahrheitswidrig – ihre angebliche Bereitschaft zur Herausgabe M.s an die – dafür eigentlich gar nicht zuständige – Polizei vorgespiegelt, die sie in den Haushalt eines Ehepaares aus ihrem Unterstützerumfeld ausdrücklich angefordert und bis zu deren tatsächlichen Eintreffen vor Ort wiederholt “angemahnt” hatte. Dabei wurde M. bewusst und gezielt einer hocheskalierten Situation unter von den zahlreichen Unterstützern aufgeheizter Stimmung mit ganz direkt beabsichtigter Einbeziehung M.s (“Wenn du gleich gepackt wirst, musst du ganz laut schreien”) ausgesetzt, wobei es offenkundig vorrangig um die Schaffung von Vorwürfen gegenüber der Polizei und – mittelbar – dem Antragsgegner ging sowie um möglichst spektakuläre Videoaufzeichnungen, mit denen das weitere öffentliche Betreiben der rechtswidrigen Position der Antragstellerin gestützt werden sollte. Dabei stellen im Übrigen bereits die Videoaufnahmen von M. selbst, die ganz bewusst ohne die dafür erforderliche Einwilligung des insofern allein entscheidungsbefugten Antragsgegners erfolgten, für sich einen Verstoß gegen die Vorschriften des Kunsturhebergesetzes dar, was auch ganz unabhängig davon gilt, ob dabei für eine spätere Veröffentlichung etwa eine “Verpixelung” dieser Aufnahmen bezüglich M.s beabsichtigt war.

Dass diese – erneut herbeigeführte – massive Stress-Situation für M., die nach dem ausdrücklichen eigenen Vortrag der Antragstellerin gleichsam panische Angst vor einem etwaigen Zugriff des Vaters haben soll, eine schwere Belastung sowie eine weitere erhebliche Schädigung ihres Wohls darstellt, bedarf auch keiner weiteren Begründung; auch dies entspricht den Feststellungen im Ausgangsbeschluss [dort Tz. 114].

Ebenfalls in diesem Sinne spricht es zusätzlich gegen die Erziehungsfähigkeit der Antragstellerin, wenn sie – wie das Jugendamt zutreffend ausgeführt hat: in allein ihrem eigenen Interesse und zugleich den Interessen M.s zuwiderhandelnd – für M. langfristig bewusst eine Situation der Illegalität geschaffen, ihr die Möglichkeit des regelmäßigen Schulbesuches genommen sowie sie von ihrem bisherigen vertrauten Umfeld einschließlich der ihr besonders wichtigen Schwester abgeschnitten hat. Entsprechende Feststellungen finden sich im Übrigen auch in den Berichten des Verfahrensbeistandes.

Somit hat sich insgesamt die bereits in der Ausgangsentscheidung festgestellte fehlende Erziehungseignung zwischenzeitlich weiter bestätigt und vertieft.

Im Übrigen ist es anerkannten Recht, dass bereits alleine die Verhinderung des Schulbesuchs eines Kindes durch die Eltern den Entzug der elterlichen Sorge gemäß § 1666 BGB begründen kann, selbst wenn auf andere Weise für eine hinreichende Wissensvermittlung und sonstige Entwicklung des Kindes gesorgt wird (vgl. etwa nur OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25. August 2022 – 5 UFH 3/22 – FamRZ 2022, 1857 ff. = MDR 2022, 1551 f. = juris ). Auch insofern liegt allein wegen des – anders als im Zeitpunkt der Ausgangsentscheidung, als es noch um wenige Wochen ging – mittelweile über mehr als anderthalb Jahren fortdauernden aus allein von der Antragstellerin zu verantwortenden Gründen unterbliebenen Schulbesuches M.s ein zusätzlicher Grund vor, der auch für sich alleine durchgreifend gegen deren Erziehungseignung spricht.

bb. Demgegenüber liegen auf Seiten des Antragsgegners unverändert zu den Feststellungen im Ausgangsbeschluss [dort Tz. 103-109] weiterhin keinerlei ersichtliche Einschränkungen der Erziehungsfähigkeit vor.

Dies ergibt sich für L. bereits aus den Berichten des Jugendamtes, das immerhin bis einschließlich März 2022 über die im Haushalt des Antragsgegners fortgeführte Familienhilfe auch vollen Einblick in die dortigen Verhältnisse hatte. Für eine weitere Durchführung dieser vom Antragsgegner nicht mehr für erforderlich erachteten Maßnahme hat sich dabei auch nicht einmal das Jugendamt selbst ausgesprochen, das vielmehr auch aktuell für L. ausdrücklich eine positive Entwicklung mit guter sozialer Integration in Schule und soziales Umfeld bestätigt. Bezeichnend ist dabei, dass L. auch in der Schule zwar gelegentlich ihre Schwester erwähnt, dagegen aber nicht etwa auch die Antragstellerin; insofern ist bei ihr auch keinerlei Wunsch auf eine Veränderung der bestehenden Situation oder gar auf einen Wechsel zur Antragstellerin ersichtlich.

Aber auch im Hinblick auf M., zu der der Antragsgegner allein aufgrund des hartnäckig rechtswidrigen Verhaltens der Antragstellerin weiterhin keinerlei Kontakt hat, lassen sich – insofern entgegen der pauschalen Behauptungen der Antragstellerin sowie deren gänzlich unreflektierten teilweisen Übernahme durch den Verfahrensbeistand – keine Einschränkungen seiner Erziehungsfähigkeit begründen.

Schichtweg abwegig ist es, soweit von der Antragstellerin aber auch dem Verfahrensbeistand dem Vater Vorwürfe wegen seines Verhaltens nach der Erstentscheidung des Senates gemacht werden und diese als Indizien für dessen eingeschränkte Erziehungsfähigkeit herhalten sollen. Dies gilt insbesondere bezüglich einer vermeintlich “unterlassenen” Vollstreckung des Herausgabetitels, eines “Unterlassens” eigener Kontaktaufnahmen zu M. oder fehlenden “Eingehens” auf angebliche “Angebote” der Antragstellerin sowie gar einer Verhinderung von Kontakten zwischen den Schwestern. Derartigen “Vorwürfen” fehlt unter den Umständen des Streitfalles bereits jegliche tatsächliche Grundlage.

Ein vermeintliches “Unterlassen” der Vollstreckung des Herausgabetitels durch den Antragsgegner ist schon deswegen ausgeschlossen, weil eine solche Vollstreckung gemäß § 88 Abs. 1 FamFG “durch das Gericht” erfolgt, das auch im vorliegenden Fall rechtlich zutreffend jeweils amtswegig den Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher erteilt hat. Der Antragsgegner seinerseits hat – wie sich im Einzelnen auch aus der umfassenden Sachverhaltswiedergabe des Beschlusses im Parallelverfahren ergibt, auf die ergänzend Bezug genommen wird – zudem wiederholt und fortlaufend auf eine entsprechende Vollstreckung hingewirkt, insbesondere nach dem ersten erfolglos gebliebenen Versuch unter der Meldeanschrift der Antragstellerin die Erstreckung auf weitere mögliche Aufenthaltsorte beantragt sowie zudem auch die Verpflichtung der Antragstellerin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung über den Verbleib M.s, was ebenfalls durch amtsgerichtlichen Beschluss angeordnet und umgesetzt worden ist. Dem Umstand, dass die Antragstellerin dabei offenkundig unzureichend Auskunft erteilt hat, nach der sie in der Zeit seit dem Herausgabebeschluss nicht mehr in ihrer Wohnung gewesen, sondern sich bei Bekannten aufgehalten will, an die sie sich lediglich bezüglich der letztvergangen Nacht erinnern zu können behauptete, hat der Antragsgegner durch den Antrag auf Erlass eines Haftbefehls zur Durchsetzung einer umfassenderen Auskunft angemessen Rechnung getragen und dieses Begehr nach der amtsgerichtlichen Zurückweisung auch mit einer Beschwerde an den Senat zunächst weiterverfolgt. Diese – direkt beim Senat eingelegte damit nicht zugleich mit einer Aktenvorlage hier verbundene – “Blattbeschwerde” ist dann auf den rechtlichen Hinweis des originär berufenen Einzelrichters, dass sich ein solcher Auskunftsanspruch wegen der Notwendigkeit einer zugrundeliegenden Tatsache jeweils nur auf die Vergangenheit beziehen könne und damit nur sehr eingeschränkt tragfähige Kenntnisse für eine künftige Vollstreckung zu erzielen seien, von ihm zunächst zurückgestellt und umgehend der Weg einer Vollstreckung durch Ordnungsmittel beschritten worden. Dass es dazu zunächst einer Nachholung des vom Amtsgericht im Herausgabetitel unterlassenen Hinweises gemäß § 89 Abs. 2 FamFG bedurfte und das Amtsgericht dem wiederholten Antrag auf Anordnung von Ordnungsmitteln mit dem rechtlich abwegigen Hinweis auf die später – ebenfalls rechtlich abwegig – erfolgte vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Herausgabetitel zunächst nicht nachgekommen ist, hat der Antragsgegner in keiner Weise zu verantworten. Erst durch seine Befangenheitsablehnung der damals zuständigen Amtsrichterin, die erst vor dem Senat Erfolg hatte, ist das Amtsgericht seiner originären Verpflichtung zum Fortgang der Vollstreckung nachgekommen, was zeitnah auch zur – im Parallelverfahren vor dem Senat bestätigten bzw. verschärften – Anordnung von Ordnungsmitteln geführt hat. Welche weiteren “unterlassenen” Vollstreckungsmöglichkeiten dem Antragsgegner daneben zur Verfügung gestanden haben sollen, wird von der Antragstellerin und dem – insoweit offenkundig über keinerlei rechtliche Grundkenntnisse verfügenden – Verfahrensbeistand nicht dargelegt.

Ebenso abwegig ist es, dem Antragsgegner ein “Unterlassen” des Eingehens auf die völlig unspezifischen, weder Zeit noch Ort enthaltenen “Angebote” der Antragstellerin vorwerfen zu wollen. Nach dem Vorfall am 28. Juli 2021, an dem der Antragsgegner im Übrigen in keiner Weise beteiligt gewesen ist, war völlig klar, dass sämtliche angeblichen “Angebote” der Antragstellerin in keinem Fall zu einem “friedlichen” und kindeswohlentsprechenden Ergebnis führen würden, sondern ausschließlich einer erneuten Charade mit “Vorführeffekt” in Anwesenheit zahlreicher dritter Personen aus dem Unterstützerkreis der Antragstellerin sowie ggf. auch entsprechender Medienvertreter dienen würden. Diese Einschätzung wird ausdrücklich noch durch den Bericht des Jugendamtes über einen Gesprächsversuch am 24. November 2021 im Haushalt der Mutter bestätigt, in der durch die Antragstellerin und ihren Unterstützerkreis wiederum eine vergleichbare äußere Situation gestellt war und aus der auch das Jugendamt den Schluss zieht, dass weitere derartige Versuche mit dem Kindeswohl unvereinbar und in keiner Weise zielführend sind.

Dem wohlverstandenen Kindeswohl M.s entsprach es daher zwingend auch gerade für den Antragsgegner, auf derartige allein einer weiteren Eskalation der Situation dienenden “Angebote” der Antragstellerin in keiner Weise einzugehen. Dass sich der Antragsgegner insbesondere nicht auf ihm angesonnene “Begegnungen” der beiden Töchter eingelassen hat, bei denen offenkundig die durchaus konkrete Gefahr einer Entführung auch noch von L. durch die Antragstellerin zu gewärtigen war sowie weitere ebenfalls für beide Kinder zusätzlich belastende Inszenierungen durch die Antragstellerin, entspricht ebenfalls gerade dem wohlverstandenen Wohl beider Kinder.

Offenkundig unzutreffend ist in diesem Zusammenhang auch die pauschale und durch nichts konkret begründete Übernahme der unwahren Behauptung der Antragstellerin durch den Verfahrensbeistand, der Aufenthalt M.s (unter der Meldeanschrift der Mutter) “sei allen Beteiligten bekannt”. Abgesehen von dem diesbezüglich völlig eindeutigen Bericht des Jugendamtes im Beschwerdeverfahren, mit dem es dieser Falschbehauptung unter Rekapitulation des gesamten Ablaufes explizit entgegengetreten ist, wird dies durchgreifend auch widerlegt durch die wiederholten erfolglosen – ebenfalls vom Jugendamt ausdrücklich bestätigten – Vollstreckungsversuche, die insbesondere zu Zeiten am frühen Morgen oder frühen Abend und damit außerhalb etwa typischer Abwesenheit eines Kindes im Alter von M. stattfanden. Gleiches gilt für die vom Gerichtsvollzieher dabei wiederholt eingeholten Auskünfte der Nachbarn sowie der in der Wohnung angetroffenen dritten Personen, die jeweils bekundeten, die Antragstellerin und M. seit geraumer Zeit nicht gesehen zu haben. Dabei ist insbesondere gewichtig die Angabe der zuletzt in der Wohnung lebenden Untermieterin, die noch viel verlässlicher und fundierter über etwaige Aufenthalte der Antragstellerin und M.s dort Auskunft erteilen kann und ausdrücklich ausgesagt hat, dass sich die Antragstellerin seit rund einer Woche und M. seit noch sehr viel längerer Zeit nicht mehr in der Wohnung aufgehalten hat. Schließlich hat auch die Antragstellerin selbst eidesstattlich versichert, sich mit M. nicht mehr regelmäßig in der Wohnung, sondern bei diversen Bekannten aufgehalten zu haben.

Insgesamt begründet insofern – um der vom Verfahrensbeistand nach vom Antragsgegner gegen seine Stellungnahme gerichteten Angriffen ausdrücklich geäußerten Erwartung auf eine vom Senat abzugebende Bewertung [Bl. VI 759 d.A.] nachzukommen – der im vorliegenden Verfahren ersichtliche Vortrag des Verfahrensbeistandes durchgreifende Zweifel an dessen grundlegender Eignung für eine solche Aufgabe in weiteren Verfahren, noch zumal ihm offenkundig selbst grundlegende rechtliche Kenntnisse im familienrechtlichen Zusammenhang gänzlich fehlen, was ihn jedoch nicht von rein spekulativen “Schlüssen” in gerade diesem Bereich abhält.

Einschränkungen der Erziehungsfähigkeit des Antragsgegners ergeben sich schließlich auch nicht aus der vom Jugendamt ohne jegliche derartige Wertung lediglich festgehaltene Tatsache, dass dieser bislang kein weiteres eigenes Konzept für die Zeit nach einer Beendigung der Entführung M.s durch die Antragstellerin aufgezeigt hat. Ein solches Konzept kann nämlich schon wegen der aktuell gänzlich fehlenden Erkenntnisse über M.s tatsächliche Befindlichkeit insbesondere psychischer Art wie aber auch etwa ihres tatsächlichen Ausbildungsstandes und ihrer weiteren Beschulungsmöglichkeit sowie der Ungewissheit hinsichtlich eines auf dieser Grundlage verfügbaren für sie geeigneten Schulplatzes in keiner Weise konkret geplant werden. Vielmehr kann es naturgemäß erst dann entwickelt werden, wenn sich etwa die Positionierung M.s nach einer Herausgabe abschätzen lässt. Sollte bei M. dabei tatsächlich zunächst eine – bislang allein unter jeweils aktuellem massiven Druck der Mutter sowie inhaltlich lediglich rudimentär und rein verbal beobachtete – fortgesetzte grundlegendere Ablehnung des Vaters zeigen, wird sich unter Inanspruchnahme fachkundiger Beratung ggf. durchaus auch ihre vorübergehende stationäre Aufnahme in einer qualifizierten Einrichtung anbieten, wie dies etwa nach einer “Gehirnwäsche” in einem Sektenumfeld oder nach einer längerfristigen Fremdentführung (“Stockholm-Syndrom”) erforderlich sein kann. Dabei bestehen auch in Ansehung des über einen vergleichsweise langen Zeitraum verlässlich festgestellten bisherigen Verhaltens des Antragsgegners keinerlei begründete Zweifel, dass er eine zuvörderst am Kindeswohl orientierte Lösungsmöglichkeit erarbeiten und ergreifen kann und wird. Im Übrigen blieben anderenfalls sämtliche rechtlich vorgesehene Eingriffsmöglichkeiten, um ggf. ergänzend eine solche Lösung abzusichern.

cc. Unverändert wie im Rahmen der Vorentscheidung gilt angesichts der zwischenzeitlich sogar noch weiter bestätigten Erziehungsunfähigkeit der Antragstellerin, dass es in einer solchen Ausgangslage auf einen etwaigen Kindeswunsch bereits nicht entscheidend ankommen könnte [vgl. Tz 119 des Ausgangsbeschlusses].

Ebenfalls wie im Rahmen des Vorverfahrens gilt dabei unverändert, dass ohnehin selbst das tatsächliche Vorliegen eines solchen beachtlichen Kindeswunsches überhaupt nicht einmal feststellbar ist [vgl. Tz 119 ff. des Ausgangsbeschlusses]. Sämtliche etwaige Angaben M.s sind unter dem – auch von Jugendamt wie Verfahrensbeistand als solchen festgestellten – massiven Druck der Antragstellerin zustande gekommen, die M. vergleichbar der Situation in einer Sekte bei ständiger Überwachung – auch durch Videoaufzeichnungen – von sämtlichen nicht durch sie und ihr Unterstützerumfeld absolut sicher kontrollierbaren Außenkontakten abgeschnitten hat und sie unter einer beständigen und von ihr bewusst geschürten Angst hält; auch dies ergibt sich wiederum unmittelbar aus den unter I. wiedergegebenen Berichten von Jugendamt und Verfahrensbeistand. Dabei spricht das fortgesetzte massive Bemühen der Antragstellerin um die Verhinderung jeglichen nicht von ihr vollständig kontrollierten Zugangs zu M. insbesondere durch das Jugendamt wie das Gericht deutlich dafür, dass sie offenkundig nicht einmal selbst von der Verlässlichkeit derartiger Äußerungen M.s außerhalb ihres unmittelbaren jederzeitigen Zugriffs überzeugt ist.

OLG Celle, Beschluss vom 31.01.2023
10 UF 116/22

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