- Der Beschluss des Amtsgerichts Ludwigslust – Familiengericht – vom 14.02.2024, Az.: 28 F 202/23, und das zugrundeliegende Verfahren werden aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.
- Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen. Außergerichtliche Kosten im Beschwerdeverfahren werden nicht erstattet.
- Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 310,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beschwerde des Antragsgegners (Kindesvaters) richtet sich gegen die Kostenentscheidung in einem Umgangsverfahren.
Die Antragstellerin (Kindesmutter) begehrte die Regelung des Umgangs mit ihrem Sohn …, geb. am …, dahin, dass sie ihn alle 14 Tage von Freitag, 14.00 Uhr, bis Montag, 07.30 Uhr, und wöchentlich mittwochs von 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr zu sich nehmen darf.
Das Amtsgericht hat für das Kind eine Verfahrensbeiständin bestellt und ihr Aufgaben nach § 158b Abs. 2 FamFG übertragen. Auf den Bericht vom … wird Bezug genommen.
Im Anhörungstermin am … wurden die Kindeseltern angehört. Sie schlossen eine laut diktierte und genehmigte Vereinbarung, dass sie die Möglichkeit der Psychotherapie für … in Anspruch nehmen wollen (…). Die Vereinbarung der Eltern wurde familiengerichtlich nicht gebilligt. Im Termin ist der Verfahrenswert durch das Amtsgericht auf 4.000,00 € festgesetzt worden.
Mit Beschluss vom 14.02.2024 hat das Amtsgericht eine Kostenentscheidung getroffen, nach der die Gerichtskosten von der Antragstellerin und dem Antragsgegner je zur Hälfte getragen und die außergerichtlichen Kosten nicht erstattet werden. Zu Begründung verwies das Amtsgericht auf §§ 81 Abs. 1 Satz 1, 83 Abs. 1 FamFG.
Dagegen legte der Kindesvater mit Schreiben vom …, beim Amtsgericht eingegangen am …, „Widerspruch“ ein und wandte sich gegen die Beteiligung zu 50 % an den Gerichtskosten. Er habe das Verfahren nicht angestrebt, im Gegenteil habe er eine außergerichtliche Klärung herbeiführen wollen. Dem Sohn … habe er vielfach die Entscheidung, seine Mutter zu treffen oder zu besuchen, nahegelegt. Er habe eine außergerichtliche Einigung gewollt, weil er sich die Verfahrenskosten auf Dauer nicht leisten könne.
Das Amtsgericht hat daraufhin eine Nichtabhilfeentscheidung getroffen, in der es erneut auf § 83 FamFG verwiesen hat und die Sache dem Beschwerdegericht vorgelegt.
II.
1.
Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde ist begründet. Die Kostenentscheidung und das zugrundeliegende Verfahren des Amtsgerichts waren – aus anderen als vom Kindesvater angeführten Gründen – aufzuheben und an das Amtsgericht gemäß § 69 Abs. 1 Satz 2 FamFG zurückzuverweisen, weil dieses in der Sache noch nicht entschieden hat.
Es fehlt an einer verfahrensbeendenden Entscheidung des Amtsgerichts. Das Umgangsverfahren kann durch gerichtlichen Beschluss gemäß § 38 FamFG, der den Umgang konkret regelt, ausschließt oder feststellt, dass es einer Regelung nicht bedarf, oder durch gerichtlich gebilligten Vergleich beendet werden (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 13.12.2021, 6 WF 155/21, Rn. 5 f., juris). Es unterliegt als amtswegiges Verfahren nicht allein der Disposition der Beteiligten. Vor einer verfahrensbeendenden Entscheidung hätte eine Kostenentscheidung nicht ergehen dürfen (§ 82 FamFG).
a)
Das Amtsgericht ist davon ausgegangen, dass das Verfahren durch die im Termin protokollierte Vereinbarung der Kindeseltern seine Erledigung gefunden hat und es einer Entscheidung in der Sache nicht bedurfte, sondern nur noch über die Kosten gemäß § 83 Abs. 1 FamFG zu entscheiden war. Das ist aber aus mehreren Gründen unzutreffend.
aa) Zum einen beendet allein ein Vergleich der Kindeseltern nicht das Umgangsverfahren. Dazu bedarf es zusätzlich der gerichtlichen Billigung gemäß § 156 Abs. 2 FamFG. Die Billigungsentscheidung führt zum Abschluss des Verfahrens, nicht die seitens der Beteiligten gefundene Regelung. Denn selbst wenn die Beteiligten eine Regelung getroffen haben, ist das Gericht daran nicht gebunden. Es kann und muss ggf. zum Wohl des Kindes davon abweichen und eine eigene Entscheidung am Maßstab des Kindeswohls treffen (BGH, Beschluss vom 10.07.2019, XII ZB 507/18, Rn. 12, juris).
bb) Zum anderen fehlt es – selbst bei unterstellter familiengerichtlicher Billigung – mangels ordnungsgemäßer Protokollierung an einem wirksamen Vergleichsschluss der Kindeseltern. Nach §§ 36 Abs. 2 Satz 2 FamFG, 162 Abs. 1 ZPO ist den Beteiligten der Text des Vergleichs vorzulesen oder zur Durchsicht vorzulegen. Nach § 162 Abs. 1 Satz 2 ZPO reicht es auch aus, wenn die Aufzeichnungen vorgespielt und von den Beteiligten genehmigt werden. Dies ist in der Niederschrift nach § 162 Abs. 1 Satz 3 ZPO zu vermerken. Ist ein Vergleich den Beteiligten entgegen §§ 36 Abs. 2 FamFG, 162 Abs. 1 und 2 ZPO nicht zur Genehmigung vorgespielt bzw. vorgelesen worden, so ist er unwirksam (OLG Hamm, Beschluss vom 11.04.2011, Az. 4 WF 185/10, Rn. 9, juris).
cc) Weiter fehlt es an einer Zustimmung der Verfahrensbeiständin zu der geschlossenen Vereinbarung. Da der Verfahrensbeistand Verfahrensbeteiligter ist, muss er einem abzuschließenden gerichtlich gebilligten Vergleich zustimmen (BGH, Beschluss vom 22.03.2017, XII ZB 391/16, Rn. 15, juris).
b)
Das Amtsgericht hat auch sonst keine Endentscheidung über das Umgangsrecht getroffen. Es hat lediglich über die Kosten befunden, ohne sich weiter damit auseinanderzusetzen, ob eine Regelung zum Umgang angezeigt ist und ggf. welche. Eine Entscheidung in der Sache kann auch nicht in der getroffenen Kostenentscheidung gesehen werden, da das Amtsgericht ausdrücklich auf § 83 Abs. 1 FamFG Bezug genommen hat und damit zu erkennen gegeben hat, dass es von einer Beendigung des Verfahrens allein durch den Vergleich ausgeht und somit keine Notwendigkeit einer eigenen verfahrensbeendenden gerichtlichen Entscheidung besteht.
c)
Auch § 83 Abs. 2, 1. Alt. FamFG – sonstige Verfahrenserledigung – bot im vorliegenden Fall keine Grundlage für eine Kostenentscheidung.
aa) Bereits im Ansatz kann hier für eine auf § 83 Abs. 2, 1. Alt. FamFG gestützte Entscheidung über die Kosten kein Raum sein (Gleiches würde auch für den hier nicht zur Debatte stehenden Fall von § 83 Abs. 2, 2. Alt. FamFG – Antragsrücknahme – gelten.), weil Umgangsverfahren mit Blick auf deren Charakter als Amtsverfahren nach ständiger Rechtsprechung des Senats (im Anschluss u.a. an OLG Köln, Beschluss vom 12.10.2021, II-10 UF 86/21, Rn. 8, juris, m.w.N.) nur durch eine gerichtliche Umgangsregelung (§ 1684 Abs. 3 Satz 1 BGB), die gerichtliche Billigung eines Umgangsvergleichs (§ 156 Abs. 2 Satz 1 FamFG), einen gerichtlichen Umgangsausschluss (§ 1684 Abs. 4 Satz 1 BGB) oder – nach entsprechender Prüfung – durch eine gerichtlich begründete Feststellung, dass es keiner gerichtlichen Umgangsregelung (mehr) bedarf, etwa weil die Beteiligten sich außergerichtlich geeinigt haben, beendet werden können. Keine dieser Varianten ist hier erfüllt.
bb) Selbst wenn man – abweichend von der vorbezeichneten Senatsauffassung – im Ausgangspunkt in Fällen, in denen eine Verfahrensbeendigung an fehlender gerichtlicher Billigung des Vergleichs scheitert und das Gericht auch nicht im vorbezeichneten Sinne beschlussförmig festgestellt hat, dass kein Regelungsbedarf (mehr) bestehe, eine Kostenentscheidung auf der Grundlage von § 83 Abs. 2, 1. Alt. FamFG für möglich und hierfür eine formlose gerichtliche Feststellung einer sonstigen Erledigung des Verfahrens konkludent im Kostenbeschluss selbst für ausreichend halten wollte (so etwa OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 03.12.2012, 1 WF 327/12, Rn. 14, juris), hätte vorliegend keine Kostenentscheidung ergehen dürfen, weil (auch) ein solcher Fall hier nicht vorlag. Dass nämlich das Amtsgericht von einer solchen sonstigen formlosen Erledigung ausgegangen wäre und eine dahingehende Vorstellung implizit durch den angefochtenen Kostenbeschluss selbst zum Ausdruck gebracht hätte, lässt sich weder der Entscheidung noch dem sonstigen Akteninhalt entnehmen.
d)
Zur Förderung des Verfahrens weist der Senat ohne Bindung für das Amtsgericht darauf hin, dass gegen eine Kostenentscheidung, nach der die Kindeseltern die Gerichtskosten je zur Hälfte tragen und außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden, nichts einzuwenden sein dürfte, da dies in Umgangsverfahren grundsätzlich der Billigkeit gemäß § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG entspricht (vgl. OLG Brandenburg Beschluss vom 08.12.2020, 9 WF 252/20, Rn. 7, beck-online; OLG Bremen, Beschluss vom 04.03.2013, 5 UF 11/12, beck-online). Ein Regelbeispiel gemäß § 81 Abs. 2 FamFG, nach dem die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegt werden sollen, erscheint fernliegend. Insbesondere scheidet Nr. 2 (Antrag des Beteiligten für diesen erkennbar von vornherein ohne Aussicht auf Erfolg) aus, da die Vorschrift auf reine Amtsverfahren, wie das vorliegende, keine Anwendung findet (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 10.02.2021, 8 UF 175/20, Rn. 7, beck-online).
Weiter erscheint dem Senat die Klarstellung angezeigt, dass dem Amtsgericht bei der Anfechtung einer isolierten Kostenentscheidung gemäß § 83 FamFG in einer Familiensache der freiwilligen Gerichtsbarkeit keine Abhilfemöglichkeit zukommt (§ 68 Abs. 1 Satz 2 FamFG), da es sich um eine Endentscheidung in einer Familiensache handelt (vgl. OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 11.12.2014, 4 WF 204/14, Rn. 20, beck-online; OLG Brandenburg, Beschluss vom 11.03.2019, 15 WF 29/19, Rn. 6, juris) (…).
2.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG, 20 Abs. 1 Satz 1 FamGKG.
3.
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren errechnet sich gemäß §§ 40 Abs. 1 Satz 1, 37 Abs. 3 FamGKG auf der Grundlage der Kosten, die der Kindesvater nicht tragen will. Vorliegend geht es zunächst um die Hälfte der Gerichtskosten. Diese setzen sich zusammen aus den Gerichtsgebühren in Höhe einer halben Gerichtsgebühr gemäß Ziffer 1310 KV FamGKG von 70,00 € und den Kosten der Verfahrensbeiständin gemäß § 158c Abs. 1 Satz 2 FamFG von 550,00 €. Die Hälfte beträgt 310,00 €.
OLG Rostock, Beschluss vom 25.03.2024
10 UF 29/24
AG Ludwigslust, Beschluss vom 14.02.2024
28 F 202/23